Englands Treasures

Tag 5 – Sonn­tag, 15. Mai 2016
Into the Coun­try­si­de – Nor­wich nach Lincoln

„You eit­her get Nor­folk, with its wild rough­ness and uncul­ti­va­ted oddi­ties, or you don’t. It’s not all soft and love­ly. It does­n’t ask to be loved.” – Ste­phen Fry.

Das Wet­ter sieht wie­der blen­dend aus heu­te Mor­gen, na wenig­stens etwas, denn son­der­lich gut geschla­fen habe ich hier nicht. Auch das Früh­stück ist ok, mehr aber auch nicht, denn so rich­tig arbeits­wil­lig kommt mir das Per­so­nal hier nicht vor. Die jun­gen Leu­te, ich schät­ze sie alle auf um die zwan­zig Jah­re, sind lie­ber mit sich selbst oder ihrem Han­dy beschäf­tigt. So fah­re ich dann bald ab, um den Tag zu nutzen.

Schon letz­tes Jahr war ich hier in der Gegend und habe das Blick­ling Estate sowie Fel­brigg Hall besich­tigt. Die­ses Mal las­se ich jedoch bei­de Häu­ser links lie­gen und wen­de mich einer ande­ren Strecke zu. Über klei­ne Dör­fer fah­re ich an der Küste ent­lang und sehe auch immer wie­der die Nord­see. Lei­der hat es sich hier etwas zuge­zo­gen und es ist win­dig. Die Son­ne kommt erst wie­der her­aus, als ich den klei­nen Ort Wells-​next-​the-​Sea errei­che. Hier stop­pe ich am ört­li­chen Co-​operative Super­mar­ket, um mir etwas zum Lunch zu lau­fen. Danach geht es wei­ter zu mei­nem ersten Tages­ziel, Holk­ham Hall.

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Durch das Vor­zei­gen des HHA-​Passes muss ich hier kei­ne Park­ge­bühr zah­len und wer­de gleich in die erste Rei­he des Park­plat­zes durch­ge­wun­ken. Auch am Ticket-​Counter geht alles rei­bungs­los und so kann ich schon weni­ge Minu­ten spä­ter mei­ne Ent­deckungs­tour auf die­sem groß­ar­ti­gen Anwe­sen star­ten. Aber zuerst möch­te ich mal den Haus­her­ren vor­stel­len, Tho­mas Edward Coke, the 8th Earl of Lei­ce­ster und sei­nen 2015 ver­stor­be­nen Vater.

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Mein erster Weg führt mich in das klei­ne Muse­um, das in den alten Stal­lun­gen unter­ge­bracht ist und gera­de neu eröff­net wurde.

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Hier wird nicht nur die Geschich­te der Fami­lie erzählt, son­dern auch die des Anwe­sens. Doch nicht nur die Ver­gan­gen­heit wird beleuch­tet, son­dern auch die Gegen­wart, denn Holk­ham Hall ist auch heu­te noch ein flo­rie­ren­des Agrarunternehmen.

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Ein ganz beson­de­rer Spaß ist dann die­ser Tisch. Durch einen Bea­mer wer­den Bil­der dar­auf pro­ji­ziert, doch das ist nicht alles – der Tisch ist inter­ak­tiv. Es wer­den Fra­gen gestellt und ver­schie­de­ne Ant­wor­ten gege­ben. Durch Antip­pen der Ant­wort spielt man mit. Ist die Ant­wort dann rich­tig, erscheint ein Teil eines Essens auf dem Tel­ler. Scha­de, dass ich allein bin – mit mehr Mit­spie­lern wäre das garan­tiert noch besser.

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Holk­ham Hall gehört übri­gens zu den Tre­a­su­res Hou­ses. Das sind zehn bedeu­ten­de Anwe­sen, die heu­te noch in Pri­vat­hand sind, aber zu bestimm­ten Zei­ten für Besu­cher geöff­net. Doch bevor ich mich dem Haus wid­me, erkun­de ich erst ein­mal das Grund­stück. Ich mache mich auf den Weg zum Wal­led Gar­den. Die Fel­der, die ich unter­wegs sehe, gehö­ren eben­falls zu Holk­ham Hall.

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Auf dem Rück­weg zum Haus kom­me ich an einem Teich vor­bei, wo die Wild­gän­se gera­de mit ihren Jun­gen unter­wegs sind.

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Zu Holk­ham Hall gehört, wie es sich für ein stan­des­ge­mä­ßes eng­li­sches Anwe­sen gehört, natür­lich auch ein Deer Park. Und die Tie­re zei­gen sich mir sogar in grö­ße­ren Grup­pen. Zu dicht her­an­ge­hen klappt aller­dings nicht, dann dre­hen sie um und ergrei­fen die Flucht.

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Ver­schie­de­ne Monu­men­te zie­ren den Park des Anwe­sens eben­so wie ein Teich, auf dem die­se far­ben­fro­hen Enten mit ihrem Nach­wuchs unter­wegs sind.

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Dann gehe ich zum Haus zurück, denn das ist erst ab 12 Uhr geöff­net. Nun aber ist es so weit. Holk­ham Hall wur­de für Tho­mas Coke, den 1. Earl of Lei­ce­ster im Stils des Pal­la­dia­nis­mus erbaut. Pro­to­typ die­ses Stils ist Chis­wick Hou­se in Lon­don, doch auch die­ses Haus ist ein Pracht­ex­em­plar des Bau­stils. Der Pal­la­dia­nis­mus war beson­ders bei den Mit­glie­dern der Bri­tish Whig Par­ty beliebt. Sie iden­ti­fi­zier­ten sich mit den anti­ken Römern, wes­we­gen das Haus auch an einen römi­schen Palast erin­ner­te. Der Bau hat­te bei sei­ner Fer­tig­stel­lung 1764 gan­ze 90.000 Pfund ver­schlun­gen, was heu­te in etwa acht Mil­lio­nen Pfund ent­spricht. Die Sum­mer rui­nier­te die Fami­lie fast voll­stän­dig, wes­we­gen am Gebäu­de kaum Ver­än­de­run­gen vor­ge­nom­men wur­den und es noch nahe­zu im Ori­gi­nal­zu­stand erhal­ten ist.

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Erst innen ent­fal­tet sich dann die gan­ze Pracht von Holk­ham Hall, ein absicht­li­cher Kon­trast zur eher schlich­ten Fas­sa­de. Die Innen­aus­stat­tung gehört noch heu­te zu den präch­tig­sten in ganz Eng­land. Das Haus betre­te ich durch die Mar­mor­hal­le, die einer römi­schen Basi­li­ka nach­emp­fun­den ist. Die Hal­le ist über fünf­zehn Meter hoch und wird von einer wei­ßen Mar­mor­trep­pe domi­niert. Die gol­de­ne Decke ruht auf ioni­schen Säu­len aus Alabaster.

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Von der Haupt­hal­le gelan­ge ich in die Sta­te Rooms, die Reprä­sen­ta­ti­ons­räu­me des Hauses.

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Wer jetzt glaubt, dass das hier alles ein Muse­um ist, der irrt aber gewal­tig. Das Haus wird immer noch von der Fami­lie genutzt. Die­ses Schlaf­zim­mer ist z.B. ein Gäste­zim­mer und die Nut­zung erkennt man beim genau­en Hin­se­hen, denn es gibt Tele­fon, Fern­se­hen und ein traum­haf­tes Badezimmer.

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In der Sta­tue Gal­lery fin­den sich römi­sche und grie­chi­sche Sta­tu­en, die Tho­mas Coke auf sei­ner Grand Tour erwarb.

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In der gran­dio­sen Biblio­thek wer­den schließ­lich vie­le Schät­ze der Lite­ra­tur auf­be­wahrt, die Tho­mas Coke eben­falls auf sei­ner Euro­pa­tour kauf­te. Und auch die Nähe zum Königs­haus kann man gut erkennen.

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Im Unter­ge­schoss, wo frü­her die Bedien­ste­ten leb­ten und arbei­te­ten, gibt es heu­te ein klei­nes Muse­um zu Holk­ham Hall.

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Fas­zi­nie­rend dabei ist beson­ders ein Blick in die Küche, wo gro­ße Gemäl­de die Wän­de zie­ren. Die­se zei­gen alle Ange­stell­ten der jewei­li­gen Abtei­lun­gen. Der Earl ließ die­se Bil­der als Dank an sein Per­so­nal anfertigen.

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Wie­der drau­ßen, set­ze ich mei­ne Erkun­dung des Parks noch etwas fort.

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Und jetzt ist auch der fan­ta­sti­sche Spring­brun­nen ange­schal­tet, sodass ich die­sen eben­falls auf ein Foto banne.

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Als ich zurück zum Auto gehen will, fällt mir schließ­lich die­ser Hund auf, der sich im Gar­ten vor dem Haus auf­hält. Die­sen Teil kön­nen Besu­cher nicht betre­ten und ich erfah­re kur­ze Zeit spä­ter, dass dies der Haus­hund des Earls ist. Er ist sehr zutrau­lich und lässt sich sogar kraulen.

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Ich sage good­bye zu Holk­ham Hall, das mir trotz oder viel­leicht auch gera­de wegen sei­nes schlich­ten Äuße­ren sehr gut gefal­len hat. Hier­her wür­de ich ger­ne noch ein­mal zurückkehren.

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Nur weni­ge Mei­len von Holk­ham Hall ent­fernt, steue­re ich bereits mein näch­stes Ziel an – Crea­ke Abbey.

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Crea­ke Abbey wur­de 1206 von Sir Robert und Lady Ali­ce de Nerford als St. Marys Kapel­le gegrün­det. Spä­ter wur­de das Gebäu­de ver­grö­ßert und im Jahr 1225 von Hen­ry III. zur Abtei ernannt. Ein Feu­er im Jahr 1484 zer­stör­te jedoch gro­ße Tei­le der Abtei und man muss­te um Geld bei der Kro­ne bit­ten. Trotz eini­ger Spen­den konn­te nicht das gan­ze Gebäu­de geret­tet wer­den und so wur­de Crea­ke Abbey wie­der zu einer klei­nen Kirche.

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Im frü­hen 16. Jahr­hun­dert wur­de die Gegend schließ­lich von der Pest heim­ge­sucht, die auch die Bewoh­ner der Abtei erfass­te. Der letz­te Abt starb schließ­lich am 12. Dezem­ber 1506 und die Abtei fiel zurück an die Kro­ne. Seit­dem ver­fiel die Abtei immer mehr und heu­te sind nur noch die­se Rui­nen vor­han­den. Sie wer­den von Eng­lish Heri­ta­ge gepflegt und kön­nen kosten­los besich­tigt werden.

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Ich fah­re wei­ter, dies­mal wie­der über typisch eng­li­sche Nebenstraßen.

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Ich errei­che Hough­ton Hall, ein wei­te­res Her­ren­haus in Nor­folk mit einer beein­drucken­den Geschich­te. Auch hier muss ich kei­nen Ein­tritt bezah­len, denn die HHA-​Membership wird akzep­tiert. So kann ich gleich zum Park­platz durchfahren.

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Um zum Haus zu gelan­gen, gehe ich zuerst an den ehe­ma­li­gen Stal­lun­gen vor­bei. Hier sind heu­te ein klei­nes Café sowie die Spiel­zeug­sol­da­ten­samm­lung des 6. Earl zu finden.

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Hough­ton Hall wur­de für Sir Robert Wal­po­le, den ersten Pre­mier­mi­ni­ster von Groß­bri­tan­ni­en erbaut. Es ist bis heu­te im Fami­li­en­be­sitz und wird gegen­wär­tig von David Chol­mond­e­ley, dem 7. Mar­quess of Chol­mond­e­ley und sei­ner Fami­lie bewohnt. Das Haus ist übri­gens in einem außer­ge­wöhn­lich gut erhal­te­nen Zustand, weil es 100 Jah­re lang geschlos­sen war. Es wur­de nicht genutzt und alle Fen­ster ver­schlos­sen. Erst im 20. Jahr­hun­dert zogen wie­der Fami­li­en­mit­glie­der ein.

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In der Som­mer­sai­son kön­nen Tei­le des Hau­ses in Eigen­re­gie besucht wer­den, was ich natür­lich auch tue. Einst gehör­te zum Haus auch eine rie­si­ge Gemäl­de­samm­lung, die Geor­ge Wal­po­le 1779 aber größ­ten­teils an Katha­ri­na die Gro­ße ver­kauf­te, um Schul­den zu beglei­chen. Heu­te kann man sie in der Ere­mi­ta­ge in St. Peters­burg bewun­dern. Im Haus selbst sind nur noch Kopien zu sehen. Eini­ge Wer­ke sind aber noch Ori­gi­na­le, ande­re wur­de in der Zwi­schen­zeit an das Vic­to­ria and Albert Muse­um zum Aus­gleich von Erb­schafts­steu­ern übergeben.

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Die Bet­ten, die ich hier sehe, sind übri­gens, die wohl größ­ten Bet­ten, die ich je gese­hen habe. Sie sind so hoch, dass sie kaum auf das Bild passen.

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Eine lusti­ge Geschich­te gibt es auch über die Bücher­samm­lung. Colo­nel Robert Wal­po­le lieh sich 1667 oder 1668 ein Buch über den Erz­bi­schof von Bre­men aus der Biblio­thek des Sid­ney Sus­sex Col­lege und ver­gaß, es zurück­zu­ge­ben. Gan­ze 288 Jah­re spä­ter wur­de das Werk schließ­lich gefun­den und an die Büche­rei ausgehändigt.

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Hough­ton Hall ist von über vier Hekt­ar Park­land umge­ben und einen Teil möch­te ich mir nun auch noch anschauen.

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Der der­zei­ti­ge Mar­quis ist auch ein gro­ßer Kunst­lieb­ha­ber und ließ vie­le Kunst­wer­ke auf dem Grund­stück errichten.

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>Dar­un­ter befin­det sich auch ein Werk des däni­schen Künst­lers Jep­pe Hein. Das nennt sich Water­fla­me und zuerst weiß ich gar nicht so genau, was das sein soll, denn es sieht wie ein ganz nor­ma­ler Spring­brun­nen aus. Doch dann plötz­lich erscheint eine Flam­me mit­ten im Was­ser. Das sieht schon inter­es­sant aus.


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Die Gär­ten von Hough­ton Hall wur­den schon im frü­hen 18. Jahr­hun­dert ange­legt und sind auch heu­te noch so erhal­ten. Bei einem Spar­zier­gang kann man durch vie­le klei­ne und grö­ße­re Parks und Wäld­chen wan­dern, auch ein Küchen­gar­ten gehört dazu.

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Bei mei­ner Abfahrt sehe ich dann schließ­lich auch noch eini­ge Rehe, die zum Deer Park des Anwe­sens gehören.

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Das klei­ne Ört­chen Hough­ton vor den Toren des Anwe­sens befand sich ursprüng­lich viel näher am Haus, dort, wo heu­te noch die Kir­che steht. Es wur­de jedoch bei der Ver­grö­ße­rung des Parks abge­ris­sen und an die­ser Stel­le wie­der aufgebaut.

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Am Abend errei­che ich Lin­coln, wo ich ein wei­te­res Pre­mier Inn gebucht habe. Dies­mal liegt das Hotel mit­ten in der Stadt und eigent­lich soll man hier im Park­haus par­ken, doch ich fin­de genau gegen­über einen Park­platz am Stra­ßen­rand. Und da heu­te Sonn­tag ist, ist der auch kostenlos.

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Mei­len: 155
Wet­ter: 10–16 Grad – hei­ter bis wolkig
Hotel: Pre­mier Inn Lin­coln City Cent­re; £35

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