Tag 7 – Mittwoch, 30. September 2015
Very British – Niagara Falls
„Geography has made us neighbors. History has made us friends. Economics has made us partners. And necessity has made us allies. Those whom nature hath so joined together, let no man put asunder. What unites us is far greater than what divides us.” – John F. Kennedy
Es ist immer noch bedeckt über Niagara Falls, als wir heute Morgen die Vorhänge zurückziehen. Und da wir im Hotel kein Frühstück bekommen und auf die überteuerten Preise hier keine Lust haben, fahren wir Richtung St. Catharines. Dort finden wir einen Starbucks, bevor wir weiter zum Pen Centre fahren, der größten Mall der Region. Hier gibt es auch einen Hudson Bay Store, wo ich nach Pantoletten schauen will. Und tatsächliche werde ich hier auch auf dieser Reise um Anhieb fündig. Mit dem günstigen Wechselkurs zum Canada Dollar ist das sogar ein echtes Schnäppchen.
Gegen Mittag fahren wir weiten in Richtung Niagara-on-the-Lake. Und hier reißt doch tatsächlich für einen Moment der Himmel auf und die Sonne scheint auf Fort Niagara auf amerikanischer Seite. Und heute können wir auch bis nach Toronto schauen. Unglaublich, ich kann sogar den CN Tower entdecken.
Wir laufen noch ein wenig am See entlang und genießen es einfach hier zu sein.
Da wir schon gestern das Fort Niagara nicht besuchen konnten, fahren wir nun wenigstens nach Fort George. Das war früher in der Hand der Briten, die die Amerikaner als eine Bedrohung für Kanada empfanden. Gebaut wurde die Anlage 1802 und ihre Blütezeit hatte sie während des Krieges von 1812. Ich finde es äußerst interessant, dass mir genau hier dieser Konflikt wieder begegnet, habe ich doch vor einem Jahr in Maryland so viel darüber gehört. Heute ist das Fort eine National Historic Site und wird von Parks Canada verwaltet.
Als Eintrittskarte bekommen wir eine kleine Silbermünze, …
… die wir aber leider am Eingang schon wieder abgegeben müssen.
Auch wenn das Fort bis 1965 in der Hand der kanadischen Armee war, wurde es doch schon lange Zeit nicht mehr genutzt. Bereits in den 30er Jahren renovierte man es im historischen Stil. Diese großen Gebäude waren Unterkünfte für die Soldaten und können besichtigt werden.
Offiziere mussten sich ihr Quartier nicht teilen. Ihnen standen solch kleine Häuser zur Verfügung.
Mehrmals am Tag gibt es auch historische Vorführungen im Fort. Wir schauen uns an, welche Waffen die Soldaten nutzten und wie sie abgefeuert wurden. Das ist recht interessant. Besonders die Lautstärke ist schon fast ohrenbetäubend und der Qualm dazu. Nun muss man sich vorstellen, dass tausende solcher Waffen zu selben Zeit abgefeuert wurde.
Ebenfalls erfahren wir, dass die Treffsicherheit nicht sehr genau war. Gefährlich waren allerdings die Stahlspitzen, die man auf der Waffe befestigen konnte. Mit ihnen wurden meist tödliche Verletzungen beigefügt, nicht nur durch die Spitze selbst, sondern auch durch die Pulverrückstände, die sich dort ablagerten. Gegen solche Verletzungen gepaart mit einer Infektion waren die Ärzte damals fast immer machtlos.
Das Pulver wurde ich einem stabilen Steinhaus gelagert, übrigens das einzige noch komplett original erhaltene Gebäude des Forts. Ebenso gehörte eine große Schmiede zum Komplex, in der besonders Waffen aller Art hergestellt und repariert wurden.
Schließlich erklimmen wir einen Aussichtsturm, den wir durch einen langen Tunnel erreichen. Der führt durch den Schutzwall an die Außenmauer, von wo aus das Feindesland gut im Sichtfeld war.
Ein Stück weiter befindet sich die Küche, in der täglich für mehrere hundert Menschen gekocht wurde.
Ganz in der Mitte des Forts befinden sich schließlich die Wohn- und Aufenthaltsgebäude für die höchsten Offiziere. Hier kommt man nur im Rahmen einer Führung hinein. Da wir aber einen Großteil des Forts schon allein erkundet haben, rät uns eine Rangerin, einfach hier zu warten und sich dann der nächsten Tour nur für diesen Teil anzuschließen.
Gesagt, getan und so sehen wir zu guter Letzt auch noch diese Gebäude des Forts. Wir beginnen in den Quartieren der Junioroffiziere sowie dem Speisesaal, bevor wir uns durch immer besser ausgestattete Zimmer bis zur Wohnung des Kommandanten bewegen.
Bevor wir weiterziehen, erklimmen wir noch kurz den äußeren Wall von Fort George, um einen letzten Blick ans andere Ufer in die USA zu werfen.
Nur wenige hundert Meter weiter stellen wir unser Auto bereits wieder ab, diesmal direkt an der Hauptstraße von Niagara-on-the-Lake. Wir schlendern noch etwas an den historischen Häusern vorbei und schauen auch in einige Geschäfte.
Am Nachmittag fahren wir schließlich zurück nach Niagara Falls. Wir waren ja noch gar nicht richtig an den Wasserfällen. Gestern gab es nur einen kurzen Blick aus dem Auto heraus im Regen. Heute ist es zwar auch bedeckt, doch immerhin trocken. Ich bin trotzdem etwas enttäuscht, habe ich hier auch schon ganz anderes Wetter gehabt. Blauer Himmel ist einfach durch nichts zu ersetzen.
Wir laufen den Weg an den Fällen entlang, zuerst vorbei an den American Falls und dann weiter zu den Canadian Falls, auch Horseshoe Falls genannt, weil sie wie ein Hufeisen geschwungen sind.
Bis zur Abbruchkante laufen wir, auch wenn es inzwischen ziemlich frisch ist. Wir wollen bis zum Einbruch der Dunkelheit bleiben, denn dann werden die Fälle beleuchtet.
Schließlich wird es dunkel, doch es passiert lange nichts. Die Beleuchtung wird nämlich erst zu einer bestimmten Zeit eingeschaltet und die ist noch nicht erreicht, auch wenn es bereits immer dunkler wird. Erst um 20:30 Uhr wird heute das Licht angeknipst, ab dem ersten Oktober ist es dann bereits um 19 Uhr. So müssen wir halt warten.
Dann ganz plötzlich erstrahlen die Fälle strahlend weiß. Huch, ich dachte, es wäre buntes Licht? Hatte ich nicht sogar gelesen, dass es zu bestimmten Anlässen sogar bestimmte Farben sind, in denen die Fälle angeleuchtet werden? Nur ein paar Minuten später folgt dann das bunte Licht, heute ganz traditionell in den Regenbogenfarben.
Inzwischen ist es empfindlich kalt und so bleiben wir nicht sehr lang. Wir treten den Rückweg an, der uns einmal mehr über die Hauptstraße von Niagara Falls führt. Hier ist es ein bisschen wie auf dem Rummel, denn auf der kanadischen Seite der Fälle wird Unterhaltung der Besucher großgeschrieben. Ich finde es fast etwas „too much”, aber die Kundschaft bleibt anscheinend nicht aus.
Im Harley Davidson Store, in dem meine Cousine so einiges für ihren Freund ersteht, erfahren wir übrigens ein ganz interessantes Detail, mit dem man ein paar Dollar sparen kann. Das ganze Gebiet um die Fälle gehört vier Familien und die haben so eine Art Vergnügungssteuer erfunden, die auf alles hier draufgeschlagen wird, egal ob Hotel, Restaurant oder Einkauf. Nur können Privatleute ja eigentlich keine Steuern verlangen, sodass man diesen Betrag „freiwillig” zahlt. Man kann ihn also von der Rechnung herunternehmen lassen, wenn man das wünscht, allerdings nur, wenn man ausdrücklich darum bittet. Und das klappt tatsächlich, auch am nächsten Morgen, als wir auschecken. Da kommen, besonders beim Hotel, schon einige Dollar zusammen.
Meilen: 53
Wetter: überwiegend wolkig, 12–15 Grad
Hotel: Courtyard Niagara Falls