Stadtrundgang durch Prag – Kleinseite und Karlsbrücke
Goldene Stadt wird Prag auch genannt, doch warum die tschechische Hauptstadt diesen Beinamen trägt, dafür gibt es viele Erklärungen. Golden strahlen die Türme der Burg, die Kaiser IV. mit Blattgold verzieren ließ und golden schimmern auch die zahlreichen Sandsteintürme der Innenstadt im Licht der Abendsonne. Die Stadt an der Moldau übt einen ganz besonderen Reiz auf ihre Besucher aus und jedes Jahr strömen Millionen Menschen in die tschechische Hauptstadt, um sich in den engen Gassen und auf den historischen Plätzen verzaubern zu lassen.
Die Moldau fließt mitten durch Prag und trennt die historische Innenstadt in zwei Teile, die Prager Altstadt und die Prager Kleinseite. Verbunden werden die Stadtteile durch Brücken, von denen die bekannteste die berühmte Karlsbrücke ist. Da sich mein Hotel in der Prager Kleinseite befindet, starte ich meinen Rundgang in diesem Stadtteil.
Stadtrundgang durch Prag – Prager Kleinseite
Malá Strana heißt die Kleinseite auf Tschechisch und war von 1257 bis 1784 eine eigenständige Stadt am westlichen Moldauufer unterhalb der Burg. Nach einigen verherenden Bränden wurde sie zur Stadt des Adels und der Reichen, wovon noch heute viele schöne Stadthäuser und Paläste zeugen. Und auch die tschechische Regierung hat ihren Sitz in diesem Stadtteil, ebenso wie das Parlament des Landes.
Ich beginne meinen kleinen Rundgang am Moldauufer, wo ich einen schönen Blick hinüber zur Altstadt habe. Die Moldau ist mit 430 Kilometern der längste Fluss in Tschechien und der größte Nebenfluss der Elbe.
Eines der auffälligsten Häuser am Altstadtufer ist das 1936 gegründete Bedřich-Smetana-Museum. Es befindet sich in einem Neurenaissance Gebäude aus dem Jahr 1883, das ursprünglich den Prager Wasserwerken gehörte.
Allein im inneren Stadtgebiet von Prag wird die Moldau von fünfzehn großen Brücken überspannt, von denen die meisten für Fußgänger und Straßenverkehr freigegeben sind. Fast alle der heutigen Brücken sind in den vergangenen 150 Jahren gebaut worden, es gibt jedoch eine Ausnahme.
Und das ist die berühmte Karlsbrücke, die zu den ältesten Steinbrücken Europas zählt. Sie überspannt die Moldau bereits seit 1357 und ist eines der berühmtesten Bauwerke in Prag. Bevor ich mir die Brücke jedoch näher anschaue, setze ich meinen kleinen Rundgang durch die Kleinseite fort.
Kampa heißt das kleine Gebiet, das sich südlich und nördlich der Karlsbrücke am Moldauufer erstreckt. Hier wurden viele der alten Häuser perfekt saniert und es macht Spaß, die engen Gassen zu erkunden.
Da dieses Gebiet sehr tief und direkt am Ufer der Moldau liegt, bleibt es allerdings nicht immer vom Hochwasser des Flusses verschont, wie zahlreiche Markierungen an den Fassaden der Häuser deutlich machen.
Einen schönen Blick auf das Gebiet und sogar bis zum Aussichtsturm Petřín habe ich vom Kopf der Karlsbrücke, der etwas erhöht liegt. Der sechzig Meter hohe Aussichtsturm etwas außerhalb der Stadt wurde 1891 erbaut und ist dem Pariser Eiffelturm nachempfunden.
In Richtung Norden habe ich hingegen einen schönen Blick auf den Čertovka Kanal, einen rund 700 Meter langen Seitenarm der Moldau, der hier völlig von Wohnhäusern eingerahmt wird. Der Kanal trennt die Kampa von der restlichen Kleinseite und macht sie so zu einer Insel.
Der Weg führt mich nun am Wendischen Seminar vorbei, einem sehr bedeutenden Haus auf der Prager Kleinseite. Im Jahr 1724 wurde es als Ausbildungsstätte für den katholischen Priesternachwuchs der Oberlausitz gegründet und nahm hauptsächlich sorbische Studenten auf. In den fast zweihundert Jahren seiner Existenz absolvierten 768 Alumnen die Ausbildung in diesem Gebäude. Heute ist hier die sächsische Landesvertretung beheimatet.
Ich laufe weiter durch die Gassen der Kleinseite, ganz ohne erkennbares Ziel, ich lasse mich einfach treiben.
Während viele der Gassen in der Prager Innenstadt schon recht schmal sind, ist eine noch etwas schmaler. Diese Gasse ist so eng, dass hier kein Auto und auch kein Motorrad entlang passt, ja selbst Fußgänger müssen eine Ampel nutzen, denn an der schmalsten Stelle ist der Durchgang gerade mal einen halben Meter breit.
Nur wenige Minuten zu Fuß sind es nun noch bis zum Kafka Museum. Der berühmte Dichter wurde 1883 in Prag geboren und in der ehemaligen Herget-Ziegelbrennerei wurde ihm zu Ehren ein Museum eingerichtet, in dem viele Erstausgaben und Handschriften zu entdecken sind.
Doch selbst wer sich nicht für Kafka interessiert, sollte zumindest bis zum Innenhof des Museums laufen, denn hier ist die wohl kurioseste Statue von Prag zu finden. „Piss” heißt sie ganz passend und wurde vom tschechischen Künstler David Černý geschaffen. Die Skulptur besteht aus einem bronzenen Wasserbecken, das wie die Landkarte von Tschechien geformt ist. Im Wasser stehen zwei Männer von je zwei Meter zehn Höhe, die, wie sollte es bei dem Titel anders sein, in das Becken urinieren. Die Penisse der Herren sind sogar beweglich und der jeweilige Wasserstrahl verändert seine Intensität.
Mein Weg führt mich wieder weiter durch die Gassen der Kleinseite, in denen die meisten Häuser wunderschön renoviert wurden. In vielen Gebäuden sind Geschäfte und kleine Hotels unterbracht, Einwohner hat die Kleinseite nämlich nicht so viele. Gerade mal knapp 7.000 Menschen nennen diesen Stadtteil ihr Zuhause.
Mein Rundgang endet schließlich an der berühmten Karlsbrücke, die ich nun überqueren möchte, um meinen Rundgang anschließend in der Prager Altstadt fortzusetzen.
Stadtrundgang durch Prag – Karlsbrücke
Die Karlsbrücke ist neben der Prager Burg die wohl berühmteste Sehenswürdigkeit der Stadt. Sie gilt als Wahrzeichen von Prag und ist die älteste noch erhaltene Moldau Überquerung sowie eine der ältesten Steinbrücken in ganz Europa.
Die Karlsbrücke ist jedoch nicht die erste Flussquerung an dieser Stelle. Schon im 10. Jahrhundert wird eine erste Holzbrücke über die Moldau erwähnt, die allerdings sehr anfällig war und mehrmals durch Hochwasser beschädigt beziehungsweise zerstört wurde. So ersetzte man sie bereits um 1170 durch eine erste Steinbrücke, die Judith-Brücke, benannt nach Judith von Thüringen, der Frau des damaligen Herrschers. Doch auch diese Brücke wurde 1342 während des Magdalenenhochwassers zerstört. Unzerstört bliebt jedoch der Brückenturm auf der Kleinseite, der später in den Neubau integriert wurde.
Der Überlieferung nach fand die Grundsteinlegung für die heutige Brücke genau am 9. Juli 1357 um exakt 5:31 Uhr durch Kaiser Karl IV. statt. Interessanterweise ergibt der Termin eine regelmäßige Folge von ungeraden Zahlen, 1–3‑5–7‑9–7‑5–3‑1. Der Herrscher hatte sich diesen Zeitpunkt als günstig von einem Astrologen errechnen lassen. Und irgendwie muss das schon ganz gut funktioniert haben, denn immerhin steht diese Brücke noch heute, trotz Hochwassern, Kriegen und Feuersbrünsten, die die Stadt in den nachfolgenden Jahrhunderten heimgesucht haben.
Die Heiligenfiguren, die heute die Brücke säumen, sind allerdings nicht so alt. Sie wurden erst im Barock aufgestellt. Die wohl berühmteste Statue ist die des heiligen Johannes Nepomuk, der der Legende nach auf Geheiß von König Wenzel IV. von der Brücke in die Moldau geworfen wurde, da er die Inhalte der Beichten der Königin nicht verraten wollte und sich stattdessen auf das Beichtgeheimnis berief. Doch auch viele andere Heilige haben auf der Brücke einen Ehrenplatz erhalten. Heute allerdings nur noch als Kopie, denn die wertvollen Originale stehen längst im Museum.
Traumhaft ist aber auch der Ausblick auf die Moldau und die Uferbereiche. Der Fluss ist hier so breit, dass es sogar eine Insel gibt und die Karlsbrücke selbst eine Länge von 516 Metern hat. Dabei ruhen ihre 16 Steinbögen auf 15 Brückenpfeilern. Die besondere Standfestigkeit soll übrigens dadurch erreicht worden sein, dass man Eier unter den Mörtel mischte.
Schon seit den 1960er Jahren ist die Karlsbrücke nur noch für Fußgänger freigegeben, nachdem um 1880 eine Pferdebahn und Anfang des 20. Jahrhunderts sogar eine elektrische Straßenbahn auf ihr verkehrt hatten. Diese Verbindung wurde jedoch bald wieder eingestellt, da sie die Stabilität der Brücke beeinträchtigte. So wurden aber bis in die 1960er Jahre noch Busse eingesetzt, bevor das Bauwerk zur Fußgängerzone erklärt wurde.
Auch auf der Altstadtseite wird die Brücke durch einen Brückenturm begrenzt. Er wurde bereits im 14. Jahrhundert im Stil der Gotik erbaut. Heute ist die Westseite des Turms ohne Fassadenschmuck, denn sie wurde im Dreißigjährigen Krieg von den Schweden beschossen und alle Verzierungen vernichtet.
Der Durchgang wartet hingegen mit einer reichen Deckenbemalung auf. Der Schluss-Stein in der Mitte der Wölbung ist als Königskrone gestaltet worden.
Die wohl schönste Seite aber ist das Ostportal, das in seiner ganzen Pracht erhalten geblieben ist. Hier zu sehen sind die lebensgroßen Figuren von Kaiser Karl IV., seinem Sohn Wenzel IV. sowie den Heiligen Veit, Adalbert und Sigismund.
Vor dem Turm befindet sich der Kreuzherrenplatz, auf dem die Kirche der „Kreuzherren mit dem roten Stern” sowie eine vier Meter hohe Statue von Kaiser Karl IV. zu sehen sind.
Schön ist von hier auch der Ausblick auf die Karlsbrücke, die diesen Namen erst seit den 1870er Jahren trägt. Zuvor wurde sie meist einfach Prager Brücke genannt.
Und schön ist von hier auch der Blick auf die Kleinseite und die Prager Burg, die sich gewaltig über der Stadt erhebt. Sie werde ich ebenfalls noch besuchen, doch das hebe ich mir für den nächsten Tag auf.
Stadtrundgang durch Prag – Fazit
Die Prager Innenstadt ist am besten zu Fuß zu erkunden, denn nur so kommt man durch die zahlreichen Gassen und auch über die Karlsbrücke. Da ich auf meinem spontanen Kurzbesuch nur begrenzt Zeit hatte, habe ich mich größtenteils einfach treiben lassen und ich kann das auch wärmstens empfehlen, denn nur so bekommt man ein Gefühl für die über Jahrhunderte gewachsene Stadt. Nach der Besichtigung der Kleinseite und meinem Gang über die Karlsbrücke will ich meinen Stadtrundgang nun in der Altstadt fortsetzen. Doch davon erzähle ich in einem separaten Artikel.
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