Mallorcas Traumstraße – unterwegs auf der MA-10, Teil 1
Die MA-10 ist wohl die Traumstraße auf Mallorca. In endlosen Kurven führt sie hoch ins Gebirge, durch uralte Dörfer und zu einsamen Buchten und Wanderwegen und dazu mit einem traumhaften Ausblick auf das Mittelmeer. Wer diese Straße nicht gefahren ist, der hat Mallorca nicht gesehen.
Meine Fahrt beginnt in Andratx. Von hier schlängelt sich die MA-10 zuerst in die Berge hinauf. Immer an den Fels geschmiegt, führt die Straße zunächst durch dichten Nadelwald. Von den Schönheiten der Strecke ist zunächst noch wenig zu erahnen.
Irgendwann lichtet sich der Wald jedoch mehr und mehr, dann kann der Blick über die Berge an Mallorcas Westküste schweifen. Serra de Tramuntana heißt der atemberaubende Gebirgszug, der sich über neunzig Kilometer erstreckt und dessen höchste Erhebung fast 1500 Meter hoch ist.
An einer scharfen S‑Kurve ist der erste von unzähligen Haltepunkten zu finden und es eröffnet sich ein schöner Blick auf das Mittelmeer sowie den weiteren Verlauf der Straße, die hier durch den ersten von mehreren Tunneln führt.
Bei der Weiterfahrt ist Vorsicht geboten, denn auf der kurvigen Strecke sind viele Rad- und Motorradfahrer unterwegs. Oft sind sie erst in letzter Minute zu sehen und manchmal schneiden sie gar die Kurven.
Die weitere Strecke bietet nun einen schönen Blick aufs Meer. Immer wieder zweigen kleine Stichstraßen ab, die zu einsamen Anwesen oder kleinen Wanderwegen führen, denn viele der traumhaften Buchten und historischen Gebäude auf diesem Teil der Insel sind nur zu Fuß zu erreichen.
Für Autofahrer bietet sich dagegen ein Stopp am Mirador de Ricardo Roca an. Der unbefestigte Parkplatz befindet sich gleich neben der Straße, die anschließend überquert werden muss.
Nun heißt es Treppen steigen. Da diese breit und nicht sehr hoch sind, ist das aber auch in der sommerlichen Hitze gut zu bewältigen.
Schließlich ist der Aussichtspunkt erreicht, der sich 400 Meter über dem Mittelmeer befindet und einen fantstischen Ausblick gewährt.
Ein Gedenkstein erinnert mitten auf der Plattform an den Namensgeber des Aussichtspunktes, der schon fast einhundert Jahre existiert. Früher gab es hier wahrscheinlich einen Wachturm, der die Küste überblickte. Davon ist heute aber nichts mehr zu sehen.
Weiter geht die Fahrt, immer mal wieder verschwindet das Meer aus dem Blickfeld, wenn die Straße um eine scharfe Kurve führt, nur um gleich darauf wieder aufzutauchen. Nur wenige Menschen leben in dieser Gegend, doch auch hier gibt es einige kleine Hotels und das ein oder andere Dörfchen.
Ein lohnenswerter Halt ist der Torre del Verger. Einen richtigen Parkplatz gibt es nicht, aber eine Ausbuchtung an der Straße, wo eine handvoll Autos Platz finden. Der Ausblick ist wieder fantastisch und reicht über das gesamte Südende der Küste.
Der alte Wachturm, der Torre del Verger, ist momentan leider nicht begehbar und der Zugang wird durch ein Gitter versperrt. Bereits 1579 wurde der Turm auf dieser steilen Klippe errichtet, um die Küste vor Übergriffen von Piraten zu schützen.
Zur Landseite ist der Wachturm mit Schießscharten ausgestattet und über dem Eingang befindet sich ein kleiner Balkon, damit der darunterliegende Eingang besser verteidigt werden konnte. Zur Meerseite sind die Mauern niedriger, um einen besseren Ausblick zu gewährleisten.
Der erste Ort, durch den die MA-10 führt, ist Banyalbufar. Viele der Häuser sind hier auf Terrassen direkt an den Hang gebaut. Ein Stückchen weiter folgt der Abzweig nach Valldemossa. Einem Dorf wie aus dem Bilderbuch. Es lohnt sich, hier einen Zwischenstopp zu machen, doch schnell ist in den engen Gassen die Zeit vergessen, sodass es sich lohnt, dem Ort einen separaten Besuch abzustatten.
Hinter dem Abzweig ist vom Meer dann erst einmal weniger zu sehen. Der Blick wird durch hohe Bäume und Mauern versperrt. Erst im letzten Moment ist die Einfahrt zum Monestier de Miramar zu sehen, dem ältesten Haus von Mallorca. Doch leider ist das große Tor verschlossen, obwohl laut Schild geöffnet sein sollte.
Auf diesem Teil der Strecke ist, wie auch im weiteren Verlauf, übrigens Vorsicht geboten. Nicht nur Zweiradfahrer sind hier unterwegs, sondern auch vierbeinige Einheimische. Wilde Ziegen leben überall in den Bergen und springen auch gerne plötzlich auf die Fahrbahn oder laufen am Fahrbahnrand entlang.
Nur wenige Kilometer weiter führt eine kleine Nebenstraße zu einem Parkplatz direkt neben der Straße. Von hier sind es noch ein paar Schritte bis zur einer kleinen Aussichtsplattform neben einem Restaurant, das sich hier an den Felsen schmiegt.
Schön zu sehen ist von hier oben der wohl bekannteste Lochfelsen des Mittelmeerraumes, Sa Foradada, was so viel wie der Gelöcherte heißt. Am Ende einer 400 Meter langen Halbinsel, ist er nur zu Fuß oder mit dem Boot zu erreichen.
Gleich neben dem Aussichtspunkt befindet sich das Herrenhaus Son Marroig, mit dem eine ganz besondere Geschichte verbunden ist. Das Haus steht zur Besichtigung offen und bietet ganz nebenbei einen der schönsten Ausblicke auf das Mittelmeer.
Der Name des Anwesens Son Marroig und sein Besitzer war einst der österreichische Erzherzog Ludwig Salvator, der viele Jahre auf Mallorca lebte und auch dafür verantwortlich ist, dass dieser Küstenabschnitt in seiner wilden Schönheit erhalten blieb.
Son Marroig war nur eines von mehreren Gebäuden, die der Erzherzog auf Mallorca nutzte. Dazu zählte auch die Villa S’Estanca, die aber, wie viele andere seiner Besitztümer, von seinen Erben verkauft wurde und heute dem Schauspieler Michael Douglas gehört. Aber zurück zu diesem Haus, das noch heute den Nachkommen von Antonio Vives, dem Privatsekretär des Erzherzogs, gehört, der sein Universalerbe war. Die gesamte Geschichte ist sehr verworren und könnte fast aus einem Hollywoodfilm stammen. Die Mallorca Zeitung hat sie in einem Artikel sehr schön recherchiert.
Noch heute ist das Haus mit den Möbeln und Erinnerungsstücken des Erzherzogs eingerichtet, der ein Cousin des österreichischen Kaisers Franz Josef I. war und gut befreundet mit dessen Frau, der berühmten Kaiserin Sissi. Sie besuchte den Erzherzog auch mehrmals genau hier auf Son Marroig.
Über eine schmale, mit Fliesen verzierte, Treppe führt mich der Weg von der Eingangshalle im Erdgeschoss in das Obergeschoss.
In einem Zimmer im Zwischengeschoss befindet sich das einzige, recht asketisch wirkende, Schlafzimmer des Hauses, das ich zu sehen bekomme. Der Raum passt aber sehr gut zum Erzherzog, der dafür bekannt war, dass er sich mehr für seine naturwissenschaftlichen Studien, denn für Prunk und Aussehen interessierte. Einst verwechselte man ihn sogar einmal mit einem Bettler und ein Bauer gab ihm ein Trinkgeld, nachdem er ihm geholfen hatte. Ludwig Salvator nahm es mit Humor und scherzte später, dass dies sein erstes selbst verdientes Geld gewesen sei.
Im Obergeschoss sind zwei große Räume zu sehen. Im Hauptsaal werden heute in Vitrinen und an den Wänden die Sammlungen und Publikationen des Erzherzogs ausgestellt.
Von diesem Raum führen bodentiefe Fenster hinaus auf die Loggia, die einen wunderschönen Blick über den Garten und die Küste bietet.
Der zweite Raum ist das Esszimmer des Hauses, in dem sich neben einer großen Tafel auch ein Bild des Erzherzogs befindet.
Ludwig Salvator von Österreich-Toskana wurde 1847 in Florenz geboren und war Erzherzog von Österreich und Prinz von Toskana. Als zweiter Sohn war für ihn eigentlich eine militärische oder Beamtenlaufbahn vorgesehen, doch beides interessierte den jungen Adligen wenig. Er beschäftigte sich lieber mit Naturwissenschaften und wurde zum Forschungsreisenden, der mit seiner Jacht Nixe vor allem das Mittelmeer erkundete. So gelangte er auch nach Mallorca, wo er fortan viel Zeit verbrachte.
Über das Treppenhaus geht es von hier nun wieder zurück ins Erdgeschoss, dem noch ein schöner Garten angeschlossen ist.
Auch im Garten des Hauses spiegelt sich des Erzherzogs Liebe zur Natur wider. So ist er nicht nach strengen Regeln angelegt und doch eine schöne Oase, die Schutz vor der Hitze der Sonne bietet.
Ludwig Salvator ließ seine Arbeiten übrigens zuerst selbst verlegen und verschenkte sie nur an Freunde und Interessierte, bis der Reisebuchverleger Leo Woerl auf ihn aufmerksam wurde und seine Arbeiten so einem breiten Publikum zukommen ließ. Danach bekamen die Werke schnell internationale Anerkennung und Ludwig bekam Diplome und Ehrenmitgliedschaften diverser Akademien und Institutionen.
Selbst in einem Roman wurde er verewigt und das von keinem geringeren als Jules Verne, der mit dem Erzherzog befreundet war. Seinem Romanhelden Mathias Sandorf diente Ludwig Salvator als Vorlage und einige der Schauplätze beruhen auf Beschreibungen des Erzherzogs.
Das größte Werk des Erzherzog war wohl sein 6000 Seiten umfassendes Werk „Die Balearen – in Wort und Bild geschildert”, für dessen erste zwei Bände er auf der Pariser Weltausstellung 1878 sogar die Goldmedaille bekam. Die Bücher enthalten Beschreibungen von Tieren, Pflanzen, Meteorologie, Geschichte, Volkskunde, Architektur, Landschaftsbeschreibungen bis hin zur detailreichen Schilderung der Bevölkerung, ihrer Gebräuche, Lieder und Gedichte.
Für Gäste, die schon damals die Schönheiten der Insel erkunden wollten, ließ Ludwig Salvator die Hospederia „Ca Madó Pilla“ einrichten, ein Gästehaus, in dem Reisende drei Tage gratis Logis erhielten. Außerdem gab es an den schönsten Aussichtspunkten eines zwölf Kilometer langen Wegenetzes, das er ebenfalls anlegen ließ, sogenannte Miradores errichten, kleine Mäuerchen mit Sitzbänken, von denen aus man die Schönheit der Küste und den Sonnenuntergang bewundern konnte. Die Wanderwege existieren übrigens noch heute und können immer noch erkundet werden.
Nach dieser ausführlichen Besichtigung führt die Straße weiter nach Deia, das mit seinen am Fels gebauten Häusern wieder ein tolles Fotomotiv ist.
Neben dem fotogenen Dorf gehört zu Deia auch eine traumhafte Bucht sowie das Wohnhaus des britischen Dichters Robert Graves, das heute ein Museum ist. Wer jedoch die MA-10 bis zum Ende befahren will, der sollte sich die Besichtigungen für einen anderen Tag aufheben.
Dasselbe gilt für Sóller, Port de Sóller und Fornalutx, alles sehenswerte Orte, die aber mindestens einen halben Tag in Anspruch nehmen und von Palma und den meisten Ferienhotels im Süden auch über die Schnellstraße erreichbar sind.
Die MA-10 aber entfernt sich, nachdem sie den größten Ort der ganzen Strecke passiert hat, erst einmal von der Küste. Doch davon erzähle ich erst im zweiten Teil dieser Reportage.
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