Stadtrundgang durch Darmstadt, Hessen
Darmstadt gehört eher nicht zu den Orten, an die man denkt, wenn man in Deutschland eine Stadtbesichtigung plant. Und doch hat die ehemalige Residenzstadt, die ein wenig im Schatten von Frankfurt verschwindet, einiges zu bieten, wie ich auf einem Rundgang erleben konnte.
Stadtrundgang durch Darmstadt – Eberstadt und Prinz-Emil-Garten
Da ich in der Nähe zu tun hatte, beginne ich meine Erkundung von Darmstadt im südlich der Innenstadt gelegenen Stadtteil Eberstadt. Hier besuche ich den Friedhof, der in seiner ursprünglichen Form um 1835 angelegt wurde. Der Torbogen, durch den man den Friedhof heute betritt, war einst als Leichenhalle und Aufseherhaus konzipiert worden. Seit 1982 sind diese allerdings in einem Neubau untergebracht.
Bei seiner Gründung wurde der Friedhof rechteckig angelegt, später aber mehrmals erweitert. Die verschiedenen Bereiche wurden dabei durch Alleen getrennt, die zum großen Teil noch heute erhalten sind.
Auf dem Friedhof befindet sich auch das Grab von Hans Erich Dotter, einem Unternehmer und Gründer der Firma Goldwell, die Friseurartikel herstellt.
Mit der Straßenbahn geht es für mich nun vom Friedhof bis zur Station am Prinz Emil Garten. Gleich an der Straße gibt es eine kleine Gedenkstätte, die an die alte Artilleriekaserne erinnert, die hier 1858/59 erbaut und 1951 abgerissen wurde. Erhalten geblieben ist nur das Giebelrelief, das 2002 hier aufgestellt wurde, nachdem es jahrelang eingelagert war.
Mitten im Park befindet sich das Prinz-Emil-Schlösschen, ein kleines Gartenpalais, das zwischen 1775 und 1778 für den damaligen ersten Minister und Staatsreformer Friedrich Karl von Moser erbaut wurde.
Stadtrundgang durch Darmstadt – Orangerie und Orangeriegarten
Zu Fuß laufe ich weiter zur Orangerie und dem angeschlossenen Orangeriegarten, die ich über ein großes, schmiedeeisernes Tor an der Bessunger Straße erreiche.
Ursprünglich entworfen wurde die Orangerie um 1720 vom französischen Architekten Louis Rémy de la Fosse, doch zerstörte ein Feuer im Jahr 1774 große Teile des Gebäudes. Acht Jahre später wurde die Orangerie jedoch wieder aufgebaut, wenn auch leicht verändert. Einst wurden hier im Winter vor allem die tropischen Pflanzen untergebracht, heute jedoch werden die Räumlichkeiten für Veranstaltungen genutzt.
An die Orangerie schließt sich der Orangeriegarten an, der unter Ernst Ludwig Landgraf von Hessen-Darmstadt vom kurpfälzischen Hofgärtner J. K. Ehret aus Heidelberg gestaltet wurde.
Bereits 1802 wurde die Gartenanlage für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, nachdem es zuvor ausschließlich von der höfischen Gesellschaft genutzt wurde, und schon im darauffolgenden Jahr fanden hier erste Veranstaltungen statt. Im Jahr 1925 wurde der Garten für 99 Jahre an die Stadt Darmstadt verpachtet und steht somit weiterhin allen offen.
Stadtrundgang durch Darmstadt – Schloss
Von der Orangerie geht es für mich zurück zur Straßenbahn und mit der ins Stadtzentrum. Eigentlich wollte ich hier das Residenzschloss besichtigen, doch gibt es während meines Besuchs ein großes Stadtfest, sodass ich kaum Zugang zum historischen Gebäude bekomme. Nur zwei Ecken kann ich so auf dem Foto festhalten.
An der Stelle des heutigen Schlosses stand schon im 13. Jahrhundert eine Wasserburg und bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts wurde die Burg zu einem repräsentativen Schloss ausgebaut. Im 16. Jahrhundert wurde das Schloss mehrmals zerstört, aber immer wieder aufgebaut. Im 18. Jahrhundert wurde schließlich der französische Architekt Louis Rémy de la Fosse beauftragt, ein neues Barockschloss zu bauen. Dieses sollte eigentlich vier Flügel haben, aber nur zwei wurden letztendlich fertiggestellt. Die letzte Zerstörung fand 1944 statt, als das Schloss bis auf die Außenmauern ausbrannte und nach dem Krieg, zumindest äußerlich, rekontruiert wurde.
Stadtrundgang durch Darmstadt – Mathildenhöhe
Die wohl bekannteste Sehenswürdigkeit in Darmstadt ist die Mathildenhöhe, die seit 2021 sogar zum UNESCO-Welterbe gehört. Gegründet wurde das Ensemble als Künstlerkolonie, die zwischen 1899 und 1918 Bestand hatte und auch heute noch sind viele der interessanten Wohnhäuser in den Seitenstraßen zu finden. Im Zentrum aber stehen zwei andere Gebäude. Eines ist die russisch-orthodoxe Kirche, die zwischen 1897 und 1899 von St. Petersburger Architekten Leonti Nikolajewitsch Benois, einem Großvater von Peter Ustinov, entworfen wurde.
Auftraggeber für das Gotteshaus war der russische Zar Nikolaus II. von Russland, der bei Besuchen in der Heimat der Zarin Alexandra, gebürtige Prinzessin Alix von Hessen-Darmstadt, nicht auf eine eigene Kirche verzichten wollte. Die Brunnenanlage vor der Kirche wurde 1914 im Jugendstil anlässlich der vierten Künstlerausstellung auf der Mathildenhöhe errichtet.
Das zweite bekannte Gebäude ist der sogenannte Hochzeitsturm, der sich in unmittelbarer Nähe der Kapelle befindet. Der 48,5 Meter hohe Turm wurde zur Landesausstellung 1908 fertiggestellt und sollte an die Hochzeit des Großherzogpaares Ernst Ludwig und Eleonore im Jahr 1905 erinnern. Am markantesten sind wohl die fünf abschließenden tonnenförmigen Bögen des Daches, die auch an eine Hand erinnern, weswegen der Turm auch Fünffingerturm genannt wird.
In der Eingangshalle des Turms zahle ich meinen Eintritt für die Besichtigung. Hier sind zwei Mosaike von Friedrich Wilhelm Kleukens zu sehen: „Die Treue” und „Der Kuss”.
Mit dem Aufzug geht es nun für mich zunächst in die siebte Etage, wo sich die Aussichtsterrasse befindet. Zuvor musste man 195 Stufen in dreizehn Wendungen überwinden, um hierher zu gelangen. In Vitrinen sind einige Ausstellungsstücke zu sehen, die an die Hochzeit des Großherzogpaares erinnern.
Außerdem gibt es Sprossenfenster zu allen Seiten, die einen ausgezeichneten Rundumblick auf Darmstadt und darüber hinaus erlauben.
In der Ferne kann ich sogar die Hochhäuser von Frankfurt/ Main erkennen.
Zwei Etagen tiefer liegt das Zimmer der Großherzogin, das auch das Hochzeitszimmer genannt wird und in dem noch heute Trauungen stattfinden. Der Raum verfügt über eine kassettierte und vergoldete Stuckdecke sowie ein Wandfries mit der Darstellung eines Hochzeitsfestes.
Im vierten Stock liegt schließlich das Zimmer des Großherzogs, das von einem abgehängten Tonnengewölbe überspannt wird und durch seine tiefblaue Farne mit den goldenen Dekorationen besticht.
Die restlichen vier Stockwerke bis zum Ausgang lege ich dann wieder mit dem Fahrstuhl zurück, da es auf den unteren Etagen nichts mehr zu sehen gibt.
Ich setze nun meinen Sparziergang über die Mathildenhöhe fort und gelange so zum Schwanentempel, der mit seinen acht Doppelsäulen und dem Kegeldach als in seiner Art einzigartig gilt. Der Pavillon wurde von Albin Müller im Jahr 1914 für die letzte Ausstellung der Künstlerkolonie entworfen.
Beim Verlassen der Mathildenhöhe komme ich noch am oberhessischen Haus vorbei, das 1908 für die hessische Landesausstellung errichtet wurde.
Stadtrundgang durch Darmstadt – Rosenhöhe
Am Fuße der Mathildenhöhe folge ich dem Weg über eine Bahntrasse und erreiche so das Löwentor, das den Eingang zu einer weiteren Parkanlage der Stadt bildet, der Rosenhöhe. Der markante Eingangsbereich wurde 1927 im Auftrag von Großherzog Ernst Ludwig anlässlich des 25. Jubiläums der Künstlerkolonie errichtet. Die sechs monumentalen Klinkerpfeiler wurden von Albin Müller entworfen.
Auf jedem Pfeiler sitzt ein bereits im Jahr 1914 von Bernhard Hoetger geschaffener Löwe. Die Skulpturen werden im Volksmund auch niesende Igel genannt.
Zwischen den sechs Pfeilern befinden sich Relieftafeln, die ebenfalls ursprünglich von Bernhard Hoetger entworfen wurden. Die heutigen Exemplare sind allerdings Replikate, die der Darmstädter Künstler Hermann Tomada 1967 geschaffen hat.
Der Park Rosenhöhe wurde um 1810 von Wilhelmine von Baden als Landschaftsgarten mit teilweise exotischen Bäumen auf einem ehemaligen Weinberg angelegt. Im Park wurden verschiedene Gebäude wie das kleinen Teehaus errichtet, die die Großherzogin regelmäßig nutzte.
In einem Teil des Parks befinden sich die Grabstätten des Hauses Hessen auf der Rosenhöhe. Hier sind die Grabstätten der großherzoglichen Familie im 19. und 20. Jahrhundert zu finden. Ein Teil ist das neue Mausoleum, das nach Entwürfen von Karl Hoffmann für die Eltern und Geschwister von Großherzog Ernst Ludwig erbaut wurde. In seiner Gestaltung ist es dem Mausoleum der Galla Placidia in Ravenna nachempfunden.
Ganz in der Nähe befinden sich drei weitere Grabanlagen, in denen die Angehörigen des Hauses Hessen-Darmstadt, die im 20. Jahrhundert verstorben sind, beigesetzt wurden. Im Vordergrund zu sehen sind die Gräber von Prinz Ludwig (1908–1968) und Prinzessin Margaret (1913–1997).
Dahinter liegen die Gräber von Großherzog Ernst Ludwig, seiner Frau, sein ältester Sohn mit Gemahlin sowie zwei seiner Enkel, die bis auf den Großherzog alle 1937 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sind.
Das dritte Grab wird von einem Engel geziert und hier liegt die erste Tochter des Großherzogs und seiner ersten Frau, Elisabeth, die im Alter von nur acht Jahren verstarb.
Etwas abseits liegt noch das Grab von Prinzessin Johanna, der überlebenden Tochter des Erbprinzen Georg Donatus und seiner Frau, die als einzige nicht auf der tragischen Flugreise dabei war.
Die erste Begräbnisstätte auf der Rosenhöhe war das alte Mausoleum, das 1826 im Stil eines griechischen Tempels erbaut wurde und zwischen 1869 und 1870 zwei Seitenflügel bekam. Hier sind zwölf Mitglieder der großherzoglichen Familie beigesetzt, die im 19. Jahrhundert verstarben.
Ich verlasse die Begräbnisstätte und setze meinen Rundgang durch den Park fort. Dabei stoße ich auf diesen mir bekannten exotischen Baum, einen Redwood, der so eigentlich in den USA beheimatet ist.
Ein weiterer Teil des Parks ist das Rosarium, das von Großherzog Ernst Ludwig um 1900 angelegt wurde. Es befindet sich auf dem höchsten Punkt der Anlage und hier blühen jedes Jahr über zweihundert verschiedene Rosensorten.
Mysteriös ist hingegen dieser Bau, der allgemein als Spanischer Turm bekannt ist. Woher der Name stammt, weiß man jedoch ebenso wenig wie das Baujahr oder den Grund für den Bau. Sogar der ursprüngliche Zweck des Gebäudes ist noch heute unbekannt.
Auf meinem Rückweg durch den Park komme ich noch an diesem Portal vorbei, das der einzige erhaltene Teil des Palais Rosenhöhe ist. Das Palais entstand ursprünglich 1894 als Wohnsitz für Prinz Wilhelm, den Bruder von Großherzog Ludwig IV. Das Palais wurde jedoch im Zweiten Weltkrieg vollständig zerstört und später abgetragen.
Schließlich erreiche ich das große Tor am Ende des Thießweg mit seinem schönen Pförtnerhäuschen. Hier verlasse ich die Rosenhöhe wieder, um mit dem Bus zurück in die Innenstadt zu fahren.
Fazit: Auch wenn Darmstadt vielleicht weniger bekannt ist als Frankfurt/Main oder das südlicher gelegene Heidelberg, so ist die ehemalige Residenzstadt auf jeden Fall einen Besuch wert. Mir hat mein Rundgang sehr gut gefallen und ich komme gern noch einmal zurück, um die Stadt und ihre historischen Bauten noch weiter zu erkunden.
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