Tag 16 – Freitag, 09. Oktober 2015
Bewitched – Manchester nach Andover
„My fellow Americans, ask not what your country can do for you—ask what you can do for your country.” – John F. Kennedy
Eigentlich sahen meine Pläne für heute ganz anders aus, doch da es nördlich von Manchester regnen soll, fahre ich aus einer Laune heraus noch einmal Richtung Marblehead. Mein erster Stopp ist Salem. Hier war ich bisher nur sehr oberflächlich, genauer gesagt, ich habe nur mal ein Foto vom berühmten Witch House geschossen. Heute aber stelle ich mein Auto im Parkhaus ab und mache mich zu Fuß auf den Weg. Der führt mich erst einmal ins Visitor Center des National Park Service, denn ein Teil der historischen Gebäude gehört zur Salem Maritime National Historic Site. Hier bekomme ich auch eine Karte sowie nützliche Tipps. Zuerst will ich zum Witch Trials Memorial und komme dabei an diesem historischen Gebäude vorbei.
Gleich daneben liegt das Witch Trials Memorial, das an die Hexenverfolgungen erinnert. Im Jahr 1692 wurden vierzehn Frauen und sechs Männer beschuldigt, Hexen zu sein. Sie wurden vor Gericht gestellt, schuldig befunden, verurteilt und schließlich exekutiert. Auf zwanzig Granitbänken sind die Namen der Getöteten zu lesen und das Datum sowie die Art der Exekution.
Besonders berührt bin ich von einem Blumenstrauß mit Karte am Stein von Giles Corey. Darauf stand: „To Great Grandpa x 9, 10, 11 Corey, we are sorry for what happened to you, but we want you to see your family go on.” Giles Corey war übrigens schon 80 Jahre alt, als er zu Tode gedrückt wurde. Diese besonders grausame Art der Folter wurde in den USA nur dieses eine Mal angewandt. Dabei soll ein Geständnis aus dem Beschuldigten herausgepresst werden. Corey jedoch weigerte sich, sich schuldig oder unschuldig zu bekennen und ertrug die Qualen bis zu seinem Tod stumm. Dadurch konnte die Familie ihren Besitz behalten, der ansonsten an den Staat gefallen wäre.
Bei einem kleinen Stadtbummel entdecke ich dann immer mehr historische Gebäude. Viele von ihnen sind auch heute noch Wohn- und Geschäftshäuser.
Schließlich erreiche ich auch den Hauptteil der Salem Maritime National Historic Site. Hier stehen die meisten der historischen Gebäude, die der NPS verwaltet.
Leider zieht der Himmel im Laufe des Vormittags immer mehr zu und ein frischer Wind zieht auf. Trotzdem laufe ich noch ein wenig weiter.
Einst gab es dreizehn Custom Houses in Salem, in denen die Zölle und Abgaben entrichtet werden mussten. Das Custom House am Hafen ist das Einzige, das heute noch erhalten ist. Seit 1649 gab es an dieser Stelle bereits ein Custom House, das zu besichtigende ist aus dem Jahr 1819. Leider sind heute massig Schulklassen hier, sodass ich auf eine Innenbesichtigung schweren Herzens verzichte.
Hinein kommt man nicht in das 1780 im Federal Style erbaute Hawkes House, denn hier sind heute die Büros des NPS untergebracht. So bleibt mir auch hier nur die Besichtigung von außen.
Das Derby House hingegen könnte man schon besichtigen, doch außerhalb der Saison nur am Nachmittag. Im Jahr 1763 für Elias Hasket und Elizabeth Derby erbaut, ist das Haus schon seit mehr als 100 Jahren ein Museum.
Gleich gegenüber der historischen Häuser liegt der Derby Wharf. Er ist einer von drei Kais, die heute noch erahnen lassen, wie hier in Salem einst Handel betrieben wurde. Zur Blütezeit konnten Schiffe an über 50 Kais anlegen und be- sowie entladen werden.
Schließlich kann ich doch noch etwas besichtigen, nämlich die Friendship of Salem, ein historisches Frachtschiff, das heute an einem der Kais liegt. Die Schulklassen ziehen hier gerade ab und so ergreife ich meine Chance. Das heutige Schiff ist eine exakte Kopie des Originals, das 1797 erbaut wurde. Fünfzehn Reisen unternahm das Schiff, nach Südamerika, Indien, China, in die Karibik, nach England und auch nach Deutschland. Im Krieg von 1812 wurde es schließlich von den Briten gekapert und als Entschädigung eingezogen.
Dann gehe ich wieder zum Auto zurück. Der Nächste freut sich schon, dass ich den Parkplatz freigebe, denn inzwischen ist es hier ziemlich voll geworden. Ich aber fahre nun weiter zum Pickering House. Der Kern des Hauses wurde bereits 1651 erbaut und somit zählt es zu den ältesten Häusern in den USA, selbst wenn die Fassade 1841 im Gothic Revival renoviert wurde.
Auch das Phillips House besuche ich. Im Jahr 1821 erbaut, ist es heute ein Museum. Gerne hätte ich hier mal hineingeschaut, doch Parkplätze sind in dieser Gegend heute aus irgendeinem Grund Mangelware. So begnüge ich mich mit einem Blick von draußen.
In der historischen Chestnut Street gibt es allerdings noch mehr wunderschöne historische Häuser. Die sind aber nur von außen zu besichtigen, denn fast alle sind in privater Hand.
Zu guter Letzt fahre ich noch zum Witch House. Das Hexenhaus von Salem ist das einzige noch erhaltene Gebäude in der Stadt, das noch eine direkte Beziehung zu den Hexenprozessen hat. Das Haus gehörte dem Richter Jonathan Corwin und man kann noch heute den elisabethanischen Baustil erkennen. In England wäre das nicht so selten, aber hier in den USA ist es nicht so häufig, auf ein Haus zu treffen, das fast seit der ersten Besiedlung hier stand.
Dann aber verlasse ich Salem. Ich fahre noch einen kurzen Umweg über Marblehead, doch es inzwischen so ungemütlich, dass ich mich nicht recht aufraffen kann, noch etwas zu besichtigen.
So fahre ich recht zügig weiter in Richtung Boston. Wenn das Wetter schon nicht so mitspielt, dann schaue ich mir halt ein Museum an, genauer gesagt die John F. Kennendy Presidential Library. Hier war ich vor exakt zehn Jahren schon einmal, doch seitdem soll sich schon einiges verändert haben. Von außen ist das allerdings nicht der Fall, da sieht das von I.M. Pei entworfene Gebäude noch immer gleich aus.
Bevor ich hineingehe, schaue ich mich noch kurz draußen um. Auch wenn es hier noch ein wenig blauen Himmel gibt, in Richtung Boston sieht es bereits ziemlich finster aus. Und der Wind weht jetzt wirklich heftig. Ich muss mich schon ganz schön dagegen anstemmen.
Vor dem Museum ist auch die Jacht von John F. Kennedy zu finden. Der Präsident war ein passionierter Segler und liebte diesen Ort am Wasser, an dem nun das Museum in seiner Erinnerung steht.
Drinnen sehe ich dann auch gleich ein Foto mit besagter Jacht.
Dann führt mich der Weg erst einmal in ein Theater, in dem ein wirklich ausgezeichneter Film zu John F. Kennedy gezeigt wird. Es wird die Geschichte von seiner Geburt bis zum Wahlkampf für die Präsidentschaft erzählt. Danach geht es weiter ins Museum. Hier beginnt die Ausstellung mit dem Wahlkampf um das Amt des Präsidenten.
Zur Ausstellung gehören auch viele Geräte, die damals in einem typischen amerikanischen Haushalt gestanden haben. Eine Zeitreise sozusagen.
Für mich am interessantesten ist aber das TV Studio. Hier ist genau nachgebaut, wie es damals anlässlich der TV-Debatte ausgesehen hat. Es war übrigens der erste im Fernsehen ausgestrahlte Schlagabtausch zwischen zwei Kandidaten.
Fast noch interessanter ist dann das Studio des legendären Walter Cronkite, der die Auszählung der Stimmen im Fernsehen moderierte.
Im Museum zu sehen, sind natürlich auch die klassischen Gastgeschenke oder Roben der First Lady.
Auch Robert Kennedy ist ein Raum gewidmet. Er bekleidete damals das Amt des Generalstaatsanwaltes.
Natürlich darf eine Replik des Oval Office, wie es zu Kennedys Zeiten ausgesehen hat, nicht fehlen.
Im Oval Office zu finden, sind auch die zwei Bücher, die JFK geschrieben hat.
Und schließlich entdecke ich dieses ungewöhnliche Objekt.
Kurz vor Ende der Ausstellung wird dann auch der unvergessene Besuch von JFK in Berlin thematisiert. Dazu werden die Szenen vor dem Schöneberger Rathaus abgespielt und es ist u.a. der originale Spickzettel des Präsidenten für seine unvergessenen Worte „Ich bin ein Berliner” ausgestellt. Interessant finde ich auch die Hintergründe, wie es dazu kam. Ich kann mich nicht erinnern, schon mal die gesamte Rede gehört zu haben.
Mit der Ermordung von JFK endet die Ausstellung schließlich, nun ja, nicht ganz. In einem weiteren Raum wird noch gezeigt, wie JFK die USA veränderte und wo ihm weltweit so gedacht wird. Auch ein Stück der Berliner Mauer steht hier, übrigens schon richtig lange. Gleich nach der Wende fragte man in Berlin an, ob man denn ein Teil bekommen könne. Nach einigem Hin und Her wurde es schließlich geliefert.
Der Rundgang endet im Atrium des I.M. Pei Baus. Das ist so gestaltet, dass man von überall einen Blick auf das Meer hat. Ansonsten gibt es hier nur ganz wenige Ausstellungsstücke.
Als ich wieder draußen bin, fängt es doch tatsächlich an zu nieseln. Manu und Peter dürften sich jetzt so langsam auf ihre Abreise vorbereiten und Boston fängt wohl deshalb an zu weinen. Als ich am Hafen vorbeikomme, brauche ich bereits einen Schirm, um dieses Foto zu machen. Die Queen Mary verfolgt mich anscheinend auch.
Da sich der Tag auch langsam dem Ende neigt, breche ich nun Richtung Hotel auf. Das Courtyard in Andover liegt wieder etwas außerhalb, denn die Preise in Boston waren mir einfach zu hoch.
Da ich recht zeitig im Hotel bin, beschließe ich, noch etwas essen zu gehen. Meine Wahl fällt heute auf Olive Garden. Das geht einfach immer.
Und als ich dann noch an einem Frozen Yogurt Laden vorbeikomme, ist noch für ein leckeres Dessert gesorgt.
Meilen: 140
Wetter: bewölkt mit Schauern, 9–22 Grad
Hotel: Courtyard by Marriott