Tag 10: Samstag, 16. März 2019
Party and the City – Singapur
„Singapore has always held a special place in my heart.” – Asha Bhosle
Traumhaft, einfach nur traumhaft ist das, wenn man so im 32. Stock sitzt mit diesem Panorama. Auch zum Frühstück kann ich mich da nicht sattsehen. Da rückt das Essen glatt in den Hintergrund. Lecker ist es aber allemal, denn die Lounge hier im Conrad hat auch morgens ein tolles Buffet und serviert Eierspeisen frisch aus der Küche.
Viel mehr genieße ich aber diese tolle Aussicht und den knallblauen Himmel, der sich schon wieder zeigt. Mit dem Wetter habe ich auf dieser Reise wirklich richtig Glück.
Beim genaueren Hinsehen kann ich dann auch viele mir inzwischen bekannte Gebäude entdecken, wie das Fullerton Hotel oder die National Gallery. Schade, dass der Wasser speiende Merlion gerade saniert wird, denn so ist leider nur der Kasten zu sehen, der ihn gerade umhüllt.
So richtig lange halte ich es dann aber doch nicht aus, denn das Wetter zieht mich nach draußen. So stehe ich schon eine halbe Stunde später an der Marina Bay, wo ich das tolle Panorama aus einer anderen Perspektive genießen kann.
Noch einmal führt mich heute der Weg in Richtung Singapore River. Vorbei an der Victoria Concert Hall und dem Dalhousie Monument gelange ich so zum Asian Civilizations Museum.
Das Jahr 2019 war für Singapur ein ganz besonderes, denn vor 200 Jahren gründete Stamford Raffles die Stadt. Aus diesem Anlass gibt es eine Sonderausstellung, die ich mir heute anschauen möchte. An der Kasse zahle ich meinen Eintritt und dann geht es erst einmal auf eine Entdeckungsreise durch Asien, denn das Museum zeigt Exponate aus vielen Winkeln des Kontinents.
Der Besuch des Museums beginnt gleich mit einem Highlight, der Ladung eines chinesischen Handelsschiffes aus dem 9. Jahrhundert. Das Wrack wurde 1998 in der Javasee entdeckt und die Fracht geborgen. Über 60.000 Keramikteile, die während er Tang Dynastie hergestellt wurden, waren an Bord, genauso wie Gold, Silber und Münzen.
In den weiteren Räumen dieser Etage sind noch mehr Stücke zu sehen, die die lange Geschichte des Handels zur See erzählen. Schon über Tausend Jahre wurden die Wasserstraßen rund um Malaysia und Indonesien als Handelsrouten genutzt.
In weiteren Galerien geht es um die Geschichte der Lehre in Asien, besonders in China, wo schon seit Jahrtausenden Dichter und Musiker eine wichtige Rolle in der Kultur spielten.
Die derzeitige Sonderausstellung beschäftigt sich mit Stamford Raffles. Leider gibt es nicht sehr viele Erinnerungsstücke, wie ich hier erfahre, denn auf seinem Weg nach England im Jahr 1824 fing sein Schiff Feuer. Zwar konnten sich alle Passagiere retten, doch persönliche Dinge und eine große Sammlung von Stücken aus ganz Asien verbrannte. So ist die Ausstellung dann doch kleiner und weniger interessant als ich dachte.
Dafür gefällt mir der Rest des Museums umso mehr. Im Obergeschoss sind weitere uralte Stücke aus dem chinesischen Kaiserreich und anderen asiatischen Ländern zu sehen. Sie repräsentieren vor allem die Länder, aus denen die Bevölkerungsgruppen Singapurs kommen.
Zwar hat mich die Raffles Ausstellung nicht ganz so mitgerissen, doch der Rest des Museums hat das auf alle Fälle geschafft, sodass der Besuch sich für mich auf jeden Fall gelohnt hat.
Nur wenige Meter vom Museumseingang entfernt und direkt am Singapore River wurde dann dem Mann ein Denkmal gesetzt, ohne den Singapur heute nicht existieren würde – Stamford Raffles. In dieser Gegend setzte der Brite auch zum ersten Mal einen Fuß auf das Stadtgebiet. Zuvor war er schon einige Jahre in verschiedenen Positionen in Südostasien unterwegs und erkannte die strategische Bedeutung eines britischen Stützpunktes an dieser Stelle. Schließlich galt es, sich nicht von den Holländern die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Glück brachte ihm das jedoch wenig, denn den Erfolg der von ihm gegründeten Siedlung erlebte Raffles nicht einmal mehr. Überhaupt wurde er erst nach seinem Tod so wirklich dafür geehrt, denn zuerst glaubte niemand an der Erfolg von Singapur. Raffles wurde sogar verklagt und sollte für einige Verluste, die während seiner verschiedenen Regentschaften entstanden waren, aufkommen. Nur einen Tag vor seinem 45. Geburtstags starb er auf seinem Landgut im Norden Londons an einem Hirntumor. Singapur war damals gerade einmal sieben Jahre alt.
Erst im Januar 2019 wurden neben der Statue von Stamford Raffles noch weitere aufgestellt. Dazu gehören Sang Nila Utama, ein Prinz von Palembang, der 1299 eine Vision eines Löwen hatte und das Königreich von Singapura gründete. Weiterhin sind Tan, Munshi and Naraina zu sehen, die zu den ersten Siedlern gehörten. Alle drei wurden zu wichtigen Stützen der Gesellschaft in den ersten Tagen von Singapur.
Ich laufe noch ein Stückchen am Ufer entlang und habe dabei wieder einen schönen Blick auf die Elgin Bridge. Weiter will ich aber heute nicht, sodass ich hier umkehre.
Das ist auch gar nicht so verkehrt, denn genau an dieser Stelle des Flusses befindet sich der Postkartenblick auf die Hochhäuser des Geschäftsviertels mit den winzig wirkenden Shophouses davor, in denen Händler schon über hundert Jahren ihre Waren anboten.
Dabei kann ich auch das ganz normale Leben beobachten, wie ein TV Team, das gerade ein Interview führt, oder die Müllabfuhr, die jede noch so kleine Verschmutzung aus dem Fluss fischt. Singapur ist eben eine saubere Stadt und das nicht nur an Land.
Schließlich entferne ich mich wieder vom Ufer und sehe auf der anderen Straßenseite schon die National Gallery.
Auf meiner Straßenseite stehe ich jedoch vor einem anderen Gebäude, dem alten Parlament. Aus diesem Gebäude wurde Singapur bis zur Eröffnung des neuen Parlamentes im Jahr 1999 regiert. Heute ist hier ein weiteres Museum untergebracht.
Zurück an der Suntec City laufe ich noch kurz am Conrad vorbei und bis zur Fountain of Wealth. Der Brunnen des Reichtums wurde drei Jahre nach seiner Eröffnung 1998 als größtes Wasserspiel der Welt in das Guinessbuch der Rekorde aufgenommen. Fast 14 Meter ist er hoch und die vier Bronzestützen tragen einen Ring, der 66 Meter im Durchmesser misst. Mehrmals am Tag gibt es verschiedene Wasserspiele, die am Abend von einer Lasershow begleitet werden. Zu bestimmten Zeit ist es auch möglich, auf dem Boden des Brunnens zu laufen.
Zurück im Conrad verabschiede ich mich dann noch schnell vom riesigen Conrad Bären, der hier die Lobby ziert. Die kleinen Bären gibt es in jedem Hotel der Kette (manchmal auch ein anderes Tier) und sind begehrte Sammlerobjekte.
Noch ein letztes Mal ist nun umziehen angesagt. Es gibt da noch ein Hotel, in dem ich immer schon mal übernachten wollte, okay, eigentlich schon ein paar mehr. Dieses ist es nicht, obwohl das historische Goodwood Park Hotel auch ganz oben auf meiner Liste steht. Es war einmal ein deutscher Club, bevor es zum Hotel umgewandelt wurde.
Dafür aber das Marriott Tang Plaza an der Orchard Road, das sich gleich um die Ecke befindet. Und da geht es jetzt auch mit dem Taxi hin.
Der Name Tang ist in Singapur eine Institution wie kaum eine zweite. Tang Choon Keng wurde 1901 in China geboren und wanderte 1923 in das damals noch britische Singapur aus. Sein erstes Geld verdiente er mit Handel und so baute er Schritt für Schritt ein kleines Imperium auf. Irgendwann entdeckte Tang das Potenzial der Orchard Road, denn viele Menschen passierten diese Stelle jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit und wieder nach Hause. So siedelte er hier sein erstes Geschäft an und Tangs Departement Store gibt es noch heute, inzwischen aber auch mehrere Filialen in der Stadt und Südostasien. 1958 kaufte Tang dieses Stück Land, auf dem sich heute das Hotel befindet und ab 1982 ließ er hier ein Shopping Center auf fünf Etagen und darüber das Hotel errichten, das heute als Marriott Tang Plaza bekannt ist.
Ich bekomme ein nettes Zimmer, aber als Upgrade gibt es leider nur eine höhere Etage mit Ausblick. Na ja, immerhin etwas und ganz so schlecht ist der Blick auf die Orchard Road ja wirklich nicht.
Nachdem ich mich in meinem Zimmer eingerichtet habe, zieht es mich aber gleich wieder nach draußen. Durch Zufall habe ich heute von der Armenian Street Party gehört und das klang interessant, sodass ich dort nun hin möchte. Zwar hatte ich eigentlich geplant die Orchard Road zu erkunden, doch das interessiert mich so sehr, dass ich den Plan einfach ändere. Auf dem Weg zur MRT entdecke ich noch mehr öffentliche Kunstwerke. Darunter diese Muskatnuss, die aus Bronze besteht und von Kumari Nahappan geschaffen wurde. Sie soll die Plantagen symbolisieren, die es hier einst gab und deren häufigste Frucht eben die Muskatnuss war. Einst war die Landwirtschaft hier ein wichtiger Teil der Wirtschaft.
Gleich um die Ecke steht eine riesige französische Bulldogge. Doggy John, so der Titel wurde 2014 vom französischen Künstler Julien Marinetti geschaffen.
Mit der MRT geht es für mich nun bis zur City Hall Station und von dort entlang der Stamford Road, wo sich das neu eröffnete The Capitol Kempinski Hotel befindet. Das Hotel besteht eigentlich aus zwei Gebäuden, dem 1930 fertiggestellten Capitol Building sowie dem 1904 erbauten Stamford Building.
Vor dem Haupteingang des Hotels biege ich in die Hill Street ein, der ich ein kleines Stück folge, bevor ich über eine Nebenstraße die Armenian Street erreiche.
Die Armenia Street bekam ihren Namen von der Armenian Church, die 1835 von George Drumgold Coleman erbaut wurde und die älteste Kirche der Insel ist. Der Name der Straße ehrt die armenischen Siedler, die einst halfen, die Wirtschaft von Singapur aufzubauen. In den vergangenen Jahren wurde die Straße in eine Fußgängerzone umgewandelt und viele der historischen Gebäude, die sie säumen, saniert.
Am 15. und 16. März 2019 fand hier die Armenian Street Party statt, ein buntes Familienfest mit vielen Ständen und einem ganz besonderen Highlight. Das tolle an der Party, das hier wurde nicht für Touristen organisiert, sondern vor allem für die Einheimischen.
So stürze ich mich dann auch gleich ins Getümmel und inspiziere die zahlreichen Stände, die vor allem Speisen servieren.
Für mich sind aber auch die schön restaurierten Gebäude ein echter Hingucker, sodass ich immer wieder auf den Auslöser drücke.
Das Highlight der Party ist aber der Tag der offenen Tür im Peranakan Museum. Das Gebäude war einst eine chinesische Schule und beherbergte dann viele Jahre das Asian Civilisations Museum, bevor es zum Peranakan Museum umgebaut wurde. Die Peranakan sind eine ethnische Gruppe, die vor allem im Straits Settlement zu finden war, das einst aus Singapur, Malacca und Penang bestand. Sie entstand ursprünglich aus malaiischen Frauen und chinesischen Männern, die als Lohnarbeiter nach Malaysia kamen. Als Peranakan wurden aber später auch Verbindungen anderer ethnischer Gruppen mit Chinesen bezeichnet. Viele von ihnen wurden und werden auch heute noch unterdrückt. Nicht aber in Singapur, wo man seine Herkunft stolz zeigt und dafür eigens sogar ein Museum eingerichtet hat.
Insgesamt gibt es im Museum zehn Räume, in denen das Leben und die kulturellen Besonderheiten der Peranakan erzählt werden. Traditionell war es zwar so, dass die chinesische Kultur in den Verbindungen dominierte, doch sie wurde auch mit den anderen Kulturen verwoben und so entwickelte sich ein ganz eigener Stil.
Das Museum zeigt aber nicht nur einfach Stücke in Vitrinen, sondern hinter der gesamten Ausstellung verbirgt sich eine Geschichte. Gezeigt wird eine zwölftägige Hochzeitszeremonie mit Feierlichkeiten, Geschenken und allem was dazu gehört.
Eines der großartigsten Ausstellungsstücke ist das Hochzeitsbett von Mrs. Quah, in dem die Dame auch sieben ihrer elf Kinder zur Welt brachte.
In einem anderen Raum wird die Hochzeitszeremonie gezeigt, die aus einer großen Prozession bestand.
Weitere Räume zeigen die Mitgift, die Geschenke und die Tafel für das Hochzeitsdiner. Alles ist liebevoll eingerichtet und sehr informativ.
Das Highlight des heutigen Tages aber startet in der Lobby des Museums. Hier wird eine Hochzeitszeremonie in historischen Kostümen nachgespielt. Ein wirklich tolles Erlebnis.
Nur das mit dem händeln der Massen müssen die Organisatoren noch ein bisschen üben, denn als die Zeremonie auf die Straße kommt, wird sie fast von den Schaulustigen überrannt. Es ist wirklich ein Akt ein paar einigermaßen gute Fotos zu bekommen.
Für mich hat sich dieses Event sehr gelohnt. Das war wirklich ein Highlight dieser Reise, denn Veranstaltungen dieser Art, die eben nicht nur für Touristen gemacht sind, sind doch immer etwas ganz Besonderes.
Als es langsam dunkel wird, mache ich mich wieder auf den Weg zur Bushaltestelle. Dabei komme ich noch einmal am Kempinski vorbei.
Und da sich Chjmes gleich um die Ecke befindet, schaue ich hier auch noch einmal kurz vorbei, bevor ich zur Busstation am Kempinski zurücklaufe.
Was für ein toller Abschluss meines Singapur Aufenthaltes. Das hat so richtig Spaß gemacht. Solche Feierlichkeiten, an denen mehr Einheimische als Touristen teilnehmen, sind doch immer wieder ein ganz besonderes Erlebnis. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge mache ich mich nun auf den Rückweg ins Hotel. Ich bin schon traurig, dass ich morgen wieder abreisen werde, doch bin ich auch dankbar für diese tolle Zeit, die ich in dieser fantastischen Stadt hatte.
Wetter: heiter, 27–33 Grad
Hotel: Marriott Tang Plaza