Schlösser und Herrenhäuser zwischen Seelow und Lebus, Märkisch-Oderland, Brandenburg
Dieser Ausflug zu Brandenburger Schlössern und Herrenhäusern ist etwas anders als meine vorherigen, denn das Gebiet, in dem ich hier unterwegs bin, war im Zweiten Weltkrieg stark umkämpft. Viele historischen Gebäude sind besonders aufgrund der Nachwirkungen des Krieges heute nicht mehr vorhanden, vergessen sind sie deshalb aber noch lange nicht. Andere aber haben die Jahrhunderte bemerkenswert unbeschadet überstanden. Ich habe mich auf Spurensuche begeben.
Komturei Lietzen
Die Komturei Lietzen ist eine Rarität, denn sie ist der einzige noch erkennbar erhaltene Rittersitz der Templer in Brandenburg. Gegründet wurde die Komturei bereits 1232 und ging nach der Auflösung des Templerordens im Jahr 1312 an den Johanniterorden über. Erst 1812 erlangte die Krone durch die Säkularisation die Eigentumsrechte und nur zwei Jahre später wurde das Gut Staatskanzler Karl August Fürst von Hardenberg für seine Verdienste geschenkt.
Bis 1944 war das Anwesen in Familienbesitz, bevor es nach dem gescheiterten Hitlerattentat enteignet wurde. Diese Enteignung wurde nur ein Jahr später durch die Bodenreform bestätigt. Im Jahr 1993 waren Rückübertragungsansprüche jedoch erfolgreich und die Komturei Lietzen ist inzwischen wieder Familiensitz derer von Hardenberg, die hier auch einen landwirtschaftlichen Betrieb betreiben.
Das einzige Gebäude, das auch von innen besichtigt werden kann, ist die Kirche, die im 13. Jahrhundert aus Feldsteinen erbaut wurde. Im 15. Jahrhundert fand eine Erweiterung statt, bei der auch die Sakristei angefügt wurde. Der Fachwerkturm mit offener Laterne war die letzte große Veränderung am Bauwerk und wurde im Jahr 1712 angefügt.
Besonders beeindruckend ist der um 1710 im Stil des Barocks gestaltete, frei stehende Kanzelaltar. Auf den Seiten wird er von den Figuren Mose und Johannes dem Täufer flankiert. Auf der Altarbekrönung sind die Familienwappen derer von Schlieben und von Wolff zu finden. Um die Kanzel sind die Figuren von Jesus sowie den vier Evangelisten angeordnet.
An den Wänden sind außerdem mehrere Wappenschilde aus dem 16. Jahrhundert zu finden.
Etwas versteckt sind auch einige Grabplatten erhalten geblieben, darunter die von Magister Johannes de Neundorf, der bereits 1276 verstarb und der Kindergrabstein für Adolf von Thümen, der 1585 hier beigesetzt wurde.
Ebenfalls erhalten sind das 1690 erbaute und 1814 umgebaute Herrenhaus, das heute aber wieder privat genutzt wird, sowie verschiedene Nebengebäude. Besonders interessant ist wohl dieses Speichergebäude aus dem 14. Jahrhundert, das inzwischen aufwändig restauriert wurde.
Schloss Friedersdorf
Ganz in der Nähe von Lietzen liegt auch das kleine Örtchen Friedersdorf, das einst ein Schloss besaß. Ab 1682 war die Familie von der Marwitz Eigentümer des Gutes sowie der Ortschaft und um 1700 wurde das Schloss erbaut, das im 19. Jahrhundert noch einmal von Karl Friedrich Schinkel im neugotischen Stil überformt wurde. Auch Fontane besuchte Schloss und Ort auf seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Das Schloss, das den Krieg fast unbeschadet überstanden hatte, fand sein Ende jedoch 1956, als es als „Hort der Reaktion” gesprengt wurde.
Doch mit der Zerstörung ihres Schlosses und der Vertreibung der Familie von der Marwitz endet die Geschichte nicht. Nach der Wende kehrt der Enkel des letzten Besitzers, Hans-Georg von der Marwitz, zurück nach Friedersdorf. Er kaufte Teile des alten Familiensitzes zurück und wohnt heute mit seiner Familie in ehemaligen Nebengebäuden des Schlosses, die erhalten geblieben sind.
Schloss Reitwein
Weiter geht es für mich nach Reitwein, einem kleinen Ort in der Nähe der Oder, der heute etwas verlassen wirkt. Einst befand sich Reitwein jedoch mitten in Preußen und verfügte sogar über ein eigenes Schloss. An das erinnern heute aber noch ein Gedenkstein, eine Hainbuchen-Hecke sowie einige Gedenktafeln. Doch die Geschichte, die hier geschrieben wurde, ist so zumindest erhalten geblieben.
Erwähnt wurde Reitwein bereits 1316 zum ersten Mal und ableiten lässt sich der Name wahrscheinlich vom slawischen „Rutewina”, was so viel wie „Weg durch den Morast” bedeutet. Bis zur Trockenlegung des Oderbruchs durch Friedrich den Großen war Reitwein dann auch ein Fischerdorf.
Im Jahr 1666 kaufte Joachim Erdmann von Burgsdorff den Ort und ließ zwischen 1697 und 1700 das Reitweiner Schloss erbauen. Ein Bild des Schlosses ist im Bildband von Alexander Duncker zu finden. Die dahinter liegende Stüler-Kirche ist übrigens heute noch in Reitwein zu finden.
Das Schloss selbst aber ereilte ein anderes Schicksal. Den Krieg noch relativ unbeschadet überstanden, wurde es im Zuge der Bodenreform enteignet und zunächst von Flüchtlingen genutzt. Im Jahr 1960 wurde das Gebäude jedoch zum Abriss freigegeben und es wird berichtet, dass im Südteil noch Menschen wohnten, als der Nordflügel bereits die Abrissbirne sah. Das gesamte Gelände wurde eingeebnet und ist bis heute unbebaut. So kann die nach der Wende gepflanzte Hainbuchen-Hecke zumindest den Umriss des Schlosses wiedergeben.
Schloss Reitwein war übrigens Ort einer interessanten geschichtlichen Begebenheit. Der höchste Besuch, den Schloss Reitwein je erlebte, war der von Friedrich dem Großen. Während des Siebenjährigen Krieges erlitt die preußische Armee 1759 bei Kunersdorf eine verheerende Niederlage. Durch große Verluste militärisch geschwächt, erwartete der König schon den Untergang Preußens und zog sich nach der Schlacht zunächst auf Schloss Reitwein zurück.
Aber auch der große Brandenburger Schriftsteller Theodor Fontane war in Reitwein zu Gast. Es soll ihm hier so gut gefallen haben, dass er die Haupthandlung seines Buchs „Vor dem Sturm” in einen fiktiven Ort nahe Reitwein legte und den Blick aus dem Schlossfenster mit der von der Sonne angestrahlten und halb von Bäumen verdeckten Kirchturmspitze beschreibt.
Schloss Hohenjesar
Von den herrschaftlichen Wurzeln zeugen auch in Hohenjesar heute nur noch wenige Orte. Der Ort selbst wurde 1308 zum ersten Mal urkundlich erwähnt und war von 1537 bis zur Enteignung durch die Bodenreform für über vierhundert Jahre Besitztum der Familie von Burgsdorff.
Zum herrschaftlichen Gut in Hohenjesar gehörte natürlich auch ein repräsentatives Herrenhaus, das heute aber nur noch auf historischen Bildern zu finden ist. Das Gebäude selbst wurde nach dem Krieg abgerissen und inzwischen befindet sich auf dem Gelände ein Pferdehof. Erhalten geblieben sind aber die Kirche im Hintergrund sowie die Schlosszufahrt.
Die Zufahrt ist von vier Obelisken begrenzt, die zu Beginn der 2000er Jahre saniert wurden. Sie führte von der höher gelegenen Lindenstraße hinunter zum Schloss, das sich am Ufer des Schloss-Sees befand.
Leider ist die Zufahrt seit der 800-Jahrfeier im Jahr 2008 wieder ziemlich vernachlässigt worden und inzwischen in Teilen wieder zugewachsen. Zu erkennen ist der mit Feldsteinen gepflasterte und von Mauern eingerahmte Weg aber auch heute noch.
Am schönsten erstrahlen noch die vier Adler, die damals wieder auf den vier Obelisken platziert wurden, so wie einst, als hier noch das Schloss Hohenjesar zu finden war.
Gegenüber der Schlosszufahrt wurde zwischen 1721 und 1723 die Dorfkirche aus Backstein erbaut. Die Familie von Burgsdorff übernahm das Patronat für das Gotteshaus.
Während der Schlacht um die Seelower Höhen am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Kirche jedoch stark beschädigt, ihr Turm aber nicht gesprengt, da der Wehrmacht dafür keine Zeit mehr blieb. Nach dem Krieg verfügte der Bürgermeister jedoch, dass Baumaterial, das für die Kirche bestimmt war, anderweitig verwendet wurde. So blieb bald nur noch eine Ruine. Allerdings wurde der Turm schon 1965 durch Spenden rekonstruiert, der Rest der nach dem Krieg geplünderten Kirche blieb aber ungesichert und ist es heute noch.
Schloss und Schweizerhaus Falkenhagen
Dasselbe Schicksal wie Friedersdorf, Reitwein oder Hohenjesar ereilte auch Falkenhagen. Vom einst so prächtigen Schloss ist heute nichts mehr zu sehen. Erbaut wurde es um 1773, wechselte jedoch recht bald mehrmals den Eigentümer. Im Jahr 1805 ging das Anwesen schließlich an den Freiherrn von Eckardtstein. Später wechselt das Gut nochmals den Besitzer, bevor es 1938 von den Nationalsozialisten enteignet wird. Das Gelände wird zum Sperrgebiet und für militärische Forschung genutzt, das Schloss bereits 1939 abgerissen.
Erhalten geblieben ist aber das Schweizerhaus, das Wilhelmine Freifrau von Eckardstein zwischen 1844 und 1850 errichten ließ. Sie verwaltete den Besitz für ihren minderjährigen Sohn, der 1844 Erbe seines Vaters wurde.
Gutshaus Petershagen
Nicht abgerissen wurde hingegen das Gutshaus des kleinen Ortes Petershagen. Der Ort blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück und gehörte zum Besitz einiger einflussreicher Familien. Bereits im 17. Jahrhundert wurde das Herrenhaus erbaut. Im Buch von Alexander Duncker ist es noch in seiner ursprünglichen Form zu sehen.
Im 19. Jahrhundert wurde das Haus jedoch nochmals erweitert und ein ganzer Flügel angebaut. So ist das Haus, das 1945 mit allen Ländereien enteignet wurde, noch heute erhalten. Zu DDR Zeiten wurde es in Wohnungen aufgeteilt und ist so noch heute vermietet. Allerdings hat der Zahn der Zeit am Gebäude genagt und es könnte dringend eine Renovierung vertragen.
Ganz in der Nähe der von mir besuchten Orte gibt es noch eine Reihe weiterer schöner und interessanter Schlösser und Herrenhäuser. Da sie sich aber bereits im Landkreis Oder-Spree befinden, werde ich sie in einem gesonderten Artikel vorstellen.
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