Am Ende der Welt – zu Besuch in Barrow, Alaska
Ist es Euch bereits jetzt draußen zu kalt, bevor der Winter überhaupt richtig begonnen hat? Fehlt Euch die Sonne und die Tage sind zu kurz? Dann seid froh, dass ihr nicht in BARROW, ALASKA wohnt. Hier scheint die Sonne für die nächsten 60 Tage überhaupt nicht mehr. Mitte November geht sie um 13:09 Uhr auf und 8 Minuten später, um 13:17 Uhr, bereits wieder unter, übrigens zum letzten Mal im Jahr.
Und damit nicht genug, denn Barrow ist auch einer der kältesten bewohnten Orte überhaupt. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei ‑12 Grad Celsius (Deutschland +9,4 Grad Celsius) und an 167 Tagen im Jahr liegt sie sogar unter ‑20 Grad Celsius.
In der Stadt, die fünf Grad nördlich des Polarkreises liegt, wohnen trotzdem fast 5000 Einwohner. Und die haben sich an diese Extreme gewöhnt. Denn so dunkel es im Winter ist, so hell ist es im Sommer. Dann geht die Sonne hier für fast zwei Monate überhaupt nicht unter. Das ist auch die Zeit, wenn es den ein oder anderen Touristen in den hohen Norden Alaskas verschlägt – ein einmaliges Erlebnis.
Schon der Landeanflug ist atemberaubend. Hoch über dem arktischen Ozean kreist die Boeing 737 der Alaska Airlines bevor sie zum Landeanflug ansetzt. Eisschollen schwimmen auf der Wasseroberfläche und die weite Leere der Landschaft zieht den Blick immer wieder magisch an. Dann ist man endlich in der nördlichsten Stadt der USA gelandet. Wenn man aus dem winzigen Terminal tritt, bemerkt man als Erstes das Fehlen von Bäumen, denn Barrow liegt in der arktischen Tundra. Auch gepflasterte Straßen sucht man hier vergeblich. Sie würden dem arktischen Winter sowieso nicht standhalten.
Die meisten der knapp 5000 Einwohner sind Inuit oder Forscher, doch auch hier finden sich ein mexikanisches und ein italienisches Restaurant, fast surreal in dieser unwirtlichen Gegend. Für die Touristen ist, neben der einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt, ein Highlight des Besuchs das Eisbaden. Ganz Mutige springen für ein paar Minuten in das nur zwei Grad Celsius kalte Wasser des arktischen Ozeans.
Doch es gibt auch warme Tage hier im äußersten Norden. Im Jahr 1922 stiegt das Thermometer für fünf Tage im Juli sogar auf 23 Grad Celsius – ein Hitzerekord. Normalerweise steigt das Quecksilber aber selbst im Sommer nicht über 10 Grad Celsius. Neben der Kälte, mit der die Menschen hier zu kämpfen haben, ist auch die dicke Eisschicht auf dem Meer ein nicht zu unterschätzendes Problem im täglichen Leben der Einwohner.
Fast zehn Monate im Jahr kann kein Schiff den Hafen der Stadt anlaufen. Die gesamte Versorgung muss aus der Luft erfolgen. Meistens kommen die Waren des täglichen Bedarfs übrigens mit denselben Flugzeugen wie die Touristen, denn die Maschinen können dank eines vergrößerten Frachtraums besonders viel Ladung nach Barrow bringen. Ein anderer Transportweg ist nicht möglich, denn eine Straße ins 500 Kilometer entfernte Fairbanks gibt es nicht.
Vergebens sucht man hier auch Nachbargemeinden, denn alle Straßen enden irgendwann im Nirgendwo. Trotzdem ist Barrow eine Kreisstadt. Das North Slope County ist sogar der größte Landkreis der USA. Er erstreckt sich auf 230.000 Quadratkilometer über den gesamten Norden Alaskas und ist somit größer als der Bundesstaat Utah.
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