Tag 3: Sonntag, 8. Oktober 2017
Out of the City – London nach Southampton
„History never really says goodbye. History says, ‚See you later.’ ” – Eduardo Galeano
Die Sonne strahlt wieder vom knallblauen Himmel und so entscheide ich mich zu einem kleinen Umweg, bevor ich London verlasse. Fast um die Ecke vom Marriott Twickenham liegt Chiswick House. Ich parke auf dem kleinen Parkplatz, der an einem Sonntagmorgen noch reichlich Platz bietet und laufe zum Eingang des Parks.
Schon die Gartenanlage, die das Haus umgibt, ist beeindruckend. Gestaltet wurde sie von William Kent, der später zum Wegbereiter des englischen Landschaftsgartens wurde.
Ich laufe weiter durch die Gartenanlage, vorbei an der 1813 erbauten Orangerie, die heute wieder im alten Glanz erstrahlt, genauso wie der Rest des Anwesens. Das war aber nicht immer so, denn auch Chiswick ging durch turbulente Zeiten. Ursprünglich erbaut und gestaltet wurde das Anwesen zwischen 1720 und 1730 von Richard Boyle, 3rd Earl of Burlington.
Nach dem Tod des Earls ging das Anwesen durch einige Hände. Zuerst erbten es die Ehefrau und Tochter, nach deren Tod Chiswick in den Besitz der Familie ihres Ehemanns, dem Duke von Devonshire überging. Zuerst nutze die Familie da Haus selbst, ab 1862 wurde es vermietet. Zuletzt an einen Arzt, der hier bis 1929 eine Nervenheilanstalt betrieb. Danach kaufte es der Landkreis Middlesex und nutze das Anwesen als Feuerwehrdepot. Im Krieg beschädigt, wäre das Haus fast abgerissen worden, wenn sich nicht Bürger für den Erhalt eingesetzt hätten. So kam Chiswick schließlich zu English Heritage und ist heute ein Museum. Während das Haus Eintritt kostet, ist der Park kostenlos zugänglich.
Leider hält das Wetter nicht. Schon als ich zu meinem nächsten Ziel weiter fahre, zieht sich der Himmel immer mehr zu. Noch schafft es die Sonne aber, immer mal wieder dazwischenzukommen. So erreiche ich Goodwood House, das noch heute der Sitz des Duke of Richmond ist. Ich kann das eindrucksvolle Anwesen zwar besichtigen, doch Fotos mag man hier gar nicht. Nicht mal in den Außenanlagen darf die Kamera gezückt werden, sodass es bei diesem einen Bild bleibt.
Nach einem interessanten Besuch, den ich so gar nicht in Bildern festhalten konnte, fahre ich weiter zum Parham House. Wie Goodwood House, ist auch dieses Anwesen Mitglied der Historic Houses, sodass ich durch meine Mitgliedskarte Zutritt bekomme.
Durch das auf der Ostseite liegende Torhaus bekomme ich Eintritt in den Innenhof, wo sich seit dem 18. Jahrhundert der Haupteingang des Herrenhauses befindet.
Parham House selbst ist aber viel älter. Bereits 1577 wurde es für Sir Thomas Palmer errichtet, der Sir Francis Drake auf einigen seiner Fahrten begleitete. Er verkaufte das Haus jedoch schon 1610 an die Bysshopp Familie, die hier für elf Generationen lebte. Erst 1922 wurde Parham wieder verkauft, diesmal an Clive Pearson, der es schließlich an seine Tochter und diese an ihre Großnichte Lady Emma Barnard vererbte, die seit 1994 zusammen mit ihrer Familie in Parham House lebt.
Nach dem Betreten des Hauses gelange ich zuerst in die große Halle. Noch heute ist Parham wie in Tudor Zeiten gestaltet. Besonders Clive Pearson hat viel Zeit und Geld in die originalgetreue Restaurierung des Hauses gesteckt.
Nach Belieben kann ich nun durch das Haus streifen und mir die öffentlichen Räume auf zwei Etagen ansehen.
Das große Empfangszimmer ist ebenso beeindruckend wie die Halle. Fast fühlt man sich in die elisabethanische Zeit zurückversetzt. An den Wänden hängen Gemälde von Charles I. und Elizabeth von Böhmen sowie dem großen Kriegsschiff des Königs, der Sovereign of the Seas.
Der Salon hingegen passt so gar nicht in dieselbe Zeit. Es heißt, hier war früher das Holzlager für die Kamine, doch 1790 wurde dieser Raum im Regency Stil geschaffen.
Der nächste Raum war einst die Empfangshalle in elisabethanischer Zeit. Alice Pearson ließ hier allerdings ihr Schlafzimmer einrichten. Besonders beeindruckend ist das Bett, das Stickereien aus dem Jahr 1585 geschmückt ist. Es wird angenommen, dass diese von Marie de Medici in Auftrag gegeben wurde, die die Schwägerin von Queen Mary of the Scots war.
Im Westzimmer sind vor allem Portraits der Byshopp Familie zu sehen.
Das grüne Zimmer ist dem Botaniker Sir Joseph Banks gewidmet, der mit Alice Pearson verwandt war. Hier gibt es viele interessante Stücke zu sehen. So fehlt auf dem Globus die Südküste Australiens, da diese noch nicht kartografiert wurde. An der Wand hängt ein Bild von Omiah, dem ersten Bewohner der Südsee, der Europa besuchte.
Schließlich erreiche ich die rund 50 Meter lange Long Gallery, die sich über die gesamte Länge des Hauses erstreckt. Sie ist die drittlängste Galerie in einem Privathaus in England. Besonders interessant ist die Decke, die erst 1968 von Oliver Messel im Auftrag der Pearsons neu gestaltet wurde.
Nach der Besichtigung des Herrenhauses will ich nun noch die Gartenanlage besuchen.
Der Garten ist zu großen Teilen im 20. Jahrhundert von Clive Pearson neu angelegt worden.
Zum Schluss laufe ich noch einmal um das ganze Haus herum und habe Glück, dass noch einmal die Sonne herauskommt, sodass mir noch eine schöne Aufnahme gelingt.
Ich gehe noch zur St. Peters Church, die südwestlich des Anwesens liegt. Wie viele Kirchen in England hat auch dieses Gotteshaus sehr alte Wurzeln, so stammt die südliche Wand wahrscheinlich schon aus dem 12. Jahrhundert. Das heutige Aussehen erhielt das Gotteshaus aber erst im 19. Jahrhundert während eines umfassenden Umbaus, der die Kirche vergrößerte.
Auf dem Weg zurück zum Parkplatz habe ich noch einmal einen schönen Blick auf Parham House.
Dann führt mich der Weg weiter nach Southampton. Zum Übernachten habe ich das Hilton at the Ageas Bowl ausgesucht. Auch dieses Hotel befindet sich wieder in einem Stadium und mein letzter Aufenthalt hier hat mir sehr gut gefallen. So habe ich nun wieder hier gebucht.
Das Zimmer hat auch einen schönen Balkon mit Blick in das Stadion.
Abendessen gibt es heute aus dem Supermarkt und ich genieße noch einen kurzen Moment die letzten Sonnenstrahlen auf dem Balkon.
Meilen: 143
Wetter: heiter bis wolkig, 12–17 Grad
Hotel: Hilton at the Ageas Bowl