Auf Entdeckungstour im winterlichen Helsinki, Finnland
Im Winter sind die Tage kurz in Helsinki. Die meiste Zeit legt sich die Dunkelheit der Nacht über die Stadt. Wenn dann noch Schnee fällt, ist es oft grau und düster. Doch das ist kein Grund im Hotel zu bleiben, denn auch in diesem Wetter gibt es in Helsinki einiges zu entdecken, selbst wenn die Natur eher Winterschlaf hält.
In der Nacht hat es heftig geschneit und so türmen sich am Morgen bereits die Schneeberge in der Innenstadt von Helsinki. Die Räumdienste kommen gar nicht hinterher und es ist fast überall extrem rutschig, denn leider erstreckt sich der geheizte Bürgersteig, für den Helsinkis Einkaufsstraße Aleksanterinkatu berühmt ist, nur über einen Teil meines Weges zum Hauptbahnhof.
Temppeliaukion Kirkko – Felsenkirche Helsinki
Vom Hauptbahnhof nehme ich die Tram zum ersten Ziel meines heutigen Tages, der berühmten Felsenkirche. Man könnte zwar auch laufen, aber im Winter wäre das eher ein mühsamer Weg. Da ist die Straßenbahn um einiges bequemer. Überhaupt ist sie so ziemlich das wichtigste öffentliche Verkehrsmittel in der Innenstadt von Helsinki und mit ihr kommt man fast überall hin, so auch zur Felsenkirche oder zumindest in die Nähe. Ein paar Meter sind es von der Station dann doch noch zu laufen und am heutigen Tag wäre ich an der Kirche fast vorbeigelaufen, denn unter den Schneebergen ist das von außen recht schlichte Gebäude kaum auszumachen.
Hinter der Eingangstür befindet sich dann erst einmal die Kasse, dieses Gotteshaus kostet Eintritt. Fünf Euro werden fällig, um die außergewöhnliche Kirche von innen anschauen zu können.
Erste Planungen für eine Kirche an dieser Stelle begannen bereits in den 1930er Jahren. Zunächst wurde ein Architekturwettbewerb ausgelobt, aber keiner der Beiträge überzeugte. So wurde schon kurze Zeit später ein zweiter Versuch gestartet. Und im Jahr 1936 war es endlich so weit, der Entwurf des Architekten J.S. Sirén fand Zustimmung und sollte umgesetzt werden. Die Planungen und der Bau jedoch wurden durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und des Winterkrieges in Finnland gestoppt und nie weiterverfolgt. Stattdessen gab es über zwanzig Jahre später einen dritten Wettbewerb. Dieser fand 1961 statt und als Sieger gingen die Brüder Timo und Tuomo Suomalainen hervor.
Zwischen 1968 und 1969 wurde der Bau mit seiner dreizehn Meter hohen Kuppel schließlich fertiggestellt. Das Gotteshaus ist dabei komplett in den Felsen hineingebaut worden und nur durch 180 Fenster im Dach kommt Tageslicht in die Kirche. Bei meinem Besuch im Winter aber selbst das eher spärlich, denn rund die Hälfte der Fenster sind mit Schnee überzogen.
Die Wände der Kirche sind zu großen Teilen aus unbehauenem Felsen und so ergibt sich eine ganz eigene Atmosphäre. Was mich am meisten überrascht hat, ist die Größe. Rund 750 Menschen finden in dem Gebäude Platz, das nicht nur für Gottesdienste, sondern auch für Konzerte genutzt wird.
Und da hatte ich bei meinem Besuch dann richtiges Glück, denn ich konnte die einmalige Akustik gleich live bei einer kleinen Konzertprobe erleben. Die 1975 von Veikko Virtanen erbaute Orgel erklingen zu hören, war für mich definitiv eines der Highlights des Besuchs.
Zum Abschluss meines Rundgangs begebe ich mich noch auf die Empore der Kirche. Hier treffe ich auf die meisten der Besucher an diesem verschneiten Wintermorgen. Viele sind es nicht und so kann ich ungestört fotografieren. Das muss allerdings nichts immer so sein, denn die Felsenkirche ist eine der Touristenattraktionen in Helsinki und wird von rund einer halben Million Menschen jährlich besucht.
Auf dem Rückweg zur Tram nehme ich eine andere Seitenstraße und unterwegs treffe ich vor einem kleinen Souvenirladen auf diesen Gesellen, der wie ich dem Schnee und der Kälte trotzt.
Sinebrychoff Hausmuseum
Zurück an der Tram, fahre ich einmal quer durch die Innenstadt zu einem Ort, der sicherlich nicht zu den ersten Anlaufpunkten für Helsinki Touristen zählt. Ich bin auf das Sinebrychoff Museum auch nur durch Zufall gestoßen, doch umso mehr ich gelesen habe, desto mehr wollte ich hierher. Hinter dieser Fassade verbirgt sich das ungewöhnliche Museum, das eine Mischung zwischen Hausmuseum und Kunstausstellung ist. Der Besuch des ersteren ist übrigens kostenlos, das Kunstmuseum kostet hingegen Eintritt, es wird allerdings auch die Museum Card akzeptiert.
Mich persönlich interessiert vor allem das Hausmuseum und die damit verbundene Geschichte, die sich hinter diesem Gebäude mitten in Helsinki verbirgt. Und die ist ganz eng mit der Stadt verknüpft. In Finnland kennt den Namen Sinebrychoff eigentlich jedes Kind und trotzdem ist das Museum hier irgendwie ein Geheimtipp, denn in den Hochglanzbroschüren und Reiseführern für deutsche Touristen habe ich bisher nichts darüber gelesen. Aber das ist ja nicht zum ersten Mal so. Auch auf meiner Rundreise durch Finnland ist es mir mehr als einmal so gegangen. Meine Vorliebe für Geschichte treibt mich manchmal in eher ungewöhnliche Ecken wie eben dieses Haus.
Gründer der Dynastie der Sinebrychoffs war der russische Geschäftsmann Nikolai Sinebrychoff, der 1819 die Sinebrychoff Brauerei gründete, die noch heute die älteste noch operierende Brauerei in den nordischen Ländern ist. Während die Getränkeproduktion heute größtenteils ausgelagert ist, war die Firma hier, mitten in Helsinki, viele Jahrzehnte ansässig. Noch heute sind in der Gegend viele der alten Brauereigebäude erhalten.
Herzstück des Komplexes ist das heutige Sinebrychoff Kunstmuseum, das 1842 als Wohnhaus für Nikolai Sinebrychoff fertiggestellt wurde. Er selbst wohnte jedoch nie in dem Haus, sondern zog es vor auf Suomenlinna, der Festungsinsel von Helsinki zu bleiben, weil dort das Bier für die Garnison gebraut wurde. Stattdessen zog sein Bruder mit dessen Familie ein. Und die Wohnung der Familie ist heute als Museum im Obergeschoss des Gebäudes erhalten.
Im Untergeschoss sowie im Erdgeschoss ist hingegen ein bedeutendes Kunstmuseum zu finden, das vor allem die Sammlung von Fanny und Paul Sinebrychoff, die diese 1921 dem finnischen Staat geschenkt haben. Das heutige Museum, das in dieser Art 1980 eröffnet wurde, zeigt aber noch weitere Sammlungen, die dem Staat über die Jahre geschenkt wurde. Für das gesamte Museum fehlt mir heute leider etwas die Zeit, doch sehe ich mich zumindest in den ehemaligen Wohnräumen der Brauereifamilie um.
Diese sind sehr opulent ausgestattet und zeugen vom Reichtum der finnisch-russischen Familie, die nicht nur Bier braute, sondern in späteren Jahren auch die Lizenz besaß und noch heute besitzt, Coca-Cola Produkte abzufüllen.
Eine Auswahl der Kunstschätze der Familie ist neben dem Mobiliar auch in der Wohnung zu sehen, darunter eine Sammlung von Miniaturen, die von Paul Sinebrychoff zusammengetragen wurden. Er sammelte die kleinen historischen Bilder als Hobby und war auch fasziniert von den Geschichten, die sich dahinter verbergen. Insgesamt gehören über dreihundert Stücke aus dem 17. bis 19. Jahrhundert zur Sammlung.
Im Zugang zur Wohnung entdecke ich auf meinem Weg nach draußen noch eine Büste von Nicolai Sinebrychoff, der Gründer der Brauerei, der selbst keine Frau oder Kinder hatte und sein ganzes Vermögen seinen Brüdern hinterließ, als er auf einer Geschäftsreise 1848 an einer Lungenentzündung verstarb. Seine Brauerei und sein Name leben aber noch heute weiter und seit 1988 gibt es sogar ein Nikolai Sinebrychoff Bier. Die Brauerei selbst ist allerdings bereits seit 1999 nicht mehr eigenständig, sondern wurde von der dänischen Carlsberg Brauerei aufgekauft.
Vanha Kirkko – Alte Kirche Helsinki
Vom Museum geht es für mich wieder zur Tram-Station. Zwei Stationen weiter steige ich aber schon wieder aus und mache mich auf den Weg zu einem kleinen Park, der offiziell Vanha kirkkopuisto, also alter Kirchpark heißt, inoffiziell aber Pestpark (Ruttopuisto) genannt wird. Der schaurige Name stammt von dem alten Friedhof, auf dem 1710 nach einer verheerenden Pestepidemie über eintausend Opfer bestattet wurden. Nach der Fertigstellung des Friedhofs Hietaniemi wurde hier im Jahr 1829 ein Park angelegt und heute zeugen nur noch einige alte Grabsteine von der früheren Nutzung.
Im Herzen des Parks steht die alte Kirche, die einst als Ersatz für die 1827 abgerissene Ulrika-Elonora-Kirche erbaut wurde, die sich auf dem Senatsplatz befand und dem Bau des Doms weichen musste. Ursprünglich sollte die Kirche nur ein Provisorium bis zur Fertigstellung des Doms sein und so wurden für den Bau nicht einmal Glocken angeschafft. Doch die Kirche ist bis heute erhalten geblieben und wird auch noch immer von der evangelischen Gemeinde genutzt.
Eingerahmt werden Park und Kirche heute von hohen Gebäuden, von denen einige aber auch schon wieder historisch sind, wie das heutige St. George Hotel, denn Gebäude 1890 vom finnischen Architekten Onni Tarjanne fertiggestellt wurde, der auch das finnische Nationaltheater entworfen hat. Seit 2018 wird das Gebäude als Hotel genutzt und stand für mich auch in der engeren Auswahl meiner Unterkünfte. Nun ja, vielleicht beim nächsten Mal, denn das wird bestimmt nicht mein letzter Besuch in Helsinki und Finnland gewesen sein.
Uspenski Kathedrale
Während meiner ersten Finnlandreise ist die Hauptstadt Helsinki ein wenig kurz gekommen. Damals war ich mit dem Mietwagen unterwegs und habe so vieles gesehen, dass für die Hauptstadt irgendwie viel zu wenig Zeit blieb. Gerade zum Dom und nach Suomenlinna habe ich es seinerzeit geschafft. So will ich dieses Mal noch einen weiteren Ort besuchen, der damals dem Rotstift zum Opfer gefallen ist, die Uspenski Kathedrale.
Als deutlich sichtbares Zeichen der russischen Herrschaft wurde die Kathedrale 1868 auf einem Hügel am Rand der Insel Katajanokka errichtet und ist noch heute die größte russisch-orthodoxe Kirche in Westeuropa. Entworfen wurde sie vom Architekten Alexei Gornostajew im russisch-byzantinischen Stil. Als Baumaterial wurde roter Backstein gewählt und die Türme sind mit dreizehn Kuppeln mit jeweils einer goldenen Spitze gekrönt.
Erstaunlicherweise darf ich die Kathedrale nicht nur besuchen, sondern im Inneren auch fotografieren, was mir in anderen russisch-orthodoxen Gotteshäusern in Europa schon mehrmals verwehrt wurde. So kann ich auch die prächtige Innenausstattung im Bild festhalten. Dazu gehören die massiven Granitsäulen, die die Hauptkuppeln tragen und natürlich wertvolle Ikonen, von denen einer Wundertätigkeit nachgesagt wird.
Interessant ist auch der Blick vom Fuß der Kathedrale, denn von hier schaut man genau auf den Dom zu Helsinki, der ebenfalls auf einem Hügel errichtet wurde und die Hauptkirche des evangelischen Glaubens ist. Leider ist der Blick heute aufgrund des starken Schneefalls etwas getrübt, doch die Sichtachse ist trotzdem gut zu erkennen.
Dom von Helsinki
Einer der wenigen Orte, die ich bei meinem ersten Helsinkibesuch schon besichtigt habe, ist der berühmte Dom. Das hält mich aber nicht davon ab, nochmals hierherzukommen. Viel zu sehr gefällt mir dieses Wahrzeichen der Stadt, das alle anderen Gebäude zu überragen scheint.
Der Dom ist das wohl bekannteste Wahrzeichen von Helsinki und dementsprechend zieht es wohl jeden Touristen einmal hierher. Auch für dieses Gebäude lieferte Carl Ludwig Engel bereits 1819 die ersten Pläne, die endgültige Fertigstellung sollte der wohl bedeutendste Architekt Helsinkis aber nicht mehr erleben, denn die Bauarbeiten wurden erst 1850 komplett abgeschlossen. Engel aber verstarb bereits zehn Jahre früher.
Den eher schlichten Namen trug die Kirche jedoch nicht immer, wurde sie doch zunächst zu Ehren des russischen Zaren Nikolaus I. nach dem heiligen Nikolaus benannt. Nach der Unabhängigkeit Finnlands im Jahr 1917 änderte man den Namen in Suurkirkko, was so viel wie Großkirche bedeutet. Zum Dom wurde das Gotteshaus erst 1959, nachdem das Bistum Helsinki gegründet wurde. Weder die Ecktürme noch die monumentalen Treppen vor dem Gebäude gehörten übrigens zu Engels Entwurf und wurden, teilweise gegen seinen Willen oder auch nach seinem Tod an die Kirche angefügt.
Der Innenraum ist im Gegensatz zur prächtigen Fassade sehr schlicht und komplett in Weiß gehalten. An der Ostseite befindet sich der Altar, genau gegenüber dem westwärts gewandten Haupteingang.
Einziger Schmuck des Kirchenraums sind eine Kanzel sowie einige Statuen, darunter die zwei Wittenberger Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon.
Die heutige Orgel wurde erst 1967 in den Dom eingebaut, das Orgelgehäuse stammt allerdings von einem Vorgängerinstrument aus dem Jahr 1847.
Von den Stufen des Doms habe ich zum Abschluss meiner Entdeckungstour noch einmal einen schönen Blick auf den Weihnachtsmarkt, der im Dezember auf dem Senatsplatz aufgebaut ist. Und hierhin führt mich mein Weg jetzt auch, denn nach den Besichtigungen bei eisigen Temperaturen und zeitweisem Schneegestöber habe ich mir einen heißen Glögi jetzt so richtig verdient.
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