Deutsch-Deutsches Museum Mödlareuth, Thüringen
Schon viele Gedenkstätten der Deutsch-deutschen Teilung habe ich über die Jahre besucht. Mödlareuth, oder „Little Berlin”, wie es einst genannt wurde, gehörte bisher nicht dazu. Auf meiner Reise nach Franken hat sich der Besuch aber angeboten und so habe ich die Grenze zwischen Thüringen und Bayern auf dieser Reise hier zum ersten Mal überschritten.
Einen ersten Stopp an einem historischen Ort lege ich aber schon ein, bevor ich Mödlareuth erreiche. Noch an der A9, die mich von Berlin nach Franken bringt, halte ich an diesem, auf den ersten Blick, unscheinbaren Parkplatz.
Heute sieht der Parkplatz aus wie unzählige andere an deutschen Autobahnen, doch hinter dem Zaun liegt die einzigartige Geschichte. Lange Zeit gab es hier Rostbratwurst direkt über den Zaun. Das ist zwar inzwischen leider auch vorbei, doch die Spuren kann man noch überall entdecken.
Die Rostbratwurst ist aber nur das vorläufig letzte Kapitel dieses Fleckchens Erde. Begonnen hat die Geschichte bereits 1928 als hier zunächst eine Ausflugsgaststätte eröffnet wurde. Mit dem Bau der Reichsautobahn Leipzig-Nürnberg (die heutige A9) wurde das Lokal ab 1936 als erste Autobahnraststätte Deutschlands betrieben. Im Jahr 1938 wurde das Haus grundlegend umgebaut und erweitert. Rund 250 Gäste konnten nun gleichzeitig bewirtet werden und sogar die Fernbusse der Deutschen Reichsbahn zwischen Berlin und München machten hier offiziell Rast.
Trotz Bombardierungen der Autobahn überstand die Raststätte den Krieg unbeschadet und bis in die 1950er wurden hier sogar zwölf Gästezimmer für Reisende und natürlich weiterhin Restaurantbetrieb angeboten. Lange Zeit wurde das Haus weiter als HO-Gaststätte betrieben, bevor es 1981 für Renovierungsarbeiten geschlossen wurde und erst 1986 als Raststätte für Transitreisende wiedereröffnet wurde. DDR-Bürger hatten seitdem keinen Zutritt mehr und bezahlt werden konnte auch nur in harten Währungen.
Auch nach der Wende wurde das Gasthaus noch weiterbetrieben. Erst der sechsspurige Ausbau der A9 läutete das Ende ein und die Raststätte wurde gegen den Wunsch vieler zufriedener Reisender im Juni 2004 geschlossen. Alle Bestrebungen das Lokal weiterzubetreiben scheiterten. Da die maximale Anzahl an Konzessionen für Raststätten an der A9 inzwischen vergeben war, wurde da Gebäude vom neuen Parkplatz durch einen zwei Meter hohen Zaun getrennt.
Und hier startet das bis dato letzte Kapitel des historischen Gebäudes, denn mit Christina Wagner bekam die Raststätte 2009 einen neuen Besitzer. Sie verkaufte viele Jahre ihre Bratwürste über den Parkplatzzaun und war dadurch in so manchen Rechtsstreit verwickelt. Im Juni 2023 hat sie leider endgültig aufgegeben und die historische Raststätte steht nun einmal mehr zum Verkauf.
So geht es für mich dann enttäuschenderweise ohne Bratwurst weiter. Lange dauert es nicht mehr, bis ich Mödlareuth erreiche, das als „Little Berlin” traurige Berühmtheit erlangte. Der kleine Ort mitten im Nirgendwo war einer von vielen, die durch den Mauerbau 1961 und die damit verbundene Teilung von Deutschland unmittelbar betroffen war.
Schon am Parkplatz werde ich von diesem sowjetischen Kampfpanzer empfangen. Panzer wie dieser wurden bereits im Zweiten Weltkrieg genutzt und anschließend kam dieser Panzer zur NVA, die ihn umrüstete. Im Jahr 1969 wurde der Panzer ausgemustert und kam als Geschenk in die Stadt Pößneck, um hier die deutsch-sowjetische Freundschaft sichtbar zu machen. Erst 1992 kam der Panzer schließlich für den Preis einer symbolischen Mark nach Mödlareuth, wo er seitdem ausgestellt ist.
Nur wenige Meter weiter befindet sich bereits der Grenzstreifen. Die Grenze zwischen der DDR und der Bundesrepublik war enorm ausgebaut, um Fluchten zu verhindern. So gab es ein fünf Kilometer breites Grenzgebiet und den eigentlichen, fünfhundert Meter breiten Grenzstreifen.
In Mödlareuth befindet sich der Grenzstreifen zwar auch heute noch an originaler Stelle, andere Ausstellungsstücke wurden jedoch von der Grenze zusammengetragen.
Im Ort Mödlareuth selbst war die Grenze besonders stark befestigt. Hier gab es nicht nur einen Zaun, sondern auch eine Mauer, ähnlich der in Berlin. Die trennte den Ort in zwei Teile, wodurch der Name „Little Berlin” entstand.
Die eigentliche Grenze zwischen den zwei deutschen Staaten war dieser kleine, fast unscheinbare Bach, der noch heute mitten durch den Ort fließt, der inzwischen zur Hälfte in Thüringen und in Bayern liegt. Heute befindet sich am Bach die Landesgrenze.
Während die Grenze vonseiten der DDR extrem gesichert war, stand auf bundesdeutscher Seite lediglich ein Hinweisschild.
Zur Gedenkstätte gehört aber nicht nur ein Stück originaler Grenzbefestigung, sondern auch eine Sammlung an Grenzüberwachungsanlagen, die hier ausgestellt ist. Ursprünglich waren diese Einrichtungen natürlich nicht auf so engem Raum zu finden, original von der Grenze sind sie aber alle.
Dieser Grenzstein wurde einst auf bundesdeutscher Seite aufgestellt, da die Grenze von hier allen zugänglich war. Ein versehentlicher Grenzübertritt hätte jedoch zu einer Verhaftung führen können, sodass die Grenze durchaus gut gekennzeichnet wurde.
Ausgestellt sind auf dem Außengelände auch ein Wachturm, der bestiegen werden kann, sowie ein Ausguck und stationäre Scheinwerfer und Suchscheinwerfer. Auch eine Laufseilanlage für Wachhunde ist zu sehen, die von den Grenztruppen schon ab den 1960er Jahren eingesetzt wurde. Die Tiere wurden dabei an eine Rolle gekettet, die an einem bis zu achtzig Meter langen Seil lief. Ebenfalls ausgestellt sind diverse Straßensperren wie der sogenannte „Spanische Reiter”, der mobil installiert werden konnte, und der sogenannte „Igel”, der fest installiert war und auf Knopfdruck ausgelöst werden konnte. Dann bohrten sich lange Spitzen in die zu stoppenden Fahrzeuge.
In der Nähe einige Wohnhäuser ist ein zweiter Wachturm zu sehen. So wird demonstriert, wie breit der einstige Grenzstreifen war. Um ihn zu errichten, wurden sogar Häuser abgerissen, die sich zu dicht an der Grenze befanden.
Interessant anzusehen ist auch die Vorrichtung zur Sicherung von Bach- und Flussverläufen. Dazu wurden solche Wassersperren mit bewegbaren Eisengittern installiert, die bei unbefugtem Öffnen einen Alarm auslösten.
Natürlich sind in Mödlareuth heute auch einige Gedenksteine zu finden, die an die Grenzöffnung, aber auch an die Amerikaner erinnern, die hier auf bundesdeutscher Seite für die Grenzsicherung zuständig waren.
Nach dem Überqueren des Bachs setzt sich die Gedenkstätte auf bayrischer Seite fort. Hier sind noch einige kleinere Ausstellungsstücke sowie Gedenktafeln zu finden.
Dazu gibt es direkt im Ort ein großes Museumsgebäude, das sich über alle Bauten am kleinen Ortsteich erstreckt. Hier befindet sich das Besucherzentrum und hier können Eintrittskarten für die Gedenkstätte erworben werden. Auch ein Film bringt den Besuchern die Grenzanlagen in Mödlareuth näher.
Im Museum wird zunächst anhand von Schautafeln und historischen Fotografien der Grenzbau und das Leben an der Grenze thematisiert. Erzählt wird natürlich auch von den Fluchtversuchen, die manchmal sogar erfolgreich waren.
Ein Modell des Dorfes zeigt sehr schön die Teilung des Ortes in zwei Teile, mit einer großen Grenzanlage in der Mitte.
Erst 1989 wurde wieder ein Durchgang durch diese Mauern geschaffen und diese kurze Zeit später sogar eingerissen. Heute zeugen nur noch an der Gedenkstätte ein Stück erhaltene Mauer und Zaun vom Verlauf der ehemaligen Grenzbefestigungen.
In einigen Vitrinen gibt es auch Ausstellungsstücke zu sehen, wie Uniformen auf der damaligen Zeit oder Erinnerungsstücke einer erfolgreichen Flucht.
Am Ende der Geschichte steht natürlich der Mauerfall, der auch hier in Mödlareuth die Teilung eines kleinen Dorfes beendete.
In einer weiteren Halle werden Fahrzeuge gezeigt, die zur damaligen Zeit an der Grenze im Einsatz waren.
Ein Schild hinter den Fahrzeugen erinnert an die Schicksale, die mit der Trennung Deutschlands verbunden waren. Familien und Freunde wurden auseinandergerissen und auch Besitz enteignet.
Die ausgestellten Fahrzeuge in der Halle stammen aus Ost und aus West und wurden alle an der Grenze eingesetzt. Sogar einen Hubschrauber gibt es zu sehen, der zur Grenzsicherung genutzt wurde.
Nach dem Besuch der Ausstellung geht es für mich wieder zurück zum Parkplatz, vorbei an einem Bild, das an die Grenzöffnung in Mödlareuth erinnert.
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