Tag 13: Dienstag, 21. März 2017
Fight, Love, Live – San Francisco nach Gilroy
„I have always lived my life with enthusiasm and pleasure.” – Joan Collins
Es regnet, als ich in Los Angeles lande. Die Hitzewelle ist anscheinend auch vorbei, denn laut Pilot sind gerade mal 50 Grad F. Ganz schön frisch nach mehreren Tagen auf einer tropischen Insel. Doch aussteigen tue ich hier sowieso nicht, denn während der Planung kam ich auf die Idee, doch nach San Francisco zu fliegen und von dort wieder nach LA zu fahren. Leider gab es dann keine Verfügbarkeit mehr auf Non-Stop Flügen, sodass ich nun also in Los Angeles umsteige.
Schon eine gute Stunde später geht es weiter. Ich versuche noch etwas zu schlafen, denn ich bin ganz schön geschafft und es liegt noch ein ganzer Tag vor mir, bevor ich wieder ein Hotelzimmer habe.
Pünktlich um 9 Uhr morgens erreicht die Maschine San Francisco und es regnet auch hier. Na super, sollte mich jetzt etwa mein Wetterglück verlassen?
Erst einmal heißt es aber Gepäck holen und dann zu Hertz, bei denen ich das günstigste Angebot gefunden hatte. Leider ist die Anmietung etwas anstrengend und der mir zugewiesene Wagen entpuppt sich als ein uralter Patriot, der Beulen und Schrammen hat und innen nicht sehr sauber ist sowie 50.000 Meilen auf dem Tacho hat. Nein, mit dem will ich nicht fast eine ganze Woche unterwegs sein. So gehe ich zu einem Mitarbeiter und bitte um einen Autotausch. Erst ist man nicht gewillt, man erzählt mir, dass der Patriot doch Winterreifen hätte. Na toll, die brauche ich weder, denn in die Sierra Nevada will ich nicht, noch bin ich von deren Qualität bei dem hohen Tachostand sonderlich überzeugt. So lasse ich nicht locker und bekomme schließend einen Tucson, der wesentlich neuer ist und sauber.
Ich verlasse die Parkgarage und siehe da, der Regen hat aufgehört. Zaghaft wagt sich sogar schon die Sonne hervor. Das ist ja super. Leider musste ich schon im Vorfeld einige der Ziele wieder streichen, die ich mir vorgenommen hatte, da nach den heftigen Regenfällen des letzten Winters nicht nur der Highway 1 an verschiedenen Stellen verschüttet wurde, sondern auch einige Straßen im Bergland zwischen San Francisco und San Jose.
Die City by the Bay lasse ich auf dieser Reise aber trotzdem links liegen und fahre auf der Interstate 280 nach Süden. Ich habe beschlossen noch einmal nach Filoli zu fahren.
Der Name Filoli für ein Haus scheint auf den ersten Blick etwas seltsam, doch die Erklärung dahinter ist ganz einfach. Der Name ist ein Akronym. Der Leitspruch des Erbauers William Bowers Bourn II. war „Fight for a just cause; Love your fellow man; Live a good life“ also abgekürzt Fight, Love, Life und davon die ersten 2 Buchstaben ergibt Filoli. Das ist so wie z.B. der Name von Hanuta, was eigentlich ein Akronym für Haselnusstafel ist. Jedenfalls ließen Mr. Bourn und seine Frau Agnes das Haus 1915 für sich erbauen und lebten dann bis 1935 hier. Interessanterweise gehörte Mr. Bourn auch Mukross House in Irland, das ich in 2006 einmal besichtigt habe und man sagt, er hätte Filoli danach entworfen. Aber zurück nach Kalifornien.
Nach dem Tod von Mr. und Mrs. Bourn wurde das Anwesen an William P. Roth verkauft. Seine Frau war es dann, die das Haus und die Gärten im Jahr 1975 dem National Trust for Historic Conversation vermachte, dem es heute noch gehört und der es für Besucher öffnete. Zu finden ist das Anwesen etwa auf halber Strecke zwischen San Francisco und San Jose im kleinen Städtchen Woodside.
Und wem das Haus jetzt trotz der üppigen Bepflanzung bekannt vorkommt, der hat nicht ganz unrecht. Es war schon in einigen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen. Die wohl bekannteste ist aber noch immer der Denver Clan (OT: Dynasty), wo es als Stammsitz der Familie Carrington diente. Die TV-Serie wurde aber kaum hier gedreht. Nur der Pilotfilm sowie die ersten Folgen entstanden im Haus. Danach wurden die Zimmer im Studio nachgebaut und die Außenaufnahme nur noch im Vorspann verwendet.
Filoli ist aber noch immer eingerichtet und kann besichtigt werden. Ich bekomme am Eingang ein Bändchen ans Handgelenk und dann kann ich auf eigene Faust losziehen, so wie ich es am liebsten mag. Fotografieren ist ebenfalls gestattet. So ziehe ich also erst einmal durch das Haus.
Ganze 43 Zimmer gibt es im Haus, ohne das Bäder oder Abstellkammern mitgezählt würden und alle Räume haben eine Deckenhöhe von über 5 Metern. Der reich dekorierte Ballsaal, der in einem der Seitenflügel untergebracht ist, kommt sogar auf fast 7 Meter Deckenhöhe. Die Wandgemälde wurden 1925 von Ernest Peixotto angefertigt. Sie zeigen Mukross House sowie die Umgebung des Anwesens und wurden in Auftrag gegeben, nachdem Mr. Bourn einen Schlaganfall erlitt und klar war, dass er nie wieder nach Irland reisen konnte.
Das zweite Highlight von Filoli ist der fantastische Garten. 6,5 Hektar umfasst er und ist in verschiedenen Gartenzimmern gestaltet. Es gibt formelle Gärten und eher naturbelassene. Man findet einen Pool, einen Tennisplatz und einen Pavillon. Und jetzt im Frühling, blüht alles einfach fantastisch.
Ich lasse mich einfach durch die wunderschönen Gärten treiben. Das Wetter ist doch noch super geworden, auch wenn es etwas frischer ist. Nur um die 15 Grad C sind momentan, etwas zu kalt, um in den Pool springen zu wollen, doch in der Sonne fühlt es sich wärmer an. Und von Regen ist auch keine Spur mehr zu sehen.
Ich merke gar nicht wie die Zeit vergeht und immer wieder entdecke ich Neues. Die Anlage ist sehr clever angelegt, sodass man öfter Überraschungen erlebt und es nie langweilig wird. Am heutigen Dienstag sind auch nicht viele Besucher unterwegs, sodass ich ungestört verweilen kann.
Zum Schluss gehe ich noch in den kleinen Gift Shop, wo mir besonders die Osterdekoration gefällt.
Es ist schon früher Nachmittag, als ich auf den Interstate zurückkehre. Ich will unbedingt durch San Jose kommen, bevor die Rush Hour einsetzt. Momentan ist der Verkehr kaum der Rede wert, doch das kann sich hier schnell ändern. Fasziniert bin ich immer wieder von den grünen Hügeln. Ich kann mich wirklich nicht erinnern, wann ich Kalifornien schon mal so gesehen habe.
Ich fahre immer weiter nach Süden und lasse San Jose hinter mir. Es gibt so einiges, was ich hier in der Gegend noch machen könnte, anderes habe ich schon auf vorherigen Reisen besucht. Ich bin auch etwas müde, denn die letzte Nacht habe ich kaum geschlafen. So will ich nicht zu viel trödeln, sondern lieber in die Nähe meines Übernachtungsortes kommen. Mein Hotel habe ich heute in Gilroy gebucht und ganz in der Nähe liegt der San Juan Bautista State Historic Park, den ich bisher irgendwie immer ausgelassen habe. Da es noch nicht so spät ist, beschließe ich dorthin zu fahren.
Einst war San Juan Bautista die größte Stadt in Kalifornien, ein Drehkreuz für Verkehr und Handel zwischen Nord- und Südkalifornien. Im State Park wird heute zumindest das Zentrum dieser Stadt, der Town Square, so erhalten, wie er damals angelegt war. Rund um den riesigen freien Platz sind ein Hotel, Wohnhäuser und ein Kutschendepot angesiedelt. Auch eine alte spanische Mission aus dem 16. Jahrhundert ist hier zu finden.
Das erste Gebäude, das ich besuche, ist das Castro/ Breen Adobe. José Tibúrico Castro ließ das Haus 1838 für seinen Sohn, den mexikanischen General José Antonio Castro, errichten. Castro war Commander des Monterey Distrikts und einige Zeit sogar Gouverneur. Durch seine vielen Aufgaben kam er jedoch nicht dazu, hier sesshaft zu werden. 1848 erreichten Patrick und Margret Breen mit ihren sieben Kindern völlig mittellos das San Juan Valley. Sie überlebten die 111 Tage im Schnee der Sierra Nevada als Teil der Donner Pass Expedition, bei der viele andere Siedler ihr Leben verloren. General Castro erlaubte der Familie in seinem Haus zu wohnen. Schon kurz nach ihrer Ankunft machte sich der 16-jährige Sohn auf den Weg in die Goldfelder. Er hatte tatsächlich Glück und brachte rund $10.000 Gold nach Hause, die die Familie dazu nutzte, das Haus sowie Land zu erwerben.
Bis 1933 wohnte die Familie Breen hier. Dann übernahm der Staat Kalifornien das Haus und richtete ein Museum über das Leben im 19.Jahrhundert ein, das heute zum State Park gehört.
Gleich neben dem Haus der Castros steht das Plaza Hotel. In diesem Gebäude befindet sich auch das Visitor Center, wo ich meinen Park Eintritt bezahlt habe. 1856 kam der Italiener Angelo Zanetta in die Stadt, kaufte ein vorher einstöckiges Gebäude an dieser Stelle und baute es zum Hotel um. Eröffnet wurde es 1859 und war berühmt für seinen feinen Saloon sowie die gute französische und italienische Küche. Reisende aus aller Welt übernachteten hier, denn die Stadt war einst auch Umsteigepunkt für sieben Postkutschenlinien.
Einen Block weiter wurde eine kleine Hütte aufgestellt, wie sie von den ersten Siedlern bewohnt wurde, lange bevor Kalifornien großflächig besiedelt war. In dem einen Raum spielte sich das gesamte Leben ab.
Als ich weiter gehen will, werde ich plötzlich verfolgt. Hahn und Henne wollen mich anscheinend unbedingt näher kennenlernen und folgen mir eine ganze Weile. Als sie aber erkennen, dass es bei mir kein Futter zu holen gibt, drehen sie irgendwann ab.
Ich gehe einmal quer über den zentralen Platz, den Town Square, zu den Plaza Stables. Als San Juan Bautista der Verkehrsknotenpunkt des El Camino Royal war, kamen jeden Tag viele Kutschen und Wagen mit Dutzenden Pferden in die Stadt. Bis zu 11 Kutschen mit Passagieren erreichten pro Tag San Juan Bautista und nicht nur die Passagiere, sondern auch die Pferde mussten versorgt und die Wagen in Stand gehalten werden.
Hinter den Stallungen ist eine Schmiede zu finden, wo Reparaturen an den Wagen vorgenommen werden konnten sowie die Pferde neu beschlagen wurden.
Zur Körperpflege gab es ein eigenes Waschhaus, in dem sich ein Badezimmer sowie eine Waschküche befanden. Etwas abseits finde ich sogar ein winziges Gefängnis, in dem Personen, die sich daneben benahmen, die Nacht verbringen mussten.
Zuletzt besuche ich Plaza Hall, ein ehemaliges Missionsgebäude, das Angelo Zanetta zu seinem Wohnhaus umbaute. Und so ist es auch heute noch eingerichtet.
In einem Anbau neben dem Haus befindet sich die kleine Küche. Hier wurde jedoch nur vorbereitet und angerichtet, denn gekocht wurde, wegen der Brandgefahr, außerhalb des Hauses.
Der Niedergang von San Juan Bautista begann 1876, als die Eisenbahn die Postkutschen ersetzte. Die Strecke ging an der Stadt vorbei und so verlor sie ihre Bedeutung. Heute ist der Ort ein verschlafenes Städtchen mit einer interessanten Geschichte. Die geht übrigens gleich neben dem State Park Gelände weiter, denn hier steht eine der originalen kalifornischen Missionen. Leider kann ich sie nur von außen besichtigen, denn die Kirche ist schon geschlossen.
Dann fahre ich wieder durch saftig grüne Hügel. Hier oben im Norden hat es im Winter sogar noch mehr geregnet, sodass das Grün noch intensiver leuchtet. Einfach irre, wenn man weiß, dass hier sonst alles eher braun und Sonnenverbrannt ist.
Ich erreiche Gilroy, wo ich das Hilton Garden Inn mit Cash und Punkten reserviert habe, da hier alle Hotel gerade ziemlich teuer waren.
Viel unternehme ich dann nicht mehr, denn ich bin so richtig geschafft, da ich in der letzten Nacht nicht viel geschlafen habe. Ich lande kaum auf der Matratze, da bin ich auch schon eingeschlafen.
Meilen: 108
Wetter: Regen, später heiter, 14–19 Grad
Hotel: Hilton Garden Inn Gilroy