Southern Rhapsody – Im Winter nach Florida und Texas

Tag 10: Don­ners­tag, 02. Febru­ar 2023
Roots of histo­ry – San Anto­nio – Teil 2

„Our hap­piest moments as tou­rists always seem to come when we stumb­le upon one thing while in pur­su­it of some­thing else.” ― Law­rence Block

Nach mei­nem Aus­flug nach New Braun­fels geht es für ich zurück nach San Anto­nio. Hier steue­re ich zunächst den King Wil­liam District an, der ursprüng­lich auch von deut­schen Ein­wan­de­rern gegrün­det wur­de. Benannt wur­de das Stadt­vier­tel nach Kai­ser Wil­helm I., der zur Grün­dungs­zeit in Deutsch­land regier­te. Die mei­sten der Häu­ser hier ste­hen heu­te unter Denk­mal­schutz, sind aber noch immer in Pri­vat­hand und wer­den als Wohn­ge­bäu­de genutzt.

Eini­ge der Häu­ser brau­chen aber auch etwas Lie­be und Zunei­gung, um wie­der im alten Glanz erstrah­len zu können.

Ich habe an die­sem Nach­mit­tag aber nicht viel Zeit zum Umschau­en, denn ich möch­te ein ganz beson­de­res Haus besu­chen, die Vil­la Fina­le. Nach der Schlie­ßung und dem Ver­kauf (dazu spä­ter mehr) von Ste­ves Home­stead, ist die Vil­la das ein­zi­ge Haus­mu­se­um im King Wil­liam District.

Wäh­rend der King Wil­liam District von deut­schen Sied­lern gegrün­det wur­de, ent­wickel­te sich das Gebiet schnell zu einem der besten Stadt­tei­le von San Anto­nio und auch ande­re Ein­woh­ner, die es sich lei­sten konn­ten, bau­ten sich hier Häu­ser. Zu ihnen gehör­te der Geschäfts­mann Rus­sell Nor­ton, der die­ses Haus 1876 für sei­ne Frau Ellen und sich erbau­en ließ.

Bereits fünf Jah­re spä­ter wur­de das Haus jedoch an den Ran­cher Edwin Polk ver­kauft und hat­te anschlie­ßend noch eine Rei­he wei­te­rer Eigen­tü­mer. Um 1915 begann der Stern des King Wil­liam Districts zu sin­ken, denn die wohl­ha­ben­den Haus­be­sit­zer zogen in neue­re Stadt­vier­tel außer­halb der Innen­stadt. So kam es dazu, dass die wun­der­schö­ne Vil­la zusam­men mit vie­len ande­ren Häu­sern einer unge­wis­sen Zukunft ent­ge­gen­sah. Rich­tig schlimm wur­de es 1921, als eine Flut Tei­le der Stadt bis zu drei Meter unter Was­ser set­ze, doch das Haus über­leb­te auch die­se Kata­stro­phe und wur­de spä­ter in ein­zel­ne Woh­nun­gen unter­teilt, die ver­mie­tet wurden.

In den 1960er Jah­ren war die einst schö­ne Wohn­ge­gend ziem­lich her­un­ter­ge­kom­men und vie­le der präch­ti­gen Vil­len in Woh­nun­gen auf­ge­teilt wor­den. In die­ser Zeit such­te der erfolg­rei­che Bän­ker Wal­ter Nold Mathis ein neu­es Domi­zil, da sein altes Haus dem Bau des High­way 280 zum Opfer fal­len soll­te. Er stieß auf die Vil­la und kauf­te sie für $37.500, obwohl die eigent­lich nicht zum Ver­kauf stand. Das Haus war damals in einem schlim­men Zustand, den man sich heu­te kaum noch vor­stel­len kann, wenn man die Vil­la Fina­le betritt.

Mathis brauch­te schließ­lich meh­re­re Jah­re, um das alte Haus zu restau­rie­ren und ein­zu­rich­ten. Er war zu jener Zeit bereits ein Samm­ler und such­te auch einen Ort, um sei­ne Kol­lek­ti­on aus­zu­stel­len. Den hat­te er mit dem Haus, das er Vil­la Fina­le nann­te, gefunden.

Etwas, das im Haus sofort auf­fällt, sind die vie­len Bil­der und Büsten von Napo­le­on Bona­par­te. Mathis inter­es­sier­te sich sehr für den fran­zö­si­schen Kai­ser und sam­mel­te Bil­der und Gegen­stän­de von ihm und sei­ner Frau.

Im Jahr 2004, ein Jahr vor sei­nem Tod, ver­mach­te Mathis sein Haus schließ­lich dem Natio­nal Trust for Histo­ric Pre­ser­va­ti­on, damit es für die Nach­welt erhal­ten bleibt.

Nach dem Tod von Mathis dau­er­te es jedoch noch vie­le Jah­re, bevor das Haus für Besu­cher geöff­net wur­de, denn zunächst muss­ten umfang­rei­che Reno­vie­rungs­ar­bei­ten durch­ge­führt wer­den, bevor alles so ein­ge­rich­tet wer­den konn­te, wie es heu­te zu sehen ist.

Im Okto­ber 2010 konn­te das Haus schließ­lich eröff­net wer­den und wird seit­dem als Muse­um geführt, das Besu­cher auf eige­ne Faust erkun­den können.

Ich neh­me mir so rich­tig viel Zeit, um das tol­le Haus anzu­schau­en, denn ohne Tour kann ich in jedem Raum so lan­ge ver­wei­len, wie ich möch­te. Es gibt aber trotz­dem Gui­des im Haus, denen man nach Bedarf Fra­gen stel­len kann.

Wal­ter Mathis hat übri­gens nicht nur die­ses Haus restau­riert. Er kauf­te ins­ge­samt vier­zehn Häu­ser im King Wil­liam District, die er sanie­ren ließ und an Leu­te ver­kauf­te, von denen er hoff­te, dass sie die Anwe­sen eben­so erhal­ten wür­den, wie er sei­ne Vil­la. Die­ses Kon­zept funk­tio­nier­te, sodass der King Wil­liam District inzwi­schen wie­der eine fei­ne Wohn­ge­gend in San Anto­nio mit tol­len Häu­sern ist.

Zur Vil­la Fina­le gehört auch ein Gar­ten, den Mathis eben­so gestal­ten ließ. Zunächst wur­de er dafür belä­chelt, doch der Erfolg gab ihm recht und er schuf mit der Vil­la Fina­le ein wirk­lich sehens­wer­tes Anwesen.

Nach mei­nem Besuch der Vil­la Fina­le fah­re ich wei­ter ins Stadt­zen­trum, denn für die heu­ti­ge Nacht habe ich ein ganz beson­de­res Hotel gebucht, das Men­ger Hotel (Review). Auch das Hotel wur­de von einem deut­schen Ein­wan­de­rer, Wil­liam Men­ger, gegrün­det. Der gebür­ti­ge Hes­se war zunächst als Bött­cher und Brau­mei­ster erfolg­reich, bevor er 1859 mit sei­ner Frau das Hotel eröffnete.

Mein Zim­mer befin­det sich aller­dings in einem neue­ren Teil des Hotels, denn das Men­ger Hotel wur­de nach dem Tod des Grün­ders mehr­mals umge­baut und erweitert.

Bes­ser als im histo­ri­schen Men­ger Hotel kann man in San Anto­nio, zumin­dest lage­tech­nisch, auch nicht bes­ser woh­nen, denn das Hotel befin­det sich direkt neben der Ala­mo. Heu­te mache ich aber nur ein kur­zes Foto, denn die ehe­ma­li­ge Mis­si­on ist schon längst geschlossen.

Gleich auf der ande­ren Sei­te der Ala­mo gibt es ein wei­te­res histo­ri­sches Gebäu­de, das inzwi­schen eben­falls ein Hotel beher­bergt. Das Emi­ly Mor­gan Gebäu­de wur­de 1924 erbaut und war mit sei­nen sech­zig Metern Höhe für vier Jah­re sogar das höch­ste Gebäu­de der Stadt. Zunächst gab es in dem Gebäu­de ver­schie­de­ne Arzt­pra­xen sowie ein klei­nes Kran­ken­haus, in den 1970er befan­den sich hier Büros. Zum Hotel wur­de das Gebäu­de erst 1984 und gehört seit 2012 als Dou­ble­tree Hotel zu Hilton.

Rund um die Hotels und die Ala­mo gibt es ver­schie­de­ne Denk­mä­ler, dar­un­ter eines von Prä­si­dent Theo­do­re Roo­se­velt, der vor sei­ner poli­ti­schen Kar­rie­re im Mili­tär dien­te. Das größ­te Denk­mal aber ist der Alamo-​Kenotaph, auch bekannt als The Spi­rit of Sacri­fi­ce, der an die berühm­te Schlacht wäh­rend der texa­ni­schen Revo­lu­ti­on erin­ner­te. Der Bau wur­de zum hun­dert­sten Jubi­lä­um 1935/​36 initi­iert und zeigt die bekann­ten Hel­den jener Schlacht um die Unab­hän­gig­keit von Texas.

Das drit­te histo­ri­sche Hotel rund um die Ala­mo ist das Crockett Hotel, das 1909 auf einem Teil der Flä­che erbaut wur­de, auf der Jahr­zehn­te vor­her die berühm­te Schlacht rund die Ala­mo statt­ge­fun­den hat. Benannt wur­de es nach einem der Hel­den der Schlacht, Davy Crockett.

Ich mache mich auf den Weg, um einen klei­nen Rund­gang durch das Zen­trum von San Anto­nio zu machen. Schon mehr­mals war ich in der Stadt, doch mein letz­ter Besuch liegt schon etli­che Jah­re zurück. Damals habe ich mich auch mehr auf das Umland, wie die berühm­ten Mis­sio­nen kon­zen­triert, heu­te will ein­mal mehr den River Walk besu­chen. Zunächst lau­fe ich aber durch die Innen­stadt, in der eben­falls noch viel histo­ri­sche Gebäu­de erhal­ten geblie­ben sind.

Auf mei­nem Rund­gang kom­me ich am Buck­horn Saloon & Muse­um vor­bei, das 1881 von Albert Fried­rich gegrün­det wur­de. Aller­dings befand sich der Saloon damals noch an ande­rer Stel­le. Was aber erhal­ten ist, ist die Kol­lek­ti­on an Jagd­tro­phä­en, die Fried­rich über die Jah­re zusam­men­ge­tra­gen hat­te. Heu­te ist das Muse­um übri­gens wie­der im Besitz sei­ne Nach­fah­ren und neben dem Saloon gibt es auch ein Muse­um zu den Texas Rangern.

Schließ­lich errei­che ich den berühm­ten San Anto­nio River Walk. Die Geburts­stun­de des River Walks schlug nach der ver­hee­ren­den Flut von 1921, als damit begon­nen wur­de, den San Anto­nio River zu zäh­men. Zuerst war der Vor­schlag des River Walk umstrit­ten, doch das Kon­zept setz­te sich letzt­end­lich durch und so ent­stand die­ser beson­de­re Weg am Fluss eine Eta­ge unter dem Straßenlevel.

Ich lau­fe nur das Stück des River Walks, das durch das Stadt­zen­trum führt, denn inzwi­schen kann man dem Fluss gan­ze fünf­zehn Mei­len fol­gen, wenn man denn will. Manch­mal macht es aber auch Sinn, zum Stra­ßen­le­vel zu wech­seln, um sich eini­ge der schö­nen Gebäu­de näher anzusehen.

Der River Walk ist inzwi­schen die größ­te Attrak­ti­on von San Anto­nio und zieht jedes Jahr Mil­lio­nen Besu­cher an. Die kön­nen sich sogar auf Boo­ten den Fluss ent­lang schip­pern las­sen oder in den zahl­rei­chen Restau­rants ein­keh­ren. Auch zahl­rei­che Hotels lie­gen direkt am Fluss und die Gäste habe so direk­ten Zugang.

Mein Ziel des Rund­gangs ist die San Fer­nan­do Cathe­dral, die Kathe­dra­le von San Anto­nio. Eigent­lich gibt es hier jeden Abend eine Licht­show, die ich ger­ne gese­hen hät­te, doch wegen Bau­ar­bei­ten an den Tür­men ist die Show wäh­rend mei­nes Besuchs lei­der ausgesetzt.

Auf mei­nem Rück­weg zum Hotel kom­me ich am Bexar Coun­ty Cour­tho­sue vor­bei, das zwi­schen 1891 und 1896 erbaut wur­de. Inzwi­schen ist das Gebäu­de Sitz des Bexar Coun­ty, aber auch für die Öffent­lich­keit zugäng­lich, denn im Erd­ge­schoss befin­det sich ein Museum.

Vor dem Gebäu­de steht seit 2019 das soge­nann­te Foun­ders Monu­ment. Es erin­nert an die 56 Sied­ler, die 1731 von den kana­ri­schen Inseln hier­her­ka­men und die erste Sied­lung außer­halb der Mili­tär­ba­sen und Mis­sio­nen grün­de­ten, den Vor­läu­fer des heu­ti­gen San Antonio.

In der Nähe des Court­houses stei­ge ich wie­der hin­ab zum River Walk und fol­ge die­sem wei­ter. So lang­sam bricht die Dun­kel­heit über San Anto­nio her­ein und die Lich­ter wer­den angeschaltet.

Als ich wie­der auf das Stra­ßen­le­vel zurück­keh­re, ste­he ich vor „La Antor­cha de la Amistad”, der Fackel der Freund­schaft. Die zwan­zig Meter hohe Skulp­tur wiegt 40 Ton­nen und stammt vom mexi­ka­ni­schen Künst­ler Seba­stián. Sie wur­de 2002 in der Mit­te eines Kreis­ver­kehrs aufgestellt.

Auf den letz­ten Metern zurück zum Men­ger Hotel kom­me ich noch am River­cen­ter vor­bei, einem gro­ßen Ein­kaufs­zen­trum, das sich direkt neben mei­nem Hotel befindet.

Bevor ich end­gül­tig auf mein Zim­mer gehe, schaue ich noch kurz bei der Ala­mo vor­bei, die am Abend schön ange­strahlt wird.

Nach die­sem lan­gen Tag zie­he ich mich nun auf mein Zim­mer zurück und pla­ne, was ich mor­gen noch alles anschau­en kann, denn der Wet­ter­be­richt ver­spricht end­lich wie­der Sonnenschein.

Mei­len: 75
Wet­ter: bedeckt, spä­ter hei­ter, 10 bis 16 Grad
Hotel: Men­ger Hotel

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