Tag 6: Montag, 24. Oktober 2022
Parlez-vous français? – Korsika – Teil 1
„Reisen ist immer noch die intensivste Art und Weise zu lernen.” (Kevin Relly)
Tag drei unserer Kreuzfahrt und im ersten Licht des Tages sind auch schon die Umrisse unserer dritten Insel dieser Reise zu sehen. Heute geht es nach Korsika, ebenfalls Neuland, zumindest für mich. Noch hängt etwas Nebel über der See, der sich aber hoffentlich bald verziehen wird.
Im Dunst des Morgens kann ich das Punta San Ciprianu Lighthouse in Cala Rossa entdecken. Der rund dreizehn Meter hohe Turm wurde bereits 1880 erbaut und ist noch heute aktiv.
Draußen ziehen immer mehr Nebelschwaden vorbei, so treffe ich mich erst einmal mit C. und wir gehen zusammen zum Frühstück.
Kurz vor dem Anlegen begeben wir uns an Deck. Es ist noch immer recht neblig, doch momentan sieht das irgendwie auch mystisch aus.
Kaum am Pier angekommen, kommt tatsächlich die Sonne raus. Das sieht doch schon viel besser aus. Auf dem Hügel können wir so auch schon Porto-Vecchio sehen, wo wir heute anlegen.
Nur Momente später ändert sich das Wetter jedoch schlagartig und eine dicke Nebelsuppe verdeckt die Sonne. Na, das kann ja heiter werden. Hoffentlich zieht das schnell vorbei.
Wir gehen trotz Nebel von Bord und es ist draußen empfindlich frisch. Dazu ist die Sicht wirklich gleich null, denn gleich hinter diesem Haus liegt schon unser Schiff, von dem bereits nichts mehr zu sehen ist.
Der Spuk ist jedoch nur kurz und als wir die Stadt erreichen, scheint wieder die Sonne. Rund eine Viertelstunde laufen wir bis zum Autovermieter, wo wir heute einen Wagen reserviert haben. C. spricht ja gut Französisch, sodass wir uns gut gerüstet fühlen. Das ist jedoch gar nicht nötig, denn die Dame spricht fließend Englisch. Erstaunlich, das habe ich so in Frankreich ja noch nie erlebt (es soll aber nicht das einzige Mal sein auf dieser Reise).
Als Mietwagen bekommen wir dieses Mal den Mini-SUV von Fiat und der ist auch noch recht neu. Mehr zu unserer Anmietung auf Korsika habe ich in meinem Mietwagen-Review zusammengefasst.
Vom Schiff wurden heute zwei Ausflüge angeboten, die uns interessiert hätten, und so beschließen wir, diese Ziele einfach auf eigene Faust zu besuchen. Schließlich haben wir den ganzen Tag Zeit und mit dem Auto sind wir eh schneller als mit einer Reisegruppe im Bus. Noch ein Vorteil ist, dass wir die engeren Bergstraßen fahren können, auf denen ein Reisebus niemals hätte fahren können.
An einem Aussichtspunkt angekommen, können wir weit ins Tal schauen. Leider hängt der Nebel noch immer über dem Meer und das Gegenlicht tut sein Übriges, sodass die Aussicht etwas eingeschränkt ist.
Kurze Zeit später erreichen wir den Lac de l’Ospedale, einen Stausee, der das Trinkwasser für den Süden von Korsika bereitstellt. Die malerische Gegend ist inzwischen zu einem beliebten Ausflugsgebiet geworden. Rundherum gibt es ein großes Waldgebiet und nur wenige Ortschaften.
Ein Schild am Ufer weist aber auch gleich darauf hin, was hier alles nicht erlaubt ist, denn immerhin handelt es sich um ein Trinkwasserreservoir. So kann der See auch nicht zum Baden oder Boot fahren genutzt werden.
Rund um den See erstreckt sich eine felsige Landschaft, deren höchste Erhebung mit 1218 Metern der Col de Bavella ist.
Die Straße führt über den 25 Meter hohen Staudamm, der den Lac de l’Ospedale begrenzt, und weiter durch die karge Felslandschaft, die ihren ganz eigenen Reiz hat.
Der nächste größere Ort, durch den wir fahren, ist Zonza. Die Gemeinde mit ihren rund 2.700 Einwohnern liegt malerisch eingebettet in das Bavella-Massiv.
Auch auf der weiteren Strecke passieren wir immer wieder kleine Ortschaften, die sich malerisch in die Berge schmiegen.
Nach rund zwei Stunden Fahrt durch die Berge können wir dann zum ersten Mal wieder das Mittelmeer sehen. Unterwegs hatte man fast den Eindruck, sich gar nicht mehr auf einer Insel zu befinden, doch jetzt leuchtet das Meer wieder tiefblau in der Ferne.
Schließlich erreichen wir Sartène. Die Stadt wird gerne als „die korsischste aller korsischen Städte“ betitelt und dementsprechend voll ist es im kleinen Stadtzentrum auch. So fahren wir nur einmal durch den Ort, um dann unsere Reise durch den Süden von Korsika fortzusetzen.
Die Straße folgt jetzt der südwestlichen Küste Korsikas und bietet immer wieder schöne Ausblicke. An einer kleinen Haltebucht können wir auch sicher parken und die Aussicht genießen.
Die Aussicht ist auf Korsika berühmt. Zu sehen der Strand und der Löwe von Roccapina. Das türkisfarbene Wasser und der weiß schimmernde Sand laden hier auch zum Baden ein, zumindest im Sommer. Jetzt ist es an den Stränden von Korsika eher leer. Der Löwe von Roccapina ist hingegen eine Felsformation, die durch die Naturgewalten so geformt wurde.
Vom Aussichtspunkt folgen wir der Straße immer weiter in den Süden der Insel, wo sich das zweite Ziel befindet, das wir heute besuchen wollen. Noch aber genießen wir die Ausblicke auf die teilweise recht einsame Küste.
Ganz an der Südspitze von Korsika liegt Bonifacio, ein Städtchen mit rund dreitausend Einwohner, das aber aufgrund seiner Lage ein wahrer Touristenmagnet ist. Der Ort besteht aus zwei Teilen, der Ville haute (Oberstadt) und der Marina, wo wir gerade stehen und einen Blick auf die gewaltige Festung genießen.
Die Festung von Bonifacio ist die erste Festung auf Korsika gewesen und wurde über die Jahrhunderte immer wieder ausgebaut und erweitert. Die Südküste der Insel war schon immer umkämpft, so gehörte sie lange Zeit zu Italien, bevor sie 1768 endgültig französisch wurde. Im Jahr 1793 bereitete der junge Napoleon Bonaparte von hier die Invasion von Sardinen vor, die später scheiterte. Die südliche Nachbarinsel liegt nur zwölf Kilometer entfernt und beide Inseln trennt die Meerenge von Bonifacio.
Wir bummeln ein bisschen an der Promenade herum, wo sich auch viele andere Besucher tummeln. Einige stammen von der Azamara Onward, die hierher Ausflüge angeboten hat. Da wir aber individuell unterwegs sind, müssen wir nirgendwo warten, sondern können schon kurze Zeit später weiter in die Oberstadt fahren.
Die Oberstadt befindet sich auf einer rund neunhundert Meter langen Landzunge, die auf der einen Seite vom Mittelmeer und auf der anderen von einer schmalen Bucht begrenzt ist. Nachdem wir an der Altstadt vorbeigefahren sind, erreichen wir einen großen, kostenpflichtigen Parkplatz, wo wir das Auto abstellen. Von hier haben wir zunächst einen schönen Blick auf die Calanque, eine fjordähnliche Bucht, die an eben jener Marina endet, an der wir unsere Besichtigung begonnen haben.
Über die Jahrhunderte hat sich das Wasser hier durch den Kalk- und Sandstein gefressen und so diesen geschützten Naturhafen geschaffen, der den Seefahrern schon viele Jahrhunderte Schutz geboten hat, sei es vor Unwettern oder kriegerischen Auseinandersetzungen.
Gleich neben dem Parkplatz befindet sich der Cimetiere Marin, ein Meeresfriedhof, wie er besonders in Frankreich oft zu finden ist. Der Friedhof in Bonifacio ist so bekannt, dass ihn jährlich rund eine halbe Million Menschen besuchen.
Heute aber ist es ruhig auf dem Friedhof mit seinen majestätischen Gräbern, die vom einstigen Reichtum der Stadt zeugen. Die Touristen scheinen sich größtenteils in der Altstadt aufzuhalten, obwohl der Parkplatz nebenan gut gefüllt ist. Nur eine Handvoll Besucher treffen wir, während wir über den Friedhof streifen.
Der Friedhof wird auch noch heute genutzt und so finden sich in den Kapellen auch Tafeln, die an erst kürzlich verstorbene Einwohner erinnern. Das berühmteste Grab ist das der französischen Schauspielerin Marie-José Nat, die aus Bonifacio stammt.
Nach unserem Rundgang auf dem Friedhof setzen wir die Erkundung in diesem Teil von Bonifaccio fort. Uns ist schon jetzt klar, dass die Zeit mal wieder unser Gegner ist und wir die Altstadt wohl nicht mehr näher erkunden können werden. Aber so ist das halt, wenn man nur einen Tag hat. Man bekommt einen Einblick in die Gegend, mehr aber auch nicht. Doch noch ist der Tag nicht vorüber, auch wenn dieser Teil des Reiseberichts an seinem Ende angelangt ist. Weiter geht es, wie gewohnt, im zweiten Teil.