Grenzhus Schlagsdorf, Mecklenburg-Vorpommern

Schlags­dorf ist eine klei­ne Gemein­de in Nord­west­meck­len­burg, die aber für fast drei­ßig Jah­re von der Außen­welt abge­schnit­ten war, denn Schlags­dorf war Sperr­ge­biet. Wäh­rend der Zeit der Deutsch-​deutschen Gren­ze konn­te nur ins Dorf, wer einen Pas­sier­schein hat­te. Die­se und ande­re Geschich­ten erzählt heu­te das Grenz­hus, das nach einer Neu­ge­stal­tung der Aus­stel­lung erst 2018 wie­der­eröff­net wurde. 

Ich habe vom Grenz­hus Schlags­dorf mehr durch Zufall erfah­ren. Ein Schild an der Auto­bahn wies auf die­sen Ort hin. Schon eini­ge Grenz­ge­denk­or­te habe ich inzwi­schen besich­tigt, so war ich am Point Alpha, im Grenz­mu­se­um Schiff­lers­grund oder im Grenz­bahn­hof Probst­zel­la. Grenz­hus Schlags­dorf erzählt eben­so die Geschich­te der Deutsch-​deutschen Gren­ze, das haben alle Gedenk­stät­ten gemein­sam und doch ist jede für sich anders und immer wie­der sehens­wert. Das habe ich hier ein­mal mehr festgestellt.

Zuerst besich­ti­ge ich die neu gestal­te­te Aus­stel­lung im Grenz­hus, das einst das Domä­nen­päch­ter­haus war. Auf zwei Eta­gen wird hier die Geschich­te der Tren­nung Deutsch­lands und Euro­pas wie­der lebendig.

Im Muse­um zu sehen sind vie­le Gegen­stän­de aus dem Leben an der Gren­ze, aber es wer­den auch die Geschich­ten der Men­schen dahin­ter erzählt und es wird Zeit­zeu­ge das Wort gegeben.

Ein Modell zeigt, wie die Grenz­be­fe­sti­gung hier aus­ge­se­hen hat und wie dicht die Men­schen an der Gren­ze lebten.

Im Ober­ge­schoss ist ein groß­zü­gi­ger Raum für Son­der­aus­stel­lun­gen reser­viert. Wäh­rend mei­nes Besuchs gab es eine Aus­stel­lung über Grenz­schick­sa­le in ande­ren Staa­ten der Ost­see und wie man Grenz­be­fe­sti­gun­gen und eiser­nen Vor­hang dort emp­fun­den hat.

Zum Muse­um gehört auch eine Außen­flä­che, die einen Teil der alten Grenz­be­fe­sti­gun­gen schützt. Rund 500 Meter liegt sie vom Muse­um ent­fernt. Um dort hin­zu­ge­lan­gen, fah­re ich heu­te durch ein Neu­bau­ge­biet. Vor 30 Jah­ren war sowas noch undenkbar.

Die alte Gren­ze hier ist aller­dings nicht ganz ori­gi­nal, da die mei­sten Anla­gen kurz nach der Wen­de abge­ris­sen wur­den. Sie ist in der alten Kies­gru­be der Gemein­de ent­stan­den, wur­de aber mit Ori­gi­nal­tei­len und in Ori­gi­nal­grö­ße auf­ge­baut, um dem Besu­cher einen Ein­druck zu ver­mit­tel, wie die Gren­ze aus­ge­se­hen hat.

Über­all an der Gren­ze befan­den sich sechs bis zwölf Meter hohe Beob­ach­tungs­tür­me, die zunächst zylin­drisch, spä­ter dann recht­eckig gebaut wur­den. In der Kan­zel auf der Spit­ze fan­den drei bis fünf Sol­da­ten Platz. Aus­ge­stat­tet waren die Tür­me mit Kar­ten, aller­lei Tech­nik zur Über­wa­chung der Gren­ze und gro­ßen Suchscheinwerfern.

Die Beton­sperr­mau­ern wur­den eben­falls in eini­gen Regio­nen der Gren­ze errich­tet. Man woll­te damit ver­hin­dern, dass die in der Nähe woh­nen­den Men­schen in den Westen schau­en kön­nen. Die­se Mau­ern waren bis zu drei Meter hoch und das Rohr auf der Spit­ze soll­te ein Über­klet­tern verhindern.

Von oben schaue ich auf den eigent­li­chen Grenz­strei­fen. Hin­ter dem Zaun begann die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Doch ich kann mir die Anla­ge hier auch aus der Nähe anse­hen. Ein Pfad führt bis hin­un­ter in den Graben.

Als Erstes kom­me ich an der Hun­de­lauf­an­la­ge vor­bei. Schon seit den 1960er Jah­ren set­zen die Grenz­trup­pen Hun­de zur Grenz­si­che­rung ein. Die­se wur­den meist an bis zu 100 Meter lan­gen Lauf­sei­len befe­stigt und zu jedem Tier gehör­te eine Hun­de­hüt­te. Die Hun­de hat­ten die Auf­ga­be, Alarm zu schla­gen oder Per­so­nen zu vertreiben.

Als näch­stes gelan­ge ich zu einer Beob­ach­tungs­stel­le, die auch Zwei­mann­bun­ker genannt wur­den. Sie erlaub­ten Sol­da­ten das ver­deck­te beob­ach­ten der Gren­ze. Die klei­nen Bun­ker wur­den aus drei Beton­tei­len und einem Dach zusam­men­ge­setzt. Sie ver­lo­ren mit der zuneh­men­den Errich­tung von Wach­tür­men ihre Bedeutung.

Ein fein säu­ber­lich ange­leg­ter Kon­troll­strei­fen aus Sand dien­te schließ­lich zur Spu­ren­si­che­rung. So konn­ten bei Flucht­ver­su­chen Spu­ren fest­ge­stellt und belegt wer­den. Dane­ben befand sich der soge­nann­te Kolon­nen­weg, eine zwei­spu­ri­ge Fahr­spur für Fahr­zeu­ge der Grenz­trup­pen. Auf der ande­ren Sei­te lag der 1,50 Meter lie­fe Kraftfahrzeugsperrgraben.

Der Grenz­zaun I war schließ­lich das letz­te Ele­ment, das eine Flucht in den Westen ver­hin­dern soll­te. Die­se Sper­re bestand aus Metall­streck­plat­ten, die über­ein­an­der an Beton­pfo­sten befe­stigt waren. Die scharf­kan­ti­gen Waben waren dabei so eng, dass man nicht mit den Fin­gern hin­ein­grei­fen konn­te, ohne sich zu ver­letz­ten und alle Ver­schrau­bun­gen wur­den gen Westen ange­bracht. Um ein Unter­gra­ben zu ver­hin­dern, wur­den die Plat­ten auch in den Boden eingelassen.

Die Bun­des­re­pu­blik kenn­zeich­ne­te die Gren­ze seit 1976 durch Schil­der, die an wei­ßen Pfäh­len mit roter Kap­pe ange­bracht waren. Sie wur­den oft in unmit­tel­ba­rer Nähe zu den Grenz­stei­nen auf­ge­stellt. Die Grenz­stei­ne aus Gra­nit wie­der­um zeig­ten die exak­te Posi­ti­on der Gren­ze an. Dazu war oben­auf ein Kreuz ein­ge­mei­ßelt und auf der öst­li­chen Sei­te DDR ange­bracht. Außer­dem gab es noch Grenz­säu­len, die 400 kg schwer und aus Beton waren. Sie kenn­zeich­ne­ten eben­falls das Gebiet der DDR.

Die­se Holz­hüt­te hin­ge­gen gehör­te zum Zoll­kom­mis­sa­ri­at Rat­ze­burg und stand an der Bun­des­stra­ße 208. Die Hüt­ten dien­ten den Zöll­nern, die die Gren­ze kon­trol­lier­ten als Unter­schlupf bei schlech­tem Wetter.

Die­ses Kon­troll­häus­chen war nicht an der Gren­ze zu fin­den. Hüt­ten wie die­se wur­den nach der Mau­er­öff­nung an den neu geschaf­fe­nen Grenz­über­gän­gen zur Kon­trol­le auf­ge­stellt. Mit der Wie­der­ver­ei­ni­gung ver­schwan­den sie von der Bildfläche.

Fazit: Mich hat mein Besuch im Grenz­hus Schlags­dorf sehr beein­druckt, wie auch mei­ne frü­he­ren Besu­che an alten Grenz­an­la­gen. Es sind Orte der Mah­nung, dass Frei­heit nicht selbst­ver­ständ­lich ist und ein hohes und schüt­zens­wer­tes Gut. Die klei­ne Aus­stel­lung führt dies ein­mal mehr ganz deut­lich vor Augen.

Grenz­hus Schlagsdorf
Neu­bau­ern­weg 1, 19217 Schlagsdorf
Mo-​Fr 10–1630 Uhr, Sa-​So 10–18 Uhr
Ein­tritt: €4 (2019)

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Betty

Es gibt nichts, was ich mehr liebe als die Welt zu bereisen. Immer mit dabei ist meine Kamera, wenn ich spannende Abenteuer erlebe und neue Reiseziele erkunde. Das Reisen bereitet mir so viel Freude, dass ich nun auch meine Leser an meinen Erlebnissen und Erfahrungen teilhaben lassen möchte.

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