Tag 16: Freitag, 12. Oktober 2018
Europe in the Far East – Macau – Teil 2
Nachdem ich meinen Besuch des Museums von Macau nun abgeschlossen habe, verlasse ich das Haus wieder durch den Ausgang auf der dritten Etage. Einmal um das Gebäude herumgegangen, stehe ich mitten im Fortaleza do Monte.
Schon Anfang des 17. Jahrhunderts konkurrierten die Handelsmächte Europas um die besten Routen und Häfen in Asien. Besonders die Holländer wurden zu einer immer größeren Macht in der Region, sodass die Portugiesen zwischen 1617 und 1626 dieses Fort zur Verteidigung von Macau erbauten. Wie wichtig die Verteidigung war, zeigte sich bereits 1622, als die Holländer erstmals versuchten Macau einzunehmen. Das Fort, das damals noch lange nicht fertig war, half bei der Verteidigung kaum und nur ein glücklicher Zufall verhinderte die Übernahme der Stadt.
Heute ist das Fort weniger für die Verteidigung und vielmehr für die tolle Aussicht nach allen Seiten bekannt. Leider ist es heute sehr diesig, sodass der Blick nicht sehr weit reicht. Bei meinem ersten Besuch hatte ich hier mehr Glück mit dem blauen Himmel. Bis nach Festlandchina kann ich aber trotzdem schauen, denn das liegt gleich hinter dem schmalen Wasserstreifen, der Macau vom Rest des riesigen Reiches der Mitte trennt.
Einen schönen Blick habe ich auch auf die Ruine von St. Pauls, die ich zuvor besichtigt habe. Von hier oben kann man fast noch besser erahnen, wie groß diese Kirche einst gewesen ist.
Rund um das Fort sind heute kleine Gärten angelegt, die man auf Wegen, die von der Stadt nach oben führen, erkunden kann. Im Hintergrund erhebt sich das gewaltige Lisboa Casino, eines der Casinos, die sich am Rande der Altstadt befinden und schon existierten, bevor der Cotai Strip, größtenteils durch Landgewinnung, aus dem Boden gestampft wurde.
Ich verlasse das Fort schließlich über den Haupteingang, der sich auf der Stadtseite befindet. Es macht Sinn, über die Rolltreppe zu kommen, denn ansonsten kann der Aufstieg eine ziemlich schweißtreibende Angelegenheit werden.
Durch die Gassen von Macau setze ich meinen Stadtspaziergang nun fort. Einmal sind die asiatisch geschmückt und hinter der nächsten Ecke dann wieder ein kleines, tropisches Paradies. So gibt es immer wieder etwas neues zu entdecken. Langweilig wird es hier nicht.
Unterwegs entdecke ich die Igreja de São Lázaro, die bereits zwischen 1557 und 1560 erbaut wurde und zu den ältesten Kirchen in Macau zählt. Leider ist sie verschlossen, sodass mir nur der Blick von außen bleibt.
Rund um die Kirche gibt es wieder ein kleines Viertel mit historischen Gebäuden, die einmal mehr portugiesisch und dann wieder mehr chinesisch anmuten. So lasse ich mich weiter durch die Gassen treiben, in denen hier mehr Einheimische als Touristen unterwegs sind. Die meisten kommen wohl eher mit einer geführten Tour oder nur zum Spielen in die Casinos, was wirklich schade ist, denn wer sich für Macau Zeit nimmt, entdeckt eine wirklich tolle Stadt, die zu Unrecht ein Schattendasein neben Hongkong fristet. Im Gegenteil, nirgendwo gibt es mehr auf so kleinem Raum zu entdecken wie in dieser Stadt, die nebenbei auch noch völlig unproblematisch zu erkunden ist, auch wenn es manchmal eine Sprachbarriere gibt. Denn eines sollte einem klar sein, mit Englisch kommt man hier nicht immer weiter, denn neben Kantonesisch wird hier immer noch Portugiesisch gesprochen.
Nachdem ich eine Weile durch die kleinen Gassen gestreift bin, lande ich plötzlich wieder an einer großen Hauptstraße, an der sich dicht gedrängt große Hochhäuser befinden. Macau hat auch in den letzten Jahren noch ein unglaubliches Wachstum hingelegt, nicht zuletzt durch die stark wachsende Glücksspielindustrie. Lebten um die Jahrtausendwende noch rund 420.000 Menschen in der Stadt, sind es heute schon über 600.000 und die müssen auch irgendwo wohnen. So werden immer mehr dieser Hochhäuser gebaut, wie ich auch später noch feststellen werde, denn selbst mit Landgewinnung ist der Platz auf drei kleinen Inseln nun mal endlich. Trotzdem gibt es immer wieder kleine grüne Oasen wie den Jardim da Vasco da Gama, der dem berühmten portugiesischen Seefahrer gewidmet ist.
Mein Ziel liegt aber noch ein Stückchen weiter und ich weiß, dass ich gleich da bin, als ich die schönen kolonialen Villen entdecke, die an seinem Hang einst errichtet wurden.
Mein Weg führt jetzt steil nach oben, denn ich will den Monte da Guia erklimmen. Das ist ganz schön anstrengend, denn es geht teilweise wirklich steil bergan. Viele Einheimische nutzen den Park als Joggingstrecke und was ich richtig toll finde, es gibt Getränkeautomaten mit gekühlten Säften und Limonaden, sodass man sich hier sehr gut erfrischen kann.
So klettere ich dann der Berg hinauf und habe dabei immer mal wieder einen schönen Blick über die Stadt. Im Hintergrund kann ich sogar den Macau Tower entdecken, auf dem ich 2010 gewesen bin. Diesmal wird die Zeit dafür leider nicht mehr reichen.
Ebenfalls zu sehen ist die Ponte da Amizade, eine der Brücken, die die Altstadt mit Taipa und dem Cotai Strip verbinden.
Schließlich erreiche ich die Spitze des Berges, auf der sich das Fortaleza da Guia befindet. Das Fort wurde im 17. Jahrhundert erbaut und bot einst einen wunderbaren Rundumblick, der heute aber durch einige Hochhäuser etwas eingeschränkt ist.
Zum Fort gehört auch das zwischen 1864 und 1865 errichtete Farol e Fortaleza da Guia. Der Leuchtturm war der erste, der in Ostasien und der chinesischen Küste nach europäischen Vorbild gebaut wurde. Nur komme ich nicht näher ran, denn momentan wird der Weg um das Fort saniert und darf nicht betreten werden, was für mich natürlich sehr ärgerlich ist.
Ich bin enttäuscht. Aber was soll ich machen? Ich kann es nicht ändern und so ziehe ich weiter. Um die Ecke befindet sich der Eingang zu den militärischen Tunneln des Forts, die größtenteils im Zuge der Verteidigung während der Kriege des 20. Jahrhunderts angelegt wurden.
Nachdem ich wieder vor dem Fort angekommen bin, entschließe ich mich, noch ein wenig die Bergspitze zu erkunden, was ich als ziemlich gute Idee herausstellen soll.
Zwar ist der Park hier oben nicht sonderlich schön gepflegt, doch es gibt etwas, dass mir die weitere Erkundung doch sehr erleichtern wird.
Ich entdecke die Station einer Seilbahn, die mich nun wieder in die Stadt bringen wird und mir so den steilen Abstieg erspart. Nur ein paar Dollar soll das kosten, das ist weniger als ein Euro und dafür fahre ich doch gerne mit.
Ich bin momentan sogar der einzige Fahrgast, sodass ich eine ganze Gondel für mich bekomme und den Ausblick in alle Richtungen genießen kann.
Wieder in der Stadt muss ich mir den weiteren Weg dann ein wenig suchen, denn es gibt zwar überall Brücken oder Unterführungen unter den Schnellstraßen rund um die Altstadt, doch manchmal muss man die ein bisschen suchen, besonders wenn man, wie ich, weder Portugiesisch noch Kantonesisch lesen kann. Schließlich lande ich aber doch dort, wo ich hin will, am Lotus Square, der damals, als ich 2010 zum ersten Mal nach Macau kam, mein allererster Stopp in der Stadt war. Und von hier habe ich dann noch einen recht netten Blick auf den Leuchtturm, der auf dem höchsten Punkt Macaus steht und den ich so gerne näher erkundet hätte.
Auf dem Lotus Square steht eine goldene, sechs Meter hohe und sechseinhalb Tonnen schwere Lotusblume, die das Wahrzeichen von Macau ist und für den ewigen Wohlstand der Stadt steht. Die Blüte war ein Geschenk Chinas an die Stadt, als diese 1999 an die Volksrepublik zurückgegeben wurde.
Eigentlich hatte ich vor, nun noch zum Fishermans Wharf zu laufen, doch ich bin geschafft und habe keine Lust mehr. So suche ich mir eine Bushaltestelle, an der einer der Linien verkehrt, die mich wieder über die Brücke nach Taipa und zum Cotai Strip bringen wird. Na ja, noch nicht ganz, denn einen Stopp lege ich noch ein, aber dorthin zu laufen wäre wirklich etwas weit. Erst einmal aber bekomme ich eine kleine Rundfahrt durch das Casinoviertel der Macau Peninsula, das sich südlich der Altstadt befindet.
Vorbeikomme ich dabei auch am Grand Lisboa Casino, dem wohl markantesten Hotelbau der Stadt. Das eigentliche Casino wurde schon in den 1960er Jahren gebaut und war eines der ersten der Stadt. Doch nach der Rückgabe an China, boomte das Geschäft mit dem Glücksspiel, denn viele Festlandchinesen lieben es dafür in die Stadt zu kommen, die als einziger Ort in ganz China das Spielen erlaubt. Als dann immer mehr hohe Hotelbauten aus dem Boden gestampft wurden, entschloss sich auch das Lisboa Casino anzubauen und so er öffnete 2006 das Grand Lisboa mit seiner unverkennbaren Silhouette.
Bald schon verlässt der Bus das Casinoviertel aber wieder und fährt am Ostufer der Halbinsel entlang. In der Nähe des maritimen Museums steige ich noch einmal aus. Hier ist von Hochhäusern nicht mehr viel zu sehen. Vielmehr gibt es viele kleine Häuser, die wohl noch zu portugiesischer Zeit erbaut wurden.
Nur ein kurzer Fußweg ist es nun zum 1488 erbauten A Ma Tempel, einem der ältesten der Stadt. Er ist der chinesischen Seegöttin Mazu gewidmet und der Legende nach landeten an dieser Stelle die ersten portugiesischen Seefahrer. Sie fragten die Einheimischen, wie dieser Ort heiße und bekamen als Antwort: Maa-gok oder A‑maa-gok, was so viel wie der Pavillon der Mutter heißt. Die Seefahrer nannten diesen Ort dann Macau.
Der Tempel ist auch einer der ersten Orte Macaus, die je in einer Fotografie festgehalten wurden und wurde davor schon in vielen chinesischen Schriften beschrieben und auf Gemälden gezeigt.
Lange halte ich mich aber nicht mehr auf, denn es ist bereits früher Abend und ich bin komplett geschafft. So entscheide ich mich für den Rückzug und fahre auf direktem Weg zum Hotel. Abendessen gibt es heute wieder in der Lounge und danach streife ich noch ein bisschen durch die Casinos. So richtig Energie habe ich aber nicht mehr, sodass ich recht bald in meine Suite zurückkehre.
Meilen: —
Wetter: bedeckt, 25–31 Grad
Hotel: Conrad Macau