Stadtrundgang durch Riga, Lettland, Teil 1
Riga, die Hauptstadt von Lettland, gehört schon viele Jahrhunderte zur Hanse. Zwar liegt die Stadt nicht direkt an der Küste, doch ist sie durch die Mündung der Düna mit der Ostsee verbunden. Und an das Ufer des Flusses schmiegt sich auch die historische Altstadt, die ich auf einem Spaziergang angeschaut habe.
Stadtrundgang durch Riga – Schwarzhäupterhaus und Rathausplatz
Mein Rundgang startet auf dem Rathausplatz, der sich direkt hinter meinem Hotel befindet. Das prächtigste Haus am Platze ist aber nicht der Sitz der Stadtverwaltung, sondern das Schwarzhäupterhaus. Die Bruderschaft war in vielen Hansestädten aktiv und hatte dort jeweils ein Gebäude, doch kaum eines ist so prachtvoll wie das in Riga.
Erstmalig erwähnt wurde das Gebäude bereits 1334 als das „Neue Haus der Großen Gilde“ und diente sowohl Kaufleuten als auch der vorwiegend deutschen Bürgerschaft als Versammlungsort. Zum Schwarzhäupterhaus wurde das Gebäude erst später. Die im 13. Jahrhundert gegründete Compagnie der Schwarzen Häupter vereinigte junge, unverheiratete ausländische Kaufleute in Riga. Zu ihrem Schutzpatron wurde der Heilige Mauritius, dessen Symbol, der Mohrenkopf, in das Wappen der Schwarzhäupter eingegangen ist.
In das Haus am Rathausplatz kam die Bruderschaft erstmalig 1447, als der Rigaer Rat ihnen den Paradesaal im Obergeschoss vermietete. Der Name Schwarzhäupterhaus wurde hingegen erst 1687 eingeführt und erst 1713 ging das Gebäude in den Besitz der Schwarzhäupter über.
Seine Architektur und die reiche Verzierung machen das Schwarzhäupterhaus zu einem wahren Schmuckstück. Besonders interessant ist die astronomische Uhr, die 1626 vom Uhrmachermeister Matis als „Calendarium perpetuum“ (Ewiger Kalender) hergestellt wurde. Sie zeigt aber nicht nur das Datum und die Uhrzeit, sondern auch die Mondphasen und die Tierkreiszeichen.
Ebenfalls an der Fassade zu sehen sind die Stadtwappen der Hansestädte Riga, Bremen, Lübeck und Hamburg. Unter den Wappen befinden sich die Skulpturen des Neptun, der Allegorien Eintracht und Frieden sowie die Skulptur des Merkurs. Und unter ihnen sind zwei deutsche Inschriften zu finden.
Das heutige Schwarzhäupterhaus ist allerdings nicht mehr das Original aus dem Jahr 1334. Von jenem Gebäude ist nur noch der Keller erhalten, denn das Haus wurde 1941 durch den Beschuss deutscher Truppen schwer beschädigt und die Ruine 1948, aus ideologischen Gründen, abgerissen. Bis 1993 blieb der Platz des historischen Gebäudes leer. Doch in Vorbereitung der 800-Jahrfeier wurde die Rekonstruktion beschlossen, die bis 1999 ausgeführt wurde. So wurde eine uralte Vereinbarung, die zwischen der Stadt Riga und den Schwarzhäuptern getroffen wurde, Wirklichkeit. Sie besagt: „Sollt ich einmal fallen nieder, So erbauet mich doch wieder.”
Auf ein weiteres historisches Ereignis weist eine kleine Skulptur, die sich direkt zwischen Schwarzhäupterhaus und Rathaus befindet. Schon lange streiten sich Lettland und Estland, wo denn der erste Weihnachtsbaum aufgestellt wurde. In Riga beansprucht man dieses Datum natürlich für sich. Im Jahr 1510 soll es gewesen sein, als die Menschen hier eine Holzpyramide aufstellen und mit Früchten, getrockneten Blumen und Spielzeugen schmückten.
Gegenüber dem Schwarzhäupterhaus steht das Riga Rathaus. Schon im 14. Jahrhundert gab es hier ein Verwaltungsgebäude, das allerdings im Nordischen Krieg zerstört wurde. So errichtete man durch Beiträge der Bürgerschaft zwischen 1750 und 1765 einen Neubau. Dieser war nur zweigeschossig mit Mansardendach, das zunächst ausgebaut und 1847 bis 1850 durch eine dritte Etage ersetzt wurde. Auch dieses Gebäude wurde 1941 weitgehend zerstört und es blieben nur noch die Außenmauern stehen. Die Rekonstruktion erfolgte ebenfalls erst 1993 nach der Unabhängigkeit des Landes.
Ich verlasse nun den Rathausplatz und laufe in Richtung Flussufer. Dabei komme ich am Gebäude der Technischen Universität vorbei, vor dem die Skulptur „Denkmal der lettischen Schützen” steht. Das 1971 eingeweihte Denkmal stammt aus der Zeit der sowjetischen Besatzung und ehrte damals die roten lettischen Schützen, die ab 1917 für eine lettische sozialistische Sowjetrepublik eintraten. Nach der Unabhängigkeit 1991 passte das Denkmal so nicht mehr, da es ja jetzt gegen den unabhängigen lettischen Staat gerichtet war. Statt es zu entfernen, wurde jedoch auf Initiative eines Historikers im Jahr 2000 einfach die Inschrift auf dem Sockel geändert. Seitdem gedenkt die Skulptur allgemein den lettischen Schützen, die zwischen 1915 und 1920 im Einsatz waren.
Stadtrundgang durch Riga – Düna-Ufer und Schloss
Wenige Schritte weiter erreiche ich bereits das Ufer der Düna. Der rund tausend Kilometer lange Fluss entspringt in Russland und fließt durch Weißrussland, bevor er bei Riga in die Ostsee mündet.
Am gegenüberliegenden Ufer sticht der Saules Akmens (Sonnenstein) ins Auge. Das zwischen 2003 und 2004 erbaute Gebäude ist der lettische Sitz der Swedbank. Bis zur Fertigstellung der dahinter liegenden Zwillingstürme Z‑Towers im Jahr 2015 war das Gebäude das zweithöchste der lettischen Hauptstadt nach dem Fernsehturm. Heute nimmt es Platz drei ein.
Eine Legende rankt sich um die Christopherus-Statue am Ufer der Düna. Es heißt, dass am Ufer der Düna einst ein großer, kräftiger Fährmann lebte. In einer dunklen Nacht kam ein Knabe zu ihm und bat darum, über das Wasser getragen zu werden. Obwohl ein Gewitter im Anzug war, schlug der Mann dem Knaben den Wunsch nicht ab und trug ihn auf seinen Schultern. Unterwegs wurde die Last jedoch immer schwerer und der Mann erreichte nur mit letzter Kraft das Ufer, um den Knaben dort abzusetzen. Dort zeigte sich, dass der Knabe das Christuskind war und seitdem wurde der Mann Christopherus genannt.
Während die Geschichte eine Legende ist, ist gesichert, dass um 1510 eine Statue des Christopherus mit einem Knaben auf der Schulter in Riga auftauchte. Diese war bei den Einwohnern sehr beliebt, man schmückte sie mit Blumen und Bändern und zündete Kerzen an, um Schutz vor dem Bösen zu bekommen. Das Original steht noch heute im Rigaer Stadtmuseum, während am Ufer der Düna inzwischen diese Kopie zu finden ist.
Auf der gegenüberliegenden Seite der Uferstraße sind hingegen die Mauern des Stadtschlosses zu sehen. Gebaut wurde der Palast ursprünglich um das Jahr 1330 als Festung für den livländischen Orden, nachdem der vorherige Sitz, die weiße Steinburg im Stadtzentrum, von den Rigaer Bürgern zerstört wurde.
Nach dem Untergang des Ordensstaates diente das Schloss den jeweiligen Machthabern der Stadt als Sitz. Im 18. und 19. Jahrhundert erfolgten große Veränderungen und Umbauten und 1938 zog zum ersten Mal der lettische Staatspräsident in das Gebäude. Während der sowjetischen Besatzung wurde das Schloss als Pionierpalast genutzt, seit der Unabhängigkeit ist es wieder Sitz des Präsidenten.
Das Schloss ist jedoch seit vielen Jahren auch eine Baustelle, denn besonders nach einem Großbrand 2013 benötigte es eine umfassende Renovierung, die bis heute nicht komplett abgeschlossen ist. Noch immer sind an Teilen des Gebäudes, das auch einige Museen beherbergt, Gerüste zu sehen, die von den Bauarbeiten zeugen.
Gleich neben dem Schloss steht die Kirche „Unserer lieben Frau von Leiden”, die eine von rund vierzig Kirchen in der lettischen Hauptstadt ist.
Stadtrundgang durch Riga – Drei Brüder und der Dom
Ich setzte nun meinen Rundgang durch die engen Gassen der Altstadt fort. Etwas abseits des Zentrums sind auch noch einige Häuser zu finden, die noch auf eine Renovierung warten, während viele schon wieder in altem Glanz erstrahlen.
So gelange ich schließlich zu den „Drei Brüdern”, einem Gebäudeensemble im Herzen von Riga. Das Haus Nr. 17 (grünes Haus) ist heute der älteste Profanbau der lettischen Hauptstadt. Es wurde bereits im 15. Jahrhundert mit Merkmalen niederländischer Renaissance-Architektur erbaut. Das mittlere Gebäude hat einen Giebel im Stil des Manierismus und das rechte Haus hat einen Barockgiebel. Alle drei Häuser wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört und in den 1950er Jahren wieder aufgebaut.
Ich ziehe weiter durch die kompakten Gassen der Altstadt, die Zentrum der größten Stadt und des größten Ballungsgebietes des Baltikums ist. Davon merkt man in der verkehrsberuhigten Altstadt allerdings wenig. Auch wenn sich hier viele Regierungsgebäude und Botschaften befinden, so hat dieses Gebiet eher den Charakter einer Kleinstadt. Die quirlige Großstadt merkt man erst außerhalb der alten Stadtmauern.
Als Nächstes gelange ich zum Domplatz, der eingerahmt von sehr schön restaurierten Häusern ist, in denen sich Restaurants, Geschäfte und Museen befinden.
Der Dom zu Riga ist die Kathedrale der evangelischen Kirche Lettlands und die größte Kirche des Baltikums. Erbaut wurde der Dom um 1211, nachdem ein Vorgängerbau bei einem Brand zerstört wurde.
Während meines Aufenthaltes kann ich auf dem Domplatz auch Dreharbeiten für einen Film beiwohnen. Die schön restaurierten Gassen eignen sich wunderbar für historische Filme und es macht Spaß dabei zuzusehen.
Stadtrundgang durch Riga – Bauten der Hanse
Vom Domplatz geht es für mich weiter, wieder kreuz und quer durch die Gassen, vorbei an vielen toll restaurierten Häusern wie diesem, in dem sich heute die Schweizer Botschaft befindet.
Auch die katholische Kirche hat einen Bischofssitz in Riga. Nachdem der Dom im Zuge der Reformation von der evangelischen Kirche übernommen wurde, ist die St.-Jakobs-Kathedrale Zentrum des Erzbistums Riga. Die erste urkundliche Erwähnung stammt bereits aus dem Jahr 1225, als die Kirche ein katholisches Gotteshaus war. Später war sie jedoch für Jahrhunderte evangelisch und erst seit 1923 ist sie wieder katholisch und Bischofssitz.
Gleich neben der Kirche befindet sich die Saeima, das Parlament von Lettland, das aus einer Kammer mit einhundert Sitzen besteht. Das Gebäude wurde 1863 bis 1867 zunächst als Sitz der livländischen Ritterschaft erbaut und erst 1923 unter Eugen Laube für das zuvor neu zusammengetretene lettische Parlament umgebaut.
Ich folge nun einer der wenigen noch original erhaltenen mittelalterlichen Gassen, die einst direkt an der Stadtmauer entlangführte.
So gelange ich zum ältesten noch erhaltenen Teil der Rigaer Stadtbefestigung, dem sogenannten Schwedentor. Schon im 16. Jahrhundert verlor die Anlage immer mehr an Bedeutung und während der schwedischen Besatzung wurde hier 1698 ein Durchlass geöffnet, der die Altstadt mit den vor den Stadtmauern befindlichen Kasernen und Häusern verband. Ursprünglich gab es acht Stadttore, doch nur das Schwedentor ist heute noch erhalten geblieben.
Gleich hinter dem Stadttor befinden sich die Jakobskasernen, die Ende des 17. Jahrhunderts errichtet wurden. Lange wurden sie von der Armee genutzt, heute jedoch befinden sich hier Cafés und Geschäfte.
Gegenüber ist noch ein kleines Stück restaurierte Stadtmauer zu sehen. Die erste massive Stadtbefestigung erhielt Riga 1207, nachdem vorherige Palisaden aus Holz abgerissen wurden. Im 14. Jahrhundert gab es rund 2.200 Meter Stadtmauer, die bis zu dreizehn Meter hoch war. In der Mauer befanden sich 29 Türme, die jeweils rund einen Pfeilpflug voneinander entfernt waren. Heute sind nur noch zwei von ihnen erhalten, einer davon ist der hier zu sehende Ramerturm.
Der zweite erhaltene Turm ist der Pulverturm, ein befestigtes Schießpulverlager aus dem 17. Jahrhundert. An seiner Stelle stand zuvor der im 14. Jahrhundert errichtete Sandturm, der allerdings zerstört wurde.
Stadtrundgang durch Riga – Das Katzenhaus
Ganz in der Nähe des Pulverturms befindet sich die wohl bekannteste Kuriosität von Riga, das Katzenhaus. Das Katzenhaus wurde 1909 vom Architekten Friedrich Scheffel im Jugendstil für einen wohlhabenden lettischen Kaufmann erbaut. Diesem wurde allerdings die Aufnahme in die Große Gilde verwehrt, deren Hauptsitz sich schräg gegenüber befand.
Dies wiederum war für ihn eine so große Beleidigung, dass er auf seinem Dach Katzen aufstellen ließ, mit hocherhobenem Schwanz und dem Hinterteil auf das Gebäude zeigend. Man kann sich denken, was er damit ausdrücken wollte. Das gefiel natürlich der Gilde nicht und nach einigen Querelen wurde der Kaufmann doch noch aufgenommen und drehte die Katzen schließlich in eine andere Richtung.
Hier endet nun der erste Teil meines Rundgangs durch Riga. Alles gesehen habe ich aber noch lange nicht. Im zweiten Teil werde ich mich aber nicht nur in den Gassen der Altstadt weiter umsehen, sondern auch ein wenig über deren Grenzen hinausschauen.
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