Tag 8: Donnerstag, 16. März 2017
The long and winding road – Maui
„Hawai’i is paradise. It sounds cheesy to say it, but there is music in the air there.” – Bruno Mars
Erster Weg heute Morgen, raus auf die Lanai und schauen, wie das Wetter ist. Blauer Himmel, Sonne, passt und schön warm ist es auch schon. Lahaina erwacht gerade und auf dem Banyan Court ist es noch ganz ruhig. Bevor ich gestern zurück ins Hotel gefahren bin, war ich noch beim Safeway, um Getränke und Lebensmittel zu holen. Da lohnt sich die Safeway Karte richtig. Und mit dem Kühlschrank auf dem Zimmer, kann ich auch alles gut verstauen. Frühstück gibt es nämlich im Pioneer Inn nicht inklusive, das kann man nur im Restaurant essen. Das ist mir zu aufwendig und so habe ich mir selbst was gekauft. Und Frühstück auf der eigenen Lanai im Schaukelstuhl genießen, ist ja auch nicht zu verachten.
Dann mache ich mich auf den Weg, denn ich habe heute einiges vor. Gestern versprach der Wetterbericht nicht nur hier in Lahaina schönes Wetter, sondern auch in Hana. Das ist nicht immer so, denn dort liegt die Regenseite der Insel. Also habe ich mir vorgenommen, heute dort hinzufahren. Draußen vor der Tür habe ich einen schönen Blick auf den Hafen und Lanai. Ist das herrlich hier. Diese Inseln sind einfach mein persönliches Paradies.
Auf dem Weg zum Auto besuche ich noch kurz den historischen Ort, der praktisch vor meiner Haustür liegt. Hier, neben dem Pioneer Inn, soll einst der Palast des Hawaiianischen Königs Kamehameha I. gestanden haben, natürlich lange bevor das Hotel gebaut wurde.
Dann schnell zum Auto und los geht die Fahrt. Das erste Stück bis nach Kahului werde ich von nun an so ziemlich jeden Tag fahren. Hier ist viel los und umso näher man der größten Stadt der Insel kommt, desto mehr Verkehr gibt es und die Straßen werden 4‑spurig. Heute fahre ich allerdings nur durch die Stadt durch und auf direktem Weg Richtung Hana, denn auch wenn Maui nicht besonders groß ist, hat es diese Strecke in sich und ist ziemlich Zeitraubend.
Irgendwann wird die 2‑spurige Landstraße dann zu einer Einspurigen und ich habe den Beginn der „Road to Hana” erreicht. Die Strecke soll eine der Traumstraßen der Insel sein, für mich ist sie aber eher ein Alptraum und das Stück Maui, das mir so gar keinen Spaß macht. So viel dazu. So kommt es auch, dass ich bis Hana nur 3 Fotos mache.
Woran das liegt? Wahrscheinlich am Meisten an den lieben Mitmenschen. Irgendwann bin ich einfach nur noch genervt, von den Touristen in ihren Mietwagen, die anscheinend vorher noch nie hinterm Steuer eines Autos gesessen haben (so fahren sie zumindest) und den diversen Kleinbussen, die einfach mal mitten auf der Fahrbahn halten, um ihren Insassen irgendeine Blume oder einen Wasserfall zu erklären.
Zum Glück erreiche ich irgendwann Hana. Das Anhalten unterwegs ist mir gründlich vergangen. Ich fahre einfach nur durch, um es hinter mich bringen, was auch gut ist, wie sich später herausstellen wird. In 2004 war ich schon einmal in Hana, damals auf einem Schiffsausflug, denn meine erste Reise auf die Inseln war eine 10-tägige Kreuzfahrt von Honolulu auf der Norwegian Wind. Heute bin ich nun, nach ziemlich genau 13 Jahren, zurück.
Ich verlasse den Irrsinn der Straße ziemlich schnell und fahre zum Hana Cultural Center. Das kleine Museum ist in mehrere Bereiche unterteilt und erzählt sowohl die Geschichte von Hana als auch die der Hawaiianer.
Zuerst besuche ich das Museum, das im Hauptgebäude untergebracht ist. Hier gibt es viele Ausstellungsstücke aus dem alltäglichen Leben der Hawaiianer zu sehen. Ich lerne auch einiges über das Leben in Hana, der isoliertesten Stadt des ganzen Hawai’i Archipels. Und wer die Strecke nach Hana und darüber hinaus einmal gefahren ist, der bekommt ein Gefühl dafür, wie abgeschieden die Menschen früher und auch heute noch hier leben.
Ebenfalls auf dem Gelände zu finden ist das alte Gerichtsgebäude von Hana, in dem auch die Polizeistation untergebracht war. Seit 1871 verrichtet es hier seinen Dienst und tut es noch heute, zumindest als Gericht, denn einmal im Monat, an jedem ersten Dienstag, wird hier noch immer verhandelt. Kleine Delikte wie Verkehrssünden oder Nachbarschaftsstreitigkeiten werden hier entschieden, denn das nächste Gericht ist in Kahului, mehr als 3 Stunden Autofahrt entfernt.
Hinter dem Gerichtsgebäude steht noch der alte Zellentrakt, in dem viele Jahre Kleinkriminelle einsaßen, die nur kurze Strafen verbüßten oder auf ihre Verlegung warteten.
Und dann passiert es, ich quatsche mich fest. Eigentlich habe ich gar keine Zeit dafür, denn es liegt noch ein ziemliches Stück Weg vor mir, doch so ist das manchmal, wenn man einen interessanten Gesprächspartner findet. So kommt es, dass ich über eine Stunde in dem kleinen Museum verbringe, bevor es weiter geht.
Nun knurrt auch noch mein Magen und da ich weiß, dass Geschäfte auf der weiteren Strecke ziemlich rar sein werden, fahre ich noch schnell zum Supermarkt. Die Aussicht vom Parkplatz ist schon mal fantastisch. Wo hat man sowas schon?
Und der kleine Markt ist ein Erlebnis. Dicht gedrängt, auf engstem Raum stehen Waren bis in die hinterste Ecke. Hier gibt es so ziemlich alles, was man in Hana zum täglichen Leben braucht. Kein Wunder, ist die nächste Einkaufsmöglichkeit auch mindestens 3 Stunden auf einspuriger Straße entfernt. Man glaubt es kaum, wie abgelegen man auf dieser recht kleinen Insel leben kann.
Jetzt geht es aber weiter, auf die berüchtigte Südumrundung der Insel. Immer wieder wird davon abgeraten, diese Strecke zu fahren. Sie solle gefährlich sein und unberechenbar. Ich bin sie in 2004 mit dem Minibus gefahren und habe sie schon als etwas ruppig, aber nicht unbezwingbar in Erinnerung. Ach ja, wer nicht genug Benzin hat, sprich mindestens in Kahului nochmal aufgetankt hat, der sollte es dann hier tun, auch wenn die Preise astronomisch sind. Die nächste Tankstelle kommt nämlich erst auf der anderen Seite der Insel.
Der erste Teil der Strecke ist noch nicht weiter schlimm. Hierher fahren auch noch viele Touristen, die später umkehren werden. Das hat zwei Gründe: Einer ist der Südteil des Haleakala National Parks. Kipahulu heißt der Bereich des Parks, der hier am Rande des über 3000 Meter hohen Haleakala liegt und nicht direkt mit dem Krater verbunden ist. In diesem Teil des Parks gibt es zwei Attraktionen, den Pipiwai Trail, der nach 2 Meilen am Waimoku Wasserfall endet und die Pools of ‚Ohe’o. Zu den Pools möchte ich heute gehen, den Pipiwai Trail werde ich aber auslassen. Um zu den Pools zu kommen, laufe ich einen kurzen Weg durch üppige Vegetation.
Schon bevor ich mein Ziel erreiche, habe ich schöne Ausblicke auf den Pazifik.
Die sieben heiligen Becken von ‚Ohe’o, wie die kleinen Gewässer ausführlich heißen, sind kleine Wasserbecken, die aus kleinen Wasserfällen gespeist werden. Viele Jahre konnte man in ihnen baden. Das ist jedoch inzwischen verboten, denn es gab einige Steinschläge, sodass es nun zu gefährlich ist. So gibt es nur noch den Blick von oben. Die kleinen Gewässer inmitten des Lava Gesteins sehen schon schön aus, nur die Wasserfälle, die sie speisen, sind bei meinem Besuch recht mager.
Ich fahre weiter und muss dann ganz schön aufpassen, damit ich den Abzweig zur kleinen Palapala Ho’opal Church nicht verpasse. Nur ein kleines Schild weißt auf die holprige Nebenstraße hin, die etwa an Meile 41 vom Highway abzweigt.
Doch nicht wegen der 1857 erbauten Kirche kommen die Menschen hierher, denn die ist nichts Besonders.
Wohl aber wegen dem Friedhof.
Hier gibt es ein ganz besonderes Grab. Nicht dieses, obwohl das auch interessant aussieht, …
… sondern dieses schlichte Grab ist es, das die Menschen anzieht. Hier hat Flugpionier Charles Lindbergh seine letzte Ruhe gefunden. Als Lindbergh, der an Krebs erkrankt war, erfuhr, dass er nicht mehr lange zu leben hatte, ließ er sich nach Maui fliegen. Hier im Kipahulu District hatte er sein Ferienhaus, in das er immer wieder gerne zurückkehrte. Acht Tage, in diesem August 1974, verbrachte er noch auf Maui, bevor er am 26. August verstarb. Es war sein ausdrücklicher Wunsch auf diesem Friedhof beigesetzt zu werden.
Der Ein oder Andere erinnert sich vielleicht, dass ich auf meiner letzten USA Reise eine Ausstellung über Lindbergh besucht habe (nachzulesen hier) und so wollte ich nun zu seinem Grab kommen.
Außer Lindbergh ist hier übrigens noch ein weiterer Flugpionier beerdigt, Samuel Pryor, ein guter Freund der Familie, der maßgeblich daran beteiligt war, dass Lindbergh seine berühmte Atlantiküberquerung durchführen konnte. Außer ihm sind auch seine 6 Gibbonaffen hier beigesetzt, die seine große Leidenschaft waren.
Die Kirche und der Friedhof sind dann auch der Wendepunkt für viele Touristen und Minibusse. Hier beginnt der etwas anspruchsvolle und einsame Teil der Südumrundung. Ich bin einige der Wenigen, die weiterfährt. Von nun an begegnen mir nur noch selten Autos. Hier gefällt es mir richtig gut, viel besser als auf der Road to Hana und ich bin froh, mir nun etwas mehr Zeit lassen zu können und nicht durchrasen zu müssen.
Nach kurzer Fahrt kommt dann das erste, sagen wir mal, haarige Stück der Fahrt. Ich fand es nicht weiter schlimm, aber wer mit engen Straßen am Abhang ein Problem hat, sieht das vielleicht anders. Okay, nachts oder bei sehr schlechtem Wetter würde ich die Strecke nicht fahren wollen, aber heute ist es kein Problem. Als Erstes hört der ordentliche Asphalt auf. Es gibt noch Untergrund, aber der ist mit Löchern durchsiebt. Es rumpelt beim Fahren und das SUV ist da schon nett.
Dann wird es immer enger und nicht nur eng, die Straße schlängelt sich am Felsen entlang, einspurig, manchmal 1 1/2 Autos breit mit Ausweichstellen. Auf der anderen Seite ist der Ozean. Und hier kommt das, was die Straße, dann wirklich etwas haarig macht, die Absperrungen zur Meerseite sind, sagen wir mal, doch sehr dürftig und schon lange nicht mehr erneuert worden.
Ein Auto begegnet mir auf dieser Strecke, doch wir kommen gut aneinander vorbei. Die Englanderfahrung mit den den vielen engen Straßen und den Mauern macht sich immer wieder bezahlt. Ich komme nicht mal ins Schwitzen, da habe ich schon einige heftigere Situation gehabt.
Schließlich erreiche ich die Kalepa Bridge. Hier endet der Hana Highway und der Piilani Highway beginnt. Das heißt nun aber nicht, dass es besser wird, nur direkt am Ozean braucht man nicht mehr entlang. Dafür wird die Strecke ziemlich schnell komplett ungepflastert, ist aber, bis auf kleinere Auswaschungen und Querrillen recht gut zu fahren.
Streckenweise bin ich ganz allein und kann so auch öfter anhalten und ein Foto machen. Hier habe ich nochmals einen guten Blick auf die Strecke, die ich eben gefahren bin.
Die Strecke ist übrigens auch von der Vegetation her sehr interessant, denn auf der Südroute durchquert man mehrere Vegetationszonen. Start ist im tropischen Grün von Kipahulu, das später in Weideland, trockenes Grasland sowie Lavagestein übergeht, bevor man am Ende wieder im tropischen Dschungel landet. Grund dafür ist, dass der Süden der Insel im Regenschatten des Haleakala liegt und deshalb viel trockener ist, als die Westflanke, an der Hana liegt.
Als nächstes erreiche ich den berühmten Kaupo General Store, die einzige Möglichkeit auf der Strecke etwas zu Essen oder zu Trinken zu kaufen. 1925 wurde er gegründet, als es hier eine größere Siedlung gab, die über einen regen Schiffsverkehr mit anderen Gebieten der Insel verbunden war. Heute ist es einsam in Kaupo und nur wenige Siedler sind geblieben, der Store die einzige Einkaufsmöglichkeit, die hauptsächlich nur noch von Touristen genutzt wird. Wer mehr über diesen ungewöhnlichen Laden lesen will, der schaut hier.
Ich fahre weiter. Allerdings bin ich nur sehr kurz unterwegs, bis ich ein letztes Mal halte. Ich möchte die St. Joseph Church in Kaupo besichtigen. Die recht imposante kleine Kirche wurde 1862 erbaut und steht heute ziemlich einsam und verlassen am Wegesrand. Zwar heißt es, dass jeden 5. Sonntag hier Gottesdienst gefeiert wird, doch ob das wirklich so ist, kann ich nicht herausfinden. Es scheint aber nicht so, als ob hier regelmäßig jemand vorbeikommt, denn bei genauerem Hinsehen hängt hier noch Weihnachtsschmuck und wir haben jetzt März.
Umgeben ist die katholische Kirche von einem kleinen Friedhof, der auch schon bessere Tage gesehen hat. Weiterhin gibt es noch einige Ruinen von Gebäuden aus einer längst vergangenen Zeit.
Inzwischen ist die Zeit schon recht fortgeschritten, es ist bereits nach 16 Uhr. Ich muss weiter, denn noch immer liegt ein ganzes Stück Fahrt vor mir. Eine Weile ist die Straße noch recht ruppig, dann aber wieder gepflastert. Allerdings ist der Straßenbelag so kaputt, dass mir die ungepflasterte Strecke fast besser gefallen hat.
Ich fahre an den Südhängen des Haleakala entlang. Manchmal türmt sich erkaltete Lava rechts und links der Straße auf. Die Bergspitze selber verbirgt sich hinter dicken Wolken, ebenso wie der berühmte Kaupo Gap, ein tiefen Tal am Berghang, das einst durch Erosion entstand und von Lava wieder aufgefüllt wurde. Über den Kaupo Gap führt übrigens auch der einzige Wanderweg, der den Gipfel des Haleakala mit der Küste verbindet. Er ist der anstrengendste aller Wanderwege und auf den 8,6 Meilen müssen knapp 2000 Höhenmeter überwunden werden.
Irgendwann wird ist die Straße dann plötzlich wieder frisch asphaltiert. Zwar ist sie immer noch recht eng, aber nun geht es zügig voran. Von Gegenverkehr ist keine Spur zu sehen und auch hinter mir kommt niemand mehr.
Langsam lichten sich die dicken Wolken am Berg etwas und geben schöne Blicke in die Ferne frei. Plötzlich liegt die ganze Westflanke der Insel vor mir.
Dann wird es etwas langweilig, denn der Rest der Strecke ist eine normale Landstraße am Hang des Haleakala. Durch die üppige Vegetation habe ich auch keine schöne Sicht mehr und viel zu schnell lande ich plötzlich wieder in der Zivilisation. Durch die Geografie der Insel kann ich nun aber leider nicht auf direktem Weg nach Lahaina fahren, denn eine Verbindung von hier nach Kihei gibt es nicht. Stattdessen muss ich fast bis nach Kahului zurück, um dann die Strecke nach Lahaina einschlagen zu können. Das zieht sich, besonders im Donnerstagabend Verkehr. Ja, Stau gibt es auch auf Maui, denn nach Oahu leben hier die meisten Menschen und dann kommen ja auch noch unzählige Mietwagen dazu.
Genau zum Sonnenuntergang erreiche ich schließlich wieder das Pioneer Inn. Ich war fast 12 Stunden unterwegs heute und bin dementsprechend etwas KO. Ein kleines Eis von Dole auf dem Weg vom Parkplatz zurück zum Hotel muss aber noch kurz sein und dann setze ich mich noch etwas auf die Kaimauer um den Sonnenuntergang zu genießen.
Abendessen gibt es heute aus dem Kühlschrank. Ich setze mich auf meine Lanai und schaue dem Treiben auf der Straße zu, während ich nach dem Essen noch schnell die Bilder sichere.
Meilen: 158
Wetter: sonnig, 21–29 Grad
Hotel: Best Western Pioneer Inn