Tag 6: Mittwoch, 17. Mai 2017
Looking for a Place in the Sun – Newquay nach Camborne
„After the rain, the sun will reappear. There is life. After the pain, the joy will still be here.” – Walt Disney
Am Morgen ist leider noch nichts von einer Wetterbesserung zu sehen. Sollte wirklich alles umsonst gewesen sein und ich weiterhin im Regen festsitzen? Die Wetterapp meint hartnäckig nein, doch mir fehlt bei dem grauen und nassen Ausblick dort draußen ein wenig der Glaube.
Ich packe trotzdem meine Sachen und mache mich auf den Weg. Pläne habe ich viele, doch das Wetter wird entscheiden, welche ich umsetze. Zuerst einmal fahre ich an die gegenüberliegende Küste von Cornwall nach Marazion. Unterwegs halte ich kurz noch zum Tanken und entdecke diesen Bus. Die deutschen Touristen sind einfach überall.
Kurze Zeit später erreiche ich Marazion, vor dessen Küste der St. Michaels Mount liegt, der ein berühmtes Pendant in Frankreich hat. Die Festung habe ich ebenfalls vor 9 Jahren schon einmal besucht, damals durfte man aber, wie bei fast allen National Trust Anwesen, noch nicht fotografieren, weswegen ich mich noch einmal auf den Weg zur Insel mache.
Etwas ungewöhnlich ist der Weg auf die Insel. Bei Ebbe gibt es einen gepflasterten Weg, der vom Festland hinüberführt, bei Flut hingegen bleibt nur das Boot. Und da gerade Flut ist, werde ich diesmal nicht zu Fuß auf die Insel kommen.
In der Ferne sehe ich einen Felsen mit Stufen herausragen. Seltsam sieht das aus, doch ich werde später noch erfahren, welche Bewandtnis das hat.
Jetzt steige ich erst einmal die Treppen zum Strand hinunter, um dann über eine Art Betonsteg zu den Booten zu gelangen. Da wird kein großes Aufsehen gemacht, man geht einfach zum Boot und bekommt einen Platz zugewiesen. Bezahlt wird erst an Bord.
Schon nach wenigen Minuten sind alle Plätze belegt und die Fahrt zur Insel beginnt. Lange dauert es nicht und das kleine Boot erreicht den Hafen des St. Michaels Mount. Über eine Treppe klettere ich auf die Insel und habe wieder festen Boden unter den Füßen.
Das kleine Besucherzentrum lasse ich links liegen, denn momentan ist es noch recht leer auf der Insel und so will ich die Zeit nutzen. Ich weiß auch aus Erfahrung, dass der Weg zur Burg recht beschwerlich ich und mache mich auf den Weg. Steil geht es bergan auf den mit Kopfsteinpflaster bedeckten Wegen. Immer muss man schauen, wo man hintritt und es geht teils knackig bergan. Für einige Ältere und Gehbehinderte ist irgendwann sogar Schluss, denn dieses Stück ist nur der Anfang.
Erst einmal heißt es aber verschnaufen, als ich die Verteidigungsanlagen erreiche. Von hier habe ich auch einen schönen Blick zurück zur Küste und ich muss sagen, dass mir der bei Flut schon besser gefällt. Irgendwie wirkt die Festung jetzt mehr als solche, wenn man nicht einfach über den Meeresgrund laufen kann.
Dann beginnt der Aufstieg zur Eingangstür. Jetzt geht es über Steine nach oben. Der gepflasterte Weg war da irgendwie noch das einfachere Stück. Ich schaue immer wieder, wo ich hintrete, denn manche Steine sind Moosbewachsen und ganz schön rutschig.
So langsam komme ich der Burg näher und erreiche nach dem letzten Anstieg die Stufen zur Eingangstür. Der St. Michaels Mount ist seit 1650 der Wohnort der St. Aubyn Familie und auch wenn das Anwesen seit 1954 dem National Trust gehört, wohnen noch heute Mitglieder der Familie auf der Insel.
Die Kletterei ist aber mit dem Erreichen der Burg noch nicht zu Ende, denn auch im Inneren geht es einige Treppen hinauf und wieder herunter. Zuerst erreiche ich den Eingangsbereich, wo einige Waffen aus verschiedenen Jahrhunderten ausgestellt sind.
Als Nächstes lande ich im Büro eines ehemaligen Hausherrn. Einen schönen Raum hat er sich aussucht, mit tollem Blick über das Meer. Von hier hat er die Geschicke des Mount geleitet, denn auch wenn das Gebäude dem National Trust gehört, hat sich die Familie für die nächsten 999 Jahre nicht nur das Wohnrecht gesichert, sondern auch die Verwaltung des Anwesens und das Management der Räume, die Besuchern offen stehen.
Der weitere Weg durch die Burg führt mich durch die Bibliothek, den Speisesaal sowie einige kleinere Zimmer. Dieser Teil der Burg gehört zu den ältesten und wurde schon im Mittelalter erbaut.
Schließlich lande ich auf einer Terrasse mit toller Aussicht. Über diesen Weg geht die Tour dann weiter zur Kapelle.
Die Kapelle stammt bereits aus dem 12. Jahrhundert, als auf dem Berg noch ein Kloster zu finden war. Sie wird noch heute genutzt und es findet jeden Sonntag ein Gottesdienst statt.
Das Highlight der Innenbesichtigung ist dann der Drawing Room. Hier war schon Queen Victoria zu Gast und auch die meisten nachfolgen Monarchen besuchten den St. Michaels Mount.
So waren auch schon Queen Elizabeth II. und der Duke of Edinburgh sowie Prince Charles und die Duchess of Cornwall zu Gast. Den Weg, den ich nach oben nehmen musste, nahmen die Herrschaften allerdings nicht. Nachdem in früheren Zeiten Packesel alle benötigten Güter auf den Berg schafften, wurde um 1900 eine unterirdische Bahn vom Hafen zur Burg gebaut und auch einen Fahrstuhl gibt es heute. Beides wird aber nur von der Familie genutzt und steht Besuchern nicht offen.
Schließlich bin ich wieder draußen, doch nun heißt es den ganzen Weg zurückzugehen. Und das ist teilweise anstrengender als nach oben. Mein Knie protestiert ab und zu ganz schön, wenn es einen Absatz zu überwinden gilt oder recht steil bergab geht.
Irgendwann ist aber auch das geschafft und ich bin wieder am Fuße der Burg. Von hier kann man auch noch die Gärten besuchen, worauf ich bei dem trüben Wetter aber nicht so richtig Lust habe. Ich habe mich dort auch vor neun Jahren schon ausgiebig umgesehen.
Auf dem Weg zum Anleger entdecke ich dann noch Schuhabdrücke, die in den Boden eingelassen wurden. Sie sind auch nicht die ersten ihrer Art auf der Insel. Schon Queen Victoria und King Edward VII. hinterließen einen bronzenen Abdruck, diese hier jedoch sind neueren Datums. Die ersten gehören Queen Elizabeth und dem Duke auf Edinburgh und wurden anlässlich ihres Besuchs im Jahr 2013 angefertigt, die zweiten gehören Prinz Charles und der Duchess of Cornwall und sind seit 2010 hier zu finden.
Bevor ich zurück aufs Festland fahre, schaue ich mich noch kurz im kleinen Dorf und im Besucherzentrum um.
Dann geht es zurück zum Ufer, wieder mit dem Boot, denn trotz herannahender Ebbe hat sich das Wasser noch nicht weit genug zurückgezogen, dass man trockenen Fußes laufen könnte. Allerdings ist die Rückfahrt kürzer, denn diesmal legen wir an dem Stein an, der heute Morgen noch aus dem Wasser ragte. Hinter den Treppen ist der Anleger und über sie komme ich wieder zum Betonweg, der mich zum Ufer führt.
Es ist jetzt deutlich sehen, wie weit sich das Wasser schon zurückgezogen hat. Weite Teile, die vor ein paar Stunden noch unter Wasser standen, sind nun trocken. Dazu gehört auch ein Teil des Fußweges, der zur Burg führt.
Den laufe ich dann auch noch, zumindest so weit, wie man trockenen Fußes kommt. Die Gezeiten sind schon immer wieder faszinierend. Heute Morgen hätte ich hier noch tief im Wasser gestanden.
Zurück auf dem Festland mache ich mich auf den Weg nach Redruth zur East Pool Mine. Cornwall war lange Zeit bekannt für die Förderung von Erzen. Auch heute gibt es noch einige Minen, doch die große Zeit der Erzgewinnung ist vorbei und viele der Minen sind heute Museen. In der East Pool Mine, die seit dem 18. Jahrhundert bis 1945 aktiv war, wurde zuerst Kupfer und später Zinn gefördert. Die Mine war über ihre gesamte Lebensdauer sehr profitabel und Hunderte Menschen fanden hier Arbeit. Das Gebiet gehört zur Cornwall und West Devon Mining Landscape World Heritage Site.
Ich habe aber viel mehr das Problem, das Museum sofort zu finden. Erst einmal fahre ich vorbei, denn ich sehe nur einen Supermarkt mit großem Parkplatz. Aber genau hier muss man hinauffahren und kann sein Auto im hinteren Bereich parken. Ich hatte zwar sowas gelesen, aber in natura war das nicht auf Anhieb zu erkennen.
Das Gelände der Mine gehört heute dem National Trust, der sich um die Erhaltung und den Betrieb kümmert. Zu sehen sind ein kleines Museum sowie einige Gebäude aus der Betriebszeit der East Pool Mine.
Das absolute Highlight aber ist das Taylor’s Pumping Engine House, in dem eine Pumpstation erhalten ist, die auch heute noch funktionstüchtig ist. Gebaut wurde die Maschine 1892 für eine andere Mine, die aber geschlossen wurde. Im Jahr 1920 kam die Pumpe zur East Pool Mine. Ihre Aufgabe war es, Wasser aus den immer tiefer werdenden Schächten zu pumpen, damit die Arbeiter sicher das Erz abbauen konnten. Bis zu 600 solcher Pumpen waren in der Hochzeit des Erzabbaus in Betrieb.
Natürlich kann ich die Pumpe nicht nur von außen ansehen, sondern auch hineingehen. Und hier glänzt alles, als ob die Maschine gerade neu installiert worden wäre. Die Restaurierung wurde wirklich mit viel Liebe zum Detail durchgeführt.
Über eine Treppe kann ich bis unter das Dach des Pumpenhauses gehen und so alles genau unter die Lupe nehmen.
Nach dieser Besichtigung schaue ich mich noch ein bisschen auf dem Außengelände um. Lange bleibe ich aber nicht mehr, denn es ist alles noch recht nass von den Regenfällen der letzten Tage.
Zur Mine gehört auch der Mitchells Shaft, der aber etwas weiter entfernt vom Hauptgelände des Museums liegt. Hier zu sehen ist ein sogenannter „Winder”, eine Dampfmaschine, mit der sowohl die abgebauten Erze als auch die Arbeiter aus der Mine geholt wurden. Über 500 Meter tief in der Erde waren die Schächte, in die die Arbeiter transportiert werden mussten und aus denen Kupfer und Zinn geholt wurde. Die 1887 erbaute Maschine ist ebenfalls funktionstüchtig, läuft aber seit 1975 mit Elektrizität.
Von der obersten Etage kann ich dann hinüber zum Pumpenhaus schauen. Irgendwie kommt man aber auch ins grübelt, wenn man bedenkt, dass hier anscheinend alles durchlöchert ist wie ein Schweizer Käse.
Ich fahre weiter in Richtung der äußersten Westspitze von Cornwall. Langsam wird das Wetter tatsächlich besser. Es wird heller und die Wolken reißen zum Teil auf.
Hier, direkt an der Küste, steht eine weitere alte Dampfmaschine, die ein Überrest aus der Zeit der Minen ist. Diese Mine war etwas Besonderes, denn sie reichte bis unter den Ozean. Die Levant Mine gehört ebenfalls zum National Trust und kann besichtigt werden.
Die Maschine der Levant Mine ist die älteste ihrer Art in ganz Großbritannien. Bereits 1840 wurde sie erbaut und ist auch heute noch funktionstüchtig, nachdem sie ab 1935, fünf Jahre nach Schließung der Mine, umfassend restauriert wurde. Dass die Maschine heute noch funktioniert, ist vor allem der Trevithick Society zu verdanken. Ihre Mitglieder, die als Greasy Gang bekannt waren, sorgten mit einer Generalüberholung, die von 1984 bis 1992 dauerte, dafür, dass auch heute noch gezeigt werden kann, wie eine solche Maschine funktioniert.
Auch hier war es die Aufgabe der Maschine, die Arbeiter sicher nach unter und wieder ans Tageslicht zu bringen, sowie das Erz aus 500 Metern Tiefe zu holen. Gleich daneben sind auch noch die Reste der hiesigen Pumpanlage zu sehen, die besonders wichtig war, denn die Mine erstrecke sich bis eine Meile vor der Küste unter dem Wasser.
Im kleinen Museum gibt es eine schematische Darstellung der Mine und ihrer Erweiterungen in immer größere Tiefen. Auch ein Fahrstuhlkorb, mit dem die Arbeiter nach unten transportiert wurden, ist zu sehen.
Das Gelände lädt aber auch zu einem Sparziergang an der rauen Küste Cornwalls ein. Unterwegs habe ich immer wieder tolle Ausblicke auf das Meer und entdecke Reste aus der Zeit der Erzindustrie.
In der Ferne kann ich auch das 17 Meter hohe und 1899 erbaute Pendeen Lighthouse entdecken. Bis 1995 gab es hier einen Leuchtturmwärter, bevor das Signallicht automatisiert wurde. Seitdem wurden die Gebäude in Ferienwohnungen umgewandelt, die man mieten kann.
Ganz in der Nähe der Mine liegt ein weiterer Ort unter der Verwaltung des National Trust, das Cape Cornwall.
Die Landzunge, die knapp sieben Kilometer nördlich von Land’s End liegt, ist die Grenze zwischen dem Bristolkanal und der Irischen See sowie dem Ärmelkanal. Einst galt die Stelle als westlichster Punkt Englands, bis neue Messungen ergaben, dass Lands End noch etwas weiter westlich liegt.
Auf dem höchsten Punkt des Cape Cornwall steht ein Schornstein, der an die Minenzeit des Gebietes erinnern soll. Hier hochzukommen, ist mein Ziel. Auf dem Parkplatz des National Trust stelle ich mein Auto ab und laufe los. Zuerst geht der Weg noch über eine asphaltierte Zufahrt, doch das ändert sich recht bald. Dann geht es steil bergan, teilweise über unebene, in den Berg gesetzte Stufen. Es ist extrem anstrengend und manchmal auch ganz schön eng und rutschig. So dauert es seine Zeit, bis ich oben bin, doch ich schaffe es heil anzukommen.
Die Aussicht von hier oben ist toll, doch mir grault es schon vor dem Abstieg. Das sehe ich Wanderer eine andere Route nehmen. Ich frage ein Paar, wo es dort hingeht und sie sagen, dass man so auch zum Parkplatz käme. Ok, dann probiere ich das doch auch mal.
So laufe ich los und folge dem schmalen Weg über die Wiesen. An einigen Stellen ist der noch recht nass und der Untergrund schmierig und so passiert es auf einem steileren Stück, ich verliere den Halt und lande recht unsanft auf dem Hosenboden. Zum Glück ist weder mir (außer ein paar blauen Flecken) noch der Kamera irgendwas Schlimmes passiert, sodass ich nach ein paar Minuten weiter laufen kann. Nur meine Hose sieht nur extrem schmutzig aus, aber das lässt sich mit einer Wäsche zum Glück auch beheben.
Einen letzten Stopp habe ich heute noch vor mir, trotz schmutziger Hose, Land’s End. Ich habe es ja kaum geglaubt, dass ich bei dem schlechten Wetter der letzten Tage hier noch herkomme, doch nun scheint die Sonne vom blauen Himmel. Teile von Land’s End sind leider nicht so fotogen, denn hier wurde eine Art Vergnügungsbereich angelegt. Positiv ist aber, dass es dadurch auch gute Toiletten gibt, obwohl man die in England lange nicht so suchen muss, wie in vielen anderen Ländern.
Ansonsten ist hier aber nicht viel los, denn die Urlaubssaison hat noch nicht so richtig begonnen und am frühen Abend hat so schon alles geschlossen. Somit halten sich auch die Besucher in Grenzen, was ich eher positiv finde. So laufe ich zügig bis zur Landspitze, die heute den westlichsten Festlandpunkt von Großbritannien markiert.
Und dann stehe ich am Land’s End, von wo aus sich nur noch der Ozean bis nach Amerika erstreckt.
Zum Land’s End gehört natürlich auch das First and Last House, das aber ebenso geschlossen ist, wie die anderen Geschäfte. Das finde ich aber bei dem schönen Wetter und der tollen Landschaft nicht so schlimm.
Zum Schluss laufe ich noch am Lands End Hotel vorbei. Während der Planung der Reise hatte ich überlegt, hier zu übernachten, mich aber dann doch dagegen entschieden, da es nicht ganz billig ist. Nun war ich froh darüber, denn ich wäre genau an einem der Schlechtwettertage hier gewesen und kurzfristig war leider kein Zimmer mehr zu bekommen.
Auf dem Weg zum Parkplatz entdecke ich noch diesen alten Briefkasten, der noch aus der Zeit von King George stammt. Solche Briefkästen findet man nur noch ganz selten.
>Auf der Fahrt zum Hotel in Camborne fahre ich spontan noch einmal durch Marazion. Und das lohnt sich, denn jetzt bekomme ich doch noch ein Bild vom St. Michaels Mount mit blauem Himmel.
Schließlich erreiche ich Camborne, wo ich während meiner Umbuchaktion spontan über eine Buchungsseite das John Francis Basset Hotel reserviert habe. Das Hotel gehört zur Pubkette JD Weatherspoon, die seit kurzem auch Übernachtungen anbietet.
Zuerst bekomme ich das gebuchte Doppelzimmer, das in diesem Fall allerdings kein Fenster hat. Lediglich eine Attrappe gibt es. Obwohl ich auf Schiffen auch in Innenkabinen schlafe, fühle ich mich hier doch nicht wohl und frage nach einem Zimmerwechsel. Schließlich bekomme ich ein neues Zimmer, das zwar zur Straße heraus liegt, dafür aber geradezu lichtdurchflutet ist. Ansonsten bin ich mit dem Hotel sehr zufrieden und würde hier auch wieder übernachten, nur das Parken ist etwas umständlich. Abendessen gibt es gleich im angeschlossenen Pub.
Meilen: 122
Wetter: bedeckt mit Schauern, später sonnig, 12–17 Grad
Hotel: The John Francis Basset – JD Wetherspoon Hotel