Paradise Found – Kalifornien & Hawai’i

Tag 9: Frei­tag, 17. März 2017
A Spoon­ful of Sugar – Maui

„Even­tual­ly, I want to move to Hawai’i and chill fore­ver.” – Riley Keough

Ein Blick auf die Lana’i zeigt heu­te – Halt, was ist denn das? Kei­ne Son­ne? Son­dern Nie­sel­re­gen? Huch, wer braucht den sowas? Na ja, warm ist es trotz­dem und so gibt es erst ein­mal Früh­stück mit Blick auf den Ban­y­an Tree. Und noch etwas ist anders, heu­te liegt ein Kreuz­fahrt­schiff vor Anker, es ist Boat Day in Lahaina.

Ach ja und dann ist auch noch St. Patrick’s Day, der ja nicht nur in Irland, son­dern auch in den USA gefei­ert wird. Ich aber trö­de­le erst ein­mal ein biss­chen her­um und hof­fe auf Wet­ter­bes­se­rung. Die tritt auch ziem­lich schnell ein und es hört zumin­dest auf zu reg­nen. Nur schwül ist es jetzt, das hat schon was von Süd­ost­asi­en heu­te Vormittag.

Nun ja, weit habe ich es ja bis zu mei­nem ersten Ziel nicht. Ich muss nur ein­mal ums Hotel her­um und dann über Stra­ße, schon bin ich da. Im ersten Ober­ge­schoss der Wharf Cen­ter Shops liegt das Plan­ta­ti­on Muse­um, von dem ich bei mei­ner Rei­se­pla­nung eher zufäl­lig erfah­ren habe.

Hin­ter die­ser unschein­ba­ren Laden­front liegt das klei­ne Muse­um. Es ist kosten­los und kann auf eige­ne Faust besich­tigt werden.

Im Muse­um wird dem Besu­cher die Zeit der Zucker­rohr­plan­ta­gen rund um Lahai­na näher gebracht. Zucker war seit 1860 auf Maui auf dem Vor­marsch. Damals ver­lor der Wal­fang immer mehr an Bedeu­tung und Zucker­rohr wur­de im gro­ßen Stil ange­pflanzt. Es war die Zeit, zu der die Pio­neer Mill, die Zucker­müh­le in Lahai­na, gegrün­det wur­de. Bis 1999 war die Fabrik aktiv und mit ihrer Schlie­ßung begann auch der Nie­der­gang des Zucker­rohr­an­baus rund um Lahai­na. Wie sehr die­se Indu­strie ganz Maui präg­te, wer­de ich aber erst spä­ter noch erfahren.

Aber zurück zur gol­de­nen Zeit des Zucker­rohrs. Um die Arbeit auf den Fel­dern zu erle­di­gen, wur­den Men­schen aus Chi­na, Japan, Korea, Por­tu­gal und Puer­to Rico nach Maui gebracht. Sie leb­ten zu Beginn in klei­nen Zelt­städ­ten, bis die Zucker­rohr­fir­men began­nen, klei­ne Sied­lun­gen zu errich­ten, in denen die Arbei­ter alles fan­den, was sie brauchten.

Das Muse­um zeigt nicht nur Bil­der aus die­ser Zeit, son­dern auch Arbeits­werk­zeug und vie­le per­sön­li­che Gegen­stän­de der Arbei­ter. Auf einem Bild­schirm wird der Film „The Last Har­vest” über die Schlie­ßung der Pio­neer Mill in Lahai­na gezeigt. Das Muse­um ist nicht sehr groß und doch inter­es­sant anzu­schau­en. Wer weiß schon, wie die Men­schen auf Maui gelebt haben, bevor die Insel ein Tou­ris­mus­ma­gnet wur­de und woher der bun­te Kul­tu­renmix auf der Insel kommt.

Ich set­ze mei­nen Spa­zier­gang ent­lang der Front Street fort und errei­che das Wo Hing Chi­ne­se Muse­um, das von der Ein­wan­de­rung chi­ne­si­scher Arbei­ter zeugt. Lang­sam wird auch das Wet­ter wie­der bes­ser und die ersten Wol­ken­lücken zei­gen sich.

Chi­ne­sen kamen bereits auf Handels- und Wal­fang­schif­fen nach Hawai’i, doch die größ­te Ein­wan­de­rungs­wel­le erfolg­te von 1852–1898, als Tau­sen­de Chi­ne­sen nach Maui kamen, um auf den Zucker­rohr­fel­dern und in den Zucker­rohr­fa­bri­ken zu arbei­ten. Vie­le sie­del­ten sich hier in Lahai­na an und eröff­ne­ten Geschäf­te ent­lang der Front Street. Um 1900 grün­de­ten sie die Wo Hing Socie­ty. Wo bedeu­tet soviel wie Frie­den und Har­mo­nie und Hing bedeu­tet Wohl­stand. Hier soll­ten die Chi­ne­sen fern der Hei­mat einen Ort fin­den, wo sie sich tref­fen konn­ten und in Zei­ten der Not Hil­fe bekamen.

Ganz bedeu­tend ist auch die Ver­bin­dung zu Dr. Sun Yat-​sen, der als 13-​jähriger erst­mals nach Hawai’i kam und des­sen revo­lu­tio­nä­re Ideen hier Unter­stüt­zung fan­den. Wem der Name jetzt nichts sagt, Sun Yat-​sen wird als Grün­der des moder­nen Chi­nas ver­ehrt. Er been­de­te 1912 die 2000-​jährige Kai­ser­herr­schaft und war selbst erster pro­vi­so­ri­scher Prä­si­dent der Repu­blik China.

Im Muse­um kau­fe ich gleich den „Pass­port to the Past”, mit dem man Ein­tritt zu 4 Muse­en auf Maui erhält. Er kostet $10 wäh­rend die zwei Muse­en in Lahai­na zusam­men schon $7 kosten wür­den, lohnt sich also, wenn man alles anschau­en möch­te. Die beste Über­sicht über alles Inter­es­san­te in Lahai­na gibt es bei der Lahai­na Restau­ra­ti­on Foun­da­ti­on, die sich um die histo­ri­schen Gebäu­de kümmert.

Das Muse­um selbst ist im Erd­ge­schoss zu fin­den und nicht beson­ders groß. Eigent­lich besteht es nur aus einem gro­ßen Raum, in dem wahl­los Stücke aus der Geschich­te der chi­ne­si­schen Besied­lung Mau­is zusam­men­ge­tra­gen wur­den. So auch die­se zwei soge­nann­ten Fu Dogs. Die Hun­de wur­den aus einem ein­zi­gen Stück Jade geschaf­fen, das einst am Fra­ser River in Bri­tish Colum­bia gefun­den wur­de, dann nach Hong Kong gebracht wur­de und schließ­lich als die­se zwei Sta­tu­en auf Maui lan­de­te. Jeder der Hun­de wiegt dabei um die 300 Pfund.

Zum Ober­ge­schoss des Gebäu­des hat der Besu­cher nor­ma­ler­wei­se kei­nen Zutritt. Ich unter­hal­te mich jedoch eine Wei­le sehr nett mit der älte­ren Chi­ne­sin, die heu­te das Muse­um beauf­sich­tigt und plötz­lich bie­tet sie mir an, dass ich auch den Tem­pel im Ober­ge­schoss anse­hen kön­ne. Da sage ich natür­lich nicht nein und so ent­fernt sie das Absperr­band und ich darf die Trep­pe nach oben nehmen.

Zuse­hen bekom­me ich einen Dao­isten Tem­pel. Der Dao­is­mus ist eine alte Reli­gi­on, die schon seit min­de­stens 3000 Jah­ren exi­stiert. Opfer­ga­ben wer­den meist in Form von Lebens­mit­teln im Tem­pel hin­ter­las­sen und sol­len die Gei­ster durch ihre Gerü­che und Essen­zen ernäh­ren. Lebens­mit­tel wer­den nur eini­ge Tage auf dem Altar belas­sen und dann ent­fernt, bevor sie ver­der­ben. Die 7 Scha­len ent­hal­ten dabei die wich­tig­sten Opfergaben.

Vom Bal­kon aus habe ich dann einen schö­nen Blick über die Front Street. Lei­der kann ich das Haus nicht umrun­den, denn auf einer Sei­te wird gebaut.

Das zwei­te wich­ti­ge Gebäu­de neben dem Klub­haus und Tem­pel ist die Gar­kü­che gewe­sen. Die Küche spielt bei den Chi­ne­sen eine wich­ti­ge Rol­le. Oft trifft sich die gan­ze Fami­lie hier und so ver­sam­mel­te man sich zu Fest­lich­kei­ten rund um die rie­si­gen Woks. Heu­te ist in der Gar­kü­che nicht nur ein Teil des Muse­ums unter­ge­bracht, son­dern auch ein klei­nes Kino. Gezeigt wer­den histo­ri­sche Fil­me über das Leben auf Hawai’i, die zwi­schen 1898 und 1906 von Tho­mas Edi­son gedreht wurden.

Wie­der drau­ßen knallt die Son­ne inzwi­schen wie eh und je vom Him­mel. Vom mor­gend­li­chen Nie­sel­re­gen ist nicht mehr viel zu sehen, als ich die Front Street zurücklaufe.

Ich kom­me wie­der am Master’s Rea­ding Room vor­bei, wie eigent­lich jeden Tag, denn hin­ter dem histo­ri­schen Gebäu­de liegt der Park­platz des Pio­neer Inn. Aber zurück zu dem klei­nen Stein­haus, mit der gro­ßen Geschichte. 

Der Master’s Rea­ding Room stammt aus einer Zeit, als der Wal­fang gro­ße Bedeu­tung hat­te. Vie­le Schif­fe leg­ten in Lahai­na an, um Pro­vi­ant auf­zu­neh­men. Die Mis­sio­na­re beschlos­sen, dass es einen Raum geben müs­se, in dem sich Kapi­tä­ne tref­fen kön­nen. Man sam­mel­te Geld, um ein Haus für die­sen Zweck zu errich­ten. 1834 wur­de das Gebäu­de eröff­net. Im Ober­ge­schoss gab es Räu­me für die Offi­zie­re, im Erd­ge­schoss wur­de ein Lager ein­ge­rich­tet. 12 Jah­re lang war der Offi­ziers­club ein vol­ler Erfolg. Dann jedoch gab es mehr Ange­bo­te in der Stadt und er schloss sei­ne Türen. 1846 kauf­te Rev. Dr. Dwight Bald­win das Haus, doch wie die­ser Herr nach Lahai­na kam, das ist eine ande­re Geschichte.

Und die­se Geschich­te beginnt gleich neben­an, denn dort steht das Bald­win Home Muse­um. Rev. Dr. Dwight Bald­win und Char­lot­te Fow­ler hei­ra­te­ten in Con­nec­ti­cut nur eine Woche nach­dem sie sich getrof­fen hat­ten. Sie bei­de woll­ten als Mis­sio­na­re arbei­ten, doch das war nur ver­hei­ra­te­ten Per­so­nen gestat­tet. So hei­ra­te­ten sie und zogen 1834 nach Maui, wo sie began­nen, die­ses Haus zu bau­en. Hier leb­ten sie mit ihren 6 Kin­dern und ver­lo­ren 2 wei­te­re, die als Klein­kin­der ver­star­ben. Sie lehr­ten das Chri­sten­tum und unter­rich­te­ten vie­le Hawaiianer.

Dr. Bald­win stu­dier­te Medi­zin in Havard und war Pastor. Bei­de Beru­fe übte er auch in Lahai­na aus. Er behan­del­te sei­ne Pati­en­ten im Haus, von denen er vie­le wäh­rend einer Pocken­epi­de­mie ret­te­te. Char­lot­te Bald­win unter­rich­te­te Lesen, Mathe­ma­tik sowie Hand­ar­bei­ten. Ihr Wohn­zim­mer war auch Treff­punkt für vie­le wich­ti­ge Per­so­nen der dama­li­gen Gesell­schaft. So kamen Mit­glie­der des hawai­ia­ni­schen Hofes, Kapi­tä­ne und Rei­sen­de aus aller Welt.

Die Nach­kom­men der Bald­wins blie­ben eben­falls auf den Inseln. Ihr drit­ter Sohn, Hen­ry Per­ri­ne Bald­win, war der Inge­nieur, der das erste Bewäs­se­rungs­sy­stem für Maui erschuf, das den Anbau von Zucker­rohr ermöglichte.

Es ist schon Mit­tag, als ich zum Auto gehe und Rich­tung Süden fah­re. Ich bin so rich­tig in Besich­ti­gungs­lau­ne und will gleich noch ein wei­te­res Muse­um besu­chen. Dazu muss ich bis kurz vor Kahu­lui fah­ren. Hier befin­det sich das Alex­an­der & Bald­win Sugar Museum.

Was mir als erstes auf­fällt, hier kann man den Nie­der­gang der Zucker­rohr­in­du­strie fast noch rie­chen. Erst 2016 hat die hie­si­ge Zucker­fa­brik geschlos­sen. Von 1901 bis zum 12. Dezem­ber 2016 pro­du­zier­te die Alex­an­der & Bald­win Com­pa­ny hier Zucker. Doch mit sin­ken­den Zucker­prei­sen und immer mehr Kon­kur­renz aus Bil­lig­lohn­län­dern war der Schick­sal der letz­ten Zucker­fa­brik in Hawai’i besie­gelt. Aber auch die dich­te­re Besied­lung sowie Beden­ken zu Gesund­heits­schä­di­gun­gen durch die Ver­bren­nung von Zucker­rohr tru­gen zum Ende bei. Mit der Schlie­ßung die­ser Fabrik ging eine Ära zu Ende, denn erst­mals seit über 100 Jah­ren wird auf den Inseln kein Zucker mehr pro­du­ziert. Für die 650 Arbei­ter war es eine Kata­stro­phe, denn vie­le Fami­li­en arbei­te­ten seit Gene­ra­tio­nen in der Zuckerindustrie.

Übrig bleibt nur noch das Haus des Super­in­ten­den­ten, das heu­te ein Muse­um ist. Und das schaue ich mir nun genau­er an.

Im Muse­um erfah­re ich alles über die Zucker­rohr­in­du­strie auf Maui. Wie die ersten Arbei­ter auf die Inseln kamen, wie sie leb­ten, wie Alex­an­der & Bald­win für sie gan­ze Sied­lun­gen errich­te­te, aber auch wie sich die Tech­nik zur Her­stel­lung von Zucker änder­te. Es ist fas­zi­nie­rend. Ich hat­te ja kei­ne Ahnung, wie auf­wen­dig das alles ist, obwohl ich schon öfter, beson­ders in der Kari­bik, durch Zucker­rohr­fel­der gefah­ren bin. Nur das Foto­gra­fie­ren ist im Muse­um durch die Licht­ver­hält­nis­se und die Glas­vi­tri­nen so ziem­lich ein Ding der Unmöglichkeit.

Ganz anders sieht es dann rund um das Muse­um aus. Hier sind unzäh­li­ge schwe­re Maschi­nen aus der Zucker­rohr­in­du­strie aus­ge­stellt. Die rie­si­gen Mahl­werk­zeu­ge wur­de zum Zer­drücken des Zucker­rohrs genutzt. Die ande­ren Maschi­nen waren vor allem wäh­rend der Ern­te im Einsatz.

Mit die­sem rie­si­gen LKW aus dem Jahr 1956 wur­de das Zucker­rohr z.B. vom Feld abtrans­por­tiert. Zuvor wur­de die Ern­te mit sol­chen Krä­nen ver­la­den. Die­ser hier stammt übri­gens von der Pio­neer Mill in Lahai­na und war dort bis zu ihrer Schlie­ßung 1999 im Einsatz.

Was tun mit dem ange­bro­che­nen Nach­mit­tag fra­ge ich mich als ich fer­tig bin und so kom­me ich auf die Idee, auch noch das 4. Muse­um zu besu­chen. Das Bai­ley Hou­se Muse­um liegt nicht sehr weit ent­fernt. Nur gute 5 Mei­len sind es zu fah­ren, doch auf denen ändert sich das Wet­ter grund­le­gend. Es zieht sich zu und nicht nur das, teil­wei­se hän­gen die Wol­ken rich­tig tief. Man merkt, dass hier am Fuß der Ber­ge, das Regen­reich­ste Gebiet der Insel, neben der Strecke nach Hana, liegt. Nie­der­schlag fällt aber nicht und so errei­che ich den Park­platz des Muse­ums zumin­dest trocke­nen Fußes.

Gleich am Ein­gang begeg­net mir dann nicht nur die bun­te Flo­ra Hawai’is, son­dern auch die Fau­na in Gestalt die­ser zwei Ech­sen, die sich sogar rich­tig schön für die Kame­ra zu plat­zie­ren scheinen.

Das Bai­ley Hou­se wur­de 1833 als eines der ersten west­li­chen Gebäu­de in Wai­luku erbaut. Eigent­lich war es als Heim für Mis­sio­na­re gedacht, wur­de dann jedoch in eine Mäd­chen­schu­le umge­wan­delt, die 1847 bereits wie­der auf­ge­ge­ben wur­de. Im Jahr 1850 kauf­ten Caro­li­ne und Edward Bai­ley das Anwe­sen und es wur­de spä­ter Teil ihrer Zucker­rohr­plan­ta­ge. Bereits seit 1951 ist es ein Muse­um für hawai­ia­ni­sche Geschich­te, im Beson­de­ren der von Maui.

Im Ober­ge­schoss ist ein gro­ßer Raum mit Möbeln aus der dama­li­gen Zeit eingerichtet.

Zum Haus gehört auch ein Anbau, in dem eine wei­te­re Aus­stel­lung zu sehen ist.

Hier gibt es dann wie­der Inter­es­san­tes zur Zucker­in­du­strie. Da ahnt man erst ein­mal, wie bedeu­tetnd das für die Inseln lan­ge Zeit war. Heu­te leben die mei­sten Men­schen vom Tou­ris­mus, doch vie­le Jah­re sah das ganz anders aus.

Und damit es nicht lang­wei­lig wird, noch ein paar wei­te­re inter­es­san­te Fak­ten zum Zucker­rohr. Auf Maui wächst das Zucker­rohr zu Stan­gen von 3–10 Metern Län­ge. Zwei Jah­re braucht es, um zu rei­fen. Da die Stan­gen insta­bil sind, fal­len sie irgend­wann um und das Gan­ze wird zu einer undurch­dring­ba­ren Mas­se. Aus einem Mor­gen (das sind 4046qm Flä­che) ent­ste­hen auf Maui 12 Ton­nen Roh­zucker. Die­se wer­den dann zu 10.190 kg raf­fi­nier­tem Zucker ver­ar­bei­tet. Wahn­sinn, wenn man über­legt, wie viel Zucker hier her­ge­stellt wurde.

Schließ­lich ist im Gar­ten noch die­ses Honau­nau Kanu zu sehen. Einst wur­de es aus einem ein­zi­gen Stamm gefer­tigt und zuerst zum Fischen vor der Küste Konas genutzt. Zwi­schen 1930 und 1950 nutz­te es der Out­rig­ger Canoe Club als Trai­nings­boot und für Fahr­ten mit Tou­ri­sten. 1959 wur­de es der Maui Histo­ri­cal Socie­ty geschenkt und ist seit 1972 hier im Bai­ley Hou­se Muse­um zu sehen.

Ich fah­re zurück nach Lahai­na, wo ich eine Stun­de spä­ter wie­der ankom­me. Es herrscht reger Ver­kehr unter­wegs, doch das stört mich nicht wei­ter, denn auf der Fahrt kommt wie­der die Son­ne her­aus und ich genie­ße ein­fach die Strecke ent­lang am Meer.

In Lahai­na ange­kom­men, ist vom schlech­ten Wet­ter gar nichts mehr zu sehen. Der Him­mel ist strah­lend blau und die Son­ne brennt, als ob nie etwas gewe­sen wäre. Ich fah­re noch zur Pio­neer Mill Plan­ta­ti­on Era Exhi­bit, wo sich der Kreis zum Plan­ta­ti­on Muse­um von heu­te Mor­gen und dem Zucker­rohr­an­bau schließt. Hier stand die Pio­neer Mill, die Zucker­rohr­fa­brik von Lahai­na. Bis 1999 wur­de hier Zucker pro­du­ziert. Zu sehen ist davon aber fast gar nichts mehr. Nur der Schorn­stein und ein paar Aus­stel­lungs­stücke zeu­gen noch davon. Lahai­na hat sich aus­ge­dehnt und auf dem ein­sti­gen Betriebs­ge­län­de und sei­nen Zucker­rohr­fel­dern sind neue Wohn­sied­lun­gen entstanden.

Zucker­rohr gab es auf Hawaii übri­gens schon bevor die Euro­pä­er die Inseln 1778 erst­mals betra­ten. Die Sied­ler such­ten nach etwas, das sie hier anbau­en konn­ten und Zucker eig­ne­te sich her­vor­ra­gend, denn er über­stand auch den lan­gen Trans­port auf dem See­weg zu den Märk­ten auf dem Fest­land. Allein die Pio­neer Mill bau­te um 1935 über 4000 Hekt­ar Zucker­rohr an. Und hier kom­men dann auch die klei­nen Loko­mo­ti­ven ins Spiel. Zu Anfang wur­de das Zucker­rohr mit Ochs­kar­ren vom Feld geholt und lan­ge bevor man LKW kann­te, such­te man nach bes­se­ren Wegen. So kauf­te die Pio­neer Mill 1883 eine erste Lok. Die Züge, und damit auch die Loks, durf­ten nicht sehr groß sein, denn man ver­leg­te die Glei­se immer in die Fel­der, wo sie gera­de gebraucht wur­den. Erst 1952 hat­ten die Bah­nen end­gül­tig aus­ge­dient und wur­den durch Trucks ersetzt.

Die zwei­te Lok, die aus­ge­stellt ist, wur­de 1889 gebaut und eben­falls auf den Fel­dern ein­ge­setzt. Es ist schon erstaun­lich, wie die­se klei­nen Züge die Arbeit ver­än­der­ten. Vor­her brauch­te es 20 Wagen, 25 Män­ner und 60 Och­sen um eine Ladung am Tag zu trans­por­tie­ren. Die Zügen hin­ge­gen schaff­ten bis zu 120 Ladun­gen am Tag und es brauch­te nur einen Zug­füh­rer und zwei Hel­fer um sie zu betrei­ben. So wur­den in 6 Mona­ten bis zu 20.000 Ton­nen Zucker­rohr geern­tet und die Fabrik konn­te Tag und Nacht arbeiten.

Wei­ter­hin zu sehen sind auch Tei­le alter Bewäs­se­rungs­an­la­gen, sowie die Wagons, auf denen die Ern­te trans­por­tiert wur­de. Herz­stück der Aus­stel­lung aber ist der schnee­wei­ße Schorn­stein, seit sei­nem Bau im Jahr 1928 ein Wahr­zei­chen von Lahai­na. Fast 69 Meter hoch ist er und wur­de er für die Öfen, in denen die Reste des Zucker­rohr ver­brannt wur­den, gebraucht. Mit der dar­aus gewon­ne­nen Ener­gie wur­den dann wie­der die Maschi­nen ange­trie­ben. Auch vie­le See­fah­rer nutz­ten den Turm als Navi­ga­ti­ons­hil­fe. So gab es dann gro­ße Pro­te­ste als das Werk geschlos­sen wur­de und der Turm mit abge­ris­sen wer­den soll­te. 2006 wur­de er schließ­lich an die Lahai­na Restau­ra­ti­on Foun­da­ti­on über­ge­ben und ist seit­dem ein Denk­mal an die Zuckerrohrindustrie.

Neben dem Aus­stel­lungs­ge­län­de ist nur noch das Büro der Pio­neer Mill übrig geblie­ben. Als Rui­ne steht es bis­her am Stra­ßen­rand und war­tet dar­auf, neu­es Leben ein­ge­haucht zu bekom­men oder dem Schick­sal der Fabrik zu fol­gen und abge­ris­sen zu werden.

Danach geht es zurück zum Pio­neer Inn, wo ich mich kurz frisch mache. Es ist ein­fach so bequem, schnell mal ins Hotel zu gehen und dann noch ein biss­chen durch die Stadt zu bum­meln. Ich bin jeden Tag aufs Neue froh, kein Hotel in Kihei, Wai­lea oder Kaa­na­pa­li gebucht zu haben. Für mich ist das hier ein­fach perfekt.

Direkt vor mei­ner Tür ist heu­te aller­dings geschäf­ti­ges Trei­ben, denn schon den gan­zen Tag ten­dern die Boo­te von der Grand Prin­cess zum Hafen. Das es des­halb aber über­mä­ßig voll ist, kann ich nicht behaup­ten. Ich habe den gan­zen Tag fast kei­nen der Pas­sa­gie­re getroffen.

Ich mache mich auf den Weg mir ein Restau­rant zum Abend­essen zu suchen, denn so lang­sam mel­det sich der Hun­ger. Und weil heu­te St. Patricks Day ist, gehe ich natür­lich in das Restau­rant im grü­nen Haus. Nein, nicht wirk­lich, das ist eher ein Zufall, aber das Restau­rant, das ich mir aus­ge­sucht habe, ist in dem grü­nen Haus ganz rechts im Bild, das ich bereits vom Pio­neer Inn aus sehen kann.

Bevor ich mich auf den Weg zum Essen mache, schaue ich aber noch ein­mal über die Kai­mau­er. Schon seit Mitt­woch ver­su­che ich eine Zeit abzu­pas­sen, zu der der Hauo­la Stone zu sehen ist. Den kann man näm­lich bei hohem Was­ser­stand nicht immer ausmachen.

Und tat­säch­lich habe ich Glück und kann den Hauo­la Stone zumin­dest im Was­ser erah­nen. Der Stein war schon im 14. und 15. Jahr­hun­dert wich­tig für die alten Hawai­ia­ner. Häupt­lings­frau­en nutz­ten ihn als Geburts­stein, wie so eine klas­si­sche Was­ser­ge­burt. Heu­te wer­den ihm auch hei­len­de Kräf­te nachgesagt.

Wie ein­gangs erwähnt, ist heu­te St. Patricks Day und so soll dann auch an der Front Street eini­ges los sein. Dass die Dudel­sack­spie­ler eigent­lich aus Schott­land stam­men, scheint hier kei­nen zu stö­ren. Haupt­sa­che es gibt einen Grund zu fei­ern. Eine gro­ße iri­sche Bevöl­ke­rungs­grup­pe gibt es auf den Inseln sowie­so nicht. St. Patricks Day fin­det hier eher für die Tou­ri­sten statt. Das ist in ande­ren Lan­des­tei­len ganz anders, wo es Para­den und rich­ti­ge Fest­lich­kei­ten gibt.

Es ist nicht weit bis zum Restau­rant mei­ner Wahl und wo isst man im Para­dies sei­nen Bur­ger? Natür­lich bei Cheese­bur­ger in Para­di­se. Und von einem Para­dies ins ande­re sind auch die zwei Grün­de­rin­nen einst umge­zo­gen. Lau­ren Gart­ner und Edna Bay­liff mach­ten in den 80ziger Jah­ren Urlaub auf Maui und irgend­wann hin­gen ihnen die Fisch­plat­ten zum Hals raus. Sie hat­ten Appe­tit auf einen rich­ti­gen Cheese­bur­ger. Längst wie­der zu Hau­se, kam ihnen die Idee, doch ein Cheese­bur­ger Restau­rant in Lahai­na zu eröff­nen. Dabei hat­ten sie kei­ne Ahnung vom Geschäft und muss­ten sich die $1/​2 Mio. Start­ka­pi­tal zusam­men­bor­gen. Doch es gelangt und 1989 eröff­ne­ten sie hier an der Front Street. Heu­te gehört ihnen nicht nur das Restau­rant in Lahai­na, son­dern 6 Filia­len, von denen 3 auf Oahu sind und eine sogar in Las Vegas. Na dann will ich doch mal testen, wie mir der Flag­ship Store so gefällt.


Die schön­sten Plät­ze im Restau­rant sind im Ober­ge­schoss und ich habe Glück und bekom­me sogar einen Tisch direkt auf der Meer­essei­te. Ist das nicht eine Aussicht?

Anson­sten ist das Restau­rant, ganz typisch für Hawai’i, sehr offen gehal­ten. Bei Regen kön­nen Pla­nen her­un­ter­ge­las­sen wer­den, aber anson­sten fühlt es sich fast wie eine Ter­ras­se an. Inter­es­sant ist auch das Design mit den unzäh­li­gen Num­mern­schil­den, von denen sogar eines aus Ber­lin ist. Auch Live Musik gibt es jeden Abend und das ist schon net­ter, als irgend­wel­ches Gedu­del aus dem Lautsprecher.

Was ich zum Din­ner bestel­le, ist natür­lich klar – Cheese­bur­ger muss es sein. Doch wer jetzt glaubt, dass die Spei­se­kar­te so ziem­lich kurz ist, der irrt. Es gibt eine ganz schö­ne Aus­wahl an Spei­sen. KLICK Und die kommt gut an. Allein in Lahai­na wer­den um die 1.200 Gäste am Tag bedient und 18.000 Cheese­bur­ger im Monat ver­kauft, einer davon nun an mich.

Rich­tig lecker war es und ich bereue mei­nen Besuch nicht. Hier kom­me ich ger­ne wie­der her. Zum Des­sert bekom­me ich dann noch den Son­nen­un­ter­gang gra­tis dazu.

Eine Sache, die ich den Tro­pen beson­ders lie­be ist, dass es abends kaum küh­ler wird. So kann ich selbst nach Ein­bruch der Dun­kel­heit getrost kurz­ärm­lig und in Pan­to­let­ten durch die Stra­ßen zie­hen. Das macht auch rich­tig Spaß heu­te, denn an der Front Street herrscht eine tol­le Stim­mung. Vie­le Men­schen ste­hen an der Kai­mau­er, um den Son­nen­un­ter­gang zu beob­ach­ten und die Grand Prin­cess zu ver­ab­schie­den, die gera­de wie­der abdreht und zu neu­en Zie­len aufbricht.

Und ein biss­chen Grün zum St. Patricks Day habe ich dann auch noch gefunden.

Rich­tig spät bin ich heu­te zurück am Hotel, doch nicht bevor ich mein Eis von Dole geholt habe. Schön ist es hier auch am Abend, wenn alles beleuch­tet ist. Und der Blick aufs Was­ser ist sowie­so immer wie­der unbezahlbar.

Wie jeden Abend, las­se ich den Tag schließ­lich auf mei­ner Lanai aus­klin­gen. Das ist ein­fach das abso­lut Beste am Pio­neer Inn über­haupt, neben der Lage. Noch nir­gend­wo auf den Inseln konn­te ich so viel fuß­läu­fig machen, ohne auch nur ein­mal das Auto zu bewegen.

Mei­len: 54
Wet­ter: hei­ter bis wol­kig, 22–28 Grad
Hotel: Best Western Pio­neer Inn