Tag 11 – Sonntag, 28. Juni 2015
Walking in the Rain – Corby nach Luton
„The maxim of the British people is „Business as usual”.”
Winston Churchill
Es regnet, es regnet, die Erde wird nass – haben wir als Kinder immer gesungen und so ungefähr sieht es draußen auch aus. Heute Morgen kann ich mir das Wetter wirklich nur schönreden, aber ändern kann ich es sowieso nicht. Beim Check-out habe ich allerdings erst einmal noch ein interessantes Erlebnis. Ich will also meine Rechnung holen, da kommt der Manager und sagt mir, dass der Aufenthalt selbstverständlich kostenlos ist, da ich so viele Probleme hatte. Das wäre die Hampton Garantie. Dann geht es weiter nach Bladon.
Schon seit dem 11. oder 12. Jahrhundert stand an dieser Stelle in Bladon eine Kirche. Das heutige Gebäude jedoch stammt von 1804, denn die alte Kirche war marode und wurde 1802 abgerissen. Das Material für das neue Gotteshaus wurde vom 4. Duke of Marlborough bezahlt, dessen Palast, Blenheim Palace, zur Gemeinde gehört. Deshalb sind auch viele Familienmitglieder hier beerdigt, außer die meisten Herzöge, die in der Kapelle von Blenheim bestattet sind.
Es schüttet wie aus Kannen als ich am Friedhof ankomme. Mit Schirm bewaffnet, laufe ich das kurze Stück zum Grab von Winston Churchill. Es war ein ausdrücklicher Wunsch des Premierministers, hier in Bladon beigesetzt zu werden.
Auch eine Amerikanerin ist hier übrigens bestattet. Consuelo Vanderbilt, aus der berühmten amerikanischen Familie, die mit dem 9. Duke of Marlborough verheiratet war. Ebenfalls zu finden sind die Gräber von Churchills Eltern und seinen Kindern.
Nur wenige Meilen entfernt liegt der Stammsitz der Dukes of Marlborough, Blenheim Palace. Als ich am Torhäuschen ankomme, regnet es leider immer noch. Durch einen Coupon aus dem Buch des English Heritage bekomme ich Rabatt beim Eintritt, doch trotzdem ist es nicht gerade billig. Ich parke den Wagen und laufe zum Palast. Dort ärgert mich aber das Wetter nicht mal halb so sehr, wie diese dämlichen blauen Stühle, die im gesamten Hof aufgestellt sind. Derzeit finden hier irgendwelche Sommerkonzerte statt. Na super, nicht mal ein gutes Bild kann man machen.
Wenigstens innen will ich mich nun umsehen. Das geht, zumindest sonntags, ohne Führung und auf eigene Faust. Somit lerne ich die Repräsentationsräume des Duke of Marlborough kennen. Sie werden aber nur noch selten von der Familie genutzt. Allerdings speist die Familie jedes Jahr zu Weihnachten im großen Saal.
In der Bibliothek werden auch gerade Tische für eine Gesellschaft aufgebaut, sodass es hier nicht gerade sehr einladend aussieht. Ich kann ja verstehen, dass sich mit solchen Events viel Geld verdienen lässt, doch ich habe auch nicht gerade wenig bezahlt und bin schon etwas angenervt, erst draußen, dann hier drinnen und da habe ich noch nicht mal alles gesehen.
Die nächsten Räume der Ausstellung sind dem wohl berühmtesten Familienmitglied, Winston Churchill, gewidmet. Sie beginnt mit einem Stammbaum, der die Verwandtschaftsverhältnisse erklärt.
Zu sehen sind auch persönliche Kleidungsstücke des großen britischen Staatsmannes. Auch wenn er Uniformen getragen hat, seine Lieblingskleidung waren einfache Samt-Overalls.
Richtig niedlich finde ich die Geschichte, wie Winston seiner Clementine hier auf dem Anwesen einen Heiratsantrag gemacht hat. Das wäre nämlich fast schiefgegangen, denn zuerst hatte er verschlafen und dann traute er sich lange nicht, sie zu fragen. Schließlich verlobten sich die beiden dann aber doch.
Im letzten Zimmer steht dann jenes Bett, in dem Winston Churchill geboren wurde. Eigentlich war das gar nicht so geplant, doch das Baby kam zwei Monate zu früh, zu jener Zeit meistens ein Todesurteil. Doch wie durch ein Wunder überlebte der kleine Winston.
Da nicht mit der Geburt gerechnet wurde, gab es auch keinerlei Babykleidung im Palast. So wurde dieses einfache Hemdchen von einer Frau aus dem Dorf geborgt, um dem Neugeborenen etwas anziehen zu können.
Der letzte Raum des Rundgangs ist dann die Kapelle, in der fast alle Dukes of Marlborough beigesetzt sind.
Nach dem Rundgang finde ich mich vor einer Seitentür ein, denn ich will noch eine weitere Tour mitmachen. Die ist diesmal geführt, denn sie zeigt einige der privaten Wohnräume des Duke of Marlborough. Hier ist deshalb auch das Fotografieren nicht erlaubt.
Fotografieren war dann leider auch im Garten kaum möglich, denn auf der anderen Seite des Palastes steht ein riesiges Zelt für eine weitere Veranstaltung. Nur dieser Blick von der Seite auf den Privatflügel des Herzogs ist unverstellt.
Nun will ich nach Sulgrave Manor fahren, dem zweiten Haus, das mit George Washingtons Familie in Verbindung gebracht wird. Doch auch dieses Mal werde ich enttäuscht, heute ist wegen einer geschlossenen Gesellschaft zu. Na super, können die sowas nicht auf ihrer Website schreiben?
Also weiter, einen Plan B habe ich nicht, doch unterwegs entdecke ich ein Schild des National Trust mit der Aufschrift Canons Ashby. Da biege ich doch mal ab und schaue mir das genauer an.
Canons Ashby ist der Familiensitz der Drydens, seit das Haus um 1550 erbaut wurde. Viele Jahrhunderte lebte die Familie hier, doch später fehlten die Finanzen zur Erhaltung des Anwesens und so verfiel es zusehends. Im Jahr 1981 erwarb es schließlich der National Trust und sanierte das Haus aufwendig. Heute ist es ein Museum, doch ein kleines Apartment steht noch immer zur Nutzung durch die Familie zur Verfügung.
Die wohl interessanteste Wand befindet sich im Schlafzimmer. Bei den Renovierungsarbeiten stieß man auf diese Wandverzierungen. Im elisabethanischen Zeitalter war so etwas nicht ungewöhnlich. Später wurde es aber anscheinend einfach mit Holztäfelung verdeckt und vergessen, bis die Wand in der 80er Jahren wieder zum Vorschein kam. Nur aus diesem Grund ist sie wohl auch so gut erhalten.
Von der Straßenseite sieht das Herrenhaus ganz anders aus, als vom Garten. Ich bin selbst überrascht, wie deutlich hier die verschiedenen Bauphasen noch zu sehen sind, denn das Haus wurde 1590, 1630 sowie 1710 erweitert.
Am späten Nachmittag halte ich noch in Claydon. Das Herrenhaus habe ich bereits 2009 schon einmal besucht, doch es hat mir damals so gut gefallen, dass ich nun ein weiteres Mal hierherfahre. Leider ist es eines der wenigen Häuser des National Trust, in dem man immer noch nicht fotografieren darf. Die Familie Verney bewohnt noch heute einen Großteil des Anwesens und stellt hier viele persönliche Objekte aus. Das heutige Haus entstand zwischen 1757 und 1771 an Stelle eines Vorgängerbaus. Eigentlich war dieses Haus nur als ein Seitenflügel geplant, doch der Weiterbau wurde nach dem Tod des Bauherrn wieder abgerissen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war übrigens die ältere Schwester von Florence Nightingale hier Hausherrin und so war die berühmte Pionierin der Krankenpflege hier oft zu Gast. Eine Sammlung ihrer Korrespondenz ist ebenfalls im Haus zu sehen.
Umgeben ist das Haus von einem riesigen Grundstück.
In diesem Teil des Hauses wohnt die Familie Verney.
Auch ein Ziergarten und eine Kirche gehören zum Anwesen.
Am Abend erreiche ich schließlich Luton, wo ich das Hilton Garden Inn reserviert habe.
Meilen: 171
Wetter: Regen, später stark bewölkt; 15–18 Grad
Hotel: Hilton Garden Inn