Otto Lilienthal – auf Spurensuche in Berlin und Brandenburg
Otto Lilienthal ist einer der berühmtesten Flugpioniere der Welt. Sogar der Berliner Flughafen Tegel war nach ihm benannt, denn Lilienthal hatte enge Beziehungen nach Berlin, lebte in der Stadt und unternahm seine Flugversuche in Berlin und im Umland. Auf einer Spurensuche in der Hauptstadt sowie im Havelland habe ich einige interessante Orte entdeckt, an denen der Flugpionier gewirkt hat und die mit seiner Familie in Verbindung gebracht werden können.
Fliegeberg, Berlin-Lichterfelde
Meine Reise auf den Spuren von Otto Lilienthal beginnt in Berlin-Lichterfelde. Mitten in einer beschaulichen Wohnsiedlung erhebt sich ein Hügel in einem Parkgelände. Schon an den Eingängen wird auf den geschichtlichen Hintergrund verwiesen. Hier hat Otto Lilienthal gewirkt und einen der Grundsteine für die moderne Fliegerei gelegt.
Den Fliegeberg hat der Flugpionier übrigens selbst anlegen lassen. Zwölf Meter hoch wurde der Berg 1894 aufgeschüttet, damit Lilienthal ihn für Gleitflüge nutzen konnte. Damals gab es natürlich weder den Teich noch die Gedenkstätte auf dem Berg, das alles kam erst zwischen 1928 und 1932 hinzu, als hier der Lilienthal-Park entstand.
Der Hügel selbst ist heute mit einer langen Treppe erschlossen, die direkt zu Aussichtspavillon führt. Ursprünglich stand hier ein Schuppen, in dem Otto Lilienthal seine Gerätschaften und Fluggeräte unterstellte.
Neben dem Fuß der Treppe erinnern zwei Gedenktafeln an die Helfer Lilienthals sowie an seinen größten Unterstützer, seinen Bruder Gustav. Ihm werde ich auf meiner kleinen Reise noch einmal begegnen, denn auch Gustav hat in Berlin Spuren hinterlassen.
Erst einmal mache ich mich aber auf, den Fliegeberg zu erklimmen. Über die Treppe geht es bis auf den Gipfel des Fliegeberges.
Angelegt wurde der Park unter der Leitung des Steglitzer Stadtbaurates Fritz Freymüller, der als ausgebildeter Architekt auch die runde Säulenhalle sowie den Globus auf einem Basaltblock entwarf. Die heutige Kugel ist allerdings nicht mehr das Original, denn das wurde im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen und 1955 durch eine Kugel aus Stein ersetzt. Erst 1990 kehrte eine Kopie der Weltkugel aus Bronze auf den Fliegeberg zurück.
Einen richtigen Weitblick habe ich von hier oben aber leider nicht mehr, denn während das Gelände 1894 noch ziemlich unbebaut war, stehen heute ringsherum Häuser und im Park wurden Bäume angepflanzt. Die hätten bei den Flugversuchen nur gestört, aber für eine Parkanlage sind sie natürlich sehr passend.
Otto-Lilienthal-Denkmal, Berlin-Lichterfelde
Nur unweit des Fliegeberges steht in Lichterfelde noch ein weiteres Denkmal für den Flugpionier Lilienthal. Nahe der Bäkestraße, in einem Park, treffe ich auf eine lebensgroße Ikarusfigur, die auf einem vier Meter hohen Sockel steht.
Das Denkmal geht auf den „Verein deutscher Flugtechniker“ zurück, der sich schon 1909 für den Bau einsetzte. Der Bau wurde mit der Unterstützung eines Vereins sowie Spenden von Bürgern realisiert und der Entwurf durch einen Wettbewerb bestimmt.
Über die Zeit wurde das Denkmal aber mehrmals verändert. So wurde die Tafel aus Bronze auf der Rückseite erst anlässlich des hundertsten Geburtstages von Lilienthal im Jahr 1948 angebracht.
Die letzte Sanierung fand im Jahr 2012 auf Bestreben von Lichterfelder Bürgern und Geschäftsleute statt. Dabei wurde das Bronzerelief, das sich seit 1956 nach Beseitigung der Kriegsschäden auf dem Sockel befand, wieder durch eine Büste mit dem Antlitz Otto Lilienthals ersetzt.
Otto-Lilienthal-Denkmal, Groß Kreutz
Seine ersten Flugversuche startete Otto Lilienthal jedoch bereits 1891 außerhalb von Berlin zwischen Derwitz und Krielow westlich von Potsdam. Der eigentliche Ort der Flugversuche existiert heute leider nicht mehr, denn er fiel dem Sandabbau im frühen 20. Jahrhundert zum Opfer. So wurde der nahe Windmühlenberg für ein Denkmal gewählt. Seit 1991 ist hier eine Skulptur des Bildhauers Wilfried Statt zu finden.
Und hier kann ich mir dann auch die Weite etwas besser vorstellen. Selbst wenn es rundherum einige Wälder gibt, so ist doch zu erahnen, dass das Gelände hier für Flugversuche geeignet war.
Lilienthals Zeitgenosse, der französische Flugpionier Ferdinand Ferber sagte einst über jene frühen Flüge: „… Den Tag des Jahres 1891, in dem Lilienthal erstmals fünfzehn Meter weit die Luft durchmessen hat, fasse ich auf als den Augenblick, an dem die Menschheit das Fliegen gelernt hat …“.
Lilienthal-Villen, Berlin-Lichterfelde
Zurück in Berlin Lichterfelde stoße ich aber noch auf andere Zeugnisse der Familie Lilienthal. Bereits ab 1865 wurde hier die wohl älteste Villenkolonie von Berlin gegründet und über die nächsten Jahrzehnte unzählige prächtige Wohnhäuser von namhaften Baumeistern entworfen. Zu ihnen zählte auch Gustav Lilienthal, der insgesamt dreißig Wohnhäuser entwarf, von denen heute noch zweiundzwanzig existieren.
Eines der Häuser ist sein eigenes Wohnhaus, das auch heute noch in der Marthastraße 5 existiert. Eine Plakette und ein Gedenkstein erinnern an den Baumeister und bis zuletzt lebten noch seine Nachfahren in dem Haus.
Das Haus ist, wie die weiteren Lilienthal Villen, im englischen Tudorstil gebaut, den Lilienthal hier für seine Entwürfe bevorzugte. Den Burgen in Schottland sollten sie gleichen, komplett mit verklinkerten Zinnen, Spitz- oder Korbbogen-Fenstern.
Einige der Häuser sind noch fast original erhalten, andere leider über die nachfolgenden Jahrzehnte modernisiert und verändert worden. Doch erkennen kann man sie alle an den charakteristischen Elementen.
Einige haben sogar Eingänge, die kleinen Zugbrücken ähneln, die über einen Burggraben verlaufen.
Seine eigenwilligen Häuser baute Gustav Lilienthal übrigens nicht nur für die wohlhabende Klientel, sondern sogar recht kostengünstig, damit sie sich auch Menschen aus dem Bürgertum leisten konnten. Dabei waren sie für die damalige Zeit hochmodern ausgestattet, mit Warmluftheizungen, Doppelglasfenstern und vielem mehr.
Selbst die Zinnen und Türmchen sind nicht nur dekorativer Natur. Meist wurden hier die Schornsteine, sowie Abluftschächte einbaut. Auch sonst wurde kostengünstig, aber trotzdem sehr haltbar, gebaut, denn einige Häuser haben noch heute ihren über 120 Jahre alten Putz.
Als Vorbild für seine familienfreundlichen Häuser dienten Lilienthal die englischen Reihenhäuser und im Inneren sorgte er nicht nur für den Hausherrn, sondern nahm bei der Raumaufteilung auch auf die Dame des Hauses, die Kinder und sogar die Dienstboten Rücksicht. Seine Häuser sollten nicht protzig, sondern praktisch und gemütlich sein.
Immerhin sechzehn der zweiundzwanzig Villen stehen inzwischen unter Denkmalschutz, womit starke Veränderungen nun ausgeschlossen sind. So ist eine Wanderung durch das Villenviertel in Lichterfelde inzwischen auch ein wenig eine Zeitreise in das Berlin vor über einhundert Jahren.
Otto Lilienthal Grab, Berlin-Lankwitz
Mein letzter Stopp auf dieser kleinen Reise ist der Ort, an dem Otto Lilienthal seine letzte Ruhe gefunden hat, der Friedhof von Berlin-Lankwitz. Nachdem der Flugpionier am 9. August 1896 bei einem Flugversuch auf dem Gollenberg im Havelland abgestürzt war, verstarb er nur einen Tag später durch seine schweren Verletzungen.
Neben Otto Lilienthal ist seine Ehefrau Agnes beigesetzt, mit der er seit 1878 verheiratet war.
Damit endet meine kleine Reise zu einigen Wirkungsorten von Otto und Gustav Lilienthal in Berlin und Brandenburg. Den Ort, an dem der berühmte deutsche Flugpionier seinen letzten Flug unternahm, habe ich auf einem anderen Ausflug besucht, über den ich separat berichte.
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