Warum für mich Bahnfahren keine Alternative ist!
Es wird gerne immer proklamiert, innerdeutsch soll man lieber die Bahn nehmen, anstelle mit dem Auto oder gar Flugzeug unterwegs zu sein. Bisher habe ich mit der Deutschen Bahn oft nicht so gute Erfahrungen gemacht. Züge sind verspätet, das Catering fällt aus oder der Zug bleibt gar auf der Strecke liegen. Dazu kommen noch Fahrgäste, die keinerlei Rücksicht auf ihre Mitreisenden nehmen, sodass Reisen in der Bahn schnell anstrengend werden kann. Doch wie das so ist, man denkt ja jedes Mal, dass das doch nicht immer so sein kann und so habe ich mich einmal mehr an das Abenteuer Bahnfahrt gewagt.
Ich bin Bahn geschädigt, ich gebe es offen zu. Und doch gebe ich der Deutschen Bahn in schöner Regelmäßigkeit immer mal wieder die Chance, mich zu überraschen. Es kann doch nicht immer was sein? Irgendwann muss doch auch mal alles klappen. Noch habe ich mich davon nicht so ganz verabschiedet, doch nach meinen letzten zwei ICE Reisen im März und Juni 2024 ist das Vertrauen in die Bahn mal wieder auf einen neuen Tiefpunkt gerutscht.
Im ICE von Frankfurt nach Berlin – Ankommen optional!
Von Frankfurt am Main sollte es an einem Samstag im März 2024 für mich nach Berlin gehen. Schon ziemlich lange bin ich zuvor keine langen Strecken mehr mit der Bahn gefahren. Zu sehr haben mich negative Erinnerungen an vergangene Reisen davon abgehalten. So denke ich noch mit Schrecken an die Fahrt, auf der die Klimaanlage ausgefallen ist, natürlich mitten im Sommer. Und kalte Getränke gab es auch nicht, denn wie sollte es anders sein, die Kühlschränke im Bordbistro funktionierten natürlich auch nicht.
Aber zurück zu dieser Fahrt. Alles begann also am Hauptbahnhof von Frankfurt am Main, wo ich frohen Mutes rund eine dreiviertel Stunde vor Abfahrt des Zuges eintraf. Gebucht hatte ich ein Erste-Klasse-Ticket inklusive Sitzplatz für einen Zug nach Berlin. Schon die Ankunft am Bahnhof war jedoch weniger angenehm. Nun ist ja bekannt, dass es rund um den Frankfurter Bahnhof nicht gerade angenehm ist, doch es überrascht mich schon immer wieder, wie schlimm die Situation ist. Dazu kam an diesem Tag noch eine Pro-Palästina Demonstration, die sogar lautstark durch den Bahnhof zog.
Noch aber war ich frohen Mutes, obwohl inzwischen eine Verspätung von knapp zwanzig Minuten in der Bahnapp angezeigt wurde. Zwanzig Minuten sind ja bei der Bahn schon fast normal. Ich konnte zu dem Zeitpunkt nicht ahnen, dass das nur die Spitze des Eisberges war. Während ich also wartete, wurde die Verspätung immer größer. Zunächst eine dreiviertel Stunde, bald eine Stunde. Na super.
In der App wurde da längst die Zugbindung aufgehoben, doch war brachte mir das, wenn es keine andere Verbindung nach Berlin gab, die ich finden konnte? Das Reisezentrum könnte bestimmt helfen, dachte ich. Doch dort hinzugehen war wohl die falsche Idee, zumindest wenn man nicht von einer mürrischen Mitarbeiterin unfreundlich behandelt werden wollte. Das begann mit dem Satz: „Was wollen sie von mir?” und endete damit, dass sie mir sagte, sie würde nicht mehr mit mir reden und überhaupt hätte die seit früh um 8 Uhr Dienst und wäre noch nicht mal auf der Toilette gewesen oder hätte Zeit gehabt, etwas zu trinken. Was das jetzt damit zu tun hat, dass ich gerne nach Berlin wollte, weiß der Himmel. Jedenfalls konnte ich irgendwann nur unverrichteter Dinge abziehen, denn eine Lösung fand sie nicht, nur die Verspätung wuchs immer weiter an.
Draußen vor der Tür traf ich auf andere Mitreisende, die genauso abgespeist wurden. Da fragt man sich wirklich, wieso es bei Airlines EC261 gibt und Betreuungsleistungen Pflicht sind, sogar Entschädigung, aber die Bahn kann sich herauswinden. Am Bahnhof gab es weder Sitzplätze noch wurde einem kostenfrei angeboten, die Toilette zu nutzen oder das Gepäck unterzustellen. Ich fragte noch, ob man nicht vielleicht doch in die Lounge dürfe, da es ja eine Bahnverspätung ist, aber trotz Erste-Klasse-Ticket wurde das verneint. Servicewüste Deutsche Bahn kann ich da nur sagen. Bloß nicht irgendwas für den Kunden tun. Stattdessen hieß es weiter auf dem eiskalten Bahnhof im Stehen warten. Irgendwann hatte zumindest ein Mitarbeiter etwas Mitleid und erlaubte uns, im Reisezentrum auf den Sitzbänken zu sitzen, wo es etwas wärmer war. Und während ich wartete, wurde die Verspätung immer größer.
Ganze zwei Stunden später wurde der Zug dann endlich am Bahnhof erwartet. Es gab weder Informationen noch eine Entschuldigung oder sonst irgendwas bisher. Es wäre ja auch zu viel verlangt, den Kunden wenigstens auf dem Laufenden zu halten. Nein, man musste ja sogar auf dem kalten Bahnhof bleiben, da man ja nicht wusste, wann der Zug nun endlich kommen würde.
Die Fahrt selbst war dieses Mal in Ordnung, der Zug fuhr zumindest zuverlässig bis Berlin. Auch das habe ich auf genau dieser Strecke schon anders erlebt. Trotzdem kam es noch zu absurden Situationen an Bord. Das ging damit los, dass Wasser in kleinen Tetrapaks kostenfrei angeboten wurde wegen der Verspätung. Dieses Wasser musste man sich allerdings im Bistro selbst abholen, während mit Schokolade sehr wohl durch das Abteil gegangen wurde.
Noch absurder wurde es allerdings beim Catering. Die Bahn selbst wirbt ja in der 1. Klasse damit, dass sie Service am Platz bietet, also Speise und Getränke gegen Gebühr (und die ist nicht mal gering) an den Platz bringt. Bestellen können soll man über das ICE-Portal, dass man auf dem Handy im Browser aufrufen kann. Was aber nicht gesagt wird, die Mitarbeiter an Bord können die Bestellfunktion auch abschalten, was auf diesem Zug der Fall war. Angeblich war man einfach überlastet. So wurde dann also ein weiterer Teil des Komforts der 1. Klasse einfach nicht angeboten.
Die Krönung dieser Reise war aber dann die Ankunft in Berlin. Dass wir Verspätung haben würden, war ja klar. Ebenso, dass die Bahn Entschädigung zahlen muss. Hier wurden auch proaktiv Formulare im Zug ausgeteilt. Man kann die Entschädigung aber auch online anfordern. Man bekommt aber nicht etwa eine Summe x wie es bei Flügen üblich ist, sonders prozentual den Ticketpreis erstattet. Das heißt dann, umso teurer das Ticket, desto mehr kann man sich freuen. Bei einer Stunde Verspätung bekommt man also 25% Erstattung, bei zwei Stunden schon 50% Erstattung. Nun sollte man ja glauben, dass ich also 50% des Ticketpreises erstattet bekomme, aber weit gefehlt, in Berlin waren wir mit genau 118 Minuten Verspätung. Man hat es also geschafft, ein paar Minuten rauszuschlagen und musste so nur 25% zu erstatten. Das funktionierte dann allerdings zügig und bei mir in Form von Bahn Bonus Punkten, da ich das Ticket auch über Punkte gebucht hatte.
Im ICE von Fulda nach Berlin – Wir fahren wann und womit wir wollen!
Nach meiner schlechten Erfahrung im März wollte ich eigentlich so schnell nicht wieder Bahn fahren, doch wie das manchmal so ist, es gibt Situationen, wo es sich nicht ganz vermeiden lässt. Und so buchte ich im Juni eine Hin- und Rückfahrt nach Fulda. Es kann ja eigentlich auch nicht immer was schieflaufen, dachte ich noch. Und tatsächlich, die Hinfahrt war pünktlich und ich erreichte ohne große Probleme Fulda. Das sollte es aber leider auch schon wieder gewesen sein.
Die Rückfahrt war dann wieder gewohntes Chaos, mit einer Prise unfreundlichem Personal und das kam so: Aus Gewohnheit überprüfe ich meine Verbindungen immer regelmäßig. Das mache ich auch bei Flügen so. Und so entdeckte ich zunächst den Hinweis, dass mein Zug eine außergewöhnliche hohe Auslastung hätte und mir wurden Alternativen angeboten. Noch machte ich mir aber keine Gedanken, ich hatte schließlich einen Sitzplatz reserviert. Was sollte da schon schiefgehen?
Nun ja, wir reden hier von der Deutschen Bahn, also ging noch etwas schief. Am nächsten Morgen erschien in der App nämlich plötzlich der Hinweis, dass die gesamte Verbindung ausfällt. Wie bitte? Und darüber werde ich nicht mal proaktiv informiert? Von der Bahn kam nichts. Kurze Zeit später dann der Hinweis, dass es einen Ersatzzug gäbe. Nur war der nur halb so lang und mein Sitzplatz existierte natürlich auch nicht mehr. Na das waren ja tolle Aussichten.
Da mein Termin in Fulda etwas eher beendet war, bin ich also den kurzen Weg vom Hotel zum Bahnhof gelaufen. In Fulda gibt es dort immerhin ein DB-Kundenzentrum. Dort hieß es erstmal anstehen und dann wurde auch noch ein Schalter geschlossen, also dauerte es noch länger. Irgendwann war ich dann aber doch an der Reihe und schilderte der Dame mein Problem. Die erste Auskunft war dann: „In Ersatzzügen können grundsätzlich keine Plätze reserviert werden.” Aha. Ich fragte dann, was passieren würde, wenn schon alles voll ist. Ich wollte ja nicht auf dem Boden sitzen oder stehen bis Berlin, zumal ich auch noch extra 1. Klasse gebucht hatte. Da bekomme ich doch zur Antwort: „Das ist dann eben so, wenn die Züge voll ist. Da kann es auch mal passieren, dass sie auf dem Boden sitzen müssen. Die Reservierungsgebühr können sie sich dann ja zurückerstatten lassen.” Wie bitte? Ich buche als ein Ticket mit Sitzplatz und weil die Bahn, laut Aussage der Dame, in letzter Zeit häufig mal die Zugtypen austauscht, habe ich dann Pech gehabt? Ersthaft? Ich kann also froh sein, dass man mich überhaupt transportiert?
Ich habe dann nach anderen Lösungen gefragt. Danach tippte eine Weile energisch auf ihrer Tastatur herum. Dann bot sie mir eine Fahrt in einem anderen ICE zwei Stunden früher an. Und sie könne mir da sogar noch einen Platz reservieren, obwohl die Abfahrt schon 30 Minuten später war. Echt? In Hamburg habe ich letztens bei einer Unregelmäßigkeit noch die Auskunft bekommen, dass eine Reservierung innerhalb von zwei Stunden vor Abfahrt aus technischen Gründen nicht mehr möglich sei und ich dann länger warten muss. Ist ja sehr interessant, dass es plötzlich funktioniert.
So hatte ich nun also ein Ticket und einen Sitzplatz in einem ganz anderen Zug. Der kam auch relativ pünktlich, aber als ich im Wagon saß, war mein Platz schon besetzt. Die Anzeige am Platz zeigte auch nur: ggf. freigegeben. Na das kann auch viel hießen. Mit dem netten Herrn, der dort saß, bin ich dann aber zum Glück doch schnell einig geworden.
In Berlin war ich deshalb aber immer noch nicht, denn die Bahn hatte offensichtlich „vergessen”, dass dort ein großer Staatsbesuch im Gange war. Man hatte zwar die S‑Bahnen, die übrigens ebenfalls zum DB-Konzern gehören, gestoppt, aber die ICEs auf selber Trasse wollte man fahren lassen. Das wiederum hat die Polizei dann aber unterbunden. So mussten wir warten, bis eine Lösung gefunden wurde. Zum Glück waren die Teilnehmer wohl gerade nicht in der Nähe und der ICE durfte nach einiger Zeit passieren, sodass wir mit nur 30 Minuten Verspätung Berlin erreichten.
Am Hauptbahnhof herrschte dann aber auch absolutes Chaos, den aufgrund der nicht fahrenden S‑Bahnen und der teilweisen Streckensperrung, war der Bahnhof in Ost-West-Richtung vom Netz abgeschnitten. In Nord-Süd-Richtung aber fahren nur Regionalbahnen, S‑Bahnverkehr gibt es hier bisher nicht. Und bei den Regios gab es dann auch noch technische Probleme, sodass ich für meine Heimfahrt, die eigentlich knapp 45 Minuten dauern sollte, nochmals gute zwei Stunden brauchte.
Übrigens hatte ich noch Glück im Unglück, denn der ICE, in dem ich eigentlich hätte sitzen sollen, wurde wegen desselben Staatsbesuches über neunzig Minuten vor den Toren der Hauptstadt gestoppt und erreichte erst mit massiver Verspätung sein Ziel.
Warum für mich Bahnfahren keine Alternative ist! – Fazit
Bei der Bahn ist es anscheinend so, dass eine reibungslose Fahrt die Ausnahme ist und Pleiten, Pech und Pannen zum Alltag gehören. Anders kann ich das nicht mehr einschätzen. Vor kurzem, als es mal wieder massive Störungen im Nahverkehr gab, hat eine Dame, die mit mir unterwegs war, zu mir gesagt: „Jede Störung bei der Bahn für sich allein mag ihre Berechtigung habe, aber die schiere Menge macht die Bahn einfach unzuverlässig.” Und dem kann ich einfach nur zustimmen.
Wer mir sagt, man solle nur die Bahn nutzen, dem kann ich nur sagen, dass ich so viel Zeit und Nerven in eine Reise einfach nicht investieren kann und will. Dagegen ist ja jede Fahrt mit dem Auto eine Erholung, selbst wenn man mal im Stau steht. Von Fliegen ganz zu schweigen, auch wenn da mal was schiefgehen kann, so läuft es doch in der Regel problemlos.
Für mich heißt es also weiterhin: Bahnfahren nur im äußersten Notfall. Attraktiv ist das auf jeden Fall nicht. Klar, es kann immer mal was schiefgehen, aber hier scheint es eher Normalität zu sein. Und vor allem die Aussicht auf Stehen und Sitzen auf dem Boden lässt mich dann doch ganz schnell die Lust auf Bahnfahren verlieren. Anscheinend nimmt man das bei der Bahn auch wirklich billigend in Kauf, wenn ich der Aussage der Mitarbeiterin glauben darf – selbst in der 1. Klasse.
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