Tag 3 – Freitag, 13. Mai 2016
Dukes and Queens – Eastborne nach Dartford
„The past cannot be cured.” – Elizabeth I.
Die Sonne lacht auch heute Morgen, doch meine Stimmung ist gedrückt. Ich weiß ja noch nicht, was mit meinem Mietwagen ist. Zumindest Luft scheint der Reifen über Nacht nicht verloren zu haben, aber was weiß ich schon, ob da nicht doch ein Schaden ist. So fahre ich dann gleich zum Tyre Shop. Die öffnen gerade, als ich auf den Parkplatz komme. Der Mitarbeiter ist super nett und verspricht, sich den Schaden gleich anzusehen. Kurze Zeit später kommt er nach draußen und inspiziert den Vorderreifen. Er stellt fest, dass der Schaden wohl nur oberflächlich ist und ich weiterfahren könne. Ok, wenn der Fachmann das sagt, dann mache ich das mal. Gesagt, getan, ich fahre erst einmal den kurzen Weg zum Beachy Head. Hier hat es mir letztes Jahr schon so gut gefallen und so will ich die schöne Morgenstimmung noch einmal genießen.
Ich fahre weiter. Immer noch mit einem etwas mulmigen Gefühl, denn so ganz kann ich noch immer nicht glauben, dass das mit dem Reifen wirklich ok sein soll. In Deutschland hatte ich mal einen ähnlichen Schaden und da wurde so ein Gewese gemacht, als wenn ich ohne Auswechseln gleich am nächsten Baum landen würde. Andererseits muss ja in Deutschland oft alles ausgewechselt werden, was in anderen Ländern noch perfekt funktioniert. Diese Erfahrung habe ich auch in den USA schon gemacht. Also geht die Fahrt erst einmal weiter. Falls doch noch was sein sollte, muss ich mich eben unterwegs damit herumschlagen.
Ich fahre über die Landstraße Richtung Westen. Mein Ziel ist Arundel Castle. Da heute so grandioses Wetter ist, bin ich auch bereit den hohen Eintrittspreis von um die 20 Pfund zu zahlen. Billig sind die Herrenhäuser nicht, weswegen sich die Mitgliedschaften von English Heritage, National Trust und Historic Houses auf jeden Fall lohnen. Doch vereinzelt sind Häuser darüber nicht organisiert oder werden als gemeinnützige Stiftung verwaltet. In diesem Fall muss man immer zahlen und da überlege ich mir dann schon ganz genau, was ich mir anschaue.
Schon aus der Ferne sehe ich die gewaltige Burg am Horizont. Toll sieht das aus und ich bin schon ganz gespannt. Das sieht fast wie im Märchen aus. Auch das Städtchen Arundel ist gut zu sehen.
Den Parkplatz finde ich auf Anhieb und entrichte meine Gebühr. So früh am Morgen ist es noch einfach, denn viele Autos sind noch nicht hier.
Arundel Castle setzt sich aus dem Namen des Flusses Arun und dem altenglischen Wort del zusammen und ist wohl eine der beeindruckendsten Burgen des Vereinigten Königreiches. Gegründet wurde das mittelalterliche Gemäuer am Weihnachtstag 1067 von Richard de Montgomery. Roger wurde zum ersten Earl of Arudel durch William den Eroberer ernannt. Das Tor, durch das ich das Schlossgelände betrete, ist jedoch neueren Datums, genauso wie viele der heutigen Anbauten. Aber auch ein Teil der ursprünglichen Burg ist heute noch zu sehen – für mich immer wieder ein besonderes Erlebnis. Wenn diese Mauern sprechen könnten, was hätten sie alles zu erzählen.
Doch erst einmal geht es ganz neuzeitlich weiter, denn ich muss an einem Kiosk meinen Eintritt bezahlen. Es gibt verschiedene Optionen. Entscheiden kann ich zwischen Bronze, Silber, Gold und Gold Plus. Zwischen 9 und 18 Pfund kosten die Tickets, ich entscheide mit für Gold Plus, denn wenn ich schon mal hier bin, will ich auch alles sehen.
Und der erste Blick auf die Burg entschädigt dann auch gleich – einfach umwerfend, das können Bilder gar nicht wiedergeben. Schon jetzt hat sich die Fahrt hierher gelohnt.
Da die Burg selbst erst etwas später öffnet, wende ich mich zuerst dem Garten und der Kapelle zu. Die Fitzalan Chapel wurde bereits 1390 vom 4. Earl of Arundel gegründet und ist bis heute der Ort, an dem alle Schlossherren zu Grabe getragen werden.
Gleich hinter der Kapelle beginnen die beeindruckenden Gärten. Im Mai kann man hier übrigens noch tausende Tulpen bewundern, die jedes Jahr im Frühling auf dem ganzen Schlossgelände blühen.
Auch am Haupttor komme ich vorbei. Hier dürfen Besucher aber nicht hindurch.
Dann betrete ich den sogenannten „The Collector Earl’s Garden”, das Herzstück der Anlage. Er wurde zu Ehren von Thomas Howard, dem 14. Earl of Arundel, auch „The Collector” genannt, angelegt. Eigentlich lag hier einst der viktorianische sowie der Küchengarten. Beide waren jedoch lange Zeit nicht gepflegt und so letztlich neu angelegt worden.
Im Hintergrund zu sehen, ist übrigens die Kathedrale von Arundel. Sie gehört nicht zum Anwesen, sondern ist die Bischofskirche des römisch-katholischen Bistums Arundel und Brighton. Das beeindruckende Gebäude wurde erst zwischen 1868 und 1873 erbaut. Allerdings verdankt sie ihre Existenz dem Herzog von Norfolk, denn die Herzöge gehören traditionell dem katholischen Glauben an.
Und dann entdecke ich diese Krone. Das ist wirklich faszinierend, denn die Krone wird nur von dem Wasserstrahl in der Luft gehalten.
„Bettys Vacation nutzt WP YouTube Lyte um YouTube Video’s einzubetten. Die Thumbnails werden von YouTube Servern geladen aber nicht von YouTube getrackt (es werden keine Cookies gesetzt). Wenn Sie auf “Play” klicken, kann und wird YouTube Informationen über Sie sammeln.”
Gleich nebenan liegt die 2013 neu angelegte Stumpery. Solche Gärten, deren Grundgerüst aus alten Baumstümpfen bestand, waren besonders in der viktorianischen Zeit beliebt.
Auch ein Teil des Küchengartens wurde wiederbelebt, ebenso wie die schönen Gewächshäuser.
Schließlich gehe ich zurück zur Burg und stehe erst einmal vor einem anderen Eingang. Hier darf ich nicht hindurch, denn das ist die private Zufahrt der Familie in den Innenhof.
Als ich schließlich wieder am Besuchereingang der Burganlage lande, sind die Tore geöffnet. Also nichts wie rein, bevor das zu viele der schon reichlich angereisten anderen Besucher mitbekommen.
Zuerst will ich hier hinauf, auf den höchsten Punkt der Anlage, die Motte. Das ist auch der älteste Teil der Burg.
Dazu heißt es eine Menge Treppen steigen, erst drinnen, dann draußen.
Oben angekommen sehe ich erstmal noch gar nichts. Noch eine weitere, ziemlich enge Wendeltreppe wartet auf mich, bevor ich endlich die Aussicht genießen kann. Die ist schon schön, nur leider nicht in alle Richtungen. In eine Richtung ist alles mit Brettern vernagelt. Ok, das muss ich mir dann wohl nochmal genauer anschauen. Aber erst einmal schaue ich dorthin, wo freie Sicht ist.
Dazu gehört auch der großzügige Innenhof der Anlage. Hier erfasst man erst einmal die wirkliche Größe des heutigen Palastes. Zutritt haben die Besucher zu diesem Teil übrigens nicht. Das ist immer noch der Privatzugang des Dukes of Norfolk und seiner Familie. Der Titel des Duke of Norfolk besteht übrigens seit 1483 durchgängig und ist damit der älteste Titel, der noch in ganz Großbritannien verliehen wird. Er ist auch der höchstrangige Adlige im ganzen Königreich gleich nach der königlichen Familie.
Da ich nun mal von Geburt aus neugierig bin, will ich dann doch unbedingt wissen, was man sehen würde, wären dort nicht die Bretter vor der Aussicht. Ich gehe also zur Seite, halte die Kamera so weit es geht über die Brüstung und drücke ab. Und siehe da, hier zeigt sich mir doch ein interessantes Bild. Das ist der private Garten des Duke of Norfolk inklusive kleinem Park, Tennisplatz und Pool.
Zurück im Haupthaus beginne ich meinen Rundgang durch die Räume. Fotografieren ist hier leider streng untersagt. Schade, das ist schon sehr beeindruckend. Um die Anlage zu sehen, gibt es verschiedene Ticketkategorien. Ich habe mir die höchste gekauft und somit Zutritt zu wirklich allen Räumen, die zu besichtigen sind.
Wieder draußen drehe ich noch eine kurze Runde um die Burg sowie durch den Rosengarten, der aber noch nicht blüht, bevor ich mich in Richtung Ausgang begebe.
Statt der Rosen blühen allerdings unzählige Tulpen rechts und links des Weges, was ebenso schön aussieht.
Am frühen Nachmittag fahre ich schließlich weiter meinem nächsten Ziel entgegen. Dabei komme ich noch einmal an den Nymans Gardens vorbei, wo ich am Mittwoch den vielen Regen hatte. Kurzentschlossen biege ich nochmals in den Parkplatz ein, um mir noch den Garten anzusehen. Heute ist das eine reine Freude. Schon der Spaziergang zum Haupthaus macht bei diesem Wetter viel mehr Spaß. Der vergoldete Baumstamm ist übrigens ein Kunstwerk, das vor wenigen Jahren im Park aufgestellt wurde. Das ist echtes Blattgold mit dem der Stamm überzogen wurde.
Als ich am Haus ankomme, bin ich hin und weg. Die Entscheidung nochmal zu kommen war goldrichtig. Heute sieht alles einfach viel besser aus. Ins Haus gehe ich aber nicht nochmal, das hatte ich ja schon am Mittwoch erledigt.
Dafür spaziere ich durch den traumhaft schönen Garten, den ich wegen des Regens ausgelassen hatte.
Nach einer guten Stunde bin ich zufrieden mit den schönen Bildern, die ich heute machen konnte. Es wird auch immer voller, sodass ich den Rückzug antrete und weiterfahre. Schließlich erreiche ich den Parkplatz von Hever Castle, wo ich zuerst die schöne St. Peters Church entdecke, in der schon der Vater von Anne Boleyn zu Grabe getragen wurde.
Dann passiere ich den Eingang, zeige meine HHA Mitgliedskarte vor und kann so, ohne einen Penny zu zahlen, den Park betreten. Ich liebe diese Mitgliedschaft schon jetzt, obwohl ich erst 3 Tage hier bin. Das hat sich für mich völlig gelohnt.
Gleich am Eingang werde ich dann auch eingeladen, die preisgekrönten Gärten zu besuche. Da ahne ich noch nicht, was mich hier erwartet und wie begeistert ich sein werde.
Hever Castle wurde bereits im 13. Jahrhundert als Landsitz errichtet und 1462 von Geoffrey Boleyn, der damals Lord Mayor of London war, zum Herrenhaus umgebaut. So verbrachte auch die berühmte Anne Boleyn, Ehefrau von Heinrich VIII. einen Teil ihrer Kindheit hier, bevor sie 1536 wegen Hochverrats hingerichtet wurde. Drei Jahre später verstarb auch ihr Vater Thomas und das Haus fiel in die Hände des Königs. Danach wechselte Hever immer wieder die Besitzer, bevor es 1903 der britisch-amerikanische Millionär William Waldorf Astor kaufte. Er restaurierte das Anwesen aufwendig und renovierte auch das kleine Dörfchen, das außerhalb des Burggrabens liegt.
Im Innenhof des Schlosses sind noch heute alte Fachwerkwände zu sehen, die zum ursprünglichen Haus aus dem 13. Jahrhundert gehörten. Das schöne Herrenhaus besichtige ich dann als nächstes. Viele der Räume sind so eingerichtet, wie sie die Astors hinterlassen haben. Leider darf man mal wieder nicht fotografieren.
Neben dem Schloss ist aber der Garten das Highlight des Anwesens. Das 1,6 Hektar große Gelände wurde von Frank Pearson im Auftrag von Astor im italienischen Stil angelegt. Zahlreiche Skulpturen und Gefäße wurden dazu extra aus Italien importiert und sind bis zu 2000 Jahre alt.
Ein Highlight sind die Schachfiguren, die kunstvoll aus Buchsbaum geschnitten wurden.
Seit 1987 durchziehen zahlreiche Wasserläufe den Garten, die man über kleine Brücken überquert.
Einige Mauern und Durchgänge wurden im pompeiischen Stil gestaltet. Während die Mauern selbst neueren Datums sind, sind die Skulpturen und Gefäße auch hier direkt aus Italien geholt worden.
Am Ende des Gartens erreiche ich schließlich einen Pavillon, der den Blick auf einen sieben Hektar großen, künstlichen See freigibt.
Bis zum Abend bin ich noch im Garten unterwegs und begebe mich erst kurz vor der Schließung in Richtung Ausgang.
Das kleine Dörfchen im Tudor Stil ist übrigens heute ein Konferenzzentrum und einige Häuser können auch als Bed & Breakfast gebucht werden.
Ich fahre weiter in zur M25, der Ringautobahn um London. Der folge ich bis zur letzten Ausfahrt vor der Dartford Brücke. Hier wurde kürzlich ein nagelneues Premier Inn eröffnet, in dem ich heute mein Nachtlager aufschlagen will.
Heute Abend fahre ich noch in das Bluewater Shopping Centre, das nur wenige Meilen entfernt liegt. Hier esse ich nicht nur zu Abend, sondern schaue mich auch noch in einigen der mehr als 300 Läden um, bevor ich zurück ins Hotel fahre. Auf der Rückfahrt tanke ich noch schnell bei Sainsbury auf, bevor ich endgültig wieder am Premier Inn lande.
Meilen: 142
Wetter: 13–23 Grad – sonnig
Hotel: Premier Inn Dartford; £35