Tag 10: Sonntag, 15 Oktober 2017
Revisit – Bracknell nach Milton Keynes
„History will be kind to me for I intend to write it.” – Winston Churchill
Heute früh will ich erst einmal kurz shoppen gehen, doch das ist nicht so einfach wie es klingt. Ich brauche nämlich ein bestimmtes Stück aus der Royal Collection, das ich als Geschenk mit nach Deutschland bringen soll. Nun sind die Läden alle in der Londoner City, die mit dem Auto doch etwas schwierig befahrbar ist. Vor allem das Parken kann, zumindest rund um den Buckingham Palace, schon zur Herausforderung werden. Zum Glück gibt es ja noch einen weiteren Laden in Windsor. Nur ist der im Windsor Castle.
Da ich aber auf meiner Reise über den Jahreswechsel 2016/17 mein Ticket in ein Jahresticket umwandeln ließ, habe ich heute kostenlosen Eintritt. So ist das also kein Problem. Auch an der Schlange vor der Kasse kann ich einfach vorbei. Dann noch schnell durch die Sicherheitskontrolle und schon stehe ich im Burghof.
Die Prunkräume lasse ich heute genauso links liegen wie die Kapelle und die großen Puppenhäuser. Ich gehe nur schnurstracks zu einem der Läden und kaufe das gewünschte Geschenk. Unterwegs werfe ich noch einen kurzen Blick auf den Innenhof.
Nach dem erfolgreichen Einkauf fahre ich gleich weiter zum Painshill Park, den ich mit meiner HHA-Mitgliedschaft besuchen kann. Der Park wurde 1738 und 1773 für Charles Hamilton angelegt, galt als einer der ersten englischen Landschaftsparks und war Vorbild für viele Gärten in ganz Europa. Zusammen mit Stowe House und Stourhead ist Painshill Park sozusagen ein Prototyp des englischen Gartens.
Vom Parkplatz geht es über diese Brücke zum Besucherzentrum, wo der offizielle Einlass in den Garten ist.
Als Erstes treffe ich auf diese Bacchus Statue, die zurzeit neben dem Besucherzentrum steht. Nach der Restaurierung des Bacchus Tempels soll sie wieder dorthin gebracht werden. Bis vor wenigen Jahren galt die Statue als verschollen. Doch dann tauchte sie im Besitzt von Anglesey Abbey auf, das heute zum National Trust gehört und kam schließlich zurück an ihren angestammten Platz.
Der Grund dafür, nach dem Tod von Hamilton wurde viele Stücke aus dem Park verkauft und der Garten selbst vernachlässigt. Erst 1980 begann der Painshill Park Trust mit der Restaurierung der tollen Anlage, die ich mir nun genauer anschauen möchte. Zuerst geht es durch ein Wäldchen, in dem momentan das erste Herbstlaub die Bäume bunt färbt.
Charles Hamilton begann mit dem Bau seines Gartens nach einer großen Reise durch Europa. Er brachte viele Statuen und noch mehr Ideen mit und begann diese hier umzusetzen. So ließ er einen Weinberg anlegen, genauso so, wie er die Weinberge des Kontinents in Erinnerung hatte. Sogar richtiger Wein wurde hier gekeltert. Während der Weißwein ein Erfolg war, sagte man über den Rotwein, dass er wie Essig geschmeckt haben soll.
Der gotische Tempel ist einerseits eine Nachbildung ähnlicher Bauten, die Hamilton auf seiner Reise sah, aber auch ein Zeichen für das immer stärker werdende Interesse der Briten an dieser Architektur. Es war einfach modern, ein solches Gebäude in seinem Garten zu haben.
Ich laufe weiter, teils über riesige Rasenfläche und dann wieder durch kleine Wälder. Es macht einfach Spaß, durch diesen tollen Garten zu wandeln.
Als Nächstes erreiche ich die Ruine einer Abtei. Diese gab es aber nicht wirklich, sondern sie wurde genau so erbaut. In vielen Gärten gibt es diese Art von Folly, wie solche Bauten genannt werden.
Über die chinesische Brücke führt mich der Weg nun auf eine kleine Insel.
Schon die Steinformationen am Wegesrand deuten an, dass ich hier richtig bin, denn ich suche den Eingang zur Crystal Grotto, die nur an Wochenenden geöffnet ist.
Etwas unscheinbar ist der kleine Zugang, doch eigentlich auch nicht zu verfehlen. Ich bin gespannt, was mich hinter der Gittertür erwartet.
Über die Crystal Grotto sagte der deutsche Landschaftsgärtner Friedrich Ludwig von Sckell einst, dass sie die schönste sei, die je gebaut wurde. Und tatsächlich wurde hier mit viel Liebe zum Detail eine einzigartige Höhle geschaffen.
Die Höhle wurde mit Kristallen und Stalaktiten ausgestattet, die durch den Lichteinfall zu glänzen beginnen. Mit der Kamera ist das nur schwer einzufangen.
Durch die ganze Höhle ziehen sich ein Wasserlauf sowie ein gepflasterter Weg, dem ich folge.
Als ich wieder aus der Höhle komme, stehe ich auf der anderen Seite der kleinen Insel und habe von hier einen schönen Blick zurück zum gotischen Tempel.
Über eine weitere Brücke verlasse ich die Insel mit der Crystal Grotto wieder und setze meinen Rundweg fort. Der Garten erscheint mir schon an dieser Stelle fast endlos und doch habe ich noch nicht einmal die Hälfte gesehen.
Das Mausoleum soll dann ein Umschwenken der Gefühle des Besuchers herbeirufen. Nach dem Besuch der schönen Höhle wird er hier an die Vergänglichkeit des Lebens erinnert.
Immer näher komme ich nun der Five Arch Bridge, der fünf bogigen Brücke, die heute eine Rekonstruktion ist. Das Original wurde in den 1760er Jahren gebaut und war aus Holz, das dann gestrichen wurde, um wie Stein auszusehen. Rund 200 Jahre später war von der Brücke jedoch noch ein kläglicher Rest erhalten.
Die heutige Brücke wurde deshalb im Zuge der Restaurierung neu gebaut. Dieses Mal nicht aus Holz, sondern aus Beton, damit sie länger erhalten bleibt.
Hinter der Brücke wird der Garten ursprünglicher. Ich lasse die weiten Rasenflächen mit den schönen Aussichten zurück und laufe durch einen kleinen Zauberwald.
Etwas versteckt am Wegesrand liegt eine Wassermühle, die Wasser aus dem Fluss Mole in den großen See des Parks pumpt, der künstlich angelegt wurde.
Dann wird der Weg anstrengender. Über kleine Hügel geht es durch dichten Wald weiter.
In der äußersten Ecke des Parks stoße ich auf die Hermitage, die Einsiedelei. Das Häuschen ist schnell zu übersehen und wurde als Rückzugsort gebaut. Es hat eine spartanische Ausstattung und Hamilton konnte hier durchaus übernachten, so er das denn wollte.
Am höchsten Punkt des Parks wurde der 27 Meter hohe gotische Turm gebaut. Neunundneunzig Stufen führen bis in die Spitze, doch leider für mich heute nicht, denn der Turm ist nur im Sommer geöffnet.
Nachdem ich nun den hintersten Punkt des Gartens erreicht habe, trete ich den Rückweg an. Da es sich aber um einen Rundweg handelt, gibt es auch hier noch viel zu sehen. So gelange ich als Erstes zu den Elysians Plains, einer Freifläche, von der ich einen schönen Ausblick habe.
Ein Stück weiter steht dann eben jener Bacchus Tempel, in den die Statue vom Eingang einmal zurückkehren soll. Inzwischen ist zumindest die Außensanierung abgeschlossen, doch für den Innenausbau muss erst noch Geld gesammelt werden. Sie Restaurierung von Painshill Park ist auch nach fast 40 Jahren noch immer nicht abgeschlossen.
Das türkische Zelt ist wahrscheinlich das seltsamste Gebilde, das auf dem Rundgang zu sehen ist. Auch wenn Hamilton selbst nicht in der Türkei war, so waren ihm Kultur und Bauweise des Osmanischen Reiches doch nicht gänzlich unbekannt. Es war damals einfach modern, solch ein Zelt zu besitzen, in dem Sofas platziert wurde, damit man sich ausruhen konnte.
Nach dem Zelt führt der Weg wieder am See vorbei und bietet weitere schöne Ausblicke. Unterwegs gibt es noch ein kleines Eishaus sowie wunderschöne, große Zedernbäume zu sehen. Doch so langsam endet der Rundweg und nach 2,5 Meilen erreiche ich schließlich wieder das Besucherzentrum.
Es war ein toller Rundgang und mir hat Painshill Park sehr gut gefallen. Dieser Garten ist auf jeden Fall einen Besuch wert und dem Trust einfach ein Kunststück gelungen. Es ist super, dass diese Restaurierung durchgeführt wurde.
Mein nächstes Ziel ist Clifton, ein Herrenhaus, das zum Hotel umgewandelt wurde und dem National Trust gehört. Vor vielen Jahren war ich schon mal hier, möchte aber gern neuere Bilder, auch wenn Innenaufnahmen hier immer noch nicht gestattet sind, es sei denn, man ist Hotelgast.
Clifton ist einem größeren Publikum vielleicht durch die Hochzeit von Prince Harry bekannt, denn seine Braut und deren Mutter nächtigten hier vor der Hochzeit.
Das Hotel liegt in einem schönen Park, doch was mit keiner gesagt hat, hier finden derzeit umfangreiche Restaurierungsarbeiten statt. So wird das nichts mit den Bildern und da es hier auch recht voll ist, verliere ich die Lust und kehre um.
Langsam habe ich von den dicken Wolken wirklich genug. Eigentlich sollte heute die Sonne scheinen. Das tut sie laut Wetterapp auch, nur nicht hier. Also fahre ich ihr halt entgegen und entschließe mich spontan, noch einmal nach Blenheim Palace zu fahren. Mein erster Besuch hier war total verregnet, sodass ich keine schönen Bilder habe. Gesagt, getan, wenig später fahre ich durch die Einfahrt des Stammsitzes der Dukes of Marlborough und hier scheint endlich die Sonne.
Um zum Eingang des Palastes zu kommen, gehe ich am schönen Queens Pool vorbei, den ich während eines anderen Besuchs näher angeschaut habe.
Blenheim Palace gehört zu den größten und bekanntestes Palästen im Vereinigten Königreich und wurde vom ersten Duke of Marlborough erbaut, nachdem dieser für seine Verdienste während der Schlacht von Höchstädt von der Krone belohnt wurde. Heute ist hier der 12. Duke of Marlborough zu Hause, der das Gebäude teilweise auch für Besucher öffnet.
Da heute Sonntag ist, muss ich auch nicht an einer Führung teilnehmen, um in den Palast hineinzukommen. Sonntags kann man auf eigene Faust losziehen und so mache ich das kurz noch einmal, denn der Palast hat mir schon bei meinem ersten Besuch sehr gut gefallen.
Auch wenn viele der Prunkräume heute nur noch selten von der Familie genutzt werden, so finden sich doch überall persönliche Gegenstände und Bilder, die zeigen, dass es sich hier um ein Privathaus handelt.
Der größte und einer der schönsten Räume ist die Bibliothek mit angrenzendem Saal. Während an einem Ende des Raumes Tausende Bücher zu finden sind, wird das andere Ende von einer großen Orgel dominiert.
Von der Bibliothek aus könnte ich mir jetzt noch die Churchill Ausstellung ansehen. Diesen Abstecher spare ich mir aber heute, denn ich war ja schon einmal ausführlich im Gebäude. Stattdessen werfe ich nur noch einen kurzen Blick in die Kapelle, in der alle Dukes of Marlborough beigesetzt sind.
Danach drehe ich noch eine große Runde durch den Schlosspark, denn inzwischen scheint die Sonne richtig schön und diesmal wird auch nicht das halbe Gebäude von einem Festzelt verdeckt.
Der 1010 Hektar große Park, der Blenheim Palace umgibt, wurde 1764 vom berühmten Landschaftsarchitekten Capability Brown gestaltet. Ein kleiner Teil ist noch heute nur für die Familie zugänglich, der Rest kann aber von den Besuchern erkundet werden.
Auf dem Weg durch den Park komme ich am Diana Tempel vorbei. Dieser ist berühmt geworden, weil Winston Churchill hier einst seiner Clementine den Heiratsantrag machte.
Nach einem schönen und vor allem sonnigen Nachmittag im Park, kehre ich zu meinem Auto zurück, um weiterzufahren.
Schließlich will ich auch noch einmal zur kleinen St. Martins Kirche in Bladon fahren, denn auch hier schüttete es bei meinem letzten Besuch wie aus Kannen. Schon seit dem 11. oder 12. Jahrhundert stand an dieser Stelle ein Gotteshaus. Das heutige Gebäude jedoch stammt von 1804, denn die alte Kirche war marode und wurde 1802 abgerissen. Das Material für das neue Gotteshaus wurde vom 4. Duke of Marlborough bezahlt, dessen Palast, Blenheim Palace, zur Gemeinde gehört. Deshalb sind auch viele Familienmitglieder hier beerdigt, außer die meisten Herzöge, die in der Kapelle von Blenheim bestattet sind.
Diesmal ist die Kirche auch offen und ich kann sie mir von innen anschauen, bevor ich auf den kleinen Friedhof weitergehe.
Der Friedhof ist sehr gut besucht, denn hier befindet sich das Grab von Winston Churchill. Es war ein ausdrücklicher Wunsch des ehemaligen Premierministers, hier in Bladon beigesetzt zu werden.
Auch eine Amerikanerin ist hier übrigens bestattet. Consuelo Vanderbilt, aus der berühmten amerikanischen Familie, die mit dem 9. Duke of Marlborough verheiratet war. Ebenfalls zu finden sind die Gräber von Churchills Eltern und seinen Kindern.
Das heutige Hotel ist das erste, das ich am Freitag ganz spontan reserviert habe, nachdem ich den Flug und das Auto umgebucht hatte. Das Doubletree in Milton Keynes kenne ich bereits, denn hier habe ich schon übernachtet. Es befindet sich direkt im Stadium der Fußballmannschaft MK Dons.
Auch bei meinem zweiten Aufenthalt habe ich Glück und bekomme eine tolle Suite als Upgrade. Wieder habe ich ein Wohnzimmer, Schlafzimmer und Marmorbad mit eigenem Fernseher.
Aber nicht nur das Hotel ist super, auch die Lage gefällt mir. Das Parken ist kostenlos und rundherum gibt es ein ganzes Einkaufszentrum inklusive mehrerer Restaurants.
Doch auch wenn die Auswahl groß ist, irgendwie lande ich doch wieder bei Bella Italia, wo es mir einfach gut schmeckt.
Eigentlich war ja für heute Abend mein Rückflug gebucht, doch dank der Umbuchung habe ich nun zwei zusätzliche Tage und lasse so den Abend gemütlich ausklingen. Ich bin gespannt, ob der Wetterbericht recht hat und ich schönes Wetter haben werde.
Meilen: 101
Wetter: heiter bis wolkig, 16–19 Grad
Hotel: Doubletree by Hilton Milton Keynes