Im Flug über den Nord-​Ostseekanal – Schwebefähre Rendsburg

Fähr­fahr­ten sind nicht so unge­wöhn­lich, doch wer in Rends­burg den Nord-​Ostseekanal über­quert, der nutzt ein gar außer­ge­wöhn­li­ches Bau­werk – eine Schwe­be­fäh­re. Nur zwei die­ser Anla­gen gibt es noch in Deutsch­land, gan­ze acht sind es welt­weit. Und so wird die Über­fahrt über den Kanal zu einem ganz beson­de­ren Erlebnis.

Eigent­lich ist die Brücke, die in Rends­burg den Nord-​Ostseekanal über­quert, eine Eisenbahn-​Hochbrücke. Über das inzwi­schen als her­aus­ra­gen­des Indu­strie­denk­mal ein­ge­stuf­te Bau­werk rat­tern in kur­zen Abstän­den die Züge zwi­schen Ham­burg und Flens­burg. Errich­tet wur­de die Stahl­kon­struk­ti­on des Inge­nieurs Fried­rich Voss von 1911 bis 1913 und mit ihren zwei­ein­halb Kilo­me­tern Län­ge sowie 68 Metern Höhe zählt die Brücke gar zu den größ­ten Brücken Euro­pas. Zu einem außer­ge­wöhn­li­chen Bau­werk wird die Brücke jedoch erst durch die Schwe­be­fäh­re, die es auch Autos oder Fuß­gän­gern erlaubt, das Was­ser an die­ser Stel­le zu queren.

Die War­te­be­rei­che auf bei­den Sei­ten des Nord-​Ostseekanals sehen noch aus wie bei jeder Fäh­re. Eine Rei­he Autos und Rad­fah­rer war­ten auf die näch­ste Abfahrt. Alle fünf­zehn Minu­ten geht es über das Gewäs­ser, Som­mer wie Win­ter zwi­schen fünf und drei­und­zwan­zig Uhr, im Win­ter ist aller­dings eine Stun­de frü­her Schluss.

Steht man jedoch in der ersten Rei­he, ist schon zu erken­nen, dass hier in Rends­burg kei­ne gewöhn­li­che Fäh­re zum Ein­satz kommt. Der Vor­teil von Schwe­be­fäh­ren ist, dass sie weder geson­der­te Zufahrts­ram­pen brau­chen, noch den Schiffs­ver­kehr unter­bre­chen, wie es Zug­brücken tun. Auch bei star­ker Strö­mung oder Eis­gang kann eine Schwe­be­fäh­re pro­blem­los fah­ren und dabei noch mit weni­ger Ener­gie als ein her­kömm­li­ches Fährschiff.

Einen Wer­muts­trop­fen gibt es in Rends­burg jedoch, die heu­ti­ge Fäh­re ist nicht mehr das Ori­gi­nal, denn die wur­de 2016 bei einem Zusam­men­stoß mit einem Schiff so stark beschä­digt, dass sie aus­ge­tauscht wer­den muss­te. Seit 2022 ist aller­dings ein Neu­bau in Betrieb, der seit­dem wie­der über den Kanal pen­delt. Groß ist die Fäh­re übri­gens nicht, nur vier Autos pas­sen hin­auf und dazu bis zu ein­hun­dert Fußgänger.

Fas­zi­nie­rend ist auch der Blick nach oben zur Eisen­brücke, über die auch wäh­rend der Über­fahrt die Züge bret­tern. Da die Brücke 42 Meter über dem Kanal gebaut wer­den muss­te, um alle Arten von Schif­fen hin­durch­zu­las­sen, gab es für die Erbau­er jedoch noch eini­ge Schwie­rig­kei­ten. Ein Zug kann nur über eine gerin­ge Stei­gung auf die Brücke fah­ren, sodass mehr als zwei Kilo­me­ter lan­ge Zufahrts­ram­pen gebaut wer­den muss­ten. Dar­aus resul­tier­te aber ein wei­te­res Pro­blem, denn der Bahn­hof Rends­burg befin­det sich in kür­ze­rer Ent­fer­nung. Um den Bahn­hof anfah­ren zu kön­nen, wur­de eine sechs Kilo­me­ter lan­ge Strecke in Form einer rie­si­gen Schlei­fe gebaut, die heu­te als Rends­bur­ger Schlei­fe bekannt ist.

Doch damit nicht genug, denn auch der Bau selbst ver­schlang gewal­ti­ge Res­sour­cen. Die gesam­te Ober­flä­che der Stahl­kon­struk­ti­on beträgt 240.000 Qua­drat­ki­lo­me­ter, es wur­den 3,2 Mil­lio­nen Nie­ten ver­baut und allein der Stahl der 295 Meter lan­gen Haupt­brücke kommt auf ein Gewicht von 3.700 Ton­nen. An Sonn­ta­gen zwi­schen Mai und Sep­tem­ber kann die Brücke übri­gens auch bestie­gen wer­den. Dann geht es für Besu­cher über eine Wen­del­trep­pe mit 178 Stu­fen hin­auf zu den Bahngleisen.

Bei der regu­lä­ren Über­fahrt aber schwebt man immer­hin drei Meter über dem Was­ser, um die 125 Meter Distanz zwi­schen bei­den Ufern zu über­win­den. Schif­fe haben übri­gens immer Vor­fahrt, sodass sich eine Abfahrt auch mal ein paar Minu­ten ver­zö­gern kann.

Ist die Fäh­re ein­mal in Fahrt, geht aber alles ganz schnell, denn um ein­mal von einem Ufer zum ande­ren zu gelan­gen, braucht sie gera­de mal ein­ein­halb Minuten.

Wie schon ein­gangs erwähnt gibt es heu­te nur noch acht sol­cher Schwe­be­fäh­ren welt­weit, was die Über­fahrt zu einem ganz beson­de­ren Erleb­nis macht. Einst wur­den zwan­zig die­ser unge­wöhn­li­chen Bau­wer­ke errich­tet, mehr als die Hälf­te jedoch bereits in der ersten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts wie­der abgerissen.

In Deutsch­land sind ins­ge­samt zwei die­ser außer­ge­wöhn­li­chen Bau­wer­ke erhal­ten, denn neben der Schwe­be­fäh­re Rends­burg gibt es noch eine Schwe­be­fäh­re zwi­schen Osten und Hem­moor über den Fluss Oste, die bereits 1909 eröff­net wur­de und somit das älte­ste Bau­werk die­ser Art in Deutsch­land ist. Dazu gibt es noch je zwei Fäh­ren in Argen­ti­ni­en und Groß­bri­tan­ni­en sowie jeweils eine in Frank­reich und in Spa­ni­en. Die Fäh­re im spa­ni­schen Bil­bao ist übri­gens die älte­ste der Welt und wur­de bereits 1893 in Betrieb genommen.

Und wäh­rend die Fäh­re in Bil­bao bereits seit 2006 ein ein­ge­tra­ge­nes UNESCO-​Weltkulturerbe ist, war­tet man in Rends­burg noch auf die­sen Titel. Zusam­men mit sechs wei­te­ren Fäh­ren wur­de der Antrag gestellt, eben­falls in die Liste auf­ge­nom­men zu wer­den, doch ent­schie­den ist dar­über bis­her nicht.

Das alles spielt für die Über­fahrt aber gar kei­ne gro­ße Rol­le, denn die ist ein­fach nur ein Erleb­nis. Wo fährt man schon mit sei­nem Auto auf eine 14 Meter lan­ge und sechs Meter brei­te Fäh­re, die an 35 Meter lan­gen Sei­len hängt und so mit ihrer Fracht über das Was­ser schwebt?

Um einen wei­te­ren Unfall zu ver­mei­den, gibt es heu­te übri­gens mehr Sicher­heits­vor­keh­run­gen. Dazu gehört auch, dass die Fäh­re war­ten muss, wenn sich ein Schiff auf weni­ger als 800 Meter nähert. Ein Schau­spiel ist das aber alle­mal, denn die Fracht­schif­fe, Segel­jach­ten oder auch Kreuz­fahrt­schif­fe sind gefühlt fast zum Grei­fen nah.

Neben der Brücke gibt es auch eine Begrü­ßungs­an­la­ge, ganz so wie an der Elbe vor Ham­burg. Jede Durch­fahrt wird zele­briert und aus­län­di­sche Schif­fe mit der jewei­li­gen Natio­nal­hym­ne begrüßt. Bei schö­nem Wet­ter lohnt es sich also im Café gleich neben der Zufahrt auch mal eine län­ge­re Pau­se einzulegen.

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Betty

Es gibt nichts, was ich mehr liebe als die Welt zu bereisen. Immer mit dabei ist meine Kamera, wenn ich spannende Abenteuer erlebe und neue Reiseziele erkunde. Das Reisen bereitet mir so viel Freude, dass ich nun auch meine Leser an meinen Erlebnissen und Erfahrungen teilhaben lassen möchte.

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