Tag 6: Montag, 24. Oktober 2022
Parlez-vous français? – Korsika – Teil 2
„Reisen ist immer noch die intensivste Art und Weise zu lernen.” (Kevin Relly)
Wir sind noch immer in Bonifacio an der Südküste von Korsika. Nachdem wir den Meeresfriedhof besucht und die Aussicht auf die Bucht genossen haben, wollen wir natürlich auch noch den berühmten Blick auf die Klippen sehen.
Weit müssen wir dazu nicht laufen und der kurze Fußweg über das unebene Gestein wird schon Minuten später von Erfolg gekrönt. Über siebzig Meter fallen die Felsen hier steil ins Meer, einfach ein fantastischer Anblick.
Schaut man etwas genauer hin, kann man hier auch die Treppe des Königs von Aragon entdecken. Die Treppe besteht aus 187 Stufen, die eine Neigung von 45 Grad aufweisen und vom Felsen hinunter ans Meer führen. Der Name aber geht auf eine Legende zurück. Nach einer Belagerung von Bonifacio im Jahr 1420 soll die Treppe von Truppen des Königs von Aragon Alfons V. in einer einzigen Nacht in den Felsen gehauen worden sein. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Franziskanermönche die Baumeister waren und so Zugang zu einer Trinkwasserquelle erlangen wollten.
Die Felsen an der Küste reichen übrigens bis zum Capo Pertusato, der Südspitze von Korsika, die weit in das Meer hineinreicht und von der man, zumindest an klaren Tagen, fast schon die Orte sehen kann, die wir am Tag zuvor auf Sardinien besucht haben.
Auf der anderen Seite der westlichsten Spitze von Bonifacio wiederum haben wir einen schönen Blick auf die Hafeneinfahrt und den Leuchtturm Phare de la Madonetta, der noch heute in Betrieb ist und deshalb nicht besichtigt werden kann.
Der Leuchtturm wurde bereits 1854 erbaut, um eine sichere Einfahrt in den Hafen zu gewährleisten, denn die Gewässer vor Bonifacio galten schon immer als sehr schwer zu navigieren, sodass hier viele Schiffe untergingen. Elf Meter ist der Turm hoch und steht auf einem 28 Meter hohen Felsen. Sein Licht ist bis zu sieben Meilen weit zu sehen.
Wir verlassen Bonifacio und folgen der Straße noch ein wenig zur Südspitze. Am Anfang gibt es noch eine alte Asphaltdecke, doch schon bald wird die Straße so uneben, dass das Fahren kaum noch möglich ist. So drehen wir um und parken am Straßenrand. Die letzten Meter bis zur Klippe geht es dann zu Fuß.
Von hier haben wir dann auch den Blick auf Bonifacio, der auf unzähligen Postkarten und in allen Reiseführern zu sehen ist. Die gesamte Halbinsel liegt vor uns und darauf thronen die Altstadt und die Festung.
Der Blick ist aber auch in die andere Richtung nicht zu verachten. Hätten wir mehr Zeit, hätten wir sicherlich noch probiert, bis zur Südspitze zu kommen. So aber begnügen wir uns mit dem Ausblick.
Von Bonifacio nehmen wir die Hauptstraße zurück nach Norden. Kurz vor Porto-Vecchio biegen wir nochmals ab und wollen der Küste folgen. Eigentlich hatte ich gehofft, noch den Leuchtturm Phare de la Chiappa besuchen zu können, doch kurz vor dem Ziel stehen wir vor einem Tor, das zu einem Nudistencamp führt. Einfahrt ist hier nicht möglich und ob es eine andere Zufahrt gibt, ist nicht ersichtlich.
So drehen wir wieder ab und hoffen, wenigstens noch einen Blick auf ein paar der schönen Strände werfen zu können. Doch auch das ist uns hier verwehrt, denn alle Zufahrten sind immer abgesperrt und als Privatwege deklariert. So führt uns der Weg nun nur noch zur Tankstelle und dann zurück nach Porto-Vecchio, wo für eine Stadtbesichtigung aber auch keine Zeit mehr bleibt. Ich setze C. am Schiff ab und fahre dann zurück zum Autovermieter, um den Mietwagen abzugeben. Das klappt auch hier problemlos, sodass ich mich schon kurze Zeit später auf den Weg zurück zum Schiff machen kann.
Jetzt sieht es hier ganz anders aus. Während heute früh alles im Nebel versunken ist, habe ich jetzt eine herrliche Aussicht auf das Schiff und die Küste.
Nach der obligatorischen Bordkarten- und Sicherheitskontrolle bin auch ich wieder pünktlich an Bord. Um 18 Uhr wollen wir heute bereits zu unserem nächsten Ziel aufbrechen.
An Bord treffe ich dann auch C. wieder und während wir auf das Ablegen warten, laufen wir noch einmal rund um das Deck, um ein paar Fotos von der Umgebung zu machen, die am Morgen noch vom Nebel verschluckt wurde.
Auf dem Pooldeck bestellen wir uns heute einen Cocktail, um dann im letzten Tageslicht das Auslaufen aus dem Hafen zu verfolgen.
Einer letzter Blick noch auf Porto-Vecchio und schon fahren wir wieder einem neuen Ziel entgegen. In unserem Rücken verschwindet gerade die Sonne hinter den Bergen und taucht die Landschaft in ein schönes Abendrot.
Noch einmal kann ich das Punta San Ciprianu Lighthouse in Cala Rossa entdecken, das ich schon heute Morgen fotografiert. Vielleicht hätten wir versuchen sollen, lieber hierher zu fahren, denn hier habe ich Menschen stehen sehen.
Auf der gegenüberliegenden Seite kann ich den Leuchtturm Phare de la Chiappa dann doch noch ausmachen und so bekomme ich zumindest ein Foto aus der Ferne. Der 18 Meter hohe Turm wurde zwischen 1839 und 1845 erbaut. Er sollte den Schiffen vor allem den Weg nach Bonifacio weisen.
Leider wird es Ende Oktober schon recht früh dunkel, sodass wir bald nicht mehr viel erkennen können. Das ist besonders schade, da wir noch die Straße von Bonifacio durchqueren werden, wie Captain Carl über Lautsprecher bekannt gibt. Davon werden wir nur leider nicht viel sehen. Die Meerenge ist, wie schon zuvor erwähnt, der zwölf Kilometer breite und bis zu siebzig Meter tiefe Durchlass zwischen Korsika und Sardinien, der bei Seefahrern wegen seiner widrigen Witterungsbedingungen, Meeresströmungen, Untiefen, Felsen, Riffe und anderer Hindernisse schon seit Jahrhunderten gefürchtet ist. Das wohl schlimmste Unglück war der Untergang der französischen Fregatte Sémillante am 15. Februar 1855, bei dem 693 Menschen starben.
Wir wenden uns so dem Abendessen zu, wo uns auch heute wieder leckere Köstlichkeiten serviert werden, während wir auf die Meerenge zusteuern. Und wir vertrauen da ganz auf unseren Captain Carl, dass er uns sicher hindurch manövriert.
Wetter: sonnig, 15–30 Grad