Paradise Found – Kalifornien & Hawai’i


Tag 5: Mon­tag, 13. März 2017
In Bloom – Los Ange­les nach Hesperia

„When Cali­for­nia was wild, it was the flowe­riest part of the con­ti­nent.” – John Muir

Nebel, nichts als Nebel hängt heu­te Mor­gen auch über Tor­rance und es sieht für die gesam­te Küste nicht bes­ser aus. Gut, dass ich sowie­so ins Inland will und da soll es wie­der super wer­den. Zuerst fah­re ich nach Pasa­de­na zur City Hall, wo ich ein paar digi­ta­le Bil­der machen möch­te. Ja, so lan­ge ist es her, dass ich hier war, mei­ne Bil­der des beein­drucken­den Gebäu­des sind noch alle auf Dia­film verewigt.

Das Rat­haus von Pasa­de­na wur­de 1927 im Rah­men der City Beau­tiful Bewe­gung erbaut, die Innen­städ­te schö­ner und lebens­wer­ter machen soll­te. Das Gebäu­de hat 235 Räu­me und wird von einer fast 63 Meter Kup­pel über­ragt. Bereits damals betru­gen die Bau­ko­sten 1,34 Mil­lio­nen Dollar.

Durch das offe­ne Mit­tel­por­tal erreicht man den weit­läu­fi­gen Innen­hof. Ein­gangs­tü­ren befin­den sich zu bei­den Sei­ten des Durch­gangs, der reich­hal­tig ver­ziert ist.

Der Innen­hof ist park­ähn­lich ange­legt und dien­te, eben­so wie das Gebäu­de selbst, schon mehr­mals als Kulis­se für Hol­ly­wood­fil­me. So wur­de hier schon „Der gro­ße Dik­ta­tor” mit Char­lie Chap­lin gedreht, eben­so der Film „Dem Him­mel so nah” mit Kea­nu Reeves.

Gegen­über der City Hall sehe ich mir noch die All Saints Kir­che mit dem lusti­gen Brun­nen davor an.

Bevor ich wei­ter fah­re, will ich schnell noch ein paar Brief­mar­ken kau­fen. Und war­um soll­te ich das in irgend­ei­ner x‑beliebigen Post machen, wenn es hier in Pasa­de­na doch so ein wun­der­schö­nes Post Office gibt. 1913 wur­de es im Ita­li­an Renais­sance Stil erbaut und ist seit­dem als sol­ches in Betrieb.

Jetzt fah­re ich aber wei­ter durch die Neben­stra­ßen von Pasa­de­na. Die Stadt ist heu­te ein begehr­tes und nicht mehr ganz bil­li­ges Wohn­ge­biet mit ruhi­gen Stra­ßen und schö­nen Häusern.

Mein letz­tes Ziel für heu­te ist die Colo­ra­do Street Bridge. Die histo­ri­sche Bogen­brücke wur­de 1912 erbaut und über­spannt den Arro­yo Seco. Sie ist 453 Meter lang und bis zu 45 Meter hoch. Lei­der hat die wun­der­schö­ne Brücke den Bei­na­men „Sui­ci­de bridge”, weil sich seit jeher Selbst­mör­der hier her­un­ter­stür­zen. Das war schon kurz nach ihrem Bau so und führt sich bis heu­te fort.

Dann geht es wei­ter nach Nor­den durch die grü­nen Hügel Süd­ka­li­for­ni­ens. Und die sind in die­sem Früh­jahr wirk­lich grün. Nach den ergie­bi­gen Regen­fäl­len des letz­ten Win­ters ist von der sonst so typi­schen brau­nen Land­schaft nichts zu sehen. Es sieht eher aus wie in Irland. So ist die sonst etwas tri­ste Fahrt auf der Inter­sta­te 5 nach Nor­den ein Vergnügen.

Mit­ten im Nir­gend­wo neh­me ich dann eine unschein­ba­re Aus­fahrt, die mich zum Fort Tejon Sta­te Histo­ric Park führt. Der mili­tä­ri­sche Außen­po­sten wur­de 1854 von der US Army gegrün­det, um die hier leben­den Far­mer vor Vieh­die­ben und die ansäs­si­gen Urein­woh­ner des San Joa­quin Val­ley zu schützen.

Fort Tejon liegt am Tejon Pass, der das Cen­tral Val­ley Kali­for­ni­ens mit der Küsten­ebe­ne von Los Ange­les ver­bin­det. Die­se Rou­te, der heu­te die Inter­sta­te 5 folgt, war schon immer ein wich­ti­ger Ver­bin­dungs­weg. Das Fort selbst bestand trotz­dem nur rund 10 Jah­re, bevor es an Bedeu­tung ver­lor und auf­ge­ge­ben wurde. 

Vom Park­platz, auf dem nur zwei Autos ste­hen, gehe ich auf das Gelän­de. Komisch, hier sind viel mehr Men­schen. Wie sind die denn hier­her­ge­kom­men? Das Rät­sel löst sich jedoch erst ein wenig spä­ter. Wäh­rend ich gera­de mei­ne $3 Ein­tritt in den gel­ben Umschlag der Selbst­zah­ler­sta­ti­on stecke, neh­me ich eine Bewe­gung wahr. Da läuft doch ein Reh mit­ten durch das Gelände.

Ich bege­be mich auf Erkun­dungs­tour und wäh­rend ich so los­lau­fe, sehe ich jede Men­ge Erwach­se­ne und noch mehr Kin­der in histo­ri­schen Kostü­men. Jeder scheint irgend­wel­che Auf­ga­ben zu erle­di­gen. Ich neh­me mir vor her­aus­zu­fin­den, was hier gera­de statt­fin­det. Zunächst ein­mal gehe ich aber in eines der Häu­ser, in denen die Sol­da­ten unter­ge­bracht waren. Die heu­ti­gen Gebäu­de sind Repli­ken, die seit 1947 auf dem Gelän­de errich­tet wur­den. Von den ori­gi­na­len Gebäu­den sind nur noch die Grund­mau­ern erhalten.

Wei­ter hin­ten auf dem Gelän­de und am Hang eines klei­nen Hügels, steht die Offi­ziers­un­ter­kunft. Hier wohn­ten die Kom­man­deu­re mit ihren Fami­li­en. So ist das Haus auch wohn­li­cher ein­ge­rich­tet und es gibt getrenn­te Ess- und Schlafzimmer.

Ich gehe um das Haus her­um zur Küche, die man von außen betritt und bekom­me einen Schreck, denn die Küche ist belegt. Drei Frau­en in histo­ri­scher Kluft sind hier gera­de am Kochen. Sie bit­ten mich her­ein und erklä­ren mir, dass hier ein Camp für Schü­ler statt­fin­det, die für 2 Tage so leben, wie die Sol­da­ten vor mehr als 150 Jah­ren. Dazu gehört natür­lich auch die ent­spre­chen­de Nah­rung und die kochen die drei Müt­ter ganz tra­di­tio­nell über dem offe­nen Feuer.

Nun macht es auch Sinn, was die gan­zen ande­ren Leu­te hier machen. Eigent­lich bin ich an die­sem Mon­tag­mit­tag die ein­zi­ge Besu­che­rin, die nicht zum Camp gehört und füh­le mich in mei­ner moder­nen Klei­dung fast ein wenig fehl am Platz. Die Kids aber schei­nen rie­si­gen Spaß zu haben. So mar­schie­ren sie über den Platz, schau­en beim Schmied zu oder ler­nen ande­re hand­werk­li­che Tätig­kei­ten, die damals von Nut­zen waren.

Zum Abschluss mei­nes Besuchs gehe ich noch kurz in das win­zi­ge Muse­um, in dem die Geschich­te des Forts an Hand von ein paar Tafeln erklärt wird. Ein­zi­ges Aus­stel­lungs­stück ist die­se Kano­ne, die aus der Blü­te­zeit von Fort Tejon stammt.

Durch der­zeit grü­ne Hügel und ein­sa­me Land­stri­che fah­re ich wei­ter bis tief ins Ante­lo­pe Val­ley hin­ein. Hier soll sie in rau­en Men­gen zu fin­den sein, die Staats­blu­me des Gol­den Sta­te, die Cali­for­nia Pop­py (Kali­for­ni­scher Mohn). Extra zu ihrem Schutz wur­de hier, nörd­lich von Los Ange­les, ein Sta­te Park ein­ge­rich­tet und laut der Web­site sol­len die oran­ge­nen Blü­ten in die­sem Früh­jahr auch zahl­reich zu sehen sein.

Ich bie­ge also auf den gro­ßen Park­platz ein und ent­rich­te mei­ne $10 Ein­tritt, doch beim ersten Blick auf die Hügel ist die Ent­täu­schung ziem­lich groß. Nicht eine Blu­me zu sehen, weit und breit. Soll die lan­ge Fahrt hier­her etwa umsonst gewe­sen sein?

Beim genaue­ren Hin­schau­en sehe ich dann ein paar ver­ein­zel­te Blü­ten. Das habe ich mir aber anders vor­ge­stellt. Ich bin geknickt.

Am Visi­tor Cen­ter sehe ich dann die­sen Joshua Tree blü­hen. Ja, sieht toll aus, nur habe ich das schon vie­le Male gese­hen. Ich bin hier um Pop­pies zu sehen. 

So gehe ich also ins Visi­tor Cen­ter und schaue mich ein wenig um. Dann fra­ge ich die Ran­ge­rin, wo denn die Pop­pies sind. Sie macht mir wie­der Mut und ver­spricht mir, dass ich sie fin­den wer­de, wenn ich nur tie­fer in den Park hin­ein lau­fe. Sie warnt aber auch davor, nicht die Wege zu ver­las­sen. Nicht nur, um die Pop­pies nicht zu zer­stö­ren, zwi­schen den Blu­men hal­ten sich auch ger­ne Gift­schla­gen auf. Nach­dem ich in New Mexi­co mal eine Klap­per­schlan­ge vor mir im Gras zu sit­zen hat­te, neh­me ich sol­che War­nun­gen auch ernst.

Das ein­zi­ge Lebe­we­sen, das ich hier ent­decke, ist aber die­se klei­ne Echse.

Ich lau­fe nun also zum Trail­head, immer in der Hoff­nung doch noch Pop­pies zu sehen.

Schon nach kur­zer Zeit schöp­fe ich neue Hoff­nung, denn die Hügel in der Fer­ne schim­mern alle oran­ge. Da sind sie also, die Pop­pies und da will ich auch hin. Dafür heißt es aber erst ein­mal die Hügel erklimmen.

Umso höher ich kom­me, desto mehr Blüm­chen sehe ich. Toll sieht das aus. So habe ich mir das vorgestellt.

Etwa zwei Stun­den bin ich kreuz und quer durch den Park unter­wegs, bevor ich ein beson­ders schö­nes Feld mit Pop­pies ent­decke. Hier ragen sie super foto­gen in den knall­blau­en Him­mel. Es ist ein­fach rich­tig schön.

Auch die Fern­sicht ist von hier nicht zu ver­ach­ten. Bis zu den schnee­be­deck­ten Ber­gen rund um das Ante­lo­pe Val­ley reicht mein Blick. Nie­der­schlä­ge gab es im ver­gan­ge­nen Win­ter reich­lich, sodass die Berg­spit­zen auch jetzt im März noch weiß schimmern.

Vie­le Leu­te sind an die­sem Mon­tag­nach­mit­tag hier auch nicht unter­wegs, sodass mir in den zwei Stun­den viel­leicht eine Hand­voll Wan­de­rer begeg­nen. So kann ich in Ruhe immer wie­der stop­pen, um Fotos zu machen.

Am spä­ten Nach­mit­tag fah­re ich schließ­lich hoch zufrie­den wei­ter. Das hat sich doch sehr gelohnt, die­sen wei­ten Umweg ein­zu­schla­gen. Für die heu­ti­ge Nacht habe ich das Springhill Sui­tes in Hes­pe­ria gebucht, denn ich woll­te nicht mehr so weit fah­ren und mor­gen muss ich ja wie­der in Los Ange­les am Flug­ha­fen sein. So passt das ganz gut.

Zum Abend­essen gehe ich nach lan­ger Zeit ein­mal wie­der ins Gol­den Cor­ral, da es recht nah beim Hotel liegt. Das gro­ße Buf­fet bie­tet etwas für jeden Geschmack, auch wenn es nicht über­all die hoch­wer­tig­ste Qua­li­tät ist. Mir schmeckt es und ich gehe zufrie­den und satt zurück ins Hotel.

Als ich zurück ins Hotel kom­me und es mir gera­de auf mei­nem Zim­mer bequem gemacht habe, höre ich plötz­lich Sire­nen, die immer näher kom­men. Ich schaue aus dem Fen­ster und sehe eine gro­ße Grup­pe Men­schen auf dem Park­platz ste­hen. Dann erreicht die Feu­er­wehr das Gelän­de. Anschei­nend wur­de im Hotel neben­an der Feu­er­alarm aus­ge­löst und des­halb das Gebäu­de eva­ku­iert. Etwa eine Stun­de dau­ert das Gan­ze, bevor die Leu­te wie­der zurück auf ihre Zim­mer dürfen. 

Mei­len: 237
Wet­ter: son­nig, 17–32 Grad
Hotel: Springhill Sui­tes Victorville/​ Hes­pe­ria