Tag 4: Dienstag, 11. Juni 2019
London Calling – Gibraltar nach London
„It is not summer, England doesn’t have summer, it has continuous autumn with a fortnight’s variation here and there.” – Natasha Pulley
Es war ein kurzer, aber schöner Aufenthalt in Gibraltar, doch nun heißt es Abschied nehmen. Nach dem Frühstück schnappe ich mir mein Gepäck und laufe wieder zurück zum Flughafen. Dort muss ich noch einen Moment im Terminal warten, denn die Sicherheitskontrolle öffnet hier erst exakt zwei Stunden vor dem nächsten Abflug. Gepäck aufgeben muss ich nicht, denn ich fliege nur mit Handgepäck.
Die Zeit muss ich mir dann auch nicht in dem winzigen Terminal vertreiben, denn ich habe Zutritt zur Calpe Lounge, die die einzige Airline Lounge am Flughafen ist. Die Lounge ist sehr nett ausgestattet, das Buffet lässt allerdings etwas zu wünschen übrig.
Richtig genial aber ist die Außenterrasse, auf der man das Treiben auf dem Flugfeld beobachten kann und das soll sich gleich als recht interessant herausstellen. Noch ist aber alles ruhig und nur der Felsen leuchtet im Hintergrund im Morgenlicht.
Dann jedoch wird es spannend, denn wie ich bereits auf dem Weg zum Terminal gemerkt habe, ist es heute ziemlich windig. Und das kann für landende Flugzeuge hier ein Problem darstellen. Es gibt Tage, wo alle Verbindungen gestrichen oder die Flüge nach Malaga umgeleitet werden. Das war übrigens gestern Morgen schon der Fall und die Passagiere wurden dann per Bus zwischen dem Flughafen und dem Terminal transportiert. Die Fahrt kann dann locker mehrere Stunden dauern. Dass mir das heute auch blühen könnte, ahne ich, als ich den Landeanflug einer EasyJet Maschine beobachte. Diese muss die Landung sogar abbrechen und in eine Warteschleife wechseln. Bald gesellt sich eine zweite Maschine dazu und schließlich auch die British Airways, die mich nach London fliegen soll. Auf der Flugradar App kann ich das sehr schön beobachten. Nach bangen Minuten versucht es die EasyJet noch einmal. Das sieht ganz schön wackelig aus.
Hier auf der Terrasse säumen derweil die Passagiere die Brüstung, denn keiner hat auf eine mehrstündige Fahrt nach Malaga Lust. Tatsächlich gelingt es dem Piloten dieses Mal die Maschine zu landen.
Ein paar Minuten später das gleiche Bild. Eine weitere EasyJet Maschine setzt nach mehreren Warteschleifen zur Landung an. Das glückt abermals und lässt hoffen, dass die zwei weiteren British Airways Flugzeuge nun auch landen und nicht doch noch umgeleitet werden.
Jetzt wird es spannend, der erste British Airways Airbus setzt zu Landung an. Anscheinend hat der Wind ein kleines bisschen gedreht, denn diese Landung glückt nun ganz souverän.
Für die Piloten ist die Bahn von Gibraltar schon eine Herausforderung, besonders wegen der Winde. Viel Platz ist hier aber auch nicht, denn es gibt nur ein kleines Gebiet zwischen dem Felsen und der spanischen Grenze. So beginnt und endet die Piste über dem Meer, in das sie auch hineingebaut wurde. Besonders die Winde können aufgrund dieser Lage tückisch sein und eine Landung erschweren oder sogar unmöglich machen.
Für mich heißt es noch immer Daumen drücken, denn erst die allerletzte Maschine ist die, die mich zurück nach London-Gatwick bringen soll. Doch ich muss mir keine Sorgen machen, alles gelingt beim ersten Anlauf.
Vier Maschinen stehen nun vor dem Terminal, das bedeutet Rushhour auf dem Flughafen. Der kleine Flughafen hat kaum mehr Kapazität zum Abfertigen. Das habe ich schon im Terminal gemerkt, wo es inzwischen recht voll geworden ist.
Draußen wird nach den Landungen erst einmal die Straße wieder freigegeben, wo sich nach vier Landungen hintereinander recht viel Verkehr angestaut hat. Aber einfach zwischendurch öffnen geht eben auch nicht, das die Piste jedes Mal erst noch gereinigt werden muss. Irgendwie erinnert mich das Ganze an eine Zugbrücke, die mehrmals am Tag geöffnet und wieder geschlossen wird.
Schließlich wird auch mein Flug aufgerufen. Heute fliege ich nicht nach London-Heathrow, sondern nach London-Gatwick. Der Flug war nicht nur bedeutend günstiger, ich wollte auch unbedingt mal nach Gatwick fliegen, da ich diesen Flughafen bis dato noch nicht angesteuert hatte. Über eine Treppe geht es also eine Etage tiefer und dann wieder hinaus auf das Vorfeld. Boarding in Gibraltar ist schon sehr fotogen.
Die paar Schritte vom Terminal zum Flugzeug werden auch zu Fuß zurückgelegt und bei strahlendem Sonnenschein ist das natürlich fantastisch.
Das Einsteigen geht dann recht zügig und da ich in Reihe eins sitze, ist es für mich besonders bequem. Pünktlich verlassen wir die Parkposition und ich habe nochmals einen tollen Blick auf den Felsen von Gibraltar. Es soll nicht mein letzter sein.
Der Start verläuft natürlich über die nun wieder gesperrte Straße. Das ist schon echt Klasse. Ähnliche Abenteuer kann man sonst nur an weite entfernten Flughäfen wie bei meinem Flug mit dem United Island Hopper oder dem Alaska Milk Run erleben. Aber eine Straße habe ich selbst dort nicht überquert. Allein dafür hat es sich gelohnt, hierher zu fliegen.
Doch der Hauptgrund, der folgt jetzt, denn bei diesem fantastischen Wetter und mit einem Platz auf der richtigen Seite sowie der passenden Flugrichtung ist so ein Start in Gibraltar einfach atemberaubend.
Zuerst geht es nach Westen auf das Meer hinaus. Dann beschreibt die Maschine eine enge Linkskurve und die Stadt sowie der Flughafen rücken in mein Blickfeld. Schön zu sehen ist nur auch, wie die Startbahn in das Meer hineingebaut wurde.
Bald schon rückt der gesamte Felsen mit seiner Westflanke in mein Blickfeld. Wahnsinn, gestern noch bin ich dort oben entlanggelaufen.
Schließlich setzt der Airbus zu einer weiteren Kurve an und ich kann nun ganz deutlich den Europa Point mit seinem Leuchtturm erkennen.
Nun sind wir direkt an der Südspitze von Gibraltar angelangt und ich habe einen fantastischen Blick nach Norden, da die Sonne um die Mittagszeit noch dazu perfekt steht, um die Halbinsel komplett auszuleuchten.
Nach ein kleines Stück weiter und ich kann auch die Ostflanke des Felsens sehen. Hier fällt er steil ins Meer ab und es gibt nur einen ganz schmalen Streifen Land, auf dem eine Straße verläuft, an der rechts und links ein paar Häuser stehen.
Zum Schluss kann ich mithilfe des Zooms noch einmal ganz deutlich den Flughafen und im Vordergrund, gleich neben der Felswand, sogar mein Hotel erkennen. Dahinter die spanische Stadt La Línea de la Concepción.
Dann drehen wir endgültig nach Osten ab und fliegen wieder ein Stück die spanische Küste entlang, bevor ein nördlicher Kurs eingeschlagen wird.
An Bord werden in der Business Class zur gleichen Zeit die Menüs verteilt, denn während des Fluges wird ein Mittagessen serviert.
Ich entscheide mich für das Rindfleisch, das zusammen mit Vorspeise, Käse und Dessert auf einem Tablett serviert wird.
Der weitere Flug ist ereignislos und die recht dichte Wolkendecke verhindert eine schöne Sicht auf die Landschaft. Erst als wir im Landeanflug auf Gatwick sind, kann ich England unter uns erkennen.
Wenige Minuten später landen wir bereits auf dem Flughafen London-Gatwick, auf dem es mit seiner einzelnen Landebahn etwas gemütlicher zuzugehen scheint.
Für mich ist der Tag hier jedoch noch nicht zu Ende. Der Ausstieg geht schnell, denn ich habe ja nur Handgepäck. Ich muss jedoch noch nach Heathrow. Der geneigte Leser wird sich jetzt fragen, warum ich nicht gleich dorthin geflogen bin, obwohl es ja zur selben Zeit einen Flug gab? Das hatte für mich zwei Gründe: Ersten war dieser Flug wirklich sehr viel billiger, wir reden hier von 25 Prozent des Ticketpreises nach Heathrow bei gleicher Meilenausbeute und zweitens bin ich so endlich mal nach Gatwick gekommen. Ich konnte ja zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, dass ich in einem dreiviertel Jahr schon wieder von hier fliegen würde.
Ich bin allerdings nicht der einzige Fluggast, der einen Flughafenwechsel macht. Das kommt in der Tat sehr häufig vor, sodass die Strecke von mehreren Busanbietern regelmäßig bedient wird. Die Alternative wäre der Zug mit Umstieg in der Londoner Innenstadt. Ich entscheide mit für den Busanbieter National Express und kaufe ein Ticket am Automaten. Die nächste Abfahrt startet schon in zwanzig Minuten, sodass ich gleich zur Haltestelle gehe, wo mein Gepäck verladen wird.
Die Fahrt dauert, bei flüssigem Verkehr wie heut, etwas mehr als eine Stunde. Bei Stau, der auf dem Londoner Autobahnring doch öfter vorkommt, kann es aber schnell doppelt oder dreimal so lange dauern, sodass man bei Anschlussflügen immer genug Puffer einbauen sollte.
Heute verläuft die Fahrt aber genau nach Fahrplan und so bin ich schnell am Flughafen Heathrow, wo ich in den Shuttlebus zum Autovermieter umsteige. Ich hatte erst geplant, ein Auto in Gatwick zu mieten, doch der Einwegzuschlag bei Annahme in Gatwick und Abgabe in Heathrow war so hoch, dass ich davon schnell Abstand genommen habe. Da wird anscheinend ein Geschäft gewittert, denn ansonsten macht das kaum Sinn.
Viel fahren muss ich aber heute nicht mehr, denn ich habe noch einmal das Moxy in der Nähe des Flughafens gebucht, damit ich morgen gut ausgeschlafen meine kleine Rundreise durch Südengland starten kann.
Meilen:
Wetter: Gibraltar: sonnig, 25 Grad; London: stark bewölkt, 18 Grad
Hotel: Moxy Hotel London Heathrow Airport