Tag 5: Freitag, 03. September 2021
Walled City – Mdina – Teil 1
„Architecture should speak of its time and place, but yearn for timelessness.” – Frank Gehry
Heute wollen wir tief in die Geschichte von Malta eintauchen – so der Plan. Nach einem gemütlichen Frühstück auf dem Balkon in der Lounge, brechen wir zu einer Tour einmal quer über die Insel auf. Das hört sich erst einmal furchtbar weit an, doch Malta ist klein, ja geradezu winzig, selbst Inseln wie Mallorca sind dagegen riesig, wenn man sie mit diesem kleinen Inselstaat vergleicht. Nur eine knappe halbe Stunde fahren wir, dann sehen wir schon der Verdala Palace, der sich fast am gegenüberliegenden Ende der Insel befindet.
Nochmal fünf Minuten und schon erreichen wir die Dingli Cliffs. Die Klippen auf dieser Seite der Insel bilden die höchste Erhebung der Insel Malta. Bis zu 253 Meter erheben sich die steilen Felswände hier aus dem Mittelmeer. Der Name stammt vom Ritter Sir Thomas Dingley, der sich im 16. Jahrhundert in der Gegend niedergelassen hatte.
Schaut man mancherorts über die Kante, entdeckt man das ein oder andere Wrack. Anscheinend sind hier manche Autofahrer falsch abgebogen, denn eine Absperrung an der Straße gibt es nicht. Wer den Asphalt verlässt, kann ganz schnell tief unten landen.
Von hier haben wir dann auch nochmal einen schönen Blick auf den Verdala Palace. Der Palast kann leider nicht besichtigt werden, denn er ist die offizielle Residenz des maltesischen Präsidenten. Erbaut wurde er von Großmeister Jean de la Valette-Parisot zwischen 1557 und 1568 und ersetzte eine kleinere Jagdhütte. Um den Palast erstrecken sich die Busketts Gardens. Sie sind das größte Waldgebiet auf der Insel und allein deshalb eine Attraktion, denn Bäume gibt es auf Malta nicht sehr viele.
Ganz in der Nähe der Klippen befindet sich Clapham Junction, ein Gebiet mit Cart Ruts, sogenannten Wagenspuren aus prähistorischer Zeit. Wie genau diese Rillen entstanden sind, darüber sind sich die Wissenschaftler auch heute noch uneins, ihren Namen aber bekamen sie vom britischen Archäologen David H. Trump, der meinte, dass ihn die Rillen an die Anordnung der Gleise im gleichnamigen Londoner Bahnhof erinnert.
Wir laufen ein wenig durch das Gebiet, dass das eindrucksvollste auf den Inseln sein soll. Insgesamt gibt es wohl mehr als dreißig Orte auf Malta und Gozo, an denen solche Rillen gefunden wurden. So ganz kann uns das Gelände aber nicht in seinen Bann ziehen. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass hier irgendwie alles ungepflegt erscheint und auch die Erklärungen nur recht dürftig sind.
Die Haupttheorien, die zu den Rillen aufgestellt wurden, sind übrigens, dass es sich hier entweder um eine Art Schienensystem für den Transport von Material oder aber um ein Bewässerungssystem handelt. Andere Wissenschaftler vermuten, dass es sich um Schleifspuren handelt.
Ein Stück weiter die Straße hinunter erreichen wir wieder die Küstenstraße. Und hier kreuzt uns ein kleiner LKW, der mit Steinen beladen ist und plötzlich in eine extrem enge und ungepflasterte Küstenstraße einbiegt. Da halten wir doch mal an und schauen, wie der die steile Strecke hinunterkommt.
Aber tatsächlich schafft es der Fahrer seinen LKW bis nach unten zu bugsieren und seine Ladung abzukippen.
So fahren wir dann weiter und halten schließlich noch an der kleinen St. Mary Magdalene Kapelle, die 1646 erbaut wurde und eine ältere Kapelle ersetzte, die hier mindestens seit dem 14. Jahrhundert stand.
Wegen ihrer exponierten Stellung wurde die kleine Kapelle auch schon mehrmals vom Blitz getroffen und dabei beschädigt. Der letzte Blitzeinschlag war 2014 und damals wurde ein Teil der Fassade zerstört, Steine fielen sogar auf den Altar. Der wurde, genauso wie die Kirche, repariert und kann so auch wieder besichtigt werden. Das Innere allerdings nur durch ein Guckloch in der Tür, denn geöffnet ist die kleine Kapelle nicht.
Auf dem Rückweg zum Parkplatz bietet sich uns ein lustiges Bild. Anscheinend werden auf Malta mit Vorliebe weiße Kleinwagen vermietet. Unserer ist übrigens der ganz rechts.
Nur eine Viertelstunde sind wir anschließend zu unserem nächsten Ziel unterwegs und das liegt bereits wieder im Inselinneren. Da sieht man sehr schön, wie kurz die Wege auf der Insel sind. In Mdina ist der kleine Parkplatz vor dem Stadttor besetzt, doch wir haben Glück, denn an der Straße können wir einen, noch dazu kostenlosen, Parkplatz ergattern.
Der ist genau gegenüber dem Casino Notabile, das zwischen 1887 und 1888 erbaut wurde und als Clubhaus für eine Gruppe Adliger diente. Später stand das Gebäude jedoch lange Zeit leer und drohte endgültig zu verfallen, bis es in letzter Minute doch noch gerettet und saniert wurde.
Nur ein paar Minuten zu Fuß sind es bis zum Stadttor der wohl schönsten mittelalterlichen Stadt der Insel. Einst war Mdina Hauptstadt, doch heute leben nur noch 243 Einwohner innerhalb der Stadtmauern. Das schöne Stadttor wurde im Auftrag von Großmeister Antonio Manoel de Vilhena (1663–1736) erbaut und bildet den wichtigsten Zugang zur Stadt.
Umgeben ist die Stadt von mächtigen Mauern. Die Wallanlagen sind heute zu einem Park umgebaut worden. Den schauen wir uns jedoch erst später genauer an. Momentan begnügen wir uns mit einem Blick von der Brücke, die zum Stadttor führt.
Wem das Stadttor jetzt übrigens bekannt vorkommt, der hat damit nicht ganz unrecht, denn es wurde in der ersten Staffel von Games of Thrones als Stadttor der Hauptstadt Königsmund genutzt.
Hinter dem Stadttor tauchen wir ein das Gewirr der engen Gassen von Mdina ein. Der Name Mdina stammt von den Arabern, die die Insel 870 eroberten, und heißt soviel wie Stadt. Die Besiedlung geht jedoch bis auf die Bronzezeit zurück und in der Römerzeit lebten gar um die tausend Einwohner innerhalb der Stadtmauern. Heute ist Mdina vor allem bei Touristen beliebt und dementsprechend voll kann es tagsüber werden. Da es aber nur ein Hotel und wenige Restaurants gibt, ist die Stadt am Abend oft wieder menschenleer.
Der erste Ort, den wir innerhalb der Stadtmauern ansteuern, ist das Palazzo Vilhena. Erbaut wurde das prächtige Gebäude zwischen 1726 und 1728 im französischen Barock und Auftraggeber war der 66. Großmeister Maltas, Antonio Manoel de Vilhena. Den Hof betreten wir durch ein reich verziertes Tor und kommen so in den Innenhof, den das U‑förmig erbaute Gebäude umfasst.
Im Palast ist heute das Maltesische Nationalmuseum für Naturkunde zu finden. Zuvor war hier aber auch schon ein Krankenhaus untergebracht.
Ist Malta schon klein, so ist Mdina geradezu winzig, doch auf der kleinen Fläche gibt es unheimlich viel zu sehen. So steht schon ein paar Schritte weiter die Kappella ta’ Sant’ Agata, eine römisch-katholische Kirche, deren heutiges Gebäude aus dem 17. Jahrhundert stammt.
Wir folgen nun der Hauptstraße durch die Stadt, der Triq Il Villegaignon. Die Straße ist gesäumt von historischen Gebäuden, die aus dem für Malta typischen sandfarbenen Kalkstein errichtet wurden.
Eines der Gebäude an der Straße ist der Palazzo Testaferrata, ein Palast, der für den Marquis of San Vincenzo Ferreri erbaut wurde und durch seine knallrote Tür hervorsticht.
Auch beim Weiterlaufen lohnt sich immer wieder der Blick nach rechts und links, denn die meisten Gebäude sind reich verziert und erzählen eine Geschichte.
Die Banca Giuratale wurde im 18. Jahrhundert als Verwaltungsgebäude gebaut, wurde später aber auch als Wohnhaus und Schule genutzt. Inzwischen ist hier das Nationalarchiv von Malta untergebracht.
Schließlich öffnet sich die Straße zum St. Pauls Square, einem der Hauptplätze der Stadt. Der Platz wird von der großen Kathedrale dominiert und von zahlreichen historischen Gebäuden eingerahmt.
Die Kathedrale St. Paul ist die ursprüngliche Bischofskirche von Malta, wurde zwischen 1697 und 1702 erbaut und ersetzt eine vorherige normannische Kirche, die 1693 bei einem Erdbeben zerstört wurde.
Hinter der doch eher schlichten Fassade verbirgt sich ein reich verzierter Innenraum, der mit vielen Wand- und Deckenfresken ausgestattet ist.
Das Deckengemälde der Kuppel wurde erst in den 1950er Jahren geschaffen und zeigt den Schiffbruch des Apostels Paulus auf der Insel Malta. Aus diesem Aufenthalt leitet sich die Schutzherrschaft über die Kathedrale ab.
Auch das Altarbild zeigt eine Szene aus dem Leben des Schutzpatrons. Hier ist die Bekehrung des Saulus zum Paulus auf dem Weg nach Damaskus zu sehen.
Zur Kathedrale gehört ein Museum, dessen wertvollster Schatz eine Sammlung von Werken von Albrecht Dürer ist.
Besonders prachtvoll ist auch der Palazzo del Prelato, der sich gegenüber der Kathedrale befindet und als privates Wohngebäude genutzt wird.
Wir laufen weiter durch die engen Gassen und schauen immer mal wieder links und rechts in eine Querstraße. Überall gibt es interessante Gebäude zu entdecken und es macht einfach Spaß, sich hier treiben zu lassen. So groß ist die Stadt nicht, dass man sich verlaufen könnte. Schneller als gedacht, erreicht man irgendwo immer wieder die Stadtmauer.
Wir erreichen so den Bastion Square am anderen Ende der Stadt, von dem man einen besonders schönen Ausblick haben soll.
Der bietet sich dann auch von einer kleinen Aussichtsterrasse. Von hier können wir die halbe Insel überblicken und sogar Plane Spotting ist hier möglich, denn etwas weiter östlich befindet sich die Einflugschneise des Flughafens.
So große Maschinen wie die Boeing 777 der Emirates sieht man allerdings eher selten, denn die meisten Flugzeuge, die Malta anfliegen, sind eher Airbus 320 und Boeing 737 sowie der kleine A220 der Swiss.
Inzwischen ist es schon früher Nachmittag und so langsam könnten wir mal was essen und trinken. Doch davon und von unseren weiteren Erlebnissen in Mdina erzähle ich im zweiten Teil des Tagesberichts.