Schloss Tjolöholm, Göteborg, Schweden
Schloss Tjolöholm gehört zu den außergewöhnlichsten Bauten in Schweden. Das Herrenhaus südlich von Göteborg ist heute ein Museum und kann zumindest im Sommerhalbjahr besucht werden. Dann können Besucher in die tragische Geschichte der ehemaligen Hausherren eintauchen und einen Eindruck gewinnen, wie wohlhabende Schweden um 1900 gelebt haben.
Das Herrenhaus ist am besten mit dem Auto zu erreichen, das auf einem großen Parkplatz abgestellt werden kann. Von dort geht es zu Fuß weiter, zunächst zum Besucherzentrum, das sich in einer alten Scheune befindet. Hier werden auch die Eintrittskarten verkauft und es gibt einen kleinen Shop.
Hinter dem Besucherzentrum gibt es dann auch den ersten Blick auf das Herrenhaus. Majestätisch erhebt es sich auf einem Hügel aus dem Grün der umliegenden Parkanlage.
Tjolöholm selbst ist ein uraltes Anwesen, das bereits 1231 erstmalig erwähnt wurde, und seinerzeit König Waldemar II. von Dänemark gehörte. Über die Jahrhunderte wechselte Tjolöholm immer wieder die Besitzer, bevor es 1892 von James Fredrik Dickson und seiner Frau Blanche erworben wurde. Das Ehepaar Dickson ließ sogleich das alte Herrenhaus abreißen und engagierte den bekannten schwedischen Architekten Lars Israel Wahlmann, ihnen ein Haus im Tudor Stil zu erbauen.
Zwischen 1898 und 1904 wurde schließlich das prächtige Herrenhaus errichtet, das noch heute zu den schönsten im ganzen Land zählt. Viel Glück hat der Familie das neue Anwesen jedoch nicht gebracht, denn James Fredrik Dickson starb kurz nach der Fertigstellung und auch seine Frau Blanche lebte nur kurze Zeit in dem Haus. Bereits seit 1960 gehört Tjolöholm übrigens der Stadt Göteborg und ist für die Öffentlichkeit zugänglich.
Das Herrenhaus ist in einem interessanten Stilmix eingerichtet, der zwischen Tudor Stil sowie Arts and Craft zu finden ist, denn Architekt Wahlmann war Vertreter dieser Bewegung. Dazu wurde auch auf modernste Erfindungen nicht verzichtet, denn bereits hinter dem imposanten Eingangsbereich mit eigenem Kamin befindet sich eine Gästetoilette, für die damalige Zeit ein Novum.
Besonders prächtig ist dann die Eingangshalle, die sich über zwei Stockwerke erstreckt. Hier fühlt man sich eher wie in einem jahrhundertealten Schloss, denn in einem nur etwas mehr als hundert Jahre alten Herrenhaus.
Von der Eingangshalle gelange ich in einen prächtigen Saal, der aufwendig verziert ist. Hier sollten rauschende Feste gefeiert werden und man kann sich lebhaft vorstellen, wie beeindruckend das für die Gäste der damaligen Zeit gewesen sein muss. Selbst heute noch steht man erst einmal sprachlos vor den prunkvollen Schnitz- und Steinmetzarbeiten.
Angeschlossen an den Saal ist die Küche, sodass hier auch festlich gespeist werden könnte. Die Küche selbst ist für die damalige Zeit ebenfalls hochmodern ausgestattet und ein starker Kontrast zum Festsaal im Tudorstil.
Die weiteren Räume im Erdgeschoss waren ebenfalls darauf ausgelegt, Gäste zu empfangen. So gibt es unter anderem einen Billardraum sowie orientalisch anmutende kleinere Zimmer, in denen sich Hausherr und Hausherrin mit ihren Gästen treffen konnten.
In das Obergeschoss gelange ich über die Haupthalle, wo sich das reich verzierte Treppenhaus befindet. Über die Treppe gelange ich auf eine Empore, von der ich zunächst wieder in die Haupthalle blicken kann.
Im Obergeschoss befinden sich, wie es in Herrenhäusern und Schlössern im Allgemeinen üblich ist, die privaten Gemächer der Familie. So finden sich hier eine Reihe von Räumen, in die sich das Ehepaar Dickson zurückziehen konnte.
Während es im Erdgeschoss nur eine Gästetoilette gibt, wurden im Obergeschoss hochmoderne Bäder eingebaut. In den Badezimmern befinden sich versenkte und sogar Duschen mit Regenduschkopf. Dazu natürlich Waschbecken und Toiletten, die sogar in abgetrennte Räume gebaut wurden.
Ebenfalls ausgestellt sind einige Kleidungsstücke aus der damaligen Zeit, sodass man sich gut vorstellen kann, wie Blanche Dickson hier ihre Gäste empfangen hat.
Umso weiter ich gehe, desto mehr entdecke ich und jeder neue Raum begeistert aufs Neue. Hier wurde mit unheimlich viel Liebe zum Detail gestaltet. Und immer wieder fällt auf, wie geschickt der Tudor Stil mit modernen Innovationen verknüpft wurde.
Nach dem kompletten Rundgang durch das Obergeschoss lande ich wieder auf der Empore über der Haupthalle und genieße noch einmal den Blick nach unten. Man kann sich gut vorstellen, wie Blanche Dickson von hier geschaut hat, wer gerade das Haus betritt, denn das klappt noch heute, nur dass ich die neuen Besucher sehen kann, die gerade zum ersten Mal das Herrenhaus betreten.
Nach der Besichtigung des Herrenhauses wende ich mich noch der Gartenanlage zu, die sich um das gesamte Schloss erstreckt.
Auch der umliegende Park wurde von Lars Israel Wahlman entworfen, denn im Gegensatz zu vielen anderen Architekten seiner Zeit glaubte er, dass die Gartenbaukunst ein wesentlicher Teil der Architektur ist.
Mit der Hilfe von Hecken, Büschen und kleinen Bauwerken werden die Räume des Hauses einfach draußen fortgeführt, sodass ein Ensemble entsteht, das sich bis zur Schärenlandschaft am Meer erstreckt.
Während die Sichtachse vom Schloss zum Meer äußerst ordentlich angelegt wurde und mit akkurat geschnittenem englischen Rasen versehen ist, beginnen die Übergänge zum restlichen Park etwas unordentlicher zu wirken. So wachsen hier wilde Rosen sowie verschiedene Wildblumen, die in die Wälder des Grundstücks überleiten.
Auf einer kleinen Terrasse etwas abseits vom Haus steht dieser weiße Engel, der das Grab von James Fredrik Dickson markiert. Eigentlich gab es hier einen prächtigen Tempel, doch dieser hat die letzten hundert Jahre nicht überstanden. Nur der Engel erinnert noch an der einstigen Hausherrn.
Durch den Park folge ich schließlich dem Weg zu den ehemaligen Stallungen. Heute ist hier ein kleines Museum eingrichtet, das einen Einblick in die Fortbewegungsmittel der damaligen Zeit gibt.
So sind noch immer einige Pferdeboxen zu sehen, auch wenn es längst keine Tiere mehr auf Tjolöholm gibt, und auch Kutschen können besichtigt werden.
Sehr interessant finde ich aber auch dieses Gerät, das mal wieder zu den modernen Innovationen des Hauses zählt. Das hier ist ein Staubsauger, etwas, das die meisten Menschen zur damaligen Zeit wahrscheinlich noch nie zuvor gesehen haben.
Und noch etwas ist anders als bei vielen Anwesen der damaligen Zeit. Das Ehepaar Dickson hat sich auch sehr um seine Angestellten und Arbeiter bemüht. Ursprünglich gab es ein ganzes Dorf auf dem Anwesen, doch nur einige Häuser sind heute noch erhalten. Ein Haus kann sogar besichtigt werden und ich gewinne so einen Eindruck, wie die Angestellten auf Tjolöholm lebten.
Die meisten Häuser aber werden inzwischen als Ferienwohnungen vermietet und sind deshalb nicht zugänglich.
Neben dem Dorf befindet sich auch die Schlosskirche, die ebenfalls zum Anwesen gehört. Hier feierten sowohl Familie als auch Arbeiter den Gottesdienst.
Die Kirche ist ebenfalls zugänglich und kann mit einem Eintrittsticket besichtigt werden. Das relativ schlichte Design steht im Kontrast zum reich verzierten Herrenhaus.
Für mich endet hier mein Rundgang auf Schloss Tjolöholm und es geht wieder zurück zum Parkplatz. Am Zugang entdecke ich noch diese kleinen Bollerwagen, mit denen besonders Familien gerne auf dem Anwesen unterwegs sind.
Dann geht es aber wirklich zurück zum Auto, mit dem ich in rund einer halben Stunde wieder zurück in Göteborg bin. Tjolöholm ist übrigens nicht das einzige herrschaftliche Anwesen rund um die zweitgrößte schwedische Stadt, die ich irgendwann gerne einmal besuchen würde.
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