The undiscovered Country

Tag 12: Mon­tag, 07. Okto­ber 2013
A Prin­cess, a Pre­si­dent and a Blacks­mith – von Dubu­que nach Chicago

Der Regen von gestern scheint nun aber end­gül­tig abge­zo­gen, denn der Him­mel ist wie­der azur­blau, als ich nach dem Auf­ste­hen aus dem Fen­ster schaue. Laut Wet­ter­be­richt soll es ab heu­te auch wie­der wär­mer wer­den und die Stür­me end­gül­tig abge­zo­gen sein. Da hält es mich dann auch nicht mehr lan­ge auf dem Zim­mer und ich packe flink mei­ne Sachen.

Mein Weg führt mich zum histo­ri­schen Mathi­as Ham Hou­se. Doch rein kom­me ich hier lei­der mal wie­der nicht. War­um geschlos­sen ist, kann ich aller­dings auch nicht her­aus­fin­den. Es gibt kei­ner­lei Hin­weis an Tür oder Zaun.

Dubuque

Unbe­dingt besu­chen woll­te ich den Fene­lon Place Ele­va­tor, seit­dem ich dar­über bei der Pla­nung gestol­pert bin. Ich mag die­se klei­nen Bah­nen und habe schon vie­le von ihnen auf der gan­zen Welt bestaunt. Hier in Dubu­que ist liegt die kür­ze­ste und steil­ste die­ser klei­nen Bah­nen auf der gan­zen Welt. Nicht ein­mal 100 Meter lang ist die Strecke hoch auf den Berg.

Tram 2

Seit 1882 schon fährt die Bahn den Berg hin­auf und her­un­ter, von April bis Novem­ber jeden Tag von 8–22 Uhr. Ich zah­le $3 für den Round­trip. Bezahlt wird erst oben, denn nur dort gibt es eine Kasse.

Dubuque Tram

Oben ange­kom­men geht man durch die­ses Dreh­kreuz und dann schwebt mein Blick über Dubu­que, den Mis­sis­sip­pi und die drei angren­zen­den Staaten.

Tram 5

Wäh­rend der Vor­be­rei­tung auf die Rei­se, bin ich auch auf den Maquo­ke­ta Caves Sta­te Park getrof­fen. Höh­len hier in Iowa? Das klingt inter­es­sant. Das woll­te ich mir genau­er anse­hen. Blö­der­wei­se ist Anfang Okto­ber hier kei­ne Sai­son und als ich am Sta­te Park ankom­me, herrscht gäh­nen­de Lee­re. Eine Wei­le über­le­ge ich, ob ich hier trotz­dem her­um­wan­dern will, ent­schlie­ße mich dann aber dage­gen, zumal das Licht am Mor­gen auch nur sub­op­ti­mal erscheint.

IOWA

Na gut, es ist ja nicht so, als ob es mir hier an Orten man­gelt, die ich noch besu­chen will. Einer von ihnen ist das Put­nam Muse­um in Daven­port. Auf die Aus­stel­lung hier bin ich zum ersten Mal bei der Pla­nung mei­ner Groß­bri­tan­ni­en­rei­se im Juni gesto­ßen. Damals woll­te ich eigent­lich auch nach Alt­hrop Hou­se, dem Fami­li­en­sitz der Spen­cer fah­ren. Lei­der ist der nur im Juli und August zu besu­chen und ich war ja schon im Juni dort. In einem Neben­satz las ich aber, dass die Dia­na Aus­stel­lung gar nicht mehr dort gezeigt wird, denn im Testa­ment der Prin­zes­sin ist wohl ver­merkt, dass wenn bei­de Söh­ne 30 Jah­re alt sind, alles in ihren Besitz über­ge­hen wird. Da dies nun bald der Fall sein wird, wer­de die Aus­stel­lung zu einer Abschieds­tour­nee durch die USA unter­wegs sein. Ich war platt und erst recht als ich las, dass der erste Aus­stel­lungs­ort genau auf der von mir geplan­ten Rou­te lie­gen wür­de. So stand für mich fest, dass ich mir das mal anschaue.

Das Put­nam Muse­um wur­de bereits 1867 gegrün­det und war eines der ersten Muse­en, die west­lich des Mis­sis­sip­pi eröff­net wur­den. Heu­te zeigt es mehr als 160.000 Expo­na­te aus Geschich­te und Wis­sen­schaft. Unter ande­rem fin­de ich Objek­te deut­scher Sied­ler, die sich hier in Daven­port niederließen.

Putnam Museum

Der klei­ne Rund­gang durch den Rest des Muse­ums (ich habe mir nicht alles ange­se­hen, denn das hät­te sicher eini­ge Stun­den in Anspruch genom­men) hat mich auch nichts extra geko­stet, denn wenn man das Ticket für die Son­der­aus­stel­lung erwirbt, ist der regu­lä­re Ein­tritt inklu­diert. Die Son­der­aus­stel­lung befin­det sich in einem Extrat­rakt des Muse­ums und hat auch eine sepa­ra­te Ein­lass­kon­trol­le. Sie ist so kon­zi­piert, das sie durch das gesam­te Leben der Prin­zes­sin führt und, man glaubt es kaum, ich darf hier über­all fotografieren.

Diana Collage 2

Diana 3

Herz­stück der Aus­stel­lung sind natür­lich die Roben, die die Prin­zes­sin zu unzäh­li­gen Anläs­sen getra­gen hat. Es ist ein biss­chen wie im Ken­sing­ton Palace in Lon­don, wo es ja eine ähn­li­che Aus­stel­lung gibt.

Diana Collage 1

Diana 12

Ein­ma­lig ist aber das Hoch­zeits­kleid, dass Dia­na damals 1981 trug, als Mil­li­ar­den ihre Ehe­schlie­ßung vor dem Fern­se­her ver­folg­ten. Und jetzt mal ganz ehr­lich, ich fin­de es pott­häss­lich. Ich habe 2004 auch das Hoch­zeits­kleid der däni­schen Kron­prin­zes­sin Mary gese­hen, was um Län­gen hüb­scher war. In dem Fum­mel wür­de ich nicht mal beer­digt sein wol­len, geschwei­ge denn hei­ra­ten. Aber Geschmäcker sind ja bekannt­lich ver­schie­den und ihren ganz eige­nen Stil hat Dia­na, was man an ihren ande­ren Klei­dern sehen kann, auch erst viel spä­ter entwickelt.

Diana Collage 3

Das Ende der Aus­stel­lung beschäf­tigt sich dann mit ihrem Tod. So gibt es z.B. ein Ori­gi­nal Noten­blatt von Elton John zu sehen, auf dem „Good Bye Eng­lands Rose” geschrie­ben hat. Auch ein gan­zes Regal an Kon­do­lenz­bü­chern aus aller Welt gehört dazu.

Diana Collage 4

Nach etwa 90 Minu­ten bin ich dann wie­der drau­ßen, wo es sich jetzt merk­lich erwärmt hat und die Son­ne rich­tig vom Him­mel brennt. Ein letz­tes Mal über­que­re ich nun den Mis­sis­sip­pi zurück nach Illi­nois. Hier im Westen ist der Staat genau­so flach und trost­los, wie ich es aus dem Süden her ken­ne. Ich habe ein­mal auf der Fahrt von Chi­ca­go nach St. Lou­is gesagt, dass es hier so flach sei, dass man die Erd­krüm­mung erken­nen kann, wenn man sich auf einen Stuhl stellt. Und so kom­me ich mir hier auch vor.

Illinois 1

Mit­ten in die­ser Ein­öde errei­che ich schließ­lich das 800-​Seelen Städt­chen Tam­pi­co. Hier erblick­te am 6. Febru­ar 1911 Ronald Rea­gan das Licht der Welt und dar­auf ist der klei­ne Ort sicht­lich stolz. Sogar ein Denk­mal will man ihm jetzt set­zen, doch das ist bei mei­nem Besuch noch ver­hüllt. Sonst ist hier aber nicht viel los. Ich kann sogar unbe­hel­ligt in der Mit­te der Main Street ste­hen, ohne dass ein ein­zi­ges Auto kommt.

Tampico Collage

Im ersten Stock die­ses Hau­ses wohn­ten John und Nel­le Rea­gan als ihr Sohn an einem ver­schnei­ten Febru­ar­tag auf die Welt kam. Als ich das Visi­tor Cen­ter im Erd­ge­schoss betre­te, wer­de ich von Sharon begrüßt, die sicht­lich stolz ist, auch aus Tam­pi­co zu sein. In Dixon, sagt sie, behaup­ten sie immer, dass das Rea­gans Hei­mat sei, doch gebo­ren ist er schließ­lich hier. Nach Dixon sei die Fami­lie erst spä­ter gezo­gen. Ich fin­de die­se Riva­li­tät irgend­wie nied­lich, denn Dixon liegt viel­leicht 30 Minu­ten von hier ent­fernt und ich will dort spä­ter auch noch hin. Erst ein­mal aber las­se ich mir von Sharon die Woh­nung der Rea­gans zeigen.

Tampico 3

Erstaun­lich geräu­mig ist sie und gut aus­ge­stat­tet, das hät­te ich nicht erwar­tet. Die mei­sten ande­ren Prä­si­den­ten, deren Geburts­häu­ser ich besucht habe, kamen da aus viel ärm­li­che­ren Verhältnissen.

Tampico 2

Die Rea­gans aber hat­ten Platz. Vier Zim­mer, Küche und ein Bad, dass man aber noch nicht wirk­lich als sol­ches bezeich­nen kann, denn die Toi­let­te, die befand sich auf dem Hof.

Tampico 1

Etwa eine Stun­de schwat­ze ich mit Sharon über Rea­gan, das Leben hier und auch ihren Blick auf die USA, beson­ders da wir ja gera­de im Shut­down sind. Es ist schon immer wie­der inter­es­sant, wenn sich Men­schen ein­mal öff­nen und mich als Besu­cher so ein Stück weit an ihrem Leben teil­ha­ben las­sen. Beson­ders übel nimmt Sharon Oba­ma, dass er ja einer von hier aus Illi­nois ist, das aber kom­plett zu ver­ges­sen scheint, wie wohl die mei­sten Poli­ti­ker, die ja nicht mal mehr in der Haupt­stadt Spring­field woh­nen, son­dern nur noch in Chi­ca­go sind. Der Rest von Illi­nois exi­stie­re für sie gar nicht mehr, sagt sie fru­striert. Die­se Ansicht wer­de ich spä­ter übri­gens noch von einem wei­te­ren Ein­woh­ner aus Illi­nois hören.

Ich aber fah­re erst­mal wei­ter durch die Korn­fel­der von Illi­nois und auf den Spu­ren eines ver­gan­ge­nen Prä­si­den­ten. Einem der, laut Sharon, zwar auch ins fer­ne Kali­for­ni­en zog um sein Glück zu machen, aber sei­ne Wur­zeln nie ver­ges­sen hat.

Illinois 2

Ange­kom­men in Dixon ste­he ich ihm dann auch gegen­über, zumin­dest sei­ner Sta­tue. Es ist zwar nicht das erste Mal, denn ich war schon zwei­mal in der Rea­gan Pre­si­den­ti­al Libra­ry in Kali­for­ni­en, doch etwas anders, denn hier, wo heu­te die Sta­tue steht, spiel­te der klei­ne Ronald frü­her als Kind.

Dixon 2

Und in die­sem Haus war die Fami­lie zu Hau­se. Lei­der darf ich hier, im Gegen­satz zu Tam­pi­co, mal wie­der nicht foto­gra­fie­ren und auch die Füh­rung ist etwas unper­sön­lich, sodass ich den Besuch in Tam­pi­co um Län­gen bes­ser fand.

Dixon 1

Nur weni­ge Mei­len wei­ter hat aber noch ein berühm­ter Bür­ger aus Illi­nois sei­ne Wur­zeln. Da heu­te Mon­tag ist und die Histo­ric Site geschlos­sen sein soll, erwar­te ich nicht viel von dem Besuch, doch wenig­stens ein­mal dort gewe­sen sein, das will ich schon. Und so mache ich mich auf den Weg, denn die John Dee­re Histo­ric Site liegt nur etwa 5 Mei­len außer­halb von Dixon, kein all­zu gro­ßer Umweg also.

Illinois 3

Als ich den Ort errei­che, wo die erste Schmie­de von John Dee­re stand, bewahr­hei­tet sich auch, was ich vor­her gele­sen hat­te, es ist geschlos­sen. Da das Grund­stück aber einen gan­zen Stra­ßen­block umfasst, kann ich wenig­stens von außen schau­en. Auf der Rück­sei­te ent­decke ich das Wohn­haus und mache ein paar Fotos. Da kom­men zwei Mäd­chen im Alter von ca. 4 und 7 Jah­ren auf mich zu und fra­gen, war­um ich denn ein Foto von die­sem alten Haus machen wür­de, das ihrer Grand­ma wäre doch viel hüb­scher und ich sol­le doch lie­ber das ablich­ten. Ich erzäh­le den Bei­den dann wo ich her­kom­me und dass ich mich hier ein biss­chen umse­hen will. So ste­hen wir eine Wei­le auf der Stra­ße, bis ein Mann auf einem Auf­sitz­ra­sen­mä­her vor­bei kommt. Eines der Mäd­chen läuft zu ihm hin und erzählt ihm, von wo ich kom­me. Plötz­lich kommt er her­über, stellt sich als der Haus­mei­ster der Histo­ric Site vor und fragt mich, ob ich nicht Lust hät­te, mal her­ein­zu­kom­men. Da sage ich natür­lich nicht nein.

John Deere Dixon Collage 1

Und so bekom­me ich doch noch eine klei­ne Tour durch die John Dee­re Histo­ric Site. Ich kann mich zwar nicht ganz so lan­ge umse­hen, aber dafür habe ich einen per­sön­li­chen Gui­de und das Gan­ze kostet mich nicht einen Dol­lar. Ich sehe nicht nur das Inne­re des Wohn­hau­ses, son­dern auch die nach­ge­bau­te Schmie­de, in der heu­te an Besu­cher­ta­gen auch wie­der ein Schmied tätig ist. Einen klei­nen schmie­de­ei­ser­nen Anhän­ger darf ich mir auch als Sou­ve­nir aus­su­chen. Zum Abschluß darf ich noch einen kur­zen Blick in das Muse­um wer­fen. Hier befin­det sich eine Aus­gra­bungs­stel­le und die­se wie­der­um ist der Ori­gi­nal Stand­ort der Schmie­de von John Dee­re. Unzäh­li­ge Stücke haben die Archäo­lo­gen über die Jah­re hier aus­ge­gra­ben und die sind hier auch ausgestellt.

John Deere Dixon Collage 2

Ich bin ganz begei­stert, dass ich die­ses tol­le Erleb­nis haben konn­te und bedank­te mich noch ein­mal ganz herz­lich dafür. So etwas gibt es auch nur in Amerika.

Mit guter Lau­ne fah­re ich wei­ter gen Chi­ca­go. Zum Star­ved Rock Sta­te Park wer­de ich es zwar nun nicht mehr schaf­fen, aber man kann halt nicht alles haben und irgend­was muss ja auch noch für den näch­sten Besuch übrig bleiben.

Illinois 4

Mit dem Son­nen­un­ter­gang errei­che ich Tin­ley Park, wo ich das Sleep Inn für mich reser­viert habe. Die­ses ist eines der Sleep Inn, die in den letz­ten Jah­ren ein völ­lig neu­es Design bekom­men haben. Vie­le Leu­te haben mir davon schon vor­ge­schwärmt. Ich bin aller­dings etwas ent­täuscht, denn so toll ist es hier bei genaue­rem Hin­se­hen lei­der nicht. Ich hat­te mehr erwartet.

Sleep Inn Tinley Park

Den Abend ver­brin­ge ich aber heu­te sowie­so nicht im Hotel. Eigent­lich hat­te ich auch geplant, erst mor­gen früh wie­der nach Chi­ca­go zu fah­ren, doch dann fiel mir ein, dass ich ja so Chi­ca­go auf die­ser Rei­se gar nicht bei Nacht sehen wür­de. Also wur­de der Plan geän­dert und hier bin ich nun, zurück in der Win­dy City, aller­dings ohne Wind und mit ster­nen­kla­rem Him­mel, der ein Traum­pan­ora­ma ermöglicht.

Chicago by Night 1

Bevor ich das jedoch anse­he, fah­re ich noch ein­mal zur Buck­ing­ham Foun­tain, die bei Nacht wun­der­schön ange­strahlt wird. Hier ist ganz schön was los und immer wie­der lau­fen mir Men­schen durchs Bild, alle sind sie hier, um die­ses Spek­ta­kel zu sehen.

Chicago by Night 3

Aber auch rings­um erleuch­ten die Wol­ken­krat­zer von Chi­ca­go. Vie­le mit pin­ken Spit­zen, denn es ist Breast Can­cer Awa­re­ness Month.

Chicago by Night 2

Und dann ist es soweit. Die Fon­tä­ne der Buck­ing­ham Foun­tain schießt in die Höhe. Die Men­schen blei­ben ste­hen und stau­nen. Selbst die Asia­ten, die die gan­ze Zeit geschnat­tert haben, sind nun ganz still. Nur das Klicken der Kame­ras und das Rau­schen des Was­sers sind zu hören. Ein magi­scher Moment und ein tol­ler letz­ter Abend auf die­sem Teil der Reise.

Buckingham Fountain

Ich will mich aber mit die­sem Pan­ora­ma nicht zufrie­den geben und fah­re noch ein­mal zum Adler Pla­ne­ta­ri­um. War der Blick auf die Sky­line von hier am Tage schon fan­ta­stisch, so ist er jetzt gera­de zu atem­be­rau­bend. Ganz Chi­ca­go glänzt und fun­kelt, die Spie­ge­lung im Lake Michi­gan auch wun­der­schön. Das letz­te Mal habe ich so eine tol­le Sky­line in Hong Kong gehabt. Dafür hat sich die Fahrt nach Down­town defi­ni­tiv gelohnt.

Chicago by Night 4

Erst gegen 22 Uhr bin ich zurück im Hotel, wo ich ja auch noch mei­nen Kof­fer packen muss, denn mor­gen flie­ge ich nach Phoe­nix. Zum Glück habe ich aber noch nicht so viel gekauft, sodass alles noch ganz gut passt und auch zugeht.

Mei­len: 322
Wet­ter: 10–22 Grad, sonnig
Hotel: Sleep Inn Tin­ley Park, $75.59