Syon House und Park, London
Am Ende einer kleinen Seitenstraße im Westen Londons, direkt an der Themse, liegt Syon Park. In seinem Herzen befindet sich Syon House, das letzte Stadthaus eines Dukes, das noch immer in Privathand ist. Und der Besitzer ist nicht irgendein Duke, sondern der Duke of Northumberland.
In der Eingangshalle, die übrigens ein Prunkstück der Arbeit von Robert Adam ist, zeige ich nun kurz meinen HHA-Pass zu und dann darf ich auch schon auf Entdeckungstour gehen. Und die führt mich zuerst einmal in den Keller.
Wo heute Syon House steht, gab es einst ein Kloster, das 1415 unter Heinrich V. erbaut wurde. Syon leitet sich vom biblischen Wort Zion, im lateinischen Sion, ab. Das Kloster wurde jedoch 1539, unter Heinrich VIII., wieder abgerissen. Nur einige der unteren Gewölbe sind erhalten geblieben, auf denen 1547–1552 das Herrenhaus im Stil der italienischen Renaissance errichtet wurde. Seit 1594 befindet sich das Haus in der Familie des früheren Earls und jetzigen Duke of Northumberland.
Nach diesem kleinen Exkurs geht es aber wieder nach oben ins Erdgeschoss, wo die Prunkräume von Syon House liegen. Heute werden sie aber nur noch wenig genutzt, denn die jungen Generationen der Familie ziehen es vor in ihren Eigentumswohnungen zu leben, wenn sie sich in London aufhalten. So ist das Haus dann auch regelmäßig an drei Tagen in der Woche geöffnet.
Die Bibliothek ist für einer der fantastischsten Räume. Nicht nur die Einrichtung und die vielen Bücher begeistern mich, besonders die vielen kleinen Details haben mich eine ganze Weile hier festgehalten.
So entdecke ich dann auch diese Spiegel in der Wand. Und ja, die Bilder sind alle korrekt abgebildet. Das ist ein bisschen wie im Spiegelkabinett auf dem Rummel, einmal steht man Kopf, ein anderes Mal erwähnt man sich viel weiter weg.
Auch interessante Fotos gibt es hier zu bestaunen. Dazu gehört dieses von der königlichen Familie handsignierte Foto…
… oder auch ein recht aktuelles Familienfoto des Duke of Northumberland. Ich erfahre auch, dass bisher nur die Töchter verheiratet sind.
Im Treppenhaus entdecke ich dann diese außergewöhnliche Sevres Vase. Sie war ein Geschenk des damaligen französischen Königs Karl X., dessen Krönung der 3. Duke of Northumberland 1825 als britischer Botschafter beiwohnte.
Durch die Fenster des oberen Treppenabsatzes kann ich dann auch den Löwen, das Wappentier der Familie, auf dem Eingangsportal sehen. Leider kommt man an diese Seite des Hauses nicht von draußen, da das der private Teil des Gartens ist.
Im Obergeschoss gibt es verschiedene Schlafzimmer. Eines von ihnen ist allerdings nicht original, sondern wurde hier komplett für den Spielfilm Gosford Park eingerichtet. Im Übrigen wurden im Haus schon viele Filme gedreht, darunter auch Emma oder die Avengers.
Ganz zum Schluss erreiche ich schließlich die zwei historisch gesehen wohl wichtigsten Räume des Hauses. Das linke Zimmer gehörte Prinzessin Victoria von 1831 bis 1837 (später Queen Victoria) und das rechte der 3. Duchess of Northumberland, die ihre Gouvernante war. Victoria vertrug sich nicht sehr gut mit ihrer Mutter, mit der Herzogin verband sie dagegen sehr viel und sie verbrachte hier ihre gesamte Jugendzeit.
Dann gehe ich zurück ins Erdgeschoss. Hier kann man aus dem Fenster bis zur Themse schauen. Dahinter, auf der anderen Flußseite, liegt übrigens Kew Gardens, der berühmte Londoner Botanische Garten. Und dann habe ich noch das Glück, dass gerade die Tür zum Innenhof aufgeht. Da kommt man eigentlich nicht hin, doch ein Angestellter zeigt gerade einem zukünftigen Hochzeitspaar den Ort, sodass auch ich einen kurzen Blick hinauswerfen kann.
Auf dem Weg hinaus komme ich dann noch an diesen Stühlen vorbei. Die kenne ich schon von anderen Besichtigungen. Man hat sie nur, wenn man an der Krönung des jeweiligen Monarchen teilnahm. Immer dann dürfen die Stühle von den Gästen als Souvenir mitgenommen werden.
Wieder draußen, erlebe ich dann gleich mal hautnah, was es heißt, in West-London zu leben. Ein A380 der Emirates düst über meinen Kopf. Er fliegt so tief, dass man fast glaubt, er würde gleich hier landen und nicht erst in Heathrow. Erstaunlich ist dabei, dass das hier eine sehr teure und gute Wohngegend von London ist. Die Menschen hier sind aber inzwischen auch ziemlich genervt, denn die Maschinen kommen hier im 2‑Minuten Takt. Es ist wirklich unglaublich.
Ich gehe derweil in den Garten von Syon House, wo ein weiteres architektonisches Prachtstück zu finden ist – die Orangerie. Sie wurde 1820–27 für den 3. Duke errichtet. Nach dem Vorbild wurde übrigens 1851 auch der berühmte Crystal Palace eigens für die erste Weltausstellung in London erbaut.
Es könnte wirklich idyllisch sein, aber die Maschinen düsen ununterbrochen über meinem Kopf hinweg. Das ist schon etwas gewöhnungsbedürftig.
Trotzdem ist der schöne Garten hier ein beliebtes Ausflugsziel. Am heutigen Sonntag sind viele Spaziergänger unterwegs.
Hinter der Orangerie folgt ein Weg weiter in den Syon Park hinein.
Syon Park, Brentford, TW8 8JF
Park: tgl. geöffnet, Haus: Mi, Do, So
Eintritt: £13.50, nur Garten £8.00
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