Tag 11: Montag, 29. April 2019
Chilling with friends – San Francisco nach Cupertino
„Best way to live in California is to be from somewhere else.” – Cormac Mccarthy
Zwar liegt mein Hotel ganz in der Nähe der berühmten Weinorte Napa und Sonoma, doch die lasse ich heute links liegen, denn ich war schön mehrmals in dieser Region unterwegs. Nur einen Ort, den habe ich bisher noch nicht besucht und der steht heute auf meiner Agenda, bevor ich nach Süden muss, um mein heutiges Lunch-Date zu treffen.
Die Fahrt in Richtung Küste ist allerdings schrecklich, einfach herzzerreißend. Ich komme Gegenden, die vor wenigen Monaten lichterloh gebrannt haben. Die Feuer haben alles verschluckt, Wälder, Felder, Häuser und sogar ein ganzes Hilton Hotel, von dem nur noch die Eingangsstufen stehen. Es ist grausam, einfach schrecklich, denn alles ist noch frisch, die verkohlten Reste nur beiseite geschoben, sodass die Straßen wieder befahrbar sind.
So ist meine Stimmung dann auch etwas gedrückt, als ich in Santa Clara ankomme. Auch die Stadt selbst hat es schwer getroffen. Immer wieder komme ich durch Viertel, die wie ausgelöscht sind und nur zwei Straßen weiter wurden die Siedlungen verschont, ein Hoffnungsschimmer. Wohnen würde ich hier aber auch nicht wollen, wenn ich dieses Grauen jeden Tag auf dem Heimweg sehen müsste.
Im Stadtzentrum ist von dem allen aber nichts mehr zu sehen. Hier brummt das Leben, auch wenn jedem einzelnen Bewohner hier die Angst vor dem Feuer noch immer in den Knochen steckt, wie ich wenig später erfahre. Aber zurück zu dem Ort, den ich besuchen will und der hat mit einem Mann zu tun, dessen Name noch immer weltbekannt ist. Schulz steht in einfachen schwarzen Buchstaben am Eingang zum Museum, doch dahinter verbirgt sich einige ganz eigene Welt.
Bei Schulz handelt es sich nämlich um Charles M. Schulz, den Erfinder der weltberühmten Peanuts. Seine berühmteste Figur, Charlie Brown, empfängt die Besucher auch gleich neben dem Eingang.
Das Charles M. Schulz Museum wurde 2002 eröffnet, zwei Jahre nach dem Tod des Schöpfers der berühmten Peanuts. Und genau um diese Comic-Figuren dreht sich auch im Museum eine ganze Menge, aber nicht nur. Als Besucher lernt man auch den Menschen Charles M. Schulz sowie weitere seiner Arbeiten besser kennen.
Sein Lebenswerk aber waren natürlich die Peanuts und einige der originalen Zeichnungen sind im Museum zu sehen. Unermüdlich zeichnete Schulz die kurzen Comics und nur er allein. Seit seinem Tod ist auch kein weitere neuer Comic mehr erschienen, denn Schulz verfügte in seinem Testament, dass niemand sonst die Peanuts zeichnen dürfe.
Die Figuren der Peanuts basieren dabei teilweise auf der eigenen Biografie von Schulz. So war der Vater von Schulz ein Barbier, seine Mutter eine Hausfrau, genauso wie bei Charlie Brown. Und genauso wie sein Comic Charakter war Schulz oft ein eher scheuer und zurückgezogener Mensch.
Erzählt wird auch die Geschichte von Donna Wold, die das Vorbild für das rothaarige Mädchen aus dem Comic war. Einen Namen hat die Figur im Comic selbst nie bekommen, nur in den Filmen wurde sie als Heather vorgestellt.
Donna Wold war übrigens eine Flamme des jungen Charles M. Schulz und einige Geschenke, die er ihr machte, sind heute im Museum zu finden. Wold aber entschied sich später gegen Schulz und für einen Feuerwehrmann, der ihr Ehemann wurde.
Die Familiengeschichte des berühmten Comiczeichner kommt ebenfalls nicht zu kurz. Zweimal war Schulz verheiratet und hatte vier leibliche sowie ein Adoptivkind, das seine erste Frau bereits mit in die Ehe brachte.
Im Jahr 1950 verkaufte Schulz seinen ersten Comic an eine große Zeitung und die kleinen Comics wurden schnell populär. Immer mehr Zeitungen druckten die Peanuts ab und schließlich entstanden die ersten Comics für das Fernsehen. Viele Preise hat Schulz für seine Peanuts gewonnen, von denen einige nun im Museum zu sehen sind.
Das Herzstück aber ist wohl das kleine Studio von Charles M. Schulz. Sein erstes Studio baute er in Sebastopol in Kalifornien, wohin die Familie Ende der 1950er Jahre zog. Die Aufträge nahmen immer mehr zu und ein angemieteter Raum reichte ihm zum Arbeiten nicht mehr aus. Wenige Jahre später brannte das Studio jedoch ab und 1969 zog die Familie nach Santa Rosa, wo Schulz bis an sein Lebensende wohnte. In diesem Studio, das heute im Museum zu sehen ist, entstanden fortan viele seiner Zeichnungen.
Der große und weltweite Durchbruch gelang Schulz übrigens als seine Comics auch international abgedruckt wurden. In bis zu 2.600 Zeitungen in 75 Ländern und 21 Sprachen wurden die Peanuts veröffentlicht.
Schulz verband auch eine lebenslange Liebe zum Eissport. Die Redwood Empire Ice Arena, die 1969 in Santa Rosa eröffnete, gehörte dem Peanuts Gründer sogar. Und die Eissporthalle gibt es noch heute, wie ich nach meinem Museumsbesuch noch herausfinden werde.
In der Lobby des Museums ist eine Wand nochmals den vielen internationalen Veröffentlichungen der Peanuts gewidmet. Dazu zählen natürlich auch viele Comics in deutscher Sprache, denn auch hierzulande sind die Peanuts seinerzeit ein Hit gewesen.
Außerdem in der Museumslobby zu sehen sind zwei Werke, die nicht von Charles M. Schulz geschaffen wurden, aber natürlich die berühmten Peanuts zeigen.
Daneben zu finden sind die berühmtesten Charaktere des Comics, Charlie Brown, Snoppy, Lucy und Linus.
Es gibt in Santa Rosa aber nicht nur das offizielle Museum zu besichtigen. Gleich nebenan befindet sich eine historische Eisbahn, die eine ganz besondere Verbindung zur Schulz Familie hat, wie unschwer zu erkennen ist. Charles M. Schulz war Gründer und Besitzer dieses Sportzentrums, das noch heute täglich geöffnet ist.
Seine Liebe zum Eissport verarbeitete Schulz übrigens auch immer wieder in seinen Comics, wie schon vor der Halle unschwer zu erkennen ist.
In der Eissporthalle kann man übrigens nicht nur Eislaufen, hier wird jährlich auch das Snoopy’s Senior World Hockey Tournament ausgetragen, bei dem Amateurmannschaften aus aller Welt gegeneinander antreten.
Vor der Halle befindet sich eine Kopie des Sterns, denn der Comiczeichner auf dem Walk of Fame in Hollywood erhalten hat.
Und in der Halle dreht sich dann auch eine ganze Menge nicht nur um den Eissport, sondern eben wieder um die Peanuts. So lohnt sich der Besuch auch, wenn man nicht selbst aufs Eis gehen will.
Nach diesem ausführlichen Besuch muss ich mich aber sputen, denn ich bin heute noch mit einer Freundin meiner Familie verabredet. So geht es für mich auf direktem Weg nach Süden und der führt über die berühmte Golden Gate Brücke. Zum Anhalten habe ich heute zwar keine Zeit, aber das ist nicht so schlimm, denn ich war schon viele Male hier. Genauso fliegt San Francisco heute nur an mir vorbei, na ja fast, denn der Verkehr durch die Stadt läuft ganz schön zäh heute und mir rinnt so langsam die Zeit davon.
Irgendwann schaffe ich es aber doch bis ins Silicon Valley und dort bis zur berühmten Stanford Universität, auf deren Campus wird uns verabredet haben. Es ist immer wieder toll hier zu sein, denn die großen amerikanischen Universitäten bieten auch für Besucher jede Menge interessantes. Ich habe mir da Universitätsgelände schon auf einer früheren Reise einmal angesehen und einige der kostenlosen Museen besucht. Auch die tragische Lebensgeschichte von Gründer Leland Stanford habe ich bei einem Besuch in Sacramento kennengelernt. Heute geht es für mich direkt zum Gates of Hell, einem Werk von Auguste Rodin. Insgesamt besitzt die Universität rund 200 Werke des berühmten Künstlers.
Nach einem entspannten Picknick im Park der Universität schauen wir uns noch ein wenig in einem der Museen um. Die Ausstellungen in Stanford sind fantastisch und zudem kostenlos zugänglich.
Anschließend machen wir eine kleine Rundfahrt durch die Gemeinden im Silicon Valley, in denen das Leben durch Firmen wie Google, Apple und co. extrem teuer geworden ist. So wird mir dieses Haus gezeigt, das kürzlich für mehr als zwei Millionen Dollar verkauft wurde und ein Appartement mit zwei Zimmer kann hier locker mal 4000 Dollar kosten. Für viele Menschen unerschwinglich, sodass die Schattenseiten an den großen Durchfahrtsstraßen zu sehen sind, wo inzwischen ganze Reihen von Wohnmobilen stehen, weil sich die Menschen die Miete nicht mehr leisten können, obwohl sie Vollzeit arbeiten. Aber mit den Gehältern, die in den Hightechfirmen gezahlt werden, kann eine Verkäuferin eben nicht mithalten.
Nach so viel Stadt und Kultur geht es für uns am späten Nachmittag noch hinaus in die Natur, denn die liegt trotz der dichten Besiedlung des Silicon Valley nicht weit entfernt. In den Tälern der Küstengebirge verbergen sich ganze Wälder der höchsten Bäume der Welt, der kalifornischen Redwoods. In verschiedenen Parks werden sie geschützt und einen dieser Parks wollen wir nun besuchen. Dazu führt uns der Weg erst einmal durch die sanften Hügel der Küstengebirge.
Was mir sofort auffällt, auch hier ist dieses Jahr wieder alles grün, obwohl die Berge in Kalifornien sonst eher verdorrt sind, von der heißen Sonne. Der Niederschlag im Winter hat nicht nur die Gebiete um Los Angeles getroffen.
Eine gute dreiviertel Stunde dauert es, bis wir den Portola Redwoods State Park erreichen. Der Park wurde nach der Portola Expedition benannt, die zwischen 1769 und 1770 unterwegs war. Die Spanier führten damals die erste Expedition in das Binnenland von Kalifornien durch. Geleitet wurde die Expedition von Gaspar de Portola, dem damaligen Gouverneur von Las Californias.
Wir stellen meinen Mietwagen auf einem der Parkplätze ab. Das Besucherzentrum ist zwar montags und dienstags geschlossen, doch der Park ist trotzdem geöffnet. Viel los ist aber nicht, sodass ich genügend Platz habe, ein erstes Foto zu machen.
Der 1133 Hektar große Park ist hauptsächlich ein Paradies für Wanderer und Naturliebhaber. Rund achtzehn Meilen ziehen sich die verschiedenen Wanderwege durch das Gebiet, einige davon recht leicht zu gehen, anderen mit einem gewissen Schwierigkeitsgrad.
Wir entscheiden uns für den rund einen Kilometer langen Old Tree Trail, der uns in einen Wald von alten Bäumen führen soll. Der älteste Baumriese soll sogar zwischen 1000 und 1200 Jahren alt sein.
Auf dem Weg sehe ich plötzlich etwas Gelbes und entdecke diese Bananenschnecke, eine Nacktschneckenart, die es besonders an der pazifischen Küste der USA gibt. Insgesamt gibt es sechs Unterarten dieser Schnecke, die bis zu 25 Zentimeter lang werden kann.
Der Weg ist relativ einfach zu laufen. Es gibt zwar ein paar kleine Steigungen und manchmal muss man unter einem Stamm hindurch oder hinübersteigen, aber das ist eigentlich für jeden zu bewältigen.
Belohnt werden wir mit Ausblicken auf die Baumriesen, die hier bis zu neunzig Meter hoch sind. Größtenteils ist es auch absolut ruhig und man hört nur die Geräusche des Waldes, denn der Park liegt recht abgeschieden und man muss ihn schon als Ziel haben, um hierherzukommen.
Am Ende des Weges steht der Old Tree, ein Baum, dessen Alter auf rund 1.200 Jahre geschätzt wird und der mit seinen rund 91 Metern Höhe fast bis in den Himmel zu ragen scheint.
Nun geht es auf demselben Weg zurück, der aber trotzdem immer wieder neue Perspektiven bietet. Die Küsten Redwoods mögen zwar nicht so dick sein, wie ihre Verwandten im Sequoia National Park, doch durch ihre Höhe und ihr Alter sind sie mindestens genauso beeindruckend.
Doch es lohnt nicht nur der Blick nach oben. Auch am Wegesrand gibt es immer wieder etwas zu entdecken.
Nachdem wir wieder am Parkplatz sind, entscheiden wir uns, noch ein kleines Stück auf dem Slate Creek Trail zu laufen. Dieser ist drei Meilen lang und doch noch wesentlich steiler, sodass wir nach rund einer Meile umkehren.
An der Parkstraße entdecke ich schließlich noch ein kleines Monument, das ich mir genauer ansehen möchte. Der Islam Temple Shrine, ein Arm der Freimaurer kaufte das Gelände im Jahr 1924, bevor es ein State Park wurde. Einzige Bedingung war, dass das Gebiet so erhalten bleibt. Für 21 Jahre war dieses Tal somit ein Rückzugs- und Erholungsgebiet für die Mitglieder der Vereinigung.
Der Stein wurde gesetzt, um an diese Zeit zu erinnern, denn das Camp wurde 1942 geschlossen. Drei Jahre später verkaufte der Shrine das Gebiet für die Hälfte seines Wertes an den Staat Kalifornien.
Nach diesem schönen Parkbesuch geht es für uns wieder zurück ins Silicon Valley. Zuerst führt die Straße wieder in endlosen Kurven durch die Hügel der südlichen Halbinsel, an deren Spitze sich San Francisco befindet.
Am Straßenrand sind immer wieder wilde Truthähne zu sehen, die manchmal fast halsbrecherisch vor dem Auto über die Straße laufen.
Und es gibt immer wieder kleine Gebiete mit Poppies, jenem kalifornischen Mohn, der auch Staatsblume ist. Zwar ist die Blüte hier nicht so üppig wie im Antelope Valley aber schön anzusehen ist es trotzdem.
Schließlich sind wir dann doch zurück in der Zivilisation. Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell dieser Übergang hier geht. Ich setzte noch meine Bekannte bei sich zu Hause ab, bevor ich in mein Hotel fahre, das ich für heute Nacht gebucht habe. Das war übrigens auch nicht so einfach, denn nicht nur die Mieten sind im Silicon Valley hoch, die Hotelpreise sind es ebenso, denn die Geschäftsreisenden, die zu Google, Apple und co. wollen, haben anscheinend auch ein großes Spesenkonto. Jedenfalls war ich froh, hier Hotelpunkte einlösen zu können, denn die Preise bewegten sich um die 600 Dollar für ein normales Zimmer. Das Residence Inn bot hingegen den besten Gegenwert in Punkten, sodass ich hier gebucht habe.
Dafür gibts dann eine Suite mit Wohn- und Schlafzimmer sowie vollausgestatteter Küche. Da das Hotel noch recht neu ist, ist die Ausstattung auch sehr modern und noch ohne Abnutzungserscheinungen.
Am Abend plane ich noch den morgigen Tag, denn ich habe so richtig Lust bekommen auf Mammutbäume und möchte mir auf dem Weg nach Süden noch einen weiteren Park anschauen. Mal schauen, ob mein Plan aufgeht.
Meilen: 190
Wetter: sonnig, 60–76 Grad F
Hotel: Residence Inn by Marriott San Jose Cupertino