Schlösser und Herrenhäuser in Oberhavel, Brandenburg – Teil 2
Im zweiten Teil meiner Reportage über die Schlösser und Herrenhäuser im Landkreis Oberhavel besuche ich das Schloss Liebenberg, das angeschlossene Seehaus sowie das Gut Zernikow. Alle drei Gebäude wurden inzwischen sehr schön renoviert und sind heute für Veranstaltungen und teilweise für die Öffentlichkeit zugänglich.
Schloss Liebenberg
Die Geschichte von Gut Liebenberg beginnt im 16. Jahrhundert, als die Familie von Bredow Liebenberg zu einem Rittergut ausbaute. Ab 1652 übernimmt jedoch klevesche Adelsgeschlecht von und zu Hertefeld das Gut. Erst 1867 starb die Familie im Mannesstamm aus, sodass Liebenberg an Alexandrine Freiin von Rothkirch-Panthen fiel, die ihrerseits Graf Philipp Conrad zu Eulenburg heiratete. So fiel das Anwesen an die späteren Fürsten zu Eulenburg.
Das Schloss entstand aus einem früheren Herrenhaus, das hier mindestens ab 1743 existierte. Der heutige Bau entstand allerdings erst zwischen 1875 und 1906 im historisierten Stil.
Dem Schloss angeschlossen ist ein großer Park, der im 19. Jahrhundert in Anlehnung an die Entwürfe von Peter Joseph Lenné angelegt wurde.
Der bekannteste Schlossherr in Liebenberg war wohl Philip Fürst zu Eulenburg und Hertefeld, der Diplomat und enger Vertrauter von Kaiser Wilhelm II. war. Beide gingen des Öfteren in den Wäldern rund um Liebenberg auf die Jagd.
Nach dem Krieg wurde Liebenberg wie so viele andere Adelshäuser entschädigungslos enteignet. In der DDR entstanden Wohnungen, Lehrlingsunterkünfte, Büros, Lager, ein Friseursalon, eine Arztpraxis und ein Kindergarten im Schloss und das Gut wurde zur Versorgung der Parteihochschule „Karl Marx” genutzt. Nach der Wiedervereinigung übernahm die Treuhand das Gut und wurde 1996 zum Verkauf ausgeschrieben. Schließlich übernahm die Deutsche Kreditbank den zentralen Bereich des Gutes und baute ihn zu einem Hotel und Tagungszentrum aus.
Während der Zeit der DDR wurde nicht nur das Schloss, sondern auch der Park einer anderen Nutzung zugeführt. Große Teile wurden zum Anbau von Lebensmitteln genutzt und die Parkanlage konnte erst in den 1990er Jahren in Anlehnung an den alten Entwurf wiederhergestellt werden.
Am hinteren Ende des Schlossparks befindet sich das Knappentor, das einst die Verbindung zwischen dem Schlosspark und dem Außenpark war. Geziert wurde es von zwei lebensgroßen Zinkfiguren, die Knappen darstellten. Sie gingen allerdings im Zweiten Weltkrieg verloren.
In einem Winkel des Parks findet sich die Grabstelle von Sigwart Graf zu Eulenburg, der wahrscheinlich auf seinen besonderen Wunsch hin hier und nicht in der Familiengruft beigesetzt wurde. Weiterhin wurden später seine Ehefrau sowie sein Sohn hier beigesetzt.
Auf einer kleinen Anhöhe im Park befinden sich die Reste der Rosenburg. Dieses kleine Steinhaus wurde einst für die Kinder der Familie zu Eulenburg als Spielhaus errichtet.
Eines der Parkgebäude ist das Lindenhaus. Der Name des Anfang des 18. Jahrhunderts erbauten Gebäudes geht auf eine Lindenallee zurück, die sich einst in der Nähe der Parkmauer befand, in den 1980er Jahren abgeholzt und 1993 neu angepflanzt wurde. Ursprünglich war das Haus als Orangerie gedacht, wurde aber im 19. Jahrhundert zum Wohnhaus umgebaut. Einer der Bewohner war Sigwart Graf zu Eulenburg mit seiner Familie.
Ein weiteres Gebäude im Park ist das Teehaus, das 1876 bis 1877 im Zuge der Gartenumgestaltung als neobarockes Gartenelement errichtet wurde. Ein befand sich das Parkgelände etwas tiefer und das Teehaus auf einem kleinen Hügel, der den Park überblickte. Heute steht es zu ebener Erde, wird aber wie eh und je für Feierlichkeiten und inzwischen auch Trauungen genutzt.
Seehaus
Zu Schloss Liebenberg gehört auch das Seehaus, das sich einige Kilometer entfernt befindet. Erbaut wurde es 1908 und seit Ende der 1940er Jahre ein Sperrgebiet. Das Anwesen war seitdem Urlaubsort des Zentralkomitees der SED und hier übernachteten Wilhelm Piek, Otto Grotewohl, Walter Ulbricht sowie diverse Staatsgäste und Botschafter. Erst in der Ära Honecker verlor das Gebäude an Bedeutung, denn statt des Liebenberger Forstes bevorzugte dieser die Schorfheide.
Gut Zernikow
Eine wechselvolle Geschichte hat auch Gut Zernikow hinter sich. Erstmalig 1365 urkundlich erwähnt und um 1600 im Besitz der namensgebenden Brüder Joachim und Hans von Zernikow. Doch schon kurze Zeit später begann der erste Niedergang. Im Dreißigjährigen Krieg weitgehend abgebrannt, war dann Gut anschließend hoch verschuldet und wechselte immer wieder den Besitzer. Erst 1740, nach der Thronbesteigung Friedrich II. kam wieder Kontinuität nach Zernikow, denn eine der ersten Amtshandlungen des Königs war die Schenkung des Gutes an seinen engen Vertrauten Michael Gabriel Fredersdorff.
Mit Fredersdorff begann eine neue Blütezeit in Zernikow. Das Gut wurde ausgebaut und ab 1746 mit dem Bau des Herrenhauses begonnen. Auch neue Ländereien kamen hinzu und es wurden verschiedene Alleen aus Buchen, Pappeln, Eichen, Nussbäumen angelegt. Die bekannteste Allee ist die der Maulbeerbäume zwischen Dorf und Wassermühle Zernikow. Zum Gutshof gehörten nun diverse Nebengebäude, darunter eine Brauerei. Nur einige der Gebäude sind heute noch erhalten.
Im Jahr 1753 heiratete Fredersdorff die Bankierstochter Caroline Marie Elisabeth Daum, doch die Ehe dauerte nur fünf Jahre und blieb kinderlos. Bereits 1758 verstarb Michael Gabriel Fredersdorff im Alter von fünfzig Jahren. Brandenburgs berühmter Dichter Theodor Fontane sollte später über Fredersdorff schreiben: „Er fand eine vernachlässigte Sandscholle und hinterließ ein wohlkultiviertes Gut“.
Seine Witwe jedoch führte das Gut weiter und heiratete zwei Jahre später Hans von Labes, mit dem sie zwei Kinder hatte. Sechzehn Jahre später verstarb aber auch ihr zweiter Ehemann und die Witwe ließ das Fredersdorffsche Erbbegräbnis in der nahen Kirche einrichten. Sie selbst verstarb erst 1810 im Alter von 80 Jahren und wurde ebenfalls im Erbbegräbnis beigesetzt. Mit dem Gut ging es nun wieder bergab, denn das Interesse der Erben an Zernikow war gering. Das änderte sich erst wieder, als sich Erwin von Arnim nach 1890 für das Gut einsetzte und auch das Herrenhaus ausbaute und ihm so seine heutige Form gab.
Als sein Sohn Friedmund von Arnim 1928 das Gut Zernikow übernahm, hatte es eine Ausdehnung von rund tausend Hektar und beschäftigte rund sechzig Mitarbeiter. Das Ende des Gutes kam 1945 als die Rote Armee einmarschierte. Friedmund von Armin wurde verhaftet und verschleppt. Er starb 1946 in Gefangenschaft. Seine Frau zog mit den sechs Kindern nach Süddeutschland. Nach der Enteignung wurde das Gut aufgeteilt und es entstand eine LPG. Im Gutshaus wurden Wohnungen, das Gemeindebüro, ein Arztstützpunkt und die Gemeindebibliothek eingerichtet. Vielen Nebengebäude wurden einfach abgerissen. Die LPG existierte bis zur Wiedervereinigung.
Mit der Wende begann auch für Zernikow eine neue Ära. Zuerst war das Gut dem Verfall preisgegeben, doch schon 1992 wurde die Initiative „Initiative Zernikow“ e. V. durch Achim von Arnim, den ältesten Sohn von Friedmund und Clara von Arnim, gegründet. Drei Jahre später erwirbt die AQUA Zehdenick GmbH die Gutsanlage in Erbbaupacht und beginnt mit der Restaurierung. Diese wurde großzügig durch Wolf Hermann von Arnim, dem jüngsten Sohn von Friedmund und Clara von Arnim, unterstützt, der großzügig für die Restaurierung des Gutshauses spendete. Noch immer wird in Zernikow gearbeitet, doch gibt es bereits einen Gastronomiebereich mit Zimmervermietung sowie jährlich wiederkehrende Feste und seit einigen Jahren eine ganz besondere Attraktion.
Im ehemaligen Gutspark hinter den Nebengebäuden stehen heute Modelle vieler Schlösser und Herrenhäuser der Region. Im Maßstab von 1:25 wurden die Gebäude detailgenau nachgebaut und schön in Szene gesetzt.
Zu sehen sind viele Gebäude, die ich auch schon im Original besucht habe, wie das Feste Haus in Badingen, …
… das Havelschloss Zehdenick, …
… das Seehaus Liebenberg, …
… das Gutshaus Häsen, …
… das Gutshaus Dannenwalde, …
… Schloss Liebenberg, …
… Schloss Meseberg, das heute Gästehaus der Bundesregierung ist, …
… Schloss Oranienburg …
… und natürlich das Gut Zernikow selbst.
Neben den gezeigten Modelle gibt es noch einige mehr zu entdecken. Zugänglich ist die Ausstellung übrigens kostenfrei und ohne zeitliche Beschränkung.
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