Paradise Found – Kalifornien & Hawai’i


Tag 2: Frei­tag, 10. März 2017
Field Day – Los Ange­les nach El Centro

„I like to peel it and share it with fri­ends. You can spread the love with an oran­ge.” – Gina Rodriguez

Geschla­fen habe ich gut, bis kurz vor 6 Uhr, dann ste­he ich auf, denn heu­te liegt schon eine ganz schö­ne Strecke vor mir. Vor­hän­ge zurück­zie­hen ist eine rei­ne Freu­de, wenn die Son­ne auf­geht und der Him­mel dazu wol­ken­los ist. So muss das sein. Und noch dazu haben wir momen­tan eine Hit­ze­wel­le. Nach dem gan­zen Regen im Febru­ar ist es kno­chen­trocken und soll bis zu 30 Grad warm wer­den. Perfekt.

Über die 105 und die 605 geht es von Gar­dena zum Pio Pico Sta­te Histo­ric Park. Auch die­sen Park ken­ne ich aus mei­nem Pass­port 2 Histo­ry, den ich vor 3 Jah­ren gekauft habe und der mich seit­dem zu vie­len inter­es­san­ten Zie­len in Süd­ka­li­for­ni­en geführt hat.

Pio Pico war der letz­te mexi­ka­ni­sche Gou­ver­neur von Alta Cali­for­nia, das 1769 von Gas­par de Por­to­la gegrün­det wur­de. Bis zum Unab­hän­gig­keits­krieg Mexi­kos im Jahr 1822 gehör­te es zu Spa­ni­en, danach zu Mexi­ko. Zur Regi­on gehör­ten ganz Kali­for­ni­en, Neva­da und Utah sowie Tei­le von Ari­zo­na, New Mexi­co, Colo­ra­do und Wyo­ming. Der größ­te Teil des Lan­des wur­de nie rich­tig besie­delt. Die berühm­ten Land Grants wur­den über­wie­gend an der Küste des heu­ti­gen Süd­ka­li­for­ni­ens ver­teilt. Eini­ge der Ran­chos habe ich schon auf ver­gan­ge­nen Rei­sen besucht, ein paar wei­te­re wer­den auf die­ser Tour dazu kom­men. Die­ses Haus aber war das letz­te Wohn­haus von Pio Pico, der es 1853 erbau­en ließ, als Kali­for­ni­en bereits zu den USA gehör­te. Das Land erwarb er ab 1848 nach dem Mexikanisch-​amerikanischen Krieg.

Heu­te ist das Anwe­sen sehr schön restau­riert, doch das war nicht immer so. Mehr­mals stand es kurz vor der Zer­stö­rung. Zum ersten Mal bereits 1867, als es durch eine Über­schwem­mung des San Gabri­el Rivers beschä­digt wur­de. Bei einer wei­te­ren Flut im Jahr 1882 wur­de es fast zer­stört. 1898 begann die Stadt Whit­tier in der Gegend eine Trink­was­ser­an­la­ge zu bau­en. Doch 1907 kauf­te Har­riet Wil­liams Rus­sell Strong das Haus. Sie kann­te Pio Pico seit 1867 und tat sich mit ande­ren Anwoh­nern zusam­men, um das Haus zu ret­ten. 1909 wur­de es schließ­lich restau­riert und 1927 zu einem der ersten Sta­te Histo­ric Parks in Kalifornien.

Die bewe­gen­de Geschich­te des Hau­ses war damit jedoch noch nicht vor­bei. 1987 wur­de es wäh­rend des Whit­tier Nar­rows Erd­be­ben stark beschä­digt und 1994 wäh­rend des Nor­thridge Erd­be­bens kamen wei­te­re Zer­stö­run­gen hin­zu. Schließ­lich soll­te eine Restau­rie­rung 2,5 Mil­lio­nen Dol­lar kosten. Am 20. Sep­tem­ber 2003 konn­te der Park nach über 16 Jah­ren end­lich wie­der geöff­net wer­den. Doch auch 2008 und 2011 war er von der Schlie­ßung bedroht, als dem Staat Kali­for­ni­en das Geld fehl­te, sei­ne Sta­te Parks zu unter­hal­ten. Damals sam­mel­ten Bür­ger Geld, um das Haus offen zu hal­ten und so kann es bis heu­te besich­tigt werden.

In einem der Räu­me hän­gen Bil­der von Pio Pico und sei­ner Frau María Igna­cia Alva­ra­do. Pio Pico wur­de am 5. Mai 1801 in New Spain, dem heu­ti­gen Mexi­ko gebo­ren und hat­te spa­ni­sche, afri­ka­ni­sche und india­ni­sche Vorfahren.

Das Haus ist im typi­schen Ado­be Stil gebaut und man kann von so ziem­lich jedem Raum nach drau­ßen tre­ten, wie es in die­sen mexi­ka­ni­schen Häu­sern üblich war. Auch sonst ist das Haus wie zu Leb­zei­ten von Pio Pico eingerichtet.

Hin­ter dem Haus lie­gen ein klei­ner Gar­ten sowie ein Oran­gen­hain. Frü­her war das Gelän­de viel grö­ßer, doch der Rest des Lan­des wur­de verkauft.

Ver­stor­ben ist Pio Pico, der einst einer der reich­sten Män­ner Kali­for­ni­ens war, übri­gens völ­lig ver­armt im Haus sei­ner Toch­ter, denn sein gelieb­tes Anwe­sen ver­lor er 1892 an den Anwalt Bern­hard Cohn. Der ließ den damals 91-​jährigen Pio Pico aus sei­nem Haus wer­fen. Bereits 1883, nach der letz­ten Flut, bekam Pio Pico einen, wie er dach­te, Kre­dit von Cohn. Als Sicher­heit hin­ter­leg­te er sei­nen Besitz. Da Pio Pico jedoch zu die­sem Zeit­punkt weder Eng­lisch lesen noch schrei­ben konn­te, wuss­te er nicht, was er da unter­schrieb. Er ver­klag­te Cohn, doch ver­lor auch vor Gericht. Den Rest sei­nes Ver­mö­gens hat­te er bereits zuvor durch sein Glücks­spiel, Betrug sowie schlech­te Geschäfts­ent­schei­dun­gen verloren.

Wei­ter geht die Fahrt in Rich­tung Osten nach Bald­win Park. Hier wur­de 1948 eine der belieb­te­sten kali­for­ni­schen Fast Food Ket­ten gegrün­det, In-​n-​Out Burger.

In-​n-​out Bur­ger wur­de 1948 von Har­ry und Esther Sny­der unweit die­ser Stel­le in Bald­win Park gegrün­det und ist noch heu­te ein Fami­li­en­un­ter­neh­men. Gelei­tet wird es von der ein­zi­gen Enke­lin der Grün­der, nach­dem bei­de Söh­ne früh ver­star­ben. Lyn­si Sny­der ist der­zeit Che­fin und war bei ihrer Fir­men­über­nah­me die jüng­ste Mil­li­ar­dä­rin der USA, denn so viel ist das Bur­ger­im­pe­ri­um heu­te wert, das mit die­sem klei­nen Drive-​thru begann.

Der histo­ri­sche Bur­ger­la­den ist lei­der nicht mehr das Ori­gi­nal, denn das muss­te bereits in den 1950ziger Jah­ren dem Free­way­bau wei­chen. 2014 errich­te­te man gleich neben der Stel­le die­se Replik, die Besu­cher seit­dem in die Anfangs­zeit von In-​n-​out Bur­ger zurückführt.

An weni­gen Tagen in der Woche wird für ein paar Stun­den das gro­ße Roll­tor zur Sei­te gescho­ben und man kann direkt auf das Gelän­de fah­ren. Dann ist hier auch ein Mit­ar­bei­ter der Ket­te vor Ort und erklärt alles, was man zu sehen bekommt. So tref­fe ich Shau­na, die mich hier herz­lich will­kom­men heißt. Als Erstes lädt sie mich ein, sich den win­zi­gen Bur­ger­la­den doch ein­mal von innen anzu­se­hen. Auf klein­stem Raum ste­hen hier Frit­teu­se, Grill und Kaf­fee­ma­schi­ne. Natür­lich darf auch ein Kühl­schrank nicht feh­len. Ach ja, das klei­ne Gerät an der Wand mit dem gro­ßen Griff, das ist der Pom­mes Schnei­der, denn alles bei In-​n-​out wird aus fri­schen Zuta­ten her­ge­stellt, das ist bis heu­te ihr Markenzeichen.

Frisch heißt zum Bei­spiel, dass kein gefro­re­nes Rind­fleisch genutzt und der Salat frisch gezupft wird. Des­halb gehört auch eine Bou­let­ten­fa­brik zu In-​n-​out oder bes­ser gesagt seit kur­zem zwei, denn seit man nach Texas expan­dier­te, wur­de der Trans­port­weg aus Bald­win Park ein­fach zu weit. So rich­tig groß wur­de die Ket­te übri­gens erst in den letz­ten Jah­ren. Noch 1988, 40 Jah­re nach der Grün­dung, gab es gera­de mal 50 Restau­rants, 1994 dann 100, 2005 schon 200 und 2015 wur­de der 300ste Laden geöff­net. Lan­ge Zeit waren alle Pro­duk­te auch nur zum Mit­neh­men erhält­lich. Erst 1979 eröff­ne­te das erste Restaurant.

Ich aber bekom­me von Shau­na ein typi­sches Papier­hüt­chen und darf mich für einen kur­zen Moment ein­mal so füh­len wie Esther und Har­ry Sny­der im Jahr 1948. Fehlt nur das Auto, das vor­fährt, nach­dem der Fah­rer am damals revo­lu­tio­nä­ren Laut­spre­cher­sy­stem sei­ne Bestel­lung auf­ge­ge­ben hat. Ach ja, ganz so gesund war man sei­ner­zeit dann doch noch nicht, denn am ersten Drive-​Thru gab es auch einen Zigarettenautomaten. 

In den ersten 10 Jah­ren erhiel­ten die Gäste alle Geträn­ke nur in Fla­schen. Erst 1958 wur­de die Geträn­ke­zapf­an­la­ge eingeführt. 

Und noch eine klei­ne Beson­der­heit der In-​n-​out Bur­ger­ket­te kann man hier ent­decken, sofern man denn weiß, dass es sie gibt. Fast jeder Laden hat, zumin­dest seit 1972, eine gekreuz­te Pal­me vor dem Gebäu­de zu ste­hen. Grün­der Har­ry Sny­der lieb­te den Film „Eine total, total ver­rück­te Welt”, in dem ein Schatz unter einer Pal­men­grup­pe zu fin­den sein soll, die einem W ähnelt. Und da In-​n-​out Bur­ger sein Schatz war, ließ er die­se Pal­men pflanzen.

Auf der ande­ren Sei­te des Free­ways, nur ein paar Schrit­te ent­fernt, gibt es übri­gens einen moder­nen In-​n-​out, in dem man die berühm­ten Bur­ger auch gleich pro­bie­ren kann und gegen­über den Com­pa­ny Store, in dem es so eini­ge klei­ne Fan­ar­ti­kel zu kau­fen gibt.

Schließ­lich ver­ab­schie­de ich mich von Shau­na. Es hat Spaß gemacht, mit ihr über ihren Arbeit­ge­ber zu plau­dern. Jetzt muss ich aber lang­sam Strecke machen. Es ist schon Mit­tag und ich bin immer noch im Groß­raum Los Ange­les. Zeit auch ein­mal kurz mein Auto vor­zu­stel­len. Die­sen Jeep Rene­ga­de Trail­hawk habe ich aus der Eme­r­ald Line ausgesucht.

So rich­tig weit kom­me ich aber immer noch nicht, immer­hin bis River­si­de. In die­ser Gegend füh­le ich mich so rich­tig zu Hau­se, denn hier im Inland Empire habe ich 1995 als Aus­tausch­schü­le­rin gelebt. Und so wuss­te ich auch, dass Oran­gen nicht nur aus Flo­ri­da, son­dern auch aus Kali­for­ni­en kom­men. Den Cali­for­nia Citrus Sta­te Histo­ric Park habe ich aber trotz­dem noch nie zuvor besucht.

Der 1915 gegrün­de­te Sta­te Park ent­führt den Besu­cher in eine Zeit, in der Zitrus­früch­te König waren in Kali­for­ni­en. Beson­ders die Navel Oran­gen aus River­si­de waren heiß begehrt und hier im Park wach­sen sie auch noch über­all. An jedem Baum hän­gen dicke, pral­le Früchte.

Auf einem Rund­gang kann man den Bäu­men ganz nahe kom­men und nicht nur denen. Über­all lau­fen klei­ne Eidech­sen her­um und ver­schwin­den schnell wie­der im Gebüsch.

Im ange­schlos­se­nen Muse­um wird die Geschich­te des zwei­ten Gold­rau­sches im Gol­den Sta­te erzählt. Der bestand nicht aus dem Abbau von Erzen, son­dern aus Oran­gen, Zitro­nen und Grape­fruit, die unter kali­for­ni­scher Son­ne reif­ten. Alles begann 1873 mit zwei klei­nen Navel­oran­gen­bäu­men, die in die­sem Kli­ma und der hie­si­gen Erde per­fekt wuch­sen. Ein wah­rer Run auf die Zitrus­in­du­strie entstand.

Her­vor­ge­gan­gen aus die­sem Boom ist auch die welt­weit bekann­te Fir­ma Sun­kist. Trink­päck­chen waren es, die die Fir­ma welt­be­kannt mach­ten. Noch heu­te ist Sun­kist eine Genos­sen­schaft der Zitrus­bau­ern, der rund 6000 Mit­glie­der ange­hö­ren, die haupt­säch­lich aus Kali­for­ni­en und Ari­zo­na kommen.

Am Ende des Rund­gangs kann ich sie dann selbst bestau­nen, die klei­nen und gro­ßen Früch­te, die Kali­for­ni­en ein­mal mehr einen Bevöl­ke­rungs­schub und den Ruf des gol­de­nen Staa­tes bescher­ten. An dem Tag, an dem ich im Muse­um war, gab es sogar eine Ver­kö­sti­gung der fri­schen Früch­te, denn die wer­den auch heu­te noch geern­tet und verkauft.

Nur unweit von River­si­de ent­fernt, in Red­lands, will ich schließ­lich noch das Her­ren­haus Kim­ber­ly Crest besu­chen. Hier war ich schon ein­mal, doch damals war geschlos­sen. Heu­te jedoch soll geöff­net sein.

Kim­ber­ly Crest ist ein vik­to­ria­ni­sches Her­ren­haus, das 1897 im Sti­le eines fran­zö­si­schen Schlos­ses für Cor­ne­lia A. Hill erbaut wur­de. Im Jahr 1905 kauf­te John Alfred Kim­ber­ly, Mit­be­grün­der von Kimberly-​Clark, das Anwe­sen, um dem kal­ten Win­ter in Wis­con­sin zu ent­kom­men. Die Fami­lie nutz­te das Haus bis zum Tod von John Alfred Kim­ber­lys ver­wit­we­ter Toch­ter Mary Kim­ber­ly Shirk im Jahr 1979. Nach ihrem Tod ver­mach­te sie das Haus der Stadt Red­lands, die es seit­dem als Muse­um betreibt.

Wer jetzt aller­dings auf Innen­auf­nah­men gehofft hat, den muss ich ent­täu­schen. Erstens darf man im Haus mal wie­der sowie­so nicht foto­gra­fie­ren und zwei­tens habe ich es auch die­ses Mal nicht nach drin­nen geschafft. Die Tour star­te­te näm­lich kurz bevor ich ankam und Nach­züg­ler gestat­tet man nicht. Über­haupt war die Dame im Visi­tor Cen­ter lei­der etwas arro­gant und abwei­send, eher unty­pisch für die USA. Eine gan­ze Stun­de konn­te und woll­te ich aber nicht war­ten und so habe ich nun zumin­dest schon mal den Gar­ten und das Haus von außen gese­hen. irgend­wann wer­de ich es auch noch nach drin­nen schaffen.

Es ist schon nach halb drei als ich end­lich den Park­platz ver­las­se und in Rich­tung El Cen­tro auf­bre­che. Ich fah­re an Palm Springs vor­bei, wo ich spä­ter auf die­ser Rei­se noch­mals sein wer­de, in Rich­tung Sal­ton Sea und schließ­lich nach El Cen­tro, das ich mit Ein­bruch der Dun­kel­heit errei­che. Als Hotel habe ich das Tow­ne Place Sui­tes von Mar­riott gebucht, wo ich eine Stan­dard Stu­dio Suite beziehe.

Wer sich jetzt schon wun­dert, war­um ich so kreuz und quer fah­re, dem sei gesagt, dass ich auf die­ser Rei­se kei­ner logi­schen Rou­te fol­ge, son­dern alle Wege auf Grund von Öff­nungs­zei­ten der ver­schie­de­nen Attrak­tio­nen zu Stan­de kamen. So auch die Fahrt nach El Cen­tro, denn der Sai­son Start der Blue Angels ist nun mal am 11. März 2017 auf der Naval Air Faci­li­ty El Cen­tro und dort will ich mor­gen hin.

Mei­len: 258
Wet­ter: hei­ter, 21–33 Grad
Hotel: Tow­ne Place Sui­tes El Centro