Schiffshebewerk Niederfinow
Das Schiffshebewerk Niederfinow ist das älteste noch arbeitende Schiffshebewerk in Deutschland. Es ist zugleich ein Touristenmagnet und verrichtet doch seit über 80 Jahren zuverlässig seinen Dienst.
Mit dem Auto erreiche ich das Schiffshebewerk Niederfinow. Neben dem Informationszentrum liegt ein großer Parkplatz, der ausreichend Platz für Autos und Busse bietet. Im Informationszentrum erhalte ich weitere Informationen zum historischen Schiffshebewerk und dem daneben entstehenden Neubau.
Ein Fußweg führt mich dann schon einmal direkt am Schiffshebewerk vorbei und zum Eingang für Besucher. Am Automaten ziehe ich ein Ticket, das eine Drehtür freischaltet, die mir dann Zutritt zum Besucherbereich gewährt.
Dort befindet sich auch der Orientierungsplan der Anlage, der mir schon ankündigt, was jetzt bevorsteht, ein serpentinenartiger Fußweg, der bis zur oberen Einfahrt in das Schiffshebewerk führt.
Über besagten Serpentinenweg geht es dann nach oben. Immer höher hinauf und mit Blick auf die Anlage. Von unten sieht es fast wie eine Autobahnbrücke aus, ist es ja irgendwie auch, nur für Schiffe und mit Wasser gefüllt. Es erstaunt mich mit jedem Schritt mehr, was Ingenieure hier schon vor knapp 100 Jahren geschaffen haben.
Erste Planungen für das Schiffshebewerk Niederfinow gab es schon um 1900, denn der alte Finowkanal aus dem 18. Jahrhundert war bereits lange an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen. Mit einem neuen Gesetz beschloss die preußische Regierung schließlich am 1. April 1905 den Bau eines Großschifffahrtsweges zwischen Berlin und Stettin. 1906 wurde schließlich eine Ausschreibung für ein Abstiegsbauwerk in Niederfinow gestartet, die 1908 darin endete, dass sich für den Bau einer Schleusentreppe entschieden wurde. Parallel dazu wurde aber auch der Bau eines Schiffshebewerkes weiter verfolgt. Die Planungen wurden jedoch vom Ersten Weltkrieg durchkreuzt und erst einmal auf Eis gelegt.
Richtig Schwung bekamen die Planungen dann erst wieder in den 1920er Jahren. Es folgen verschiedene Untersuchungen und im Jahr 1927 konnte schließlich mit dem Bau begonnen werden, der heute auch noch in Niederfinow in Betrieb ist.
Inzwischen habe ich die obere Wasserstraße erreicht. Rund 36 Meter höher als die Ausfahrt liegt sie und kann von Fracht- und Passagierschiffen genutzt werden.
Neben dem Wasserlauf gibt es einen breiten Plankenweg, den ich entlanglaufe, um zum eigentlichen Schiffshebewerk zu kommen. Ganze 94 Meter lang ist die gesamte Anlage, 27 Meter breit und 60 Meter hoch. Ein gewaltiges technisches Bauwerk.
Ein Blick nach unten zeigt erst, wie tief es dort hinuntergeht. Das Schiffshebewerk sieht aus wie ein riesiger, mit Wasser gefüllter, Fahrstuhl. Und das ist es ja auch, denn wie bei einem Fahrstuhl werden Schiffe hier hinauf und herunterbefördert.
An der Außenseite des Bauwerks führt der Plankenweg einmal rundherum, sodass ich einen guten Einblick von allen Seiten habe.
An einem der Stahlpfeiler befestigt, entdecke ich eine Tafel mit den am Bau beteiligten Firmen.
Rings herum sind auch historische Aufnahmen vom Bau des Schiffshebewerkes zu sehen. Sieben Jahre dauerte es, bis das Meisterwerk der Ingenieurbaukunst fertiggestellt wurde. Die Eröffnung fand am 21. März 1934 statt.
Und dann habe ich tatsächlich noch Glück und kann eine Schleusung live erleben. Ein Ausflugsdampfer näher sich dem Schiffshebewerk. Die Freiherr von Münchhausen bietet regelmäßig Fahrten durch das Schiffshebewerk an. Unter dem riesigen Stahltor hindurchfährt sie in den 4290 Tonnen schweren, 85 Meter langen und 12 Meter breiten Trog, wo die Wassertiefe 2,50 Meter beträgt.
Nachdem das große Stahltor geschlossen ist, wird der an 256 Stahlseilen hängende Trog hinuntergelassen. Die Seile werden dabei über 3,50 Meter große Umlenkrollen geleitet und es hängen 192 Gewichte an den Seilen, die ebenfalls 4290 Tonnen wiegen, um den Trog auszubalancieren.
Nur fünf Minuten dauert dieser Vorgang, dann ist das Schiff schon 36 Meter tiefer angekommen. Insgesamt dauert eine Schleusung rund 20 Minuten, wenn man Ein- und Ausfahrt mit einkalkuliert.
Neben dem alten Schiffshebewerk wird übrigens seit 2009 ein neues Schiffshebewerk gebaut. Von hier oben habe ich einen guten Blick auf die Baustelle. Nötig geworden war der Bau, weil das alte Werk den heutigen Ansprüchen nicht mehr genügt. Besonders die Troglänge von nur 84 Metern macht es modernen Schiffen, die bis zu 110 Meter lang sind, unmöglich, hier entlangzufahren. Der neue Trog wird deshalb 115 Meter lang sein und auch eine Wassertiefe von vier Metern haben. Dabei wird er 9800 Tonnen wiegen. Eigentlich sollte das Bauwerk bereits 2017 fertig sein, inzwischen geht man allerdings von 2019 aus.
Wenn das neue Schiffshebewerk in Betrieb geht, werden die Tage für den Altbau gezählt sein. Spätestens 2025 soll er vom Netz gehen und dann nicht mehr für die Schifffahrt genutzt werden.
Bis dahin wird es aber noch weiterhin die Möglichkeit geben, das historische Schiffshebewerk Niederfinow in Aktion zu erleben, oder auch selbst eine Schifffahrt durch das Bauwerk zu unternehmen. Rund 150.000 Besucher kommen inzwischen jedes Jahr hierher, um sich dieses technische Meisterwerk anzusehen.
Schiffshebewerk Niederfinow
Hebewerkstraße 52, 16248 Niederfinow
Sommer: tgl. 9:30–17:30Uhr
Winter: tgl. 10–16Uhr (Sperrtage beachten)
Eintritt: €3/ €2
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