Southern Rhapsody – Im Winter nach Florida und Texas

Tag 7: Mon­tag, 30. Janu­ar 2023
Secrets – Miami nach Titusville

„All jour­neys have secret desti­na­ti­ons of which the tra­ve­ler is una­wa­re.” – Mar­tin Buber

Nach­dem sich mein ursprüng­li­cher Plan für heu­te zer­schla­gen hat, muss eine Alter­na­ti­ve her. Ich pla­ne auch gleich mal ein biss­chen um und wer­de nun wei­ter nach Nor­den fah­ren als geplant. Da das Früh­stück im Hotel nicht son­der­lich gut ist, mache ich mich bald danach auf den Weg. Den gan­zen Tag nur fah­ren will ich aber auch nicht und so besu­che ich am Vor­mit­tag noch einen Ort in Miami, den ich bis­her nicht kann­te, die Pine­c­rest Gardens.

Auf dem Park­platz ent­decke ich die­ses Gebäu­de, das zunächst unschein­bar aus­sieht, aber eine Pla­ket­te weißt auf die histo­ri­sche Bedeu­tung hin. Man kann es sich heu­te kaum vor­stel­len, aber vor hun­dert Jah­ren war die­ses Gebiet kei­ne pul­sie­ren­de Metro­po­le, son­dern dünn besie­del­tes Hin­ter­land. Men­schen die hier leb­ten, bau­ten sich zwi­schen 1900 und 1930 Häu­ser wie die­ses, kaum vor­stell­bar, wenn man die heu­ti­gen Vil­len in der Gegend sieht. Bis in die 1970er Jah­re war das Haus sogar noch von einer Fami­lie bewohnt, heu­te ist es ein ein­sa­mer Über­le­ben­der aus einer längst ver­gan­ge­gen Zeit.

Nur weni­ge Meter wei­ter befin­det sich der heu­ti­ge Haupt­ein­gang der Pine­c­rest Gar­dens. Als der Gar­ten eröff­net wur­de, befand sich der Ein­gang noch an ande­rer Stel­le, doch dort führt inzwi­schen direkt eine Haupt­stra­ße ent­lang. Mode­ra­te fünf Dol­lar wer­den für den Ein­tritt fäl­lig, das Par­ken ist kostenlos.

Pine­c­rest Gar­dens war ursprüng­lich Par­rot Jungle, ein klei­ner The­men­park, der 1936 gegrün­det wur­de und heu­te noch an ande­rer Stel­le in Miami als Jungle Island exi­stiert. Wäh­rend es damals also tro­pi­sche Vögel im Park gab, beschränkt sich der Besuch inzwi­schen mehr auf tro­pi­sche Pflan­zen. Im Jahr 2002, als der Park hier geschlos­sen wur­de, kauf­te die Bür­ger­schaft von Pine­c­rest Vil­la­ge das Are­al, um es als Bota­ni­scher Gar­ten zu erhalten.

Franz und Loui­se Scherr waren es, die die­ses klei­ne Para­dies mit­ten im hek­ti­sche Groß­raum Miami 1936 grün­de­ten. Scherr war Ein­wan­de­rer aus Öster­reich und betrieb zunächst eine Farm für Hüh­ner und Früch­te in Home­stead. Er fand aber die Idee toll, einen Ort zu grün­den, an dem tro­pi­sche Vögel frei flie­gen kön­nen und so ent­stand die Idee zum Par­rot Jungle.

Zunächst mie­te­te Scherr ein rund 80.000 Qua­drat­me­ter gro­ßes Are­al für 25 Dol­lar im Monat, das größ­ten­teils aus natür­li­cher Vege­ta­ti­on die­ser Gegend bestand. Anschlie­ßend leg­te er ver­schlun­ge­ne Wege an, die er mit Koral­len­stei­nen ein­fass­te und die heu­te noch exi­stie­ren. Die Pflan­zen, die Scherr hier vor­ge­fun­den hat­te, blie­ben unbe­rührt. So kann man hier heu­te nicht nur einen tro­pi­schen Gar­ten erle­ben, son­dern auch ein Stück weit die natür­li­che Vege­ta­ti­on von Flo­ri­da erleben.

Als die Attrak­ti­on im Jahr 1936 öff­ne­te, kamen zunächst rund hun­dert Besu­cher. Schon nach dem ersten Betriebs­jahr konn­ten über 10.000 Gäste gezählt wer­den. Der Erfolg brach­te Scherr dazu, im Jahr 1940 das Land für rund 5000 Dol­lar zu kau­fen. Doch das wäre fast der Unter­gang des Parks gewe­sen, denn die Zei­ten waren denk­bar schlecht. Die USA tra­ten in den Zwei­ten Welt­krieg ein und die Besu­cher­zah­len san­ken dra­ma­tisch. Doch der Park über­leb­te und gilt heu­te als der wohl erste The­men­park über­haupt. Selbst Walt Dis­ney und sein Team kam hier­her, um zu sehen, wie solch ein Park gema­na­ged und unter­hal­ten wird, bevor er sein Dis­ney World entwarf.

Seit­dem im Park kei­ne Vögel mehr gezeigt wer­den, wird das Gelän­de auch für Kunst­in­stal­la­tio­nen genutzt. So ent­decke ich das Werk „La Dan­se” der Künst­le­rin Ali­ce Pit­talu­ga in einem Palmenhain.

Der Park war auch schon immer ein Ziel für Fami­li­en und das soll­te auch nach der Umwand­lung in einen Bota­ni­schen Gar­ten so blei­ben. So gibt es hier noch immer ver­schie­de­ne Ein­rich­tun­gen wie ein Café und die­sen Wasserspielplatz.

Die Haupt­at­trak­ti­on aber blei­ben die tro­pi­schen Pflan­zen, die über­all im Gar­ten zu fin­den sind. Scherr hat die Wege durch die­ses klei­ne Para­dies wirk­lich wun­der­bar ange­legt, sodass man jeden Win­kel erkun­den kann und sich trotz­dem fast wie im Dschun­gel fühlt.

Schließ­lich errei­che ich den Teil des Gar­tens, der künst­lich ange­legt wur­de. Das Per­go­la Hou­se wird noch heu­te für Ver­an­stal­tun­gen genutzt, wie auch an die­sem Tag, sodass ich nur von außen schau­en kann.

Hin­ter der Per­go­la, mit ihrem schö­nen Blick auf den See, erstreckt sich der neue Gar­ten. Hier wur­den Pflan­zen zuge­tra­gen, die aus ande­ren tro­pi­schen Kli­ma­ta kom­men, wie ver­schie­de­ne Kak­teen, aber auch ein medi­ter­ra­ner Olivenbaum.

An frei lau­fen­den Tie­ren gibt es heu­te nur noch die Pfaue, die man mit etwas Glück über­all im Gar­ten ent­decken kann.

Für mich neigt sich mein Besuch nun lang­sam dem Ende zu. Es hat mir gefal­len, die­ses klei­ne Para­dies zu ent­decken. Das ist der Vor­teil, wenn man zum x‑ten Mal in Miami ist, man hat die Zeit auch einen zwei­ten Blick auf Din­ge zu wer­fen, die man vor­her nicht mal auf dem Radar hatte.

Für mich star­tet aber jetzt die lan­ge Fahrt ent­lang der Küste, denn ich muss mor­gen zurück in Orlan­do sein. Da ich schon oft in die­ser Regi­on unter­wegs war, macht es mir nichts aus, auch ein Stück auf dem Inter­sta­te zurück­zu­le­gen. Aller­dings will ich den ersten Teil der Strecke noch auf der A1A, der berühm­ten Stra­ße am Meer, zurück­le­gen und kom­me so auch durch Boca Raton, wo ich die Sta­tue des bar­fü­ßi­gen Post­bo­ten ent­decke. Sie erin­nert an James E. Hamil­ton, einer der Post­bo­ten, die zwi­schen 1885 und 1892 die erste Post­rou­te in Rich­tung Miami ver­sorg­ten, als es hier noch kei­ne Stra­ße gab. Die Post­bo­ten muss­ten damals mit dem Boot rudern oder eben bar­fuß am Strand laufen.

Die wei­te­re Fahrt nach Nor­den ver­läuft recht unspek­ta­ku­lär auf dem Inter­sta­te. Am spä­ten Nach­mit­tag errei­che ich schließ­lich das Fair­field Inn in der Nähe von Titus­ville, das ich für mei­ne letz­te Nacht in Flo­ri­da reser­viert habe. Das Hotel ist nagel­neu und das neue Design gefällt mir gut.

Zum Abend­essen gehe ich in ein Restau­rant der Ket­te Lone Star Steak­hou­se, die ich immer wie­der gern besuche.

Anschlie­ßend heißt es Kof­fer packen, denn mor­gen Mit­tag muss ich zum Flug­ha­fen. Aber kei­ne Angst, die Rei­se ist noch nicht zu Ende. Ich flie­ge nur nach Texas, um mich dem zwei­ten Teil die­ser Tour zu widmen.

Mei­len: 221
Wet­ter: son­nig, 25 bis 28 Grad
Hotel: Fair­field Inn

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