Tag 6: Freitag, 03. Januar 2020
Along the Mother Road – Las Vegas nach Barstow
„If we were meant to stay in one place, we’d have roots instead of feet.” – Anon
Es ist schon ein bisschen verrückt, dass ich gestern noch in Florida war und heute in Las Vegas aufwache. Aber Spaß macht es trotzdem. Ich bin auch recht früh wach, denn immerhin musste ich die Uhr nochmals drei Stunden zurückdrehen. Ich Las Vegas habe ich dieses Mal nichts geplant, der Flug hat sich nur einfach angeboten. Und so hole ich schnell meinen Mietwagen ab und mache mich dann auf den Weg nach Kalifornien. Einen kurzen Stopp in Nevada lege ich aber noch an den Seven Magic Mountains ein.
Die Kunstinstallation mitten in der Wüste wollte ich schon lange mal besuchen, vom Highway habe ich sie auch des Öfteren schon gesehen, doch geklappt hat es irgendwie bisher nie. Heute aber halte ich bewusst an und nehme mir die Zeit.
Verantwortlich für das 2016 eröffnete Kunstwerk ist der Schweizer Ugo Rondinone. Eigentlich war geplant, dass das Werk nur für zwei Jahre vor Ort steht, doch der überwältigende Erfolg hat den Künstler bewogen, es bis heute stehenzulassen.
Wie der Name schon erahnen lässt, gibt es sieben bis zu zehn Meter hohe Türme aus großen Steinen, die in leuchtend bunten Farben angestrichen wurden. Eintritt kostet der Besuch nicht und so tummeln sich hier die Touristen und lassen sich vor den Steintürmen ablichten.
Ich folge nach diesem kurzen Stopp noch ein wenig dem Interstate 15 und überquere so auch die Grenze nach Kalifornien.
Auf den Bergen in der Ferne ist etwas Schnee zu sehen, ein Anblick, der mich hier in der Wüste im Winter immer wieder fasziniert.
Ein Stückchen weiter verlasse ich die Autobahn und biege zum Mojave National Preserve ab, einem großen Schutzgebiet, das die Ursprünglichkeit der Wüste erhalten soll. An unzähligen Joshua Trees und durch karge Landschaft geht es für mich bis zum Kelso Depot, einem alten Haltepunkt der Bahn mitten in der Wüste. Die Bahn fährt hier auch heute noch, nur halten braucht sie inzwischen nicht mehr.
Und so wurde das alte Bahnhofsgebäude zum Museum und Besucherzentrum des National Park Service. Vor vielen Jahren war ich schon einmal hier, doch heute habe ich Lust auf einen erneuten Besuch.
Kelso wurde 1906 aus einem einzigen Grund gegründet, hinter dem Ort führen die Gleise den Cima-Hügel hinauf und das stellte die Dampflokomotiven in der sengenden Hitze der Wüste vor ein Problem. So legte man den Güterbahnhof an und stationierte hier Hilfslokomotiven sowie Wasserspeicher für die Kühlung.
Das heutige Gebäude wurde 1923 erbaut und erstmals konnte man hier Übernachtungsmöglichkeiten für die Bahnmitarbeiter sowie Warteräume für Passagiere anbieten. Auch ein Fernschreiberbüro wurde eingerichtet.
Kelso selbst erlebte einen wahren Boom und immer mehr Menschen zogen in die kleine Stadt. Rund zweitausend Einwohner zählte der Ort um 1942, als Vulcan Mine damit begann, Erze von hier in das Stahlwerk nach Fontana zu befördern. Doch der Boom verebbte, so schnell er gekommen war. Schon drei Jahre später begann der Niedergann, denn die Firma stoppte die Transporte, da das Erz zu viel Schwefel enthielt. Nur wenige Jahre später kam der endgültige Todesstoß und Kelso wurde zur Geisterstadt, denn ab 1950 fuhren Dieselloks auf der Strecke, die die Steigung spielend bewältigen konnten.
So ging in Kelso still und leise eine Ära zu Ende und der Ort mit seinem historischen Güterbahnhof war dem Verfall preisgegeben. Bis 1985 betrieb man hier zwar noch einen technischen Stopp für Züge, doch dann war endgültig Schluss. Eigentlich sollte der Bahnhof sogar abgerissen werden. Engagierte Bürger und ein Kongressabgeordneter verhinderten dies jedoch und so bliebt das alte Gebäude erhalten.
Die Sanierung des Gebäudes begann allerdings erst 2002 und konnte drei Jahre später abgeschlossen werden. Seitdem sind hier nun das Besucherzentrum des Mojave National Preserve sowie ein kleines Museum zum Gebäude und der Eisenbahnlinie untergebracht.
Der erste Raum, den ich besichtige, ist das Telegrafenbüro, das 1923 in dem neuen Gebäude eingerichtet wurde, um Kontakt zu anderen Stationen zu halten.
Anschließend geht es für mich in das Haupthaus, um den Rest der Ausstellung anzuschauen. Dazu gehören restaurierte Zimmer, die zeigen, wie die Bahnmitarbeiter hier untergebracht waren, …
… jede Menge Utensilien, die in den Passagierzügen und dem Restaurant des Bahnhofs genutzt wurden …
… und das Highlight, das komplett renovierte Restaurant mit seiner imposanten Bar.
Nach meinem Besuch in Kelso folge ich den einsamen Straßen durch die Wüste bis ich auf eine ganz besondere Straße treffe, die Mother Road oder auch unter dem Namen Route 66 bekannt. Sie war die erste Transkontinentalstrecke, die mit dem Auto befahrbar war und läutete so ironischerweise das Ende der Bahnverbindungen ein. Die Straße begann in Chicago und führt bis nach Santa Monica. Auf der Fahrt durchquerte man auch die Mojave Wüste.
Und da die Fahrzeuge damals langsamer unterwegs waren und natürlich auch Treibstoff benötigten, wurden kleine Haltepunkte gegründet. Einer ist Roy’s und der ist als einziger noch erhalten und erzählt hier die Geschichte der Route 66 in den 50er und 60er Jahren.
Roy’s ist aber nicht nur ein Museum, denn Tankstelle und Shop sind durchaus noch immer in Betrieb, denn auch heute noch benötigen die Autos gelegentlich Treibstoff, doch wenn sie schnell sind und vor allem weitere Strecken zurücklegen können.
Roy Crowl eröffnet die Tankstelle, eine Werkstatt sowie ein Motel im Jahr 1938 und 1940 wurde das Gebäude noch um ein Café erweitert. In der Nachkriegszeit boomte das Geschäft, der Betrieb beschäftige rund siebzig Angestellte und war rund um die Uhr geöffnet. Das moderne Rezeptionsgebäude sowie das überdimensionale Schild an der Straße wurden im Jahr 1959 errichtet.
Die Motelzimmer waren in diesen kleinen Häusern untergebracht. Heute stehen sie leer und warten noch darauf, wieder saniert zu werden.
Im Jahr 1972 ersetzte der Interstate 40 die Route 66 und so gab es auch hier schlagartig keine Reisenden mehr. Das Geschäft brach von einem Tag auf den anderen komplett zusammen. Das Geschäft wurde zwar weitergeführt, doch es kamen nur noch wenige Touristen. Die geschäftige Route 66 war tot. Heute gehört das ganze Ensemble inklusive des Ortes Amboy einem Privatmann, der es Stück für Stück restauriert und wieder für Touristen zugänglich macht. Benzin tanken kann man hier übrigens auch heute noch.
Andere Orte hat es noch härter getroffen, als der Interstate eröffnete. Einer von ihnen war Bagdad. Von dem Städtchen ist heute nur noch dieser Baum übrig, die letzten Gebäude wurden bereits 1991 abgerissen. Bagdad wurde übrigens durch den Percy Adlon Film Bagdad Café berühmt, auch wenn das Café eigentlich im nahen Newberry Springs steht. Und noch etwas macht den Ort unvergessen, Bagdad hält den Rekord für die längste Trockenperiode in den USA. Vom 3. Oktober 1912 bis zum 8. November 1914 fiel hier nicht ein Tropfen Regen. Ganze 767 Tage Trockenheit sind noch heute ein Rekord.
Zum Sonnenuntergang erreiche ich schließlich Barstow, das ebenfalls an der Route 66 lag, aber überlebte, da der Interstate 40 direkt an der Kleinstadt vorbeiführt.
Hier habe ich mich für heute Nacht im Best Western Desert Villa Inn einquartiert, wo ich ein schönes Zimmer bekomme.
Zum Abendessen geht es noch in ein nahes Diner, bevor der Tag für mich heute endet.
Meilen: 226
Wetter: sonnig, 52 bis 68 Grad F
Hotel: Best Western Desert Villa Inn