Tag 12: 14. September 2006
Gold, Gold, Gold – Skagway
Über Nacht hat uns unser Kapitän durch die Icy Strait und den Lynn Canal bis in das Taiya Inlet navigiert. Hier liegt das Städtchen Skagway, wo wir heute den ganzen Tag festmachen.
Als die Island Princess in den Hafen einläuft, begrüßt mich dort schon eine alte Bekannte, die bereits am Pier festgemacht hat, die Norwegian Wind. Mit ihr war ich zwei Jahre zuvor zwischen den hawaiianischen Inseln unterwegs.
Heute Morgen habe ich einen Ausflug über die Reederei gebucht und der soll mich mit der White Pass Scenic Railway zur Grenze zu Kanada bringen. So geht es schon kurz nach dem Sonnenaufgang, bei noch recht frostigen Temperaturen, zum Bahnhof von Skagway. Pünktlich um 8 Uhr geht die Fahrt von dort hinein in die Bergwelt nördlich der Stadt.
Durch enge Canyons und dunkle Nadelwälder schlängelt sich die Bahn ihren Weg in Richtung White Pass. Obwohl ich einen Platz im geheizten Wagon habe, verbringe ich doch die meiste Zeit auf der Außenplattform. Hier bin ich durch keine Scheibe von der atemberaubenden Natur getrennt. Handschuhe und Schal sind aber ein absolutes Muss, denn hier draußen ist es empfindlich kalt.
Durch zwei Tunnel und über abenteuerlich aussehende Brücken führt die Fahrt des Zuges.
Gebaut wurde die Strecke 1898 während des Goldrausches am Klondike. Der Bau der Strecke wurde lange Zeit als ein unmöglich zu realisierendes Projekt angesehen, denn die Strecke muss auf nur 20 Meilen mehr als 3000 Fuß Höhe überwinden, was einer durchschnittlichen Steigung von 3,9 Prozent entspricht. Außerdem galt es Kurven von bis zu 16 Grad zu überwinden, sowie Schluchten zu überqueren und Tunnel in Berge zu sprengen.
Tatsächlich schaffte man es schließlich die 100 Meilen lange Strecke von Skagway nach Whitehorse in nur 26 Monaten komplett fertigzustellen. Und trotz der schwierigen klimatischen und topografischen Bedingungen kamen bei den Bauarbeiten nur 35 von insgesamt 35.000 Arbeitern ums Leben.
Nach knapp zwei Stunden Fahrt erreicht die kleine Bahn den White Pass. Für unsere Gruppe das Ende der heutigen Fahrt.
Etwas wehmütig verlasse auch ich den Zug. Gerne wäre ich noch weitergefahren, rein nach Kanada, durch British Columbia bis in den Yukon. In der Ferne sehe ich schon den Grenzübergang nach Kanada.
Doch vor dem Bahnhof wartet schon der Bus, der mich wieder zurück nach Skagway bringen soll.
Auf dem Rückweg legen wir noch einen Stopp in Liarsville ein. Liarsville ist ein Nachbau eines Camps aus dem Goldrausch. Es ist zwar etwas kitschig, aber doch recht interessant anzusehen, denn so richtig kann man sich das eigentlich gar nicht vorstellen, unter welchen Umständen die Menschen hier damals lebten.
Fehlen dürfen da natürlich nicht die leichten Mädchen, die in Alaska überall zu finden waren.
Selbst der Saloon ist nicht aus Holz oder Stein gebaut, sondern in einem Zelt untergebracht. So konnte die gesamte Infrastruktur mit den Goldsuchern mitziehen.
Das hier wäre dann wohl meine Unterkunft gewesen.
Gleich neben dem Camp kann man sich auch einmal im Goldwaschen versuchen. Das ist ganz schön mühselig, besonders da das Wasser der Bäche hier oben nicht sonderlich warm ist. Ich jedenfalls kann mir nicht wirklich vorstellen, das Tag ein Tag aus machen zu müssen, nur in der Hoffnung auf ein bisschen Gold.
Zurück in Skagway mache ich einen kleinen Bummel durch das Städtchen, das im Winter kaum 750 ständige Bewohner hat und im Sommer täglich mehrere Tausend Besucher, die zum größten Teil von den hier anlegenden Kreuzfahrtschiffen kommen.
Nicht verpassen will ich den Red Onion Saloon, der einmal als Alaskas exklusivstes Bordell beworben wurde. Während sich im Erdgeschoss auch heute noch ein Saloon mit Restaurant befindet, gibt es im Obergeschoss das Brothel Museum. Fünf Dollar kosten 15 Minuten, ganz wie im Jahr 1898, verspricht ein Schild am Eingang.
Geführt werde ich von Valerie, die schon ein paar Jahre Touristen das Bordell zeigt. Winzig klein sind die Zimmer, aber sehr üppig ausgestattet. Insgesamt zehn Mädchen arbeiteten hier während des Goldrausches.
Ein besonderes Markenzeichen des Red Onion Saloon war die Art und Weise, wie die Kunden die Mädchen auswählten. Hinter der Bar gab es zehn Puppen, die die zehn Mädchen repräsentierten. Ein Kunde wählte dann eine Puppe aus. Legte der Barkeeper diese mit dem Rücken auf die Bar, so wusste der Kunde, dass das Mädchen noch beschäftigt war. War sie wieder frei, setzte der Barkeeper die Puppe aufrecht hin.
Zum Abschluss des Tages klettere ich noch auf eine kleine Anhöhe am Rande der Stadt, von wo ich einen schönen Ausblick auf das Städtchen, den Hafen und natürlich mein Kreuzfahrtschiff habe.
Pünktlich mit dem Einbruch der Dunkelheit läuft die Island Princess wieder aus dem Hafen von Skagway aus und ein weiterer schöner Tag dieser Alaskareise neigt sich dem Ende zu. Nach dem Abendessen gehe ich heute wieder recht zeitig zu Bett, denn morgen werden wir schon sehr früh in den nächsten Hafen einlaufen – nach Juneau, der Hauptstadt von Alaska.