Tag 4: Sonntag, 02. Oktober 2016
The Day Dixie died – Richmond nach Herndon
“The South is more real than the rest of the country. It has lived through more.” – Philip Martin
Heute verlasse ich Richmond schon wieder und das ist auch gut. Zieht es sich doch schon am Morgen kräftig zu. Sollte mich das Wetter schon wieder im Stich lassen? Zwei Abstecher mache ich aber doch noch. Der erste führt mich nach City Point, wo das Appomattox Manor steht. Das Gebiet hier gehört auch zum Petersburg National Battlefield, weil genau hier General Grant sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte.
Schon zu Zeiten der britischen Kolonien war das Land hier am James River in der Hand der Familie Eppes. Das heutige Plantagenhaus wurde im Jahr 1751 erbaut. Bis zum Jahr 1862 wohnte Dr. Richard Eppes mit seiner Familie hier. Als die Unionsstreitkräfte aus dem Norden über den James River kam, floh die Familie. 1864 wurde die Plantage von der Armee besetzt, um die Versorgung der Front während der Belagerung von Petersburg zu gewährleisten.
Als die Armee die Plantage 1866 verließ, blieben fast nur noch Ruinen übrig. Nur das Haus überlebte und die Familie begann es wieder aufzubauen. Heute sind im Haus das Visitor Center sowie einige restaurierte Museumsräume zu sehen.
Ich fahre weiter nach Richmond, wo ich schon viele Male war. Deswegen habe ich heute nur ein Ziel und das heißt Maymont. Im Jahr 1893 vollendeten James und Sallie Dooley ihr viktorianisches Anwesen hoch über dem Ufer des James Rivers. Die historische Zufahrt ist heute aber geschlossen. Stattdessen parkt man auf der Straße und betritt den Park durch einen Fußgängereingang.
Der Weg führt vorbei an etlichen Nebengebäuden. Hier wohnte das Personal, das auf dem Anwesen arbeitete. Nach ihrem Tod vermachten die Dooleys ihr gesamtes Anwesen der Stadt Richmond. So ist Maymont bereits seit über 75 Jahren für Besucher geöffnet.
Als Erstes besichtige ich die Garagen, in denen die verschiedenen Kutschen ausgestellt sind, die die Dooleys nutzten.
Schon lange wollte ich das Haus anschauen und bin doch, aufgrund der großen Auswahl in dieser Gegend, nie dazu gekommen. Heute aber will ich das nachholen. Leider spielt das Wetter nicht ganz mit.
Zum Haus gehören auch verschiedene wunderschön angelegte Gärten, die sich bis an den James River erstrecken.
Das Innere des Hauses kann man jedoch nur mit einer Führung besichtigen. Ursprünglich hatte ich vor, bis zur ersten zu warten und die Zeit im Park zu vertrödeln. Durch den bedeckten Himmel macht das aber überhaupt keinen Spaß und so beschließe ich kurzerhand weiterzufahren. Es wird sich auch noch eine andere Gelegenheit ergeben, Maymont von innen zu sehen.
Ich fahre weiter gen Norden und erreiche schließlich wieder Fredericksburg. Viel habe ich mir auch hier schon angesehen, doch der Fredericksburg und Spotsylvania National Military Park gehörte bisher nicht dazu. Wer mich kennt, der weiß aber, dass ich nicht über jedes Schlachtfeld gelaufen sein muss, wohl aber jedes Haus ansehe. Und genau deshalb bin ich auch hier, denn es gibt einige historische Gebäude im Park zu bestaunen. Da ich von Süden komme, erreiche ich zuerst den Stonewall Jackson Shrine.
Einst war das kleine weiße Haus das Büro der Fairfield Plantation. Heute ist es das einzige Gebäude, das erhalten geblieben ist. Als der berühmte Südstaatengeneral Thomas Jonathan „Stonewall” Jackson auf dem Schlachtfeld verwundet wurde, brachte man ihn in dieses Haus, um sich auszuruhen, bevor er mit dem Zug weiter nach Richmond zu medizinischen Betreuung gebracht werden sollte. Jackson war schwer verwundet, unter anderem musste sein linker Arm amputiert werden. Am 10. Mai 1863 verloren die Ärzte jedoch den Kampf und Stonewall Jackson verstarb in diesem Haus.
Ich fahre weiter nach Fredericksburg, wo sich das Visitor Center des Fredericksburg and Spotsylvania National Military Park befindet. Lange halte ich mich jedoch nicht auf, nur einen Stempel hole ich für meinen Passport.
Zum Park gehört auch Chatham Manor, ein Herrenhaus außerhalb von Fredericksburg. Erbaut wurde es von 1768 bis 1771 für William Fitzhugh als Herzstück einer großen Plantage. Viele Berühmtheiten der damaligen Zeit besuchten das Haus, neben Robert E. Lee gehörten auch George Washington und Thomas Jefferson zu ihnen.
Das Schicksal traf Chatham erst im Bürgerkrieg besonders hart. Im Jahr 1862 war die Familie gezwungen, das Haus zu verlassen und die Union Army besetzte das Anwesen für die nächsten 18 Monate. General Irvin McDowell schlug im Haus selbst sein Lager auf und empfing hier sogar Präsident Abraham Lincoln, um mit ihm über das Vorgehen im Krieg zu sprechen. Mehrere Monate später brachen schwere Kämpfe rund um Fredericksburg aus und das Haus diente als Lazarett für schwer verwundete Soldaten. Mehr als 130 Soldaten starben hier und wurden zunächst auf der Plantage begraben. Nach dem Krieg wurden sie auf den Fredericksburg National Cemetery umgebettet.
Nach dem Krieg war Chatham verwüstet. Blut und Graffitis bedeckten Böden und Wände. Die Familie Lacy, der das Haus vor dem Krieg gehörte, kam zwar zurück, konnte die Plantage aber nicht mehr aufbauen. Schließlich zogen sie aus und residierten seither in Ellwood. Im Jahr 1872 verkauften sie das Anwesen. Bis 1920 ging das Haus durch viele Hände, bevor es Daniel und Helen Devore kauften und restaurierten. 1931 kaufte John Lee Pratt das Anwesen und lebte hier, bis er es 1975 dem National Park Service schenkte.
Fünf der zehn Zimmer sind heute ein Museum und erzählen die Geschichte der Plantage. Viel ist von der Einrichtung allerdings nicht erhalten geblieben. Das wertvollste Stück ist wohl der schwarze Stuhl, auf dem schon mehrere Präsidenten saßen.
Von der Terrasse des Hauses hat man einen schönen Blick über den Rappahannock River nach Fredericksburg. Kaum zu glauben, dass dort einst schwere Kämpfe tobten.
Zum Military Park gehören noch mehrere andere Gebiete. Überall fanden einst schwere Schlachten statt, heute jedoch liegen die Gebiete sehr ruhig da und bieten eher Erholung, denn rundherum dehnt sich oftmals die Zivilisation aus. Hier jedoch ist alles so geblieben, wie vor über 150 Jahren. So auch auf dem berühmten Chancellorsville Schlachtfeld, auf dem Stonewall Jackson seinen linken Arm verlor.
Erhalten geblieben ist auch ein kleines Stück von Chancellorsville. An einer bedeutenden Straße, die man auch heute noch befährt, wenn man den Park anschaut, stand das Chancellorsville Inn.
Viel ist von dem Haus nicht mehr erhalten, doch diese Steine erzählen mehr von dem Grauen des Krieges, als viele andere Orte. Es kam immer wieder vor, dass Zivilisten im Kreuzfeuer der Gefechte gefangen waren und ihr Hab und Gut verloren.
Schließlich erreiche ich Ellwood, das Haus, in das die Lacys zogen, nachdem sie Chatham Manor verkauft hatten. Auch dieses Haus gehört heute zum Park, ist aber nicht immer geöffnet. Ich jedoch habe Glück, heute ist auch hier offen, so biege ich kurzerhand ab.
Im Gegensatz zu Chatham sollte Ellwood nicht den Reichtum der Familie zeigen, sondern einfach funktionell sein. Hier baute die Familie Lacy größtenteils Getreide und Mais an.
Innen ist das Haus liebevoll restauriert. Hier waren fast nur Freiwillige am Werk und sie arbeiten noch immer an der Erhaltung des Hauses.
Dieser Baumstamm, in dem zwei Geschosse stecken blieben, ist eines der wertvollsten Ausstellungsstücke. Schon viele Museen wollten den Stamm haben, doch bisher ist er noch immer in Ellwood zu sehen.
Bei meinem Rundgang über die Farm entdecke ich dann diesen Grabstein. Und der Arm von Jackson ist hier tatsächlich beerdigt. Ein Verwandter der Familie Lacy war bei der Amputation auf dem Schlachtfeld dabei und trug den Arm schließlich hierher, um ihn zu bestatten.
Schließlich erreiche ich Herdon, eine Stadt außerhalb von Washington, wo ich heute übernachten will. So checke ich schnell im Courtyard ein, das ich heute, weil Wochenende ist, mal wieder zum Schnäppchenpreis bekommen habe.
Als ich wieder aus der Hoteltür trete, fällt mir dieses Gebäude auf. Air Line Pilots Association steht da geschrieben, also sowas wie die Pilotenvereinigung Cockpit in Deutschland. Gegründet wurde sie bereits 1931 und handelt Tarifverträge für über 51.000 Berufspiloten von über 30 US- und kanadischen Airlines aus.
Dann fahre ich zum Houlihans. Von der Filiale hier bin ich aber leider nicht sehr begeistert. Das Essen schmeckt zwar einigermaßen, aber der Service ist sehr unpersönlich und auch sonst macht das Restaurant nicht gerade einen einladenden Eindruck.
Meilen: 212
Wetter: 19–25 Grad, bewölkt, später heiter
Hotel: Courtyard Herndon