Tag 15: Donnerstag, 23. März 2017
Off the beaten Path – Arroyo Grande nach Oxnard
„You know, every family and business in California knows what it means to go through tough times.” – Carly Fiorina
Schon am Morgen ist der Himmel heute wieder knallblau. So richtig warm ist es aber noch immer nicht, doch es wird besser. So sitze ich dann nach dem Frühstück wieder im Auto und fahre weiter nach Süden. Heute folge ich aber nicht der US 101, sondern bleibe auf dem Highway 1. Diese Strecke bin ich schon sehr lange nicht mehr gefahren, da sie eigentlich ein Umweg ist, doch mein nächstes Ziel liegt an genau diesem Schlenker – der La Purisima Mission State Historic Park.
Einst führte hier der El Camino Real, der Königsweg, entlang, was an dieser Glocke zu erkennen ist. Überall in Kalifornien findet man diesen Hinweis auf den 970 Kilometer langen Weg, der die kalifornischen Missionen miteinander verband.
Zwischen 1683 und 1834 gründeten spanische Missionare die Missionen, zu denen auch La Purisima Concepción, wie die Mission mit vollem Namen heißt, gehört. Um den Austausch zwischen den Missionen zu gewährleisten, waren diese immer einen Tagesritt (in etwa 50 Kilometer) voneinander entfernt.
Die La Purisima Mission wurde am 8. Dezember 1787 von den Franziskanern gegründet und war die 11. der 21 Missionen Kaliforniens. Bereits 1812 wurde sie bei einem Erdbeben zerstört. Der Wiederaufbau fand einige Meilen von der ersten Anlage entfernt statt und kann heute als State Park besichtigt werden.
Ich stelle mein Auto auf dem Parkplatz ab und bezahle mein Eintrittsgeld bevor ich mich auf den Weg zur Mission mache. Über einen kleinen Bach führt der Weg durch ein paar Bäume und gibt dann den Blick auf die Kirche frei. Sie ist auch der erste Ort, den ich besichtige.
In der katholischen Kirche wurde Gottesdienste abgehalten und Taufen durchgeführt. Besonders Mitglieder der Chumasch Indianer wurde hier zum Christentum bekehrt.
Doch die Kirche ist nicht das einzige erhaltene Gebäude der Mission. La Purisima ist die am besten erhaltene Missionsanlage in ganz Kalifornien. Zu ihr gehören umfangreiche Nebengebäude, auch wenn heute nicht einmal 1% des ehemaligen Missionsgrundstücks zum State Park gehört.
Gleich neben der Kirche liegen die Unterkünfte einiger Bewohner der Mission. Dazu gehörten neben den Priestern besonders konvertierte Chumasch Indianer, die hier in handwerklichen Berufen ausgebildet wurden.
Im Gebäude daneben lebten die Priester, die nicht nur Wohn- und Schlafräume hatten sondern auch eine private Kapelle.
Auch viele andere Nebengebäude sind liebevoll restauriert worden. So gibt es eine Mühle, einen Schmied, eine Bäckerei und vieles mehr zu entdecken. Schön ist, dass ich alle Räume auf eigene Faust erkunden kann und das tue ich auch ausführlich.
Interessant ist die frühe Toilettenanlage, die sich im Wohnbereich der Priester befindet.
Zur Mission gehörten einst auch viele Tiere. Bis zu 20.000 Nutztiere wurden hier versorgt. Heute gibt es nur noch ein paar wenige Exemplare, die hier bei den Stallungen zu sehen sind.
Nach der Auflösung der Missionen in ihrer ursprünglichen Form im Jahr 1834, verlor La Pruisima immer mehr an Bedeutung. Ab 1845 wurde das Gelände mehrmals verkauft und schließlich verlassen. Als die Mission 1933 in die Hände der Allgemeinheit übergeben wurde, lag sie völlig in Ruinen. Bereits ab 1934 begannen das Santa Barbara County, der Staat Kalifornien, der National Park Service sowie das Civilian Conservation Corps jedoch mit der Renovierung. Nach deren Abschluss erstrahlte La Purisima wieder wie in ihrer Hochzeit im Jahr 1820.
Ich fahre weiter nach Solvang. Doch irgendwie habe ich heute gar keine Lust anzuhalten und so fahre ich nur bei Mission Santa Ines vorbei und mache ein Foto. Die Mission wurde im Jahr 1807 gegründet und lag ungefähr auf halber Strecke zwischen der Mission Santa Barbara und der Mission La Purisima.
Dann geht es auch schon weiter nach Süden. An einem Viewpoint halte ich, um einen Blick auf den Lake Cachuma sowie den Bradbury Dam zu werfen.
Der Bau des Bradbury Damms begann im Jahr 1950 und wurde im Jahr 1953 beendet, um die Wasserversorgung für Santa Barbara und umliegende Gemeinden sicherzustellen. Dazu wurde der Santa Ynez River aufgestaut, der zwar im Frühjahr oft viel Wasser durch die Schneeschmelze führt, im Herbst aber durchaus austrocknen kann. Durch den Damm kann das Wasser nun gespeichert werden und steht das ganze Jahr über zur Verfügung.
Gegen 13 Uhr erreiche ich schließlich Santa Barbara. Schon oft war ich in der Stadt und habe einiges besichtigt. So lasse ich heute mal das schöne Courthouse, die Mission und die kompakte Innenstadt links liegen und fahre zum El Presidio de Santa Barbara State Historic Park. Die historischen Gebäude habe ich schon oft von außen gesehen, aber ich kann mich nicht erinnern, schon einmal drinnen gewesen zu sein. Zuerst muss ich aber mein Auto parken. Die teuren Parkhausgebühren will ich aber nicht zahlen und so fahre ich ein wenig um den Block. Und ich habe Glück. Nur einen Block vom Presidio entfernt, finde ich eine Parklücke. Ich stelle das Auto ab und laufe zum Park zurück.
Das Presidio von Santa Barbara ist der letzte von vier Außenposten, die die Spanier einst in Alta California errichteten. Gegründet wurde es 1782 auf Anordnung von König Carlos III., um die Präsenz der Spanier in dieser Region zu stärken. Während im Osten des Kontinents der Unabhängigkeitskrieg tobte, errichten die Spanier seinerzeit noch Außenposten in San Diego, San Francisco und Monterey. Ein Presidio spielte eine wichtige Rolle während der Besiedlung von Kalifornien. Es beschützte die Siedler und Missionen und war gleichzeitig der Sitz der Regionalregierung.
Im Visitor Center entrichte ich den Eintritt und trete dann in den Innenhof des Presidios ein. Die Anlage ist heute nicht mehr ganz vollständig, denn sie war lange verfallen und durch einige Teile wurde später Straßen gebaut. Dieser Innenhof ist aber noch intakt und lag eigentlich innerhalb der Verteidigungsmauern, die das gesamte Gelände umgaben. Der Teil, der heute zum Park gehört, ist nur ein kleiner Teil der Anlage.
Ganz prominent steht im Innenhof die Statue von König Carlos III., der einst den Bau des Presidios anordnete. Umgeben ist er von Palmen und Orangenbäumen.
Zum Presidio gehören auch einige Wohnhäuser von Soldaten. Eines der Gebäude ist sogar das älteste Haus in Santa Barbara und das zweitälteste in ganz Kalifornien.
Das erste Gebäude, das ist betrete, ist die imposante Kirche, die einst das gesamte Presidio überragte. Sie ist auch die erste Kirche, die in der neuen Stadt Santa Barbara erbaut wurde.
Daneben befinden sich die Wohnräume der Priester sowie weitere Verwaltungsräume des Presidios.
Neben der Kirche und den angeschlossenen Gebäuden, gehören noch weitere Häuser zum historischen Kern von Santa Barbara. Eines, das ebenfalls besichtigt werden kann, ist das Casa de la Guerra. Das Haus wurde zwischen 1818 und 1828 von José de la Guerra erbaut, der der 5. Kommandant des Presidios war. Sein Haus war der gesellschaftliche Mittelpunkt des mexikanischen Santa Barbara und seine Nachkommen lebten hier noch bis 1943.
Die historischen Gebäude in Santa Barbara haben auch schon hohen Besuch bekommen. Im Jahr 2013 waren der damalige spanische Kronprinz und heutige König Felipe und seine Frau Letizia zu Gast im Museum.
Auf dem US 101 geht es nun weiter nach Süden.
Doch in folge der Straße nur ein kleines Stück, bevor ich in Ventura auf den Highway 126 abbiege, der mich nach Fillmore und Santa Paula bringen soll. Hier will ich zwei Museen besuchen, die ich wieder einmal über den Passport2History gefunden habe. Mein erster Stopp führt mich in das Fillmore Historical Museum.
Das Fillmore Historical Museum besteht aus mehreren historischen Gebäuden, die hierher versetzt worden sind, um die Geschichte der frühen Besiedlung des Santa Clara Valleys zu erzählen. Im Haupthaus sind viele Zimmer nach einer Epoche mit Ausstellungsgegenständen bestückt und wenn man alles genau anschauen wollte, wäre man sicherlich Stunden beschäftigt.
Zwei Dokumentationen sind mir aber besonders ins Auge gestochen. Die Erste zeigt Bilder von Fillmore nach dem verherenden Northridge Erbeben im Jahr 1994. Es war der 17. Januar um 4:31 Uhr am Morgen, als ein Erbeben der Stärke 6.7 das San Fernando Valley erschütterte, das etwas 20 Meilen nördlich von Los Angeles liegt. Das Erdebeben wurde an einer bis dato undokumentierten Verwerfung ausgelöst und ist das bisher teuerste Beben der amerikanischen Geschichte. 57 Tote waren zu beklagen und die Schäden umfassten mehr als $20 Milliarden. Auch Fillmore hatte schwer unter dem Beben zu leiden, denn das Epizentrum lag nur etwas 30 Meilen entfernt. Die historische Main Street von Fillmore wurde damals völlig zerstört. Die Bilder sind stumme Zeugen dieses verherenden Tages. Rund 500 Gebäude wurden zerstört oder stark beschädigt. Glücklicherweise gab es hier keine Toten, was wohl der frühen Stunde sowie dem Feiertag, an dem das Beben stattfand, zuzuschreiben ist.
Während ich vom Northridge Erbeben schon öfter gehört und sogar mit Zeitzeugen gesprochen habe, war mir die andere Katastrophe, die das kleine Städtchen heimsuchte, bisher völlig unbekannt. Der San Francis Dam wurde zwischen 1924 und 1926 nördlich von Fillmore erbaut. Leitender Ingenieur war William Mulholland, der dafür Sorge tragen sollte, dass Los Angeles während des Wasserkrieges (man sprengte damals einen Teil des Los Angeles Viadukts) weiterhin mit Trinkwasser versorgt werden konnte. Heute weiß man, dass der Fels im San Francisquito Canyon ungeeignet ist, um eine Talsperrenanlage darauf zu gründen, doch damals erkannten die Geologen dieses noch nicht. So wurde der Damm fertiggestellt und die dahinterliegende Talsperre befüllt. Weiterhin wurde während des Baus zwei Mal entschieden, die Staumauerhöhe zu verändern. Das jedoch, ohne die Breite der Mauer zu ändern. Bei Gewichtsstaumauern, wie auch dem Hoover Dam, ist so etwas aber fatal, denn diese Mauern nutzen ihr Eigengewicht um dem Wasserdruck zu wiederstehen. Am 12. März 1928 um 23:57 Uhr kam es schließlich zur Katastrophe, nur 12 Stunden nachdem Mulholland den Damm nochmals inspiziert hatte. Es gab keine überlebenden Augenzeugen des Bruches, aber ein Mann, der einen Kilometer entfernt auf der Straße war, erinnerte sich später an ein seltsames Rütteln des Bodens und den Klang von stürzenden, fallenden Steinen. Deshalb weiß man auch bis heute nicht genau wie und warum die Staumauer versagte. 45 Millionen Kubikmeter Wasser stürzten den San Francisquito Canyon hinab und schließlich weiter in den Santa Clara River. Die Städte Castaic Junction, Fillmore, Bardsdale und Santa Paula wurden schwer getroffen. Die genaue Opferzahl ist bis heute unbekannt. Eine offizielle Zählung vom August 1928 ergab 385 Tote. Allerdings wurden jedes Jahr, bis in die 1950er Jahre, weitere Leichen entdeckt und die Überreste eines weiteren Opfers wurden noch 1992 bei Newhall tief im Boden gefunden. Generell anerkannt ist eine Zahl zwischen 550 und 600 Toten.
Ebenfalls zum Museum gehört das Southern Pacific Depot aus dem Jahr 1887. Es war eines der wichtigsten Gebäude für die Besiedlung der Gegend. Hier wurde Fracht angeliefert und verschickt und auch die Züge nach Los Angeles fuhren hier ab.
Im Museum zu sehen ist auch dieser wunderschön restaurierte Truck. Alle Arbeiten hier werden übrigens ausschließlichen von Freiwilligen in deren Freizeit durchgeführt.
Das Hinckley Haus wurde 1905 im Craftsman Style für Fillmores ersten Zahnarzt, Dr. Ira Hinckley, erbaut und ist heute wie in den 1920ziger Jahren eingerichtet.
Nach diesem interessanten Besuch verlasse ich Fillmore bereits wieder und fahre ein Stück zurück Richtung Pazifik.
Ich erreiche Santa Paula, wo sich das California Oil Museum befindet. Wenn man an Ölproduktion denkt, dann denkt man an Texas, vielleicht noch Oklahoma, aber Kalifornien kommt da nicht sofort in den Sinn. Und doch ist der Staat einer der größten amerikanischen Ölproduzenten. Die Ölförderung findet heute größtenteils auf Plattformen vor der Küste statt, wo genau, das werde ich morgen noch sehen. Heute will ich erst einmal das Museum anschauen. Und das ist im 1890 errichteten ehemaligen Hauptquartier der ersten kalifornischen Ölgesellschaft Union Oil zu finden.
Die Zeit drängt langsam, denn ich habe mich in Fillmore mal wieder viel zu lange festgequatscht. Als ich das Museum betrete, werde ich von einer etwas gelangweilt wirkenden jungen Dame begrüßt, die mir gleich mal eröffnet, dass sie mir die oberen Räume des Museums (die die Büros von union Oil beherbergen) nicht mehr zeigen kann, da es schon so spät sei und sie hier nicht weg könne. Ich könne mich aber noch ein wenig im Erdgeschoss umsehen, wenn ich denn will. Will ich natürlich, auch wenn es schade ist, dass ich nun nur das halbe Museum zu sehen bekomme.
Die Bilder können das Museum gar nicht richtig wiedergeben, denn neben den diversen Ausstellungsstücken gibt es auch viele Stationen, an denen man an Hand von interaktiven Ausstellungsstücken mehr über die Ölförderung erfahren kann. Und das ist richtig interessant. Auch Produkte, zu deren Herstellung Erdöl verwendet wird, werden vorgestellt.
Das absolute Highlight aber ist wohl diese historische Ölförderanlage. 1890 erbaut wurde die Anlage in den 1940ziger Jahren von den Ölfeldern gerettet und vor der Verschrottung bewahrt. Das coolste aber ist, sie ist auf Knopfdruck völlig funktionstüchtig.
Ein kleines Stück muss ich nun noch fahren, bevor ich mein Hotel für heute Nacht erreiche. Das Hampton Inn liegt direkt am Hafen von Oxnard. Hier gefällt es mir sehr gut und ich beziehe eine schönes Zimmer mit Balkon.
Am Abend mache ich noch einen kurzen Spaziergang und entdecke dabei diese Hotelruine, die nur unweit des Hampton Inn liegt. Das Casa Sirena war viele Jahre lang in elegantes Resort direkt am Wasser. Später kam es bereits zu einem recht veralteten Motel herunter und wurde 2009 schließlich ganz geschlossen. Seitdem steht es verlassen neben dem Hampton Inn und wartet auf die Abrissbirne, denn eigentlich soll hier, wo neben dem Hampton Inn schon eine hippe Wohnanlage entstanden ist, noch ein weiteres Hotel gebaut werden.
An einigen Stellen sieht das Haus schon ziemlich heruntergekommen aus, doch an anderen glaubt fast, die Gäste würden gleich kommen. Im Innenhof stehen auch zwei Meerjungfrauen, denn Sirena heißt auf Spanisch Meerjungfrau. Angeschlossen an das Hotel ist auch das ehemalige Restaurant „Lobster Trap”, das von 1973–2009 feine Küche für Oxnard und seine Gäste anbot.
Das Hotel hier am Hafen habe ich aber nicht nur wegen der tollen Lage gewählt, der Hauptgrund ist der morgige Tag, aber das ist eine andere Geschichte, die ich erst im nächsten Kapitel erzählen werde.
Meilen: 219
Wetter: sonnig, 12–21 Grad
Hotel: Hampton Inn Channel Islands Harbor