TAG 8: Dienstag, 18. Juni 2013
Inselträume – Isle of Wight
Heute ist es endlich so weit, mein langersehnter Ausflug auf die Isle of Wight beginnt und laut Wetterbericht soll heute schönstes Wetter herrschen. Doch als ich am Morgen aus dem Fenster schaue, schlägt mir eine dicke Nebelsuppe entgegen. Das erinnert mich doch ganz stark an San Franciso im Juli. Na toll, ich kann nur hoffen, dass sich das noch bessert, denn laut Fernsehbildern scheint ein paar Kilometer weiter im Inland tatsächlich die Sonne.
Ich mache mich also auch zum Hafen, denn für meine Abfahrt um 9 Uhr soll ich mindestens eine halbe Stunde vorher eingecheckt haben. Ich bin natürlich viel zu früh dort. Schon um kurz nach acht stehe ich am Check-in, aber da ich die Strecke zum Hafen nicht kenne, will ich lieber nicht auf den letzten Drücker dort sein. Der Vorteil am früher Einchecken, ich bin das erste Auto in der Schlange.
Da ich nun noch etwas Zeit habe, gehe ich in das Terminalgebäude, um mir eine Kleinigkeit zu Essen zu kaufen. Dabei entdecke ich ein Donutregal von Krispy Kreme, die es ja in den USA an jeder Ecke gibt, wo ich aber noch nie war. Kurzentschlossen schaue ich mir die Donuts näher an und entscheide mich schließlich für einen Strawberry&Crème Donut sowie eine heiße Schokolade. Und was soll ich sagen, der war so lecker, dass ich mir den gleichen Donut von nun an jeden Morgen gekauft habe.
Pünktlich um 8:50Uhr werde ich schließlich auf die Fähre gewunken und da ich die Erste in der Schlange bin, fahre ich auch als Erste auf das Schiff. Erst drehe ich eine Runde im Schiffsbauch, bevor man mich eine Schräge hochwinkt. Dann fahre ich noch einmal die gesamte Länge des Schiffs auf dem Oberdeck entlang, bevor ich meine Parkposition vor einer weiteren Schräge erreiche. Ich bin also auch das erste Auto, das die Fähre wieder verlässt.
Danach muss ich das Autodeck verlassen, denn seit Oktober 2012 ist der Aufenthalt im Fahrzeug während der Überfahrt nicht mehr gestattet. Ich gehe erst einmal nach draußen, denn die Abfahrt möchte ich trotz Nebel nicht verpassen. Es ist auch gar nicht kalt, denn die Wärme hat uns auch hier in Portsmouth erreicht, nur die Sonne schafft es nicht durch den Nebel.
Noch ein letzter Blick zurück zum Gunwharf und dann beginnt die 40-minütige Überfahrt für die ich pro Strecke stolze £23 bezahle und das ist ein Schnäppchen, denn am Tag zuvor sollte es sogar £40 kosten.
Pünktlich kommt die Fähre nach einer knappen dreiviertel Stunde in Fishbourne an, von wo ich mich sogleich auf den Weg zum Osborne House mache. Dieses Schloss war der eigentliche Ausschlag für meinen Besuch auf der Insel, denn das Ferienhaus von Königin Victoria wollte ich schon immer mal besuchen.
Osborne House wurde 1845 von Königin Victoria und Prinz Albert als Landsitz und Rückzugsstätte für ihre Familie gekauft. Die Beiden ließen das Schloss im italienischen Stil umbauen und erweitern. Am 22. Januar 1901 verstarb Königin Victoria hier auch im Kreise ihrer Familie. Ihr Sohn und Thronfolger König Edward VII. hatte nach dem Tod seiner Mutter keine Verwendung mehr für das Anwesen und schenkte es 1903 der britischen Nation. Seither ist es als Museum zugänglich und befindet sich weitgehend im Originalzustand.
Leider ist es im Haus wieder einmal nicht gestattet zu fotografieren. Warum will mir hier allerdings niemand sagen. Ein Besuch lohnt sich aber auf jeden Fall und ich genieße jede Minute in diesem faszinierenden Anwesen.
Nach etwa einer Stunde verlasse ich das Haus dann ich Richtung Garten. Und der ist riesig. Etwa 2 Kilometer muss ich laufen, um bis zum privaten Strand zu gelangen. Der Weg führt vorbei an Feldern und Wiesen sowie einen wunderschönen Baumbestand. Hier entspannten auch die Königin und Prinz Albert zu Fuß oder hoch zu Ross.
Am Strand entdecke ich dann diesen Alcoven. Wohlhabende Herrschaften ließen sich solche kleine Unterstände in viktorianischer Zeit häufig bauen, um während einer Pause vor der Sonne geschützt zu sein. So auch die Königin, die gern im Park unterwegs war.
Dann finde ich noch dieses seltsame Gefährt vor. Zuerst kann ich mir keinen Reim darauf machen, doch dann finde ich eine kleine Tafel, die mir dieses Konstrukt genauer erklärt. Hierbei handelt es sich um eine Bademaschine. In viktorianischer Zeit war es verpönt, sich nur in Badekleidung zu zeigen. So wurden Wagen wie dieser von Pferden ins Wasser gezogen, um dem Badenden Privatsphäre zu bieten. Diese Bademaschine gehörte Königin Victoria, die hier gern mal ein Bad im Meer nahm.
Nach weiteren 1,5 Kilometern erreiche ich schließlich das Swiss Cottage. Dieses ließ Prinz Albert eigens für seine Kinder errichten, denn er wollte seine Kinder möglichst normal erziehen und ihnen auch Tätigkeiten im Haushalt sowie eine breite Allgemeinbildung näher bringen. Interessantes Detail sind die Giebel am Haus, in die deutsche Inschriften geschnitzt wurden.
Noch einmal fast zwei Kilometer lege ich nach diesem Besuch zurück, bis ich wieder am Ausgang bin. Mehr als 2 Stunden war ich auf dem Gelände unterwegs und als ich wieder am Parkpkatz bin, bin ich froh so früh gekommen zu sein, denn inzwischen ist es brechend voll geworden.
Während nun also die Menschenmassen nach Osborne House strömen, verlasse ich das Gelände schon wieder und fahre zu meinem nächsten Ziel, der Bembridge Windmill.
Die Mühle wurde um 1700 erbaut und war bis 1915 in Betrieb. Bereits 1795 wurde sie vom berühmten britischen Lanschaftsmaler Turner gemalt. 1962 schließlich, übernahm der National Trust die Mühle und restaurierte diese aufwendig. Seitdem ist sie für Besucher geöffnet.
Bei meinen Recherchen im Vorfeld der Reise bin ich auch auf Nunwell House gestoßen, ein Herrenhaus, das nur wenige Monate im Jahr geöffnet ist, da es noch heute bewohnt ist. Der Juni ist aber einer von 3 Monaten, in denen man das Haus montags, dienstags und mittwochs besuchen kann. Mit £5 Eintritt ist es auch nicht übermäßig teuer und so entscheide ich mich, an einer Führung teilzunehmen.
Nunwell hat übrigens auch eine ganz besondere historische Bedeutung, denn hier übernachtete König Charles I. (Bonnie Prince Charlie) das letzte Mal in Freiheit, bevor er verhaftet und später zum Schaffott im Whitehall Palace in London gebracht wurde. Leider ist auch hier Fotoverbot, denn das Zimmer ist heute genauso ein privater Wohnraum der Familie, wie alle anderen Räume, die ich zu sehen bekomme.
Nach der Tour sehe ich mich noch ein wenig im schönen Garten um, wo ich viele bunte Blüten entdecke.
Als ich Nunwell wieder verlasse, ist es bereits später als gedacht, doch ich will unbedingt noch zu den Needles. Also mache ich mich auf den Weg, einmal um die halbe Insel. Unterwegs will ich eigentlich auch das St. Catherines Lighthouse besuchen, doch das ist momentan wegen Renovierung geschlossen.
Als ich The Needles erreiche, ist es bereits kurz nach 16 Uhr und zuerst wird mir erklärt, dass ich die berühmte Felsformation heute nicht mehr sehen könnte, da der Busshuttle nicht mehr fährt. Ich erkundige mich aber, ob ich nicht laufen könne und das geht auch, wenn man die 2,5 Kilometer One-way auf sich nehmen will. Will ich natürlich, denn so kurz vor dem Ziel drehe ich doch nicht um.
Unterwegs bieten sich mir immer wieder schöne Ausblicke auf die Küste, sodass mir der Weg gar nicht so weit vorkommt.
Zuerst erreiche ich die alte Battery, von wo der Blick sehr gut sein soll. Doch die ist leider auch schon zu. Links von mir sehe ich jedoch ein Hinweisschild: Viewpoint. Immer bergauf und über unzählige Treppen erklimme ich den Weg zur New Battery, wo sich der Viewpoint befinden soll. Und tatsächlich, von hier habe ich einen schönen Blick auf die berühmten Needles. Und das sogar völlig kostenlos, denn ab 16 Uhr fährt ja kein Bus mehr, den ich hätte bezahlen müssen und aus dem selben Grund ist ab dem Zeitpunkt auch das Parken umsonst.
Nach dieser schöner Wanderung wird es Zeit, so langsam wieder in Richtung Hafen aufzubrechen. Doch natürlich nicht auf direktem Weg, ein kleiner Umweg muss schon noch drin sein. Und der führt mich zuerst nach Newtown, wo die alte Townhall steht. Heute kümmert sich der National Trust um das Gebäude, das einst viele turbulente Wahlen sah und von wo aus zwei Politiker ins Parlament entsendet wurden.
Im kleinen Örtchen Newtown entdecke ich auch viele typische englische Häuser…
… sowie gleich an der Ortsgrenze den Beginn eines Sumpfgebietes, das heute ein Naturschutzgebiet ist.
Mein letzter Stopp auf der Insel ist dann am Carisbrooke Castle. Der Keep stammt bereits aus dem späten 11. Jahrhundert und wurde auf Anweisung von Richard de Redvers errichtet. Richtig bekannt wurde die Burg aber erst als 1647–48 Charles I. hier inhaftiert war. Von hier aus wurde er schließlich, nach missglückter Flucht, nach London zu seiner Hinrichtung gebracht.
Pünklich um 19 Uhr bin ich wieder in Fishbourne, wo ich für die Rückfahrt einchecke. Und dann schafft es doch tatsächlich die Sonne durch den Nebel, ganz super sowas, ich fühle mich jetzt doch ganz und gar an meinen ersten Beusch in Kalifornien erinnert. Als ich so in der Schlange für die 20 Uhr Fähre stehe, fragt mich ein freundlicher Mitarbeiter, ob ich denn nicht schon um 19:30 Uhr mitfahren wolle. Na klar will ich das, denn noch eine halbe Stunde am Hafen rumstehen bringt ja nun auch nichts mehr.
Nach einem letzten Blick zurück auf das nun im schönsten Sonnenschein liegende Fishbourne, erblicke ich recht bald wieder Portsmouth am Horizont. Und davor das kleine Hoovercraft, das ebenfalls zwischen der Insel und dem Festland pendelt, sowie sie großen Fähren, die zum Kontinent unterwegs sind.
Nach der Ankunft muss ich noch eine halbe Stunde bis zu meinem Hotel fahren, denn das habe ich heute noch einmal in Southampton reserviert, damit ich morgen gleich weiterfahren kann. Das Days Inn liegt direkt an der Autobahn, von Krach ist im Zimmer aber nichts zu hören.
Abendessen ist heute mal wieder eine Nebensache, denn nach diesem langen Tag habe ich keine Lust mehr in ein Restaurant zu gehen. So gibt es einen leckeren Salat von Tesco und einen fast noch besseren Hähnchenschenkel.
Meilen: 121
Wetter: Küstennebel/ 15–20 Grad
HOTEL: Days Inn Rownhams, £45