Tag 19: Montag, 14. Oktober 2013
Broken Dreams – von Los Angeles nach Henderson
Bevor ich Richtung Nevada aufbreche, will ich noch einen kleinen Stopp nahe Palmdale einlegen. Als ich das letzte Mal beim 4 Aces Movie Set war, spielte das Wetter leider nicht so mit, doch da heute die Sonne scheint, versuche ich noch einmal mein Glück. Über einsame Highways folge ich meinen Aufzeichnungen zum ersten Set. Im Internet gab es sogar Warnungen, dass es hier besonders einsam sein soll und man unbedingt einen vollen Tank haben sollte. Das finde ich aber völlig übertrieben, denn hier draußen gibt es immer wieder Häuser und es begegnen mir auch etliche Autos, sodass im Notfall auch Hilfe da wäre. Selbst Handyempfang habe ich hier.
Nach etwa einer Stunde Fahrt erreiche ich das Four Aces, da heute Morgen wunderbar in der Sonne liegt. Die Gebäude wurden als professionelles Filmset errichtet. Zum Ensemble gehören ein Diner, eine Tankstelle und ein Motel. Alles im Stil der 50ziger Jahre, genauso wie die Autos, die auf dem Grundstück stehen. Zu gerne hätte ich auch mal hineingeschaut, aber leider darf man das Grundstück selbst nicht betreten.
Rund herum um die Kulissen stehen überall Joshua Trees, die ich auch einmal ablichten muss.
Ein kurzes Stück die Straße hinauf steht ein weiteres Filmset, der Club Ed. Hier wurden nicht nur Episoden von OC California gefilmt, sondern auch Filme wie „Nothing to Lose” mit Tim Robbins und Martin Lawrence. Gebaut wurde das Set für Dennis Hoppers „Eye of the Strom”.
Nach diesem erfolgreichen Fotostopp fahre ich zurück zum I‑15. Jedes Mal wenn ich die I‑15 in Richtung Las Vegas fahre, stoppe ich in Baker. Irgendwann einmal hatte ich hier gehalten, um ein Paket auf die Post zu bringen und seitdem schaue ich mich hier immer mal wieder um. Nach einem Tank- und Snackstopp halte ich noch am Royal Hawaiian Motel. Im Jahr 1957 eröffnet, musste das 43-Bettenhaus 2009 seine Tore schließen und steht seitdem zum Verkauf. Schade, ich erinnere mich noch gut an das etwas eigenwillige Flair des kleinen Motels.
Ein Stück weiter die Straße rauf, liegt Alien Fresh Jerky, wohl einer der verrücktesten Läden, die ich kenne. Überall gibt es Aliens. Die im Auto bewegen sich sogar.
Auch das Ufo macht Geräusche und blinkt, allerdings nur, wenn man einen Dollar einwirft. Selbst im Innenraum wird das Alienthema fortgesetzt. Schon verrückt das Ganze.
Weiter führt mich die Fahrt auf dem I‑15 Richtung Osten. Hier habe ich mir vorgenommen ein Ziel anzusteuern, auf das ich schon lange neugierig bin. Jeder, der den Interstate schon mal gefahren ist, wird auch schon die Exit Signs nach Zzyzx gelesen haben. Immer schon wollte ich wissen, was sich dahinter verbirgt. Eine ausführliche Internetrecherche hat mich nur noch neugieriger gemacht, sodass ich beschloss hinzufahren. Ganz sicher bin ich mir allerdings nicht, ob das heute etwas wird, denn der Ort liegt ja im Mojane National Preserve und es ist bekanntlich Shut Down. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt und so versuche ich mein Glück.
Zuerst ist die Straße, die vom Interstate wegführt noch geteert, doch bald schon endet das Pflaster und auch der Highway ist nicht mehr zu sehen. Ich bin allein in der kalifornischen Wüste unterwegs. Nach einer ganzen Weile, ich frage mich zwischendurch öfter mal, ob ich hier noch richtig bin, sehe ich Palmen am Horizont. Das schaue ich mir dann doch genauer an. Und tatsächlich biegt kurze Zeit später eine kleine Straße zu einem Parkplatz ab. Hier gibt es ein Schild des NPS und Toiletten, die trotz Shut Down offen sind. Ich parke, außer mir steht nur ein weiteres Auto hier.
Zzyzx beherbergt heute das Wüstenforschungszentrums der California State University, doch gegründet wurde der Ort mit dem seltsamen Namen 1944 von Curtis Howe Springer, der sich selbst als Arzt, Heilpraktiker und Prediger bezeichnete. Er wählte den Namen Zzyzx, da er so sicherstellen wollte, dass sein Ort immer der Letzte in jedem Ortsverzeichnung der USA ist. Und das ist er tatsächlich bis heute.
Springer errichtet hier bis in die 60ziger Jahre hinein einen Komplex aus Heilbad, Hotel, Kirche, Radiostation und Flugplatz, obwohl ihm das Land gar nicht rechtmäßig gehörte. Er hatte nur Schürfrechte erworben. Die Mittel hierfür stammten überwiegend aus Spenden seiner Anhängerschaft, die auf seine Heilmethoden vertraute.
Die illegale Nutzung des Geländes wurde schließlich 1974 unterbunden. Gemeinsam mit einer Verurteilung wegen Betruges bedeutete dies das Ende von Springers Erfolgsgeschichte und viele seiner Gebäude sind seitdem dem Verfall preisgegeben.
Das ganze Gelände wird heute vom National Park Service verwaltet und einige der Gebäude von der California State University seit 1976 als Institut zur Erforschung der Wüstenökologie genutzt.
Über dieselbe Straße wie schon hierher muss ich auch zurück zum Interstate. Dem folge ich noch ein kleines Stückchen, bevor ich kurz vor Primm auf den Highway nach Nipton abbiege. Einen kurzen Fotostopp mache ich noch am berühmten Nipton Hotel, bevor ich die Staatsgrenze nach Nevada überquere.
In Searchlight erreiche ich schließlich die US 95, der ich bis zum Abzweig nach Nelson folge.
Doch die kleine Ghosttown lasse ich erst einmal links liegen und fahre weiter in Richtung Colorado. Da die Lake Mead NRA auch vom NPS verwaltet wird, habe ich nicht viel Hoffnung weiterzukommen. Doch zu meiner großen Verwunderung ist hier nichts abgesperrt und ich kann bis zum Fluß fahren. Nur die Gravelroad zum Ufer, die ist verbarrikadiert und unbefahrbar.
Auf dem Rückweg halte ich dann auch noch in Nelson. Indianer, spanische Entdecker und mormonische Siedler haben schon in den Bergen um Nelson nach Schätzen gesucht, bevor Siedler aus dem nahen Potosi 1861 die Techatticup Mine gründeten. Nelsons Vorgänger Eldorado war ein gesetzloses Camp, der nächste Sheriff mehr als 200 Meilen entfernt. Etwa vier Jahrzehnte später wurde dann am Kopf des Canyons Nelson gegründet. Nach einer Explosion in der Schmelze im Jahr 1909 stoppte die Entwicklung allerdings und erst in den 1930ziger Jahren wurde die Arbeit und damit die Vergrößerung des Ortes wieder aufgenommen. Doch schon etwa 10 Jahre später begann der Ort wieder auszusterben, denn höhere Löhne machten die Arbeit hier unrentabel.
Einige der originalen Gebäude sind aber noch erhalten und können heute genauso besichtigt werden wie die vielen historischen Autos, die auf dem Gelände stehen.
Im Haupthaus sind die Besitzer der kleinen Geisterstadt zu Hause. Hier an der Bar treffe ich die Beiden und soll auch gleich einen Blick in ihren Gefrierschrank in der Ecke werfen. Etwas komisch finde ich das zwar, aber ich ahne ja nicht mal, was mich hier gleich erwartet. Der Herr des Hauses öffnet also die Tür und zu meinem Entsetzen sehe ich Dutzende gefrorener Klapperschlangen. Schon der Gedanke daran lässt mich erschauern.
Als ich wieder draußen bin, gehe ich doch gleich etwas vorsichtiger durchs Gelände. Schlangen treffe ich allerdings keine, dafür aber eine Vogelspinne.
Trotzdem setze ich meine Erkundungstour durch Nelson mutig fort. Und erst einmal bleibe ich auch von weiteren Tiersichtungen verschont.
Das Flugzeugwrack ist nicht echt. Es wurde hier für einen Filmdreh abgeladen.
Nach etwa einer Stunde kehre ich zum Auto zurück, doch die Fahrt zur US 95 ist etwas abenteuerlich. Inzwischen hat die Dämmerung eingesetzt und die Sonne verschwindet so langsam hinter den Felsen. Dafür kommen Dutzende von Vogelspinnen aus ihren Verstecken. Am Straßenrand, auf dem Asphalt, wohin ich nur schaue, sehe ich Spinnen. Ob ich welche erwischt habe, weiß ich nicht, denn die Tierchen sind extrem schnell. Endlich erreiche ich die 4‑spurige US 95, die dann zum Glück auch Spinnenfrei ist.
Weiter führt mich die Fahrt nach Henderson. Ich habe mich heute dafür entschieden hier im Springhill Suites zu übernachten, da ich nicht schon zum Las Vegas Strip wollte. Dafür habe ich auch die nächsten 2 Abende noch Zeit.
Abendessen gibt es heute bei Applebee’s, wo ich einmal nicht Chicken Tender mit Honey Mustard Sauce sondern Fish & Chips esse, die wirklich lecker sind.
Im Hotel packe ich dann schon mal ein paar Sachen zusammen und sortiere einige der angesammelten Prospekte aus. Ab morgen bin ich ja dann am Las Vegas Strip, wo die Wege zum Auto bekanntermaßen etwas weiter sind.
Meilen: 380
Wetter: 14–25 Grad, sonnig
Hotel: Springhill Suites, $89.60