Stadtrundgang durch Riga, Lettland, Teil 2
Riga, die Hauptstadt von Lettland, lässt sich gut zu Fuß erkunden. Nachdem ich schon einige schöne Ecken erkundet habe, will ich auch ein Stückchen über die Grenzen der alten Stadtmauern hinausschauen. Im zweiten Teil meines Stadtrundgangs besuche ich noch einige interessante Orte, die es so nur in Riga gibt.
Stadtrundgang durch Riga – Livenplatz
Ich setze meinen Stadtrundgang am Livenplatz fort. Der große Platz ist noch recht neu und wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen, als zerstörte Häuser abgerissen wurden. Noch im 16. Jahrhundert gab es hier einen kleinen Fluss, die Ridzene, der Riga seinen Namen gab.
Eines der schönsten Häuser am Platz ist die Kleine Gilde. Sie bestand von 1352 bis 1936 als Zusammenschluss deutscher Handwerker. Das noch erhaltene Versammlungsgebäude wurde zwischen 1864 und 1866 erbaut und im Jahr 2000 umfassend restauriert.
Ebenfalls am Platz befindet sich das Haus der Großen Gilde. Hier waren die großen Kaufleute zusammengeschlossen, die auch Seehandel betrieben. Das heutige Gebäude wurde 1854 bis 1859 in Einbeziehung eines Vorgängerbaus errichtet. Somit blieben Teile der aus dem 15. Jahrhundert geschaffenen Inneneinrichtung bestehen. Heute wird das Gebäude als Konzerthaus genutzt.
Der Livenplatz, der seinen Namen erst im Jahr 2000 zu Ehren der livischen Ureinwohner bekam, ist heute mit Cafés und Restaurants gesäumt. Viele der Häuser hatten starke Beschädigungen im Krieg erlitten und wurden später wieder aufgebaut.
Rund um den Platz sind auch größere Häuser aus dem 19. Jahrhundert zu finden, die die Zerstörungen überlebt haben und in altem Glanz erstrahlen.
Stadtrundgang durch Riga – Am Rande der Altstadt
Vom Livenplatz führt heute eine breite Straße, die mit Geschäftshäusern gesäumt ist, zur ehemaligen Stadtmauer. Vom alten Stadtbild ist hier nicht mehr viel zu sehen, denn im 18. und 19. Jahrhundert wurden die Stadtbefestigungen entfernt und das Viertel vergrößert.
An einer Stelle, wo sich einst ein Stadttor befand, steht die Laima-Uhr. Die acht Meter hohe Uhr wurde 1924 errichtet und in den 1930er Jahren mit der Werbung des lettischen Süßwarenherstellers Laima versehen. Eigentlich sollte die Uhr dafür sorgen, dass die Arbeiter pünktlich zu ihrer Schicht erschienen. Heute ist sie jedoch ein beliebter Treffpunkt in der Stadt.
Gleich hinter der Uhr erstreckt sich der Basteiberg, ein im 19. Jahrhundert angelegter Park, der sich auf den Resten der östlichen Stadtbefestigung befindet.
Im Park ist seit 2006 das Armitstead-Denkmal zu finden, das an der Rigaer Bürgermeister George Armitstead erinnert. Das im Beisein von Königin Elizabeth II. und der damaligen lettischen Präsidentin enthüllte Denkmal zeigt den von 1901 bis 1912 amtierenden Bürgermeister in Lebensgröße und Begleitung seiner Gattin Cecile sowie seines Chow-Chow Sunset.
Stadtrundgang durch Riga – Jugendstil-Viertel
Nordöstlich des Basteiberges befindet sich das sogenannte Jugendstil-Viertel. Riga wird auch als nordeuropäische Hauptstadt des Jugendstils bezeichnet, denn der populäre Baustil fand hier besonderen Anklang. Auch in der Altstadt sind Gebäude in diesem Stil zu finden, doch besonders neue Viertel wurden im 19. Jahrhundert im Jugendstil errichtet und eines ist bis heute erhalten.
Die prächtigen Gebäude, die meist als Mietshäuser für die Bürgerschaft im 19. Jahrhundert erbaut wurden, lassen sich am besten auf einem Sparziergang erkunden. Während rund ein Drittel der Bebauung im Stadtzentrum von Riga dem Jugendstil zuzuordnen ist, sind im Arts Nouveau Viertel wohl die schönsten Exemplare zu finden.
Viele der Gebäude, die in den Straßenzügen hier zu finden sind, wurden in den letzten Jahren aufwendig restauriert und erstrahlen nun wieder fast wie Neubauten.
Vom Jugendstil-Viertel ist es nur ein kurzer Sparziergang bis zum Esplanade Park mit dem lettischen Kunstmuseum. Hier führt der Weg allerdings nicht durch beschauliche Gassen, sondern entlang der quirligen Innenstadtstraßen der lettischen Hauptstadt.
Stadtrundgang durch Riga – Russisches Erbe und die Freiheit
Ich laufe jetzt weiter durch den Esplanade Park, der bis 1812 noch Exerzierplatz der zaristischen Truppen war und sich im Mittelalter sogar außerhalb der Stadt befand. Auf der Suche nach einem Ausstellungsgelände zur 700-Jahrfeier Rigas, wurde der Platz von der Stadt aufgekauft und begrünt.
Am südöstlichen Rand des Parks steht die zwischen 1876 und 1883 erbaute Geburtskathedrale, die größte russisch-orthodoxe Kirche der baltischen Staaten. Während des Ersten Weltkriegs wurde die Kirche kurzzeitig in ein evangelisches Gotteshaus umgewandelt, bevor sie wieder zur russisch-orthodoxen Kirche wurde.
Während der russischen Besatzung wandelte man die Kirche 1963 in ein Planetarium um und nannte sie „Haus des Wissens”. Erst nach der lettischen Unabhängigkeit wurde der Bau 1992 wieder zur Kathedrale geweiht und bis 2006 umfassend saniert.
Ich laufe nun weiter zum Freiheitsplatz, wo zwischen 1931 und 1935 das Freiheitsdenkmal errichtet wurde. Es ersetzt ein Standbild von Zar Peter dem Großen, das nach der Unabhängigkeit entfernt wurde. Das rund 43 Meter hohe Monument wird von einer Freiheitsstatue gekrönt, die drei goldene Sterne für die drei lettischen Regionen, Kurland, Livland und Lettgallen, hält. Interessanterweise wurde das Denkmal auch zu Zeiten der sowjetischen Besatzung nicht entfernt, nur die Auslegung des Denkmals war eine andere.
Ich kreuze noch einmal kurz einen Ausläufer des Basteiberges, der östlichen Begrenzung der Altstadt.
An einer Ecke des Parks steht die lettische Nationaloper, die 1860 bis 1863 im Stil des Neoklassizismus erbaut wurde. Im Jahr 1882 brannte das Gebäude jedoch nieder und wurde 1885 bis 1887 wieder aufgebaut. Seit 1919 ist hier die lettische Nationaloper beheimatet.
Stadtrundgang durch Riga – In den Gassen der Altstadt
Ich kehre jetzt zurück in die Altstadt, deren äußere Begrenzung nach Osten heute große Geschäftshäuser darstellen. Hier, wo einst die Befestigungsanlagen waren, begann vor rund 200 Jahren die Expansion der Stadt nach außen. Besonders Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden so viele Miets- und Geschäftshäuser sowie ein neuer Boulevard, der Alt- und Neustadt voneinander trennt.
Schräg gegenüber der Oper ist auch das erste Fünf-Sterne-Hotel Lettlands, das Grand Kempinski Riga zu finden, das 2017 seine Türen öffnete. Das Haus wurde ursprünglich in den 1880er Jahren als erste Luxushotel der Stadt erbaut und war damals die modernste Unterkunft in Riga. Im Zweiten Weltkrieg wurde es allerdings fast komplett zerstört, wenige Jahre später aber wiederaufgebaut und als Hotel Riga wiedereröffnet.
Ich biege wieder in die engen Straßen der Altstadt ein und komme an einem schön restaurierten Gebäude vorbei, das heute die italienische Botschaft beherbergt.
Mitten in der Altstadt stoße ich hier auf das Galleria Center, ein großes Shopping-Center mit interessanter Geschichte. Ursprünglich gab es an dieser Stelle einen Army-Store, der 1919 gegründet wurde. Von 1936 bis 1938 wurde die Geschäftsfläche vergrößert und es entstand ein Kaufhaus, von dem heute noch große Teile erhalten sind.
Eine weitere Expansion fand schließlich 2006 statt, als ein Neubau angefügt und die dazwischenliegende Straße überdacht wurde. Heute befinden sich hier 110 Geschäfte auf rund 29.000 Quadratmetern.
Beim kurzen Bummel durch das Gebäude, kann ich an vielen Stellen noch die Art Deco Architektur aus den 1930er Jahren entdecken, die sehr schön in die neuen Gebäudeteile eingefügt wurde.
Gleich hinter dem Einkaufszentrum überwiegen aber wieder die Gassen der Altstadt. Hier finde ich allerdings auch noch einige Baulücken, die noch immer auf Kriegsschäden hinweisen. An anderer Stelle wurde dagegen wieder aufwendig renoviert und saniert.
Stadtrundgang durch Riga – Markttage
Noch einmal verlasse ich nun die Altstadt, dieses Mal allerdings gen Süden, wo sich der Zentralmarkt befindet. Die markanten Hallen haben eine interessante Geschichte. Einst befanden sich die Marktstände in den roten Speichern, von denen heute noch Reste erhalten sind. Um 1910 wollte man die hygienischen Bedingungen jedoch grundlegend verbessern und so wurde ein neuer Zentralmarkt geplant. Durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen, wurde das Projekt schließlich wieder aufgenommen und 1922 vom Rigaer Stadtrat der Neubau beschlossen. Dazu wurden zwei Luftschiffhallen vom Luftschiffhafen Wainoden im Kurland aufgekauft.
Aus bautechnischen und hygienischen Gründen nutzte man nur die oberen Teile der beiden Hallen und baute daraus fünf Markthallen, eine 140 Meter lange mit 5000 Quadratmetern Fläche sowie vier siebzig Meter lange mit 2500 Quadratmetern Fläche. Die Markthallen konnten schließlich 1930 eröffnet werden und galten damals als der größte und modernste Markt Europas.
Und auch heute noch werden die Hallen als Markt genutzt. Seit 2005 sind sie ein Tochterunternehmen des Rigaer Stadtrates und beschäftigen 253 Mitarbeiter. Wie traditionell gebaut, werden in der größten Halle ausschließlich Fleischprodukte verkauft, in den anderen Hallen gibt es Fisch, Obst, Gemüse und Waren aller Art.
Bald wuchs der Markt so stark an, dass die Hallen nicht mehr genügten. Während der sowjetischen Besatzung war es einheimischen Bauern auch verboten, ihre Waren im Markt anzubieten, sodass die gesamte Umgebung zu einem Marktplatz ausgebaut wurde. Inzwischen werden Waren auf fast sechs Hektar Fläche angeboten, von denen nur rund eineinhalb Hektar überdacht sind.
Stadtrundgang durch Riga – Sunset
Nachdem ich meinen Stadtrundgang beendet habe, kehre ich am Abend noch einmal zum Ufer der Düna zurück. Friedlich fließt der breite Fluss hier durch die Stadt und ich höre das laute Rattern der Vorortzüge, die über die Brücken fahren.
Am Ufer sind jetzt nur noch wenige Menschen unterwegs, denn die Ausflugsboote sind längst zurückgekehrt und die Touristen irgendwo in den Kneipen der Altstadt verschwunden. Ich aber verweile noch ein wenig auf der zwischen 1955 und 1957 erbauten Steinbrücke, die einen wunderschönen Blick über die Düna und die 1981 eröffnete Vansu-Brücke bietet, die bei ihrer Eröffnung mit ihren 625 Metern die längste Schrägseilbrücke Europas war.
Wer Riga kennt, der wird auf meinem Stadtrundgang zwei interessante Gebäude der Innenstadt vermisst haben, die Petrikirche und die markante Akademie der Wissenschaften. Beide Gebäude habe ich natürlich auch besucht, werde sie aber in einem separaten Artikel vorstellen.
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