Tag 9 – 17. September 2014
Fly away - Washington nach Phoenix
„Washington is a city of Southern efficiency and Northern charm.” – John F. Kennedy
Die Sonne strahlt von einem azurblauen Himmel, als ich aufwache. So muss das sein. Eigentlich hatte ich überlegt noch nach Mount Vernon zu fahren, doch ich entscheide mich dagegen und fahre nach Washington. Dort ankommen darf man erst um 9:30 Uhr, will man einen der kostenlosen Parkplätze an der Mall haben. Vorher werden die Spuren als Entlastungsstrecken in der Rushhour eingesetzt. Um 9:30 Uhr aber füllen sie sich schlagartig mir Autos. Da ich das aber weiß, ergattere ich eine Lücke direkt gegenüber dem Washington Monument. Dort gehe ich auch als Erstes hin und schaue mal, ob es noch Tickets gibt. Online reservieren wollte ich nicht, aber da das Wetter so toll ist, kann man es ja mal versuchen. Und tatsächlich, ich habe Glück und ergattere eine der begehrten Karten für 12 Uhr. Da es bis dahin noch etwas Zeit ist, laufe ich zum Weißen Haus.
Nur einen Steinwurf entfernt von der wohl berühmtesten Adresse der Welt befindet sich das White House Visitor Center. Nach einer umfassenden und mehrere Jahre dauernden Renovierung hatte es erst vor wenigen Tagen wieder eröffnet.
An einem interaktiven Modell kann man hier das Weiße Haus erkunden, aber auch einige Ausstellungsstücke aus der mehr als 200-jährigen Geschichte bestaunen.
Ich laufe weiter, einmal um das Weiße Haus herum. Diese Ansicht ist nicht ganz so berühmt, wie der Gartenblick, zeigt aber den Haupteingang.
Gegenüber stehen natürlich Protestgruppen. Die eine oder andere findet man ständig in dieser Gegend.
Und dann gibt es hier noch diese historischen Häuser, die von den meisten Besuchern gar nicht beachtet werden und doch stehen sie schräg gegenüber dem Weißen Haus. Das Blair House wurde 1836 von Francis P. Blair Sr., einem Freund von Präsident Andrew Jackson und Herausgeber des Washington Globe, gekauft. Nach ihm wohnten noch viele seiner Nachkommen in dem Gebäude.
Das Lee House wurde 1858 erbaut und von Rear Admiral Samuel Phillips Lee und seiner Frau Elizabeth Blair Lee bewohnt. Lee kommandierte die Nordatlantik Blockade während des Civil War.
Seit 1943 bilden die beiden Häuser ein Ensemble und sind zum Gästehaus der US-Regierung ausgebaut worden. Nun übernachten hier Staatsgäste, zu denen auch schon einige deutsche Bundeskanzler gehörten.
Gleich neben dem Weißen Haus steht das Eisenhower Executive Office Building, eines der wohl umstrittensten Regierungsgebäude der Stadt. Nicht etwa wegen der Büros, die es beherbergt, sondern weil der zwischen 1871 und 1888 im französischen Empire Stil errichtete Bau nicht jedem gefiel. 1951 gab es sogar Pläne ihn abzureißen und Mark Twain bezeichnete es einmal als „das hässlichste … in Amerika” oder Präsident Truman als die „größte Ungeheuerlichkeit in Amerika”.
Das Gebäude gehört aber auch heute noch zum White House Komplex und beherbergt seit vielen Jahren unter anderem die Büros des Vizepräsidenten und des Nationalen Sicherheitsrates. Hier war es auch, wo Präsident Eisenhower 1955 die erste Fernsehpressekonferenz abhielt.
Unterwegs bekomme ich eine SMS von Martin. Mam und er laufen gerade vom Lincoln Memorial zum Washington Monument. Dahin bin ich auch gerade unterwegs. Also beschließen wir spontan uns dort zu treffen.
Unterwegs komme ich noch am Gebäude der Organisation Amerikanischer Staaten vorbei. Die Organisation besteht aus 35 Mitgliedsstaaten des amerikanischen Kontinents und wurde 1948 gegründet. Ihr Hauptquartier ist hier in Washington.
Letzter Stopp vor dem Erreichen des Washington Memorial ist das Lock Keeper’s House. Zwischen 1832 und 1833 erbaut, war es einmal Teil der C&O Canal Extension. Hier begann der Washington Canal, den Pierre L’Enfant in seinen Plänen für die Stadt eingezeichnet hatte, um schwere Güter zu transportieren. Als jedoch Straßen und Zügen immer größere Bedeutung zukam, wurde das Projekt schließlich 1855 aufgegeben.
Am Washington Monument warten Mam und Martin schließlich schon auf mich und wir quatschen noch eine Weile über das Erlebte und das, was noch vor uns liegt. Schließlich brechen die beiden auf und laufen in Richtung Weißes Haus, während ich zum Eingang des Monuments gehe. Eintritt wird hier nur mit Ticket gewährt. Das bekommt man zwar kostenlos, doch die Anzahl ist limitiert und man muss auch genau zu einer bestimmten Zeit da sein.
Dann werden die Besucher in Gruppen eingeteilt und zur Sicherheitskontrolle geschickt. Ist die passiert, geht es weiter zum Fahrstuhl. Der ist nicht sehr groß, sodass immer nur 6 bis 8 Leute mitfahren können.
Oben angekommen, kann ich zuerst einen Blick in die Spitze des Monuments werfen. Alle Steine auf Augenhöhe sind allerdings hinter Glas, da sie einfach von zu vielen Leuten beschmiert und zerkratzt wurden.
Die Gänge rund um den Fahrstuhlschacht sind hier eng und man muss immer mal wieder aufpassen, sich nicht den Kopf zu stoßen. Die vielen Leute hier oben machen es auch nicht gerade leichter an eines der kleinen Fenster zu kommen, um endlich mal die Aussicht zu genießen. Doch irgendwann schaffe ich es mich durchzuboxen und der Blick entschädigt für alle Strapazen.
So schaue ich direkt zum Weißen Haus und winke in Gedanken Mam und Martin zu, die gerade irgendwo dort unten unterwegs sind.
Neunzig Grad gedreht und ein paar Schritte weiter schweift mein Blick dann über die südliche Mall und das Lincoln Memorial bis hin nach Roslyn und zum Arlington Cemetery.
Noch einmal gedreht und schon wieder ist der Blick ganz anders. So kann ich weit über den Potomac schauen und auch das Jefferson Memorial sowie den Regan Airport entdecken.
Natürlich darf auch ein Blick auf das Capitol nicht fehlen. Immer wieder gehe an die verschiedenen Fenster und versuche einen neuen Blickwinkel auf die Monumente unter mir zu erhaschen.
Den meisten Menschen wird hier schnell langweilig und so wird es langsam leerer, als einer nach dem anderen ein Stockwerk tiefer läuft, wo der Fahrstuhl wieder nach unten geht. Ich aber schaue noch ein bisschen und entdecke auch das OAS Building, an dem ich gerade noch vorbeigelaufen bin.
Der Turm in der Mitte des Bildes ist übrigens das Old Post Office. Dort war ich schon mal oben, doch der Blick ist lange nicht so grandios wie von hier. Im Vordergrund sieht man die Baustelle für ein neues Smithonian Museum. Ich finde den Platz nicht so gelungen, aber den Leuten der Stiftung muss er wohl gefallen haben.
Der Bau des Washington Monument dauerte übrigens von 1848 bis 1884. Eigentlich sollte es aus Spendengeldern errichtet werden, doch nachdem 1858 das Geld ausgegangen war, blieb ein halbfertiger Obelisk zurück. Nachdem es dann weitere Streitereien gab und auch noch der Civil War ausbrach, wurde der Bau völlig aufgegeben. Erst 1876, dem 100. Jahrestag der USA, kam wieder Schwung in das Unternehmen. Der Kongress bewilligte $200.000 zur Fertigstellung. Ab 1879 wurde schließlich wieder gebaut, bis der Obelisk 1884 endlich fertiggestellt wurde. Die unterschiedlichen Bauabschnitte kann man auch heute noch gut an den verschiedenen Steinen erkennen.
Nach etwa einer dreiviertel Stunde fahre dann aber auch ich nach unten und verlasse den Obelisken wieder. Ich muss sagen, das hat sich absolut gelohnt und ich kann mir gar nicht erklären, warum ich das noch nie gemacht habe. Na ja, ein ganz klein bisschen schon, denn einige Male war das Monument auch geschlossen, als ich gerade in der Stadt war.
Während der Fahrstuhl also wieder nach unten fährt, werden die Passagiere vom mitfahrenden Ranger noch einmal auf den Übergang zwischen den beiden Bauphasen hingewiesen und die Bundesstaatensteine gezeigt. Jeder Staat der damaligen Union lieferte einen Stein mit seinem Wappen, der hier verbaut wurde.
Jetzt entschließe ich mich aber die Mall zu verlassen, denn in ein paar Stunden soll ich bereits am Flughafen sein. Ich fahre jedoch nicht direkt, sondern mache noch einen kleinen Umweg. Der führt mich zuerst durch den Rock Creek Park, das wohl größte Naherholungszentrum der Stadt …
… und vorbei am Stadthaus von Präsident Woodrow Wilson. Dieses Mal reicht die Zeit leider nicht mehr, um einen Blick hineinzuwerfen. Präsident Wilson wohnte hier nach seiner zweiten Amtszeit und verstarb auch in einem der Schlafzimmer. Seine Frau Edith lebte bis 1961 in dem Haus und vermachte es dann dem National Trust for Historic Preservation.
Letztendlich lande ich in Georgetown, wo ich erstaunlicherweise fast auf Anhieb einen Parkplatz finde. So esse ich noch einen Happen und bummle durch die Straßen.
Dabei komme ich auch am Washingtonstudio der ARD vorbei. Den Arbeitsplatz würde ich sofort nehmen.
Und erreiche schließlich das Old Stone House. Bereits 1765 erbaut ist es heute das älteste unveränderte Haus in Washington. Bis 1953 war es ein Privathaus, bevor der National Park Service das Anwesen für $90.000 erwarb. In den folgenden Jahren wurde es renoviert und wieder in den Zustand des 18. Jahrhunderts versetzt. Heute ist ein Besuch kostenlos.
Nach dieser kleinen Besichtigung laufe ich noch ein wenig die Straße entlang und schaue in verschiedene Geschäfte, kaufe aber nichts.
Jetzt wird es aber wirklich Zeit, zum Flughafen zu fahren. Ich will möglichst noch aus der Stadt kommen, bevor die Rushhour richtig einsetzt. Das gelingt mir auch und so bin ich gegen 16 Uhr bei National, wo ich mich von meinem geliebten Ford Edge trennen muss. Das war wirklich ein schöner Mietwagen, den ich gerne länger gefahren hätte.
Als ich am Flughafen ankomme, traue ich meinen Augen kaum. Der obere Teil des Mainterminal sieht ja noch aus wie eh und je, doch im Tiefgeschoss ist seit meinem letzten Besuch eine Bahn entstanden, die die Terminals miteinander verbindet.
Immer wieder stoppe ich und schaue mich um. Diesen Teil des Flughafens sehe ich zu ersten Mal. Im Terminal C angekommen, sieht aber alles wieder wie eh und je aus. Hier hat die Renovierung noch nicht begonnen. Dann geht alles ganz schnell und reibungslos und ich sitze schon kurze Zeit später in der Maschine, die mich nach Phoenix bringen soll.
Als ich aus dem Fenster schaue, sehe ich doch tatsächlich gerade wie mein Koffer verladen wird. Sehr gut, dann ist der also auch an Bord.
Pünktlich um 18 Uhr stoßen wir zurück und es geht los nach Phoenix. Fast fünf Stunden Flug liegen nun vor mir. Diesmal in der Economy Plus. Ein Upgrade in die First gabs mal wieder nicht.
Über den Wolken überkommt mich dann doch der Hunger und ich kaufe mir eine der Snackboxen. Die ist sehr lecker und Ratzfatz alle.
Draußen geht unterdessen die Sonne unter.
Gegen 20 Uhr lande ich schließlich am Skyharbor Airport in Phoenix und dann geht es gleich weiter zu Alamo, wo ich einen Kia Sportage für die nächsten 9 Tage übernehme. Die Fahrt führt mich jetzt nur noch ins Springhill Suites in Tempe, wo ich erschöpft in die Federn falle.
Meilen: 65
Wetter: sonnig; 20–23 Grad/ in Phoenix: klar; 27 Grad
Hotel: Springhill Suites Phoenix/ Tempe Airport, $81.25