The Road less traveled

TAG 3: Don­ners­tag, 13. Juni 2013
Von unaus­sprech­li­chen Namen und unglaub­li­chen Orten – von Llan­dud­no nach Caernarfon

Noch ein­mal will ich es heu­te Mor­gen mit Snow­do­nia ver­su­chen, doch viel Hoff­nung mache ich mir eigent­lich nicht, denn schon ein Blick aus dem Fen­ster zeigt mir den zuge­zo­ge­nen Him­mel. Trotz­dem bre­che ich Rich­tung Park auf. Die schön­sten Aus­blicke, trotz schlech­tem Wet­ter, bie­tet mir dabei die A4086. Die Fahrt gefällt mir schon heu­te, wie atem­be­rau­bend muss es hier erst bei Son­ne sein?

Snowdonia (1)

Über­all gibt es unzäh­li­ge Was­ser­fäl­le zu sehen. Eini­ge schie­ßen hoch oben aus den Ber­gen, ande­re flie­ßen ganz dicht neben der Stra­ße ins Tal.

Snowdonia (3)

Snowdonia (2)

Der Snow­do­nia NP ist mit 2170 qkm der dritt­größ­te Natio­nal­park Groß­bri­tan­ni­ens. Er wur­de 1951 gegrün­det und war der erste Natio­nal­park in Wales. Inter­es­sant ist, dass der Park zu ca. 70 % auch heu­te noch pri­va­ten Eigen­tü­mern gehört, die ihre Bewirt­schaf­tung mit der zen­tra­len Pla­nungs­be­hör­de koor­di­nie­ren. Dadurch leben etwa 26.000 Men­schen im Park.

Snowdonia (4)

Snowdonia (5)

Snowdonia (6)

Da es jedoch nach eini­ger Zeit wie­der zu nie­seln anfängt, fah­re ich wei­ter und ver­su­che mein Glück heu­te noch­mal mit der Insel Ang­le­sey. Zum zwei­ten Mal fah­re ich nun über die Bri­tan­nia Bridge, um dann in den Ort mit dem wohl unaus­sprech­lich­sten und auch läng­sten Namen der Welt zu fahren.

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Viel zu sehen gibt es hier eigent­lich nicht. Haupt­at­trak­ti­on sind ein­fach die Schil­der mit dem Orts­na­men. So auch hier am Bahn­hof, wo dem Besu­cher sogar erklärt wird, wie man den Ort denn nun rich­tig ausspricht.

TOWN (2)

Von der A5, auf der ich recht bald wei­ter fah­re, bie­ten sich schö­ne Aus­blicke auf die bei­den Brücken, die die Insel mit dem Fest­land verbinden.

Die Menai Bridge ist eine Ket­ten­brücke und wur­de bereits 1826 eröff­net. Damals war die 176 Meter lan­ge Brücke die modern­ste Hän­ge­brücke der Welt. Ihre Durch­fahrts­hö­he ist auf 30 Meter fest­ge­legt, damit Schif­fe auch wei­ter­hin die Meer­enge zwi­schen Ang­le­sey und dem Fest­land pas­sie­ren können.

Menai Bridge

Die heu­ti­ge Bri­tan­nia Bridge ist die zwei­te Brücke an die­ser Stel­le. Die Erste wur­de in den Jah­ren 1846 bis 1850 nach Plä­nen von Wil­liam Fair­bairn und Robert Ste­phen­son errich­tet und 1970 durch Brand­stif­tung zer­stört. Die neue Brücke wur­de im Jahr 1971 fer­tig­ge­stellt. Da die alten Pfei­ler den Brand über­stan­den, wur­de sie in den Neu­bau eingebunden.

Britannia Bridge

Mein erstes Ziel auf Ang­le­sey ist heu­te Beau­ma­ris, eine wei­te­re die­ser rie­si­gen Burg­an­la­gen von Edward I. in Nord­wales. Die Anla­ge wur­de 1295 und war die größ­te aller Bur­gen, die Edward I. in Wales errich­ten ließ. Beson­ders ist auch, dass die Burg als ein­zi­ge ihrer Zeit eine Was­ser­burg ist, die voll­stän­dig von einem Gra­ben umge­ben ist. Die Burg ist eines der besten Bei­spie­le für die Burg­ar­chi­tek­tur des 13. Jahr­hun­derts, wur­de nie ganz fer­tig gestellt.

Beaumaris (3)

Beaumaris (1)

Beaumaris (2)

Auf Grund des sehr star­ken Regens wäh­rend mei­nes Besu­ches, kann ich die Burg lei­der nicht so gründ­lich erkun­den, wie ich ger­ne wür­de. So kann ich nur hof­fen, irgend­wann noch ein­mal hier­her zu kom­men, denn wenn man eine Burg in Wales gese­hen haben soll­te, dann ist es sicher­lich die­se. So ein per­fek­tes und fas­zi­nie­ren­des Ensem­ble habe ich sel­ten gesehen.

Beaumaris (4)

Beaumaris (5)

Nach die­sem, lei­der total ver­reg­ne­ten Besuch, fol­ge ich der Küste nach Nor­den. Zum Glück hört der Regen wäh­rend der Fahrt immer mehr auf, denn mit den Men­gen an Was­ser, die heu­te Mor­gen vom Him­mel gekom­men sind, macht das Ent­decken nun doch nicht so gro­ßen Spaß. Die Haupt­stra­ßen hier oben sind wie­der ein­mal typisch für das länd­li­che Groß­bri­tan­ni­en, meist ein­spu­rig mit Ausweichstellen.

Road (3)

Nach etwa einer Stun­de errei­che ich gleich hin­ter Holy­head das South Stack Light­house, den ersten Leucht­turm, den ich auf die­ser Rei­se besu­che. Hier weht mir ein sehr kräf­ti­ger Wind um die Nase, doch noch ist es trocken.

South Stack Lighthouse (1)

Ich gehe erst ein­mal eini­ge der Stu­fen hin­auf bis zu einem schö­nen Aus­sichts­punkt über den Leucht­turm, die klei­ne Insel South Stack und den Oze­an. Oben ange­kom­men, weht der Wind so stark, dass ich es nur weni­ge Minu­ten aus­hal­te und recht bald wie­der umkehre.

South Stack Lighthouse (5)

Eigent­lich hat­te ich jetzt vor, die mehr als 400 Stu­fen nach unten zu gehen, um dann die Alu­mi­ni­um­brücke zu über­que­ren, die South Stack mit Ang­le­sey ver­bin­det, doch es beginnt bereits wie­der zu Tröp­feln an. Also fah­re ich lie­ber erst ein­mal zum Visi­tor Center.

South Stack Lighthouse (3)

Hier erfah­re ich mehr über die­ses klei­ne Gebäu­de, dass eine Infor­ma­ti­ons­sta­ti­on ist, in der ich mehr über die hier brü­ten­den Vögel erfah­re. Mehr als 4000 Paa­re sind hier ange­sie­delt. Beson­ders inter­es­sant ist die Nest­ka­me­ra, mit der ich eini­ge der Vögel in ihren Nestern an der Fels­wand beob­ach­ten kann.

South Stack Lighthouse (2)

Auch von hier habe ich einen schö­nen Blick auf den Leucht­turm. Ein nähe­rer Erkun­dungs­be­such wird jedoch recht bald gestri­chen, denn es fängt wie­der hef­ti­ger an zu reg­nen. Und die­ser Regen hier ist eis­kalt. In Ver­bin­dung mit dem star­ken kal­ten Wind, macht es ein­fach kei­nen Spaß wei­ter unter­wegs zu sein. So ent­schlie­ße ich mich schwe­ren Her­zens umzu­keh­ren und zu neu­en Zie­len aufzubrechen.

South Stack Lighthouse (4)

South Stack Lighthouse (6)

Nach die­sem Besuch habe ich end­gül­tig genug vom schlech­ten Wet­ter und beschlie­ße, die Insel Ang­le­sey wie­der zu ver­las­sen, denn ich habe gehört, dass etwas süd­lich von hier das Wet­ter bedeu­tend bes­ser sein soll. Wie­der auf dem Fest­land fah­re ich also nach Süden zur Halb­in­sel Pen­rhyn Llyn.

Road (4)

Und tat­säch­lich reißt hier der Him­mel immer wie­der auf und bie­tet schö­ne Aus­blicke auf Land und Meer. Schwie­rig ist nur, das alles mit der Kame­ra fest­zu­hal­ten, denn auch hier sind die Stra­ßen eng und Stel­len zum Stop­pen rar gesäht. Aber ich genie­ße die Fahrt auch so. Muss ich die Ein­drücke eben in mei­nem Kopf abspeichern.

Road (5)

Fast an der Spit­ze der Halb­in­sel Pen­rhyn Llyn liegt Plas yn Rhiw, ein Cot­ta­ge, das heu­te auch unter der Ver­wal­tung des Natio­nal Trust steht. In des­sen Ver­wal­tung kam es, nach­dem die letz­ten Besit­zer, die 3 Kea­ting Schwe­stern, es dem Trust als Erin­ne­rung an ihre Eltern vermachten.

Plas yn Rhiw (2)

Lei­der hin­ter­läßt der Besuch hier einen unschö­nen Bei­geschmack bei mir, denn die Ange­stell­ten sind recht schnip­pisch und lust­los. Auf mei­ne Fra­ge hin, war­um man denn nicht foto­gra­fie­ren dürf­te, bekam ich die Anwort, dass man ebend „old-​fashioned” sei und nicht allen neu­mo­der­nen Quatsch mit­ma­chen müsse.

Plas yn Rhiw

So fah­re ich dann auch recht schnell wei­ter und erfreue mich lie­ber an der wun­der­schö­nen Landschaft.

Portmeirion (1)

Über Port­mei­ri­on hat­te ich im Vor­feld so eini­ges gele­sen, das mich neu­gie­rig gemacht hat. So ent­schlie­sse ich mich, auch hier noch zu stop­pen. Statt der ange­kün­dig­ten £10 muss ich nur noch £5 zah­len, da es schon nach 16 Uhr ist. Soweit so gut, ich mache mich also auf den Weg, die­ses klei­ne Städt­chen zu entdecken.

Portmeirion (8)

Port­mei­ri­on ist ein klei­nes künst­li­ches Dorf an der nord­wa­li­si­schen Küste, das von 1925–75 von Sir Bert­ram Clough Williams-​Ellis im Stil eines ita­lie­ni­schen Dor­fes am Mit­tel­meer erbaut wurde.

Portmeirion (4)

Heu­te sind in den mei­sten der Gebäu­de Unter­künf­te zur Selbst­ver­pfle­gung unter­ge­bracht, aber es gibt auch ein Full-​Service Hotel. Ich weiß aller­dings nicht, ob ich mei­nen Urlaub in einem ita­lie­ni­schen Dorf ver­brin­gen will, wenn ich in Wales bin. Irgend­wie passt das nicht in die­se Landschaft.

Portmeirion (3)

Portmeirion (5)

Portmeirion (6)

Portmeirion (2)

Nach einer Wei­le errei­che ich dann den Strand, wo ich ein wenig am Was­ser ent­lang lau­fe. Das gefällt mir ungleich bes­ser, als durch das künst­li­che Dorf zu schlendern.

Portmeirion (7)

Portmeirion (9)

Portmeirion (11)

Zusam­men­fas­send muss ich sagen, dass mein Aus­flug nach Port­mei­ri­on zwar ganz nett war, aber bestimmt nicht zu mei­nen High­lights in Wales gehört. Wenn man etwas Zeit übrig hat, kann man hier schon ein paar Stun­den ver­brin­gen, zwin­gend wäh­rend eines Wale­s­ur­laubs gese­hen, muss man es mei­ner Mei­nung nach aber nicht.

Portmeirion (10)

Am Abend fah­re ich nach Cae­r­n­ar­fon, wo ich für die heu­ti­ge Nacht ein Zim­mer im Black Boy Inn reser­viert habe. Doch das muss ich erst ein­mal fin­den. Das Navi kennt es schon mal nicht und auch nicht die Stra­ße, in der es steht. Dank Goog­le Maps kom­me ich des Rät­sels Lösung dann einen Schritt wei­ter. Das Hotel liegt eigent­lich in einer Fuß­gän­ger­zo­ne. Gäste kön­nen mit dem Auto aber noch durch das Stadt­tor bis zum Park­platz fah­ren. Doch auch auf den rauf­zu­kom­men gestal­tet sich als schwie­rig. Ein- und Aus­fahrt sind nur mit Park­mün­ze mög­lich und die gibts an der Rezep­ti­on. Also blo­kie­re ich ebend mal schnell die Zufahrt, um mir eine sol­che Mün­ze zu besor­gen. Das geht aber völ­lig pro­blem­los, nur das Ein­par­ken selbst ist dann wie­der Millimeterarbeit.

Caernarfon (11)

Das Black Boy Inn soll um ca. 1522 erbaut wor­den sein und ist eines der älte­sten Inns in Wales. Frü­her war das Gebiet, in dem das Inn liegt, übri­gens Teil des Rot­licht­di­strik­tes der Stadt. Die Stra­ße in der das Inn liegt, heißt auf Wali­sisch Stryd Ped­war a Chwech, was soviel wie „Four [shil­lings] and Six [pence] Street” heißt. Es bezieht sich auf den Preis, den die See­leu­te hier für ein­Zim­mer, eine Fla­sche Gin und den Ser­vice einer Dame für die Nacht bezahlt haben.

Black Boy Inn (3)

Mein Zim­mer befin­det sich im zwei­ten Stock, den ich über eine recht stei­le alte Trep­pe errei­che. Auf­pas­sen muss man hier auch auf sei­nen Kopf, denn eini­ge der alten Bal­ken sind recht nied­rig ange­bracht. Trotz­dem sind die Zim­mer sehr lie­be­voll ein­ge­rich­tig und es gefällt mir in dem alten Gemäu­er auf Anhieb. Es hat schon ein gewis­ses Flair, in einem Haus mit so viel Geschich­te zu nächtigen.

Black Boy Inn (1)

Black Boy Inn (2)

Nach dem Ein­checken kommt doch tat­säch­lich noch ein­mal die Son­ne her­aus. Also stel­le ich nur schnell mei­ne Sachen aufs Zim­mer, schnap­pe mei­ne Kame­ra und mache mich auf den Weg, die klei­ne Stadt zu erkun­den, die wohl zu den wali­sisch­sten über­haupt gehört. Hier ist unter ande­rem auch das Zen­trum der wali­si­schen Sprache.

Caernarfon (1)

Caernarfon (8)

Caernarfon (2)

Nach einer klei­nen Run­de bekom­me ich jedoch Hun­ger und keh­re erst­mal ins Black Boy Inn zurück, denn ich habe mir vor­ge­nom­men, hier heu­te auch zu Abend zu essen. Frü­hes Erschei­nen ist auch ange­bracht, denn das Restau­rant ist bald bis zum letz­ten Tisch gefüllt, und das nicht nur mit Tou­ri­sten son­dern auch mit Ein­hei­mi­schen, was ich immer als ein gutes Zei­chen deu­te. Wenn man also spä­ter Essen möch­te, ist es rat­sam einen Tisch zu reser­vie­ren. Das Essen schmeckt mit sehr gut hier und auch die Bedie­nung ist herz­lich. Unge­wohnt ist es, so viel Wali­sisch um sich her­um zu hören, denn wer die Spra­che spricht, der ver­zich­tet hier weit­ge­hend dar­auf Eng­lisch zu sprechen.

Nach dem Abend­essen gibt es aber kein Hal­ten mehr, denn die Son­ne strahlt noch immer vom Him­mel. Statt auf dem Zim­mer zu sit­zen, gehe ich lie­ber noch­mals in die Stadt. Das Licht ist im Moment ein­fach traum­haft zum fotografieren.

Caernarfon (3)

Caernarfon (4)

Caernarfon (6)

Nach etwa zehn Minu­ten errei­che ich dann auch das Cae­r­n­ar­fon Cast­le, das der Mit­tel­punkt des klei­nen Städt­chens ist.

Cae­r­n­ar­fon Cast­le ist die letz­te gro­ße Burg, die Edward I. in Wales errich­ten ließ (Beau­ma­ris Cast­le wur­de zwar spä­ter begon­nen, aber nie fer­tig­ge­stellt). Von 1282–1327 wur­de an ihr gebaut und sie soll­te als Festungs­an­la­ge und Palast die­nen. Im Abend­licht heu­te sieht die Burg ein­fach fan­ta­stisch aus. Ich kann mich gar nicht satt­se­hen und der Aus­lö­ser glüht ein­mal wie­der. Da kommt schon Vor­freu­de auf mor­gen auf, wenn ich Cae­r­n­ar­fon auch von innen besich­ti­gen werde.

Caernarfon (5)

Caernarfon (9)

Caernarfon (7)

Heu­te Abend muss ich mich mit dem Rund­gang um das Are­al begnü­gen. Scha­de, denn bei die­sem Wet­ter hät­te die Erkun­dung der Burg sicher­lich rie­si­gen Spaß gemacht. So genie­ße ich wenig­stens noch den Son­nen­un­ter­gang, wäh­rend ich auf einer der äuße­ren Burg­mau­ern Platz genom­men habe.

Caernarfon (10)

Nach die­sem wun­der­vol­len Abend­spa­zier­gang keh­re ich zufrie­den ins Black Boy Inn zurück. So einen wun­der­schö­nen Tages­ab­schluß hät­te ich gern öfter auf der Tour, doch es soll mir lei­der nur noch ein wei­te­rer ver­gönnt sein.

Mei­len: 248
Wet­ter: bewölkt mit Schau­ern, abends heiter/​ 11–17 Grad
HOTEL: Black Boy Inn, £58.20

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