Tag 11 – 19. September 2014
Breakfast in America - Las Vegas nach Ely
„One should go to the woods for safety, if for nothing else.” – John Muir
Mehr als eine Nacht bleibe ich dieser Tage selten in Las Vegas und das ist auch dieses Mal so. Ich will viel mehr Richtung Norden, doch erst einmal habe ich heute früh noch eine andere Aufgabe. In den letzten Tagen habe ich besorgt das Wetter beobachtet. Reste von zwei Hurrikans vor der mexikanischen Pazifikküste brachten Unmengen an Regen und das sollte zumindest in Utah auch noch so weiter gehen. Eigentlich wollte ich in Ely nach Osten abbiegen, aber selbst wenn der neue Regen nicht kommen sollte, Dirt Roads würde ich nach den Regenfällen der letzten Tage auf keinen Fall fahren können. So plane ich einen Teil der Tour kurzerhand um, storniere meine Hotels in Utah und plane stattdessen weiter Richtung Westen zu fahren.
Doch erst einmal geht es nach Norden. Immer weiter, auch auf der US 93. Diese Strecke bin ich noch nie gefahren. Zwar war ich schon in Ely, damals kam ich jedoch aus Kalifornien. Mein erstes Ziel für heute und ein Park, den ich noch nie besucht habe, ist der Cathedral George State Park.
Im Jahr 1935 gegründet, ist der Park einer der ältesten in Nevada. Bevor ich in den Park fahre, zahle ich meine $7 Eintritt im Visitor Center. Anscheinend bis ich heute der erste Besucher, denn ich werde von der Rangerin ganz überschwänglich begrüßt. Auch im Park begegne ich später nur einem einzigen Auto und sonst keiner Menschenseele.
Ich stelle meinen Kia auf dem Parkplatz ab, um das Gebiet ein wenig zu Fuß zu erkunden. Es gibt mehrere Trails, die unterschiedlich lang sind und den Park durchschneiden.
Einen kurzen Stopp lege ich am Water Tower ein, der in den 1930er Jahren vom Civilian Conservation Corps errichtet wurde.
Von der Rangerin habe ich zuvor erfahren, dass es auch einen Aussichtspunkt gibt, von dem man einen guten Blick über den Park hat. Erreicht werden kann er über unzählige Treppen oder eine Stichstraße. Bis zu den Treppen laufe ich, aber in der prallen Sonne habe ich keine Lust dort hochzuklettern. Ich drehe um und gehe zurück zum Auto.
Zurück am Auto verlasse ich den Park und fahre über den Highway zu besagter Stichstraße, die mich nun von oben an den Aussichtspunkt bringt.
Der Cathedral George SP hat mir sehr gut gefallen und ich kann mir durchaus vorstellen, hier noch einmal herzukommen. Aber für heute geht die Fahrt weiter nach Norden, wo ich Pioche erreiche. Schon an der Zufahrt zu dem kleinen Örtchen entdecke ich diese Ruine.
Die Pioche Tramway transportierte in den 1920er und 30er Jahren Erze aus den Minen zur Verarbeitung den Berg hinunter. Wenn man davor steht, kann man sich das noch ganz gut vorstellen. Sogar einige der Behältnisse, in die das Erz verladen wurde, hängen noch an den Seilen.
Und einen schönen Blick auf Pioche gibt es noch dazu.
Pioche liegt fast 300 Kilometer nördlich von Las Vegas und ist der County Seat des Lincoln County. Benannt wurde der Ort nach François Louis Alfred Pioche, einem Landbesitzer aus San Francisco, der ursprünglich aus Frankreich einwanderte. Da die Stadt sehr weit ab von anderen Siedlungen lag, war sie oft Angriffen von Indianern ausgesetzt und soll auch die gefährlichste Stadt des Westens gewesen sein. Viel berüchtigter als Tombstone. Es sollen bereits 72 Morde gezählt worden sein, bevor der erste Einwohner eines natürlichen Todes starb.
Heute ist das Städtchen eher verschlafen und wirkt fast schon ein bisschen gespenstig. Laut Zensus leben aber noch rund 1000 Einwohner hier.
Eines der berühmtesten Gebäude des Ortes ist das Mountain View Hotel. 1895 erbaut, beherbergte es vor allem Menschen, die im Gerichtsgebäude nebenan zu tun hatten. Berühmtester Gast war aber wohl Präsident Herbert Hoover, der hier 1930 übernachtete.
Gleich nebenan steht das alte Million Dollar Courthouse. Es wurde 1872 erbaut und sollte eigentlich $88.000 kosten. Bis zur Fertigstellung verschlang der Bau jedoch fast $1 Million. Heute ist das Haus ein sehr schönes kleines Museum, in dem die Geschichte der Region erzählt wird. Nicht einmal Eintritt verlangt man hier, nur um eine Spende wird gebeten.
Auch der Blick vom Balkon ist nicht zu verachten. Da erschließt sich auch, warum das Hotel nebenan den Namen Mountain View trägt.
Im Gerichtssaal ist eine typische Szene einer Verhandlung, wie sie hier viele Jahre stattgefunden hat, nachgestellt.
Besonders faszinierend finde ich diese Karte, auf der all die Länder eingetragen sind, aus denen die ersten Siedler des Ortes kamen.
Und auch hier finde ich sie wieder, die deutschen Siedler. Sogar aus Preußen sind sie bis hier nach Pioche gekommen. Na, wenn das nicht passend ist.
Es hat mir gut gefallen in Pioche. Ich mag solche Westernstädtchen. Sie haben einen ganz eigenen Charme. Doch irgendwann bin ich wieder zurück auf dem US 93 und fahre weiter gen Norden.
Recht bald taucht neben mir der Wheeler Peak auf. Dort wollte ich eigentlich erst morgen hin, aber da sich das Wetter verschlechtern soll und ich auch statt nach Utah nun durch Nevada fahren werde, entschließe ich mich kurzerhand schon heute in den Great Basin National Park zu fahren.
Am Visitor Center angekommen, laufe ich den kurzen Rundweg zur Rhodes Cabin. Sie wurde 1928 erbaut, um Touristen unterzubringen, die den Park besuchten.
Natürlich frage ich auch nach Tickets für die Lehman Caves, eine der Hauptattraktionen des Parks. Ein paar Resttickets gibt es sogar noch, doch dann fragt mich die Kassiererin, ob ich in letzter Zeit schon in einer anderen Höhle war. Das bejahe ich natürlich, nämlich in den Luray Caverns in Virginia. Ob ich da denn dieselbe Kameraausrüstung dabei gehabt hätte, fragt sie weiter? Ja sicher. Dann sagt sie, dass ich entweder nicht in die Höhle kann oder mein Equipment einem komplizierten Desinfektionsverfahren unterziehen müsse. Ok, warum das? Der Grund dafür wäre das White-Nose-Syndrom, das seit einiger Zeit Fledermäuse befällt. Ursprünglich vermutlich aus Europa eingeschleppt, hat es sich schon an der Ostküste ausgebreitet. Nun versucht man, die weitere Verbreitung zu verhindern. Da ich aber auf das Desinfizieren keine Lust habe, fällt der Besuch flach. Ich habe die Höhlen zum Glück schon 2001 einmal besucht.
So setze ich mich wieder ins Auto und beschließe, noch auf den Wheeler Peak zu fahren. Der Berg ist mit 3982 Meter der zweithöchste Gipfel in Nevada.
Die Fahrt auf den Berg ist gut zu bewältigen und es bieten sich immer wieder Ausblicke ins Tal.
Am Gipfel angekommen, habe ich die Wahl zwischen verschiedenen Trails. Gerne hätte ich die Ancient Bristlecones besucht, doch die Zeit ist schon recht weit fortgeschritten und ich möchte den langen Weg nicht zu so später Stunde antreten. So entscheide ich mich für einen kürzeren Boardwalk.
Als ich wieder am Parkplatz bin, hat die Sonne alle Wolken vertrieben und strahlt vom blauen Himmel auf meinen Weg. Das lässt nun auch das Herbstlaub richtig schön leuchten und macht die Fahrt ins Tal traumhaft schön.
Auch der Wheeler Peak selbst ist jetzt schön zu erkennen.
Wieder zurück im Tal, beschließe ich noch kurz zur Staatsgrenze zwischen Nevada und Utah zu fahren. Die einsame Strecke bin ich ebenfalls 2001 schon gefahren und so überrascht mich dieses Schild nicht.
Sogar auf dem Straßenbelag sieht man die Grenze.
Auf dem Rückweg nach Ely komme ich wieder am Wheeler Peak vorbei. Jetzt liegt er wunderschön angestrahlt in der Abendsonne.
Einen letzten kurzen Stopp lege ich noch am Ward Charcoal Ovens State Park ein. Im Jahr 1876 wurden hier sechs Öfen zur Holzkohleherstellung erbaut und sind 1969 als State Park unter Schutz gestellt worden. Leider steht die Sonne schon recht tief und die alten Öfen liegen schon im Schatten.
Ich bin die einzige Menschenseele im Park, nur einer beobachtet mich neugierig bei meinen Erkundungen.
Nun sind es nur noch ein paar Meilen bis Ely, wo ich heute übernachten will. Hotels hier im Norden von Nevada sind allerdings rar und teuer, und so kommt es, dass meine Wahl für diese Nacht schließlich auf das Motel 6 gefallen ist. Früher habe ich bei dieser Kette öfter übernachtet, doch in den letzten Jahren nur noch sporadisch. Aber für eine Nacht ist es schon ok.
Meilen: 414
Wetter: sonnig; 20–29 Grad
Hotel: Motel 6, $51.34