Tag 1 – Mittwoch, 11. Mai 2016
Walkin’ in the rain – Berlin nach London
„The best thing one can do when it’s raining is to let it rain.” – Henry Wadsworth Longfellow
Fast ein Jahr ist es schon her, dass ich in Großbritannien war und heute geht es wieder los auf die Insel. Start ist natürlich der Flughafen Tegel, wo ich meinen Koffer bei Germanwings einchecke. Security Check und Passkontrolle bringe ich schnell hinter mich und so warte ich schon wenige Minuten später auf das Boarding am Gate vier.
Fast pünktlich heben wir kurz nach 8 Uhr bei strahlendem Sonnenschein ab. Heute startet die Maschine nach Osten, sodass wir erst eine Runde über Berlin drehen, mit schönem Blick auf den Flughafen Tegel und die Innenstadt mit dem Fernsehturm.
Unterwegs zieht der Himmel dann leider immer mehr zu. Als London näher kommt, ist nichts mehr zu sehen. Schade, bei schönem Wetter ist der Landeanflug richtig toll. Heute ist mir das allerdings nicht vergönnt und wir setzen in strömendem Regen auf.
Im Terminal angekommen sehe ich allerhand aufgetakelte Damen, die aus der Lufthansa Maschine aus München steigen. Unterwegs spreche ich eine von ihnen an und sie erklärt mir, dass sie große Ascot Fans und deshalb extra zum Pferderennen hergeflogen sind. Und da man in Ascot eine wirklich einmalige Kleiderordnung pflegt, eben auch besonders die extravaganten Kopfbedeckungen.
Die Grenzkontrolle lege ich auch dieses Mal, Reisepass sein Dank, am Automaten in Rekordzeit zurück und der Koffer ist ebenfalls bald da. So stehe ich schon kurze Zeit später am Shuttlebus zu Enterprise, um meinen Mietwagen zu übernehmen.
Schon nach dem Aussteigen aus dem Bus werde ich von meinem persönlichen Agent empfangen, so wie alle anderen Gäste auch. Huch, sowas habe ich noch nie zuvor erlebt, auch nicht hier in Heathrow. Aber dadurch geht alles ganz schnell und da ich bei Enterprise auch schon im Computer bin, habe ich den Papierkram in wenigen Minuten erledigt. Mein Agent geht dann mit mir zu den Autos und schaut nach einem Automatik-Auto. Kurze Zeit später kommt sie zurück und fragt, ob ich auch ein größeres Auto nehmen würde, sie hätten da einen Vauxhall Astra anstatt eines Corsa. Da sage ich nicht nein und mir wird so für die nächsten 12 Tage dieser Vauxhall Astra Turbo zugewiesen.
Als ich im Auto sitze, sehe ich, dass das Auto eine sehr gute Ausstattung hat. Sogar ein Navi ist eingebaut, da brauche ich meins gar nicht erst auszupacken. Auch die Motorisierung überzeugt mich nach den ersten Meilen, nur die GM Lenkung ist, wie immer, nicht so ganz meins.
Ach ja, fast neu ist der Wagen auch noch. Nur gute 2000 Meilen hat er bei meiner Übernahme auf dem Tacho. Bei den britischen Autos kann man das ja auch immer gut am Nummernschild sehen, die 16 besagt, dass das Auto in den ersten sechs Monaten des Jahres 2016 erstmals zugelassen wurde.
Und schon bin ich auf dem Weg zu meinem ersten Ziel. Leider sieht das Wetter nicht gerade vielversprechend aus, es ist bedeckt und regnet immer wieder. Kaum auf dem Parkplatz meines ersten Ziels angekommen, öffnet der Himmel dann erst einmal richtig die Schleusen. So warte ich eine Weile im Auto, bis der Regenguss etwas nachlässt, bevor ich zum Visitor Center gehe.
Nymans gehört heute zum National Trust und ist besonders für seine schönen Gärten bekannt. Trotz des schlechten Wetters mache ich mich auf den Weg und entdecke gleich mal eine Verbindung nach Deutschland. Ansonsten scheint das feuchte Wetter zumindest der Blütenpracht hier im Park mehr als gutzutun.
So richtig alt ist das Haus des Nymans Estate noch nicht. Erst 1915 wurde es von Colonel Leonard Messel erbaut, der das Anwesen von seinem Vater, dem Deutschen Ludwig Messel erbte. Über die Jahre wurde nicht nur das Haus gebaut, sondern auch ein außergewöhnlicher Garten angelegt, der schon seit den 1930er Jahren für die Öffentlichkeit zugänglich ist.
Heute allerdings ist das Haus zu großen Teilen eine Ruine, denn es brannte 1947 fast völlig aus. In den folgenden Jahren wurde ein kleiner Teil wieder bewohnbar gemacht und Leonard Messels Tochter Anne lebte hier. Nach seinem Tod, 1953, vermachte Leonard Messel das Anwesen dem National Trust, der es noch heute verwaltet.
Ich schaue mich erst einmal innen um, denn es beginnt schon wieder zu regnen. Die Räume kann ich auf eigene Faust besichtigen und es stehen Mitarbeiter zur Verfügung, die Fragen beantworten. So erfahre ich auch, dass Anne Messel durch Hochzeit mit der Schwester von Königin Elizabeth II. verwandt war. Ihr Sohn, Antony Armstrong-Jones, 1st Earl of Snowdon, heiratete Prinzessin Margaret.
Nachdem ich aus dem Haus komme, schüttet es schon wieder wie aus Kübeln, also nichts wie weg und zurück zum Auto. Die schönen Gärten schaue ich mir unter den Bedingungen nicht weiter an. Nur den Weg zum Parkplatz dokumentiere ich noch mit der Kamera.
Ich fahre weiter, ein Stück Richtung Westen, wo der Himmel etwas heller aussieht. Und tatsächlich hört es zumindest auf zu regnen, bevor ich Loseley Park erreiche. Loseley Park ist das erste Anwesen, dass ich mit meiner nagelneuen Historic Houses Membership Card besuchen möchte. Beim HHA sind ausschließliche private Anwesen Mitglied und die meisten können durch die Mitgliedschaft kostenlos besucht werden. So auch Loseley Park.
Loseley Park wurde zwischen 1562 und 1568 für Sir William More erbaut. Auch heute noch bewohnen Nachfahren der Familie das Anwesen. Das Aussehen des Hauses hat sich über die Jahrhunderte wenig verändert, nur ein Seitenflügel wurde abgerissen. Das Haus kann nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden und da ich bis zur nächsten noch eine gute halbe Stunde Zeit habe, schaue ich mir zuerst den Garten an.
Die heutige Gartenanlage ist allerdings nicht historisch. Sie wurde erst 1993 angelegt. Wie die Gärten zuvor ausgesehen haben, darüber ist wenig bekannt und auch nichts mehr zu erkennen.
Die Führung durch das Haus ist sehr interessant und macht großen Spaß. Leider darf ich innen nicht fotografieren, denn das Haus wird auch heute noch von der Familie als Wohnhaus genutzt. Ich kann den Besuch aber trotzdem uneingeschränkt empfehlen.
Nur wenige Meilen weiter liegt noch ein weiteres Anwesen, das ich besuchen möchte – Hatchlands Park. Das Haus ist ebenfalls heute noch von einer Familie bewohnt, gehört aber dem National Trust. Aus demselben Grund ist Fotografieren im Haus allerdings auch hier untersagt. Viele Einrichtungsgegenstände gehören nicht dem National Trust, sondern der Familie.
Für meine erste Nacht habe ich das Days Inn in Cobham gebucht. Es war gar nicht so einfach, für diese Nacht etwas einigermaßen Bezahlbares zu finden. Warum, konnte ich bis heute nicht herausfinden. Aber egal, das Hotel war nur mäßig. Im Bad habe ich einen alten Haargummi neben dem Waschbecken gefunden und auch sonst ließ die Sauberkeit leider einigermaßen zu wünschen übrig. Richtig unprofessionell aber war die Reaktion des Herrn an der Rezeption, der mir weder ein anderes Zimmer zur Verfügung stellen wollte, noch irgendwie auf meine Beschwerden einging. Zu allem Überfluss berechnete er auch noch einen zu hohen Betrag für das Zimmer. Ich nehme mir also vor, das morgen früh nochmals anzusprechen.
Zum Abendessen gehe ich nach nebenan zu Harry Ramsdens, wo es die ersten Fish&Chips der Reise gibt. Hach, ist das wieder lecker. Kaum irgendwo schmecken die so gut wie in Großbritannien.
Meilen: 112
Wetter: 17–20 Grad – Regen, später bedeckt
Hotel: Days Inn Cobham; £55.20